Klaus-D. Heid

Einmal zuviel...

Der Mann stellte sich leicht nach hinten gebeugt vors Klo, nachdem er seinen Hosenschlitz geöffnet hatte. Mit der routinierten Handbewegung eines Stehpinklers brachte er das notwendige Instrumentarium in Position, um sich endlich Erleichterung verschaffen zu können. Verzückt und zufrieden an die Wand blickend, genoss er das Gefühl des langsam verschwindenden Blasendrucks. Er lauschte andächtig dem Plätschern im Porzellanklo, als die Toilettentür brutal aufgestoßen wurde und ihn mit dem Kopf gegen eine weißgekachelte Wand prallen ließ. Seinem ersten Instinkt folgend, wollte der Mann seine Blöße bedecken, als er auch schon einen schweren Schlag gegen den Hinterkopf einstecken musste. Erneut wurde sein Schädel gegen die weiße Wand geschleudert und hinterließ dort einen eklig aussehenden Blutfleck. Auf der Stirn des Mannes prangte nun eine riesige Platzwunde, von der das Blut sich im ganzen Gesicht des Mannes verteilte. Er schrie. Er schrie aber nicht wegen der Platzwunde, sondern wegen dem Schmerz, den sein Reißverschluss am eingeklemmten Penis verursachte. Irgendwie schaffte es der Mann, sich an den Fliesenwänden abzustützen, ohne auf den Boden zu fallen. Erst der Tritt, den ihm jemand in die Kniekehlen versetzte, sorgte dafür, dass der Mann wie ein nasser Sack zu Boden ging. Es folgten weitere Tritte in seine Genitalien. Nun schrie der Mann unkontrolliert seine Schmerzen heraus. Er krümmt sich, versuchte, mit den Händen gleichzeitig Kopf und Unterleib zu schützen – und rutschte dabei in seinem eigenen Blut und Urin umher, wie ein angestochenes Schwein, dass sich mit letzter Kraft gegen das Schlachten wehrte. Die Blumenvase, die auf dem Fensterbrett der Toilette gestanden hatte, wurde auf dem Schädel des Mannes zertrümmert. Weitere, unzählige Fußtritte gegen jedes erreichbare Körperteil prasselten auf ihn nieder wie ein Hagel aus Stein und Eisen. Längst hatte sich der weiße Marmorboden in eine blutrote schleimige Oberfläche verwandelt. Erst als der Mann sich nicht mehr regte und offensichtlich so tot war, wie die Fliesen an den Wänden, wurde die Toilettentür geschlossen.

Nur sehr leise hörte man die Stimme der Person, die für den Tod des Mannes verantwortlich war:

„Wie oft hab ich’s Dir gesagt, hä? Tausendmal? Und warum hast Du nie auf mich gehört? Warum musstest Du mich erst dazu bringen, Dir ein für alle Male Manieren beizubringen? Hast Du eigentlich ein Ahnung, wie unangenehm es ist, das Klo sauberzumachen, wenn Du immer im Stehen pinkelst? Aber damit ist jetzt Schluss, mein Lieber! Entgültig Schluss...!“

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Langsam gehe ich auf das sechzigste Lebensjahr zu. Da hinter mir nahezu jede emotionale Erinnerung »verschwindet«, besitze ich keinerlei sichtbare Erinnerung! Vieles von dem, was ich Ihnen aus meinem Leben berichte, beruht auf alten Notizen, Erinnerungen meiner Frau und meiner Mutter oder vielleicht auch auf sogenannten »falschen Erinnerungen«. Ich selbst erinnere mich nicht an meine Kindheit, Jugend, nicht an meine Heirat und auch nicht an andere hochemotionale Ereignisse, die mich zu dem gemacht haben, was ich heute bin.

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