Dieter Hoppe

Eine seltsame Liebeserklärung

Ich bin gerade aufgewacht, weil deine Haare mich an der Nase gekitzelt hatten. Ich schaue dich an, wie du da liegst. An mich geschmiegt, so nah, dass ich deinen Atem spüren kann. Deine Wärme, die du verströmst. Und wie du, wohl im Traum, zuckst.

Meine Gedanken gehen zurück. Zurück, wie es war, als ich dich getroffen habe.

Ich kam damals von einer Geschäftsreise zurück. Als ich aus meinem Auto stieg, sah ich dich. Du hattest auf der Mauer vor meinem Haus gesessen. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass du gehen würdest, wenn ich vor die Garage fahre, doch du bliebst sitzen. Das einzige, dein Blick schien mich zu verfolgen. Aber nicht scheu. Eher frech und herausfordernd. Aber er zog mich sofort in seinen Bann. Ich tat so, als wenn ich dich nicht bemerken würde, aber mir war damals schon klar, dass du mich durchschaust. Doch du spieltest dieses Spiel mit.

Von da an sahen wir uns des öfteren. Irgendwann warst du ein paar Tage nicht dort. Und ich begann dich zu vermissen. Mir war ab dem Moment klar, dass ich dir verfallen bin. Nach ein paar Tagen tauchtest du wieder auf. Wir sahen uns dann täglich. Immer saßt du auf der Mauer vor meinem Haus, wenn ich nach Hause kam. Nur, keiner von uns machte den ersten Schritt. Mir ist heute klar, dass du nie den ersten Schritt auf mich zu gemacht hättest. Dazu warst du zu stolz, zu anmutig. Ich begann dich zu grüßen wenn ich nach Hause kam. Doch du hast darauf nie reagiert. Auch wenn ich meine, dass du dann mich direkter angeschaut hast. Ich fasste mir dann an einem warmen Sommertag das Herz, und setzte mich neben dich. Natürlich kam von dir keine Reaktion. Außer dass du mal kurz in mein Gesicht geschaut hast. Ich nahm mir eine Zigarette und rauchte sie wortlos neben dir. Enttäuscht, dass du mir nicht näher kommen wolltest, rauchte ich die Zigarette zuende. Wortlos ging ich danach ins Haus. In meinem Kopf flogen die Gedanken hin und her. Ob du mich nicht leiden kannst? Dass du jemanden anderen hast? Oder ob du auch nur schüchtern bist? Doch den Gedanken schob ich beiseite. Mir wurde klar, dass du ein Spiel mit mir spielst. Sicher warst du dir darin, dass ich das Spiel mitspielen würde. Ich tat es gerne!

Von nun an rauchte ich immer eine Zigarette mit dir, wenn ich nach Hause kam. Als ich dann anfing dir zu erzählen, was mich bedrückt, erfreut, oder beschäftigt, hörtest du mir zu. Schautest interessiert, auch wenn zwischen uns immer ein gewisser Abstand bestehen blieb.

Eines Tages, ich hatte im Büro den Anruf bekommen, dass meine Mutter gestorben ist, kam ich wohl zu früh nach Hause. Mit Tränen in den Augen sah ich, dass du noch nicht da warst. Aber ich nahm mir dennoch die Zeit, auf der Mauer eine zu rauchen. Zu einem, um meinen Kopf klar zu bekommen, und wohl auch in der Hoffnung, dass du noch kommen würdest. Dass du mir näher kommen würdest. Die Zigarette war schon über die Hälfte verraucht, als du dann um die Ecke kamst. Ohne zu zögern kamst du zu mir und legtest deinen Kopf an meine Seite. Ich begann dir durch dein Haar zu streicheln. Und begann dir zu erzählen, was mich bedrückte. Erzählte dir davon, was ich so alles mit meiner Mutter erlebte. Wieso sie gestorben ist. Du saßt an meiner Seite, wärmtest mich auf deine Art und hörtest geduldig zu. Aus der ersten Zigarette wurde eine Packung. Und erst lange nachdem die Sonne untergegangen war, ging ich, alleine, ins Haus. Ich war mir sicher, dass es nicht der Tag war, dich ins Haus einzuladen. In den darauffolgenden Tagen warst du anhänglicher. Warst eigentlich immer da, wenn mir danach war, dich zu sehen. Und du hast mir, auf deine Art, sehr geholfen über den Verlust meiner Mutter hinweg zu kommen. In der Zeit warst du mir näher, als es meine Freundin war. Von der ich mich dann auch trennte.

Als der Winter kam, befürchtete ich, dass wir uns nicht sehen würde, nicht mal in Gedanken hatte ich bis dahin gewagt, dich zu mir einzuladen. Doch: immer wenn ich von der Arbeit kam, warst du da. Wir rauchten eine Zigarette, ich erzählte dir was es neues gab und ich streichelte deine Haare, wenn du es dann mal zugelassen hast und gemeinsam frohren wir.

Und dann, trotzdem es dich gab, hatte ich eine neue Freundin. Und du warst so diskret, nie da zu sein, wenn ich mit ihr kam. Oder warst du eifersüchtig? Ich weiß es nicht, werde es wohl auch nie erfahren. Tanja, so hieß meine Freundin, gegenüber hatte ich manchmal ein schlechtes Gewissen wegen dir. Auch wenn da ja nichts passiert ist. Mit wem reden und Zigaretten zu rauchen ist ja nichts schlimmes, oder? Aber dennoch. Es war so was wie fremdgehen für mich. Aber ich konnte dennoch nicht von dir lassen.

Vielleicht erinnerst du dich noch daran, als mal Tanja unverhofft zu Besuch kam? Ich werde wohl nie wieder so rot im Gesicht gewesen sein, wie da wo sie kam. Aber auch wenn es verrückt ist, ich hatte Angst, dass ich jetzt einen von euch verlieren würde. Doch ihr beide habt euch von Anfang an verstanden. Komisch. Wenn ich so nachdenke, hat Tanja viel schneller den Zugang zu dir bekommen als ich. Als Tanja aus dem Auto stieg, schautest du sie sofort interessiert an. Auch wenn du dich nicht von der Stelle bewegtest, wofür ich dir heute noch dankbar bin, dass du nicht einfach weggelaufen bist. Und auch Tanja kam locker herbei geschlendert, der einzige Satz den sie zu uns sagte: "Na ihr beiden, geht es euch gut?" Ich stand dann auf und begrüßte sie mit einem Kuss. Wohl auch um zu sehen wie du darauf reagierst. Natürlich zeigtest du keine Regung. Du schautest uns nur regungslos zu. Als ich mit Tanja ins Haus gehen wollte, zeigte sie auf dich und wollte wissen, wieso du nicht mitkommen würdest. Darauf hatte ich keine Antwort. Sollte ich ihr etwa sagen, dass ich mich das nicht trauen würde, dich einzuladen, wenn auch nur, weil ich von dir keinen Korb haben wollte? Nein. Ich hielt die Türe auf und schaute zu dir herüber. Wortlos kamst du näher und gingst mit uns ins Haus. Seit dem Tag bist du zu uns (oder doch zu mir?) gekommen, wie du wolltest. Du bist auch gleich auf die Spielregeln, die ich mir gewünscht habe, ohne dass ich mit dir darüber gesprochen habe, eingegangen. Solange Tanja im Haus war, hast du dich in einer respektvollen Entfernung von mir aufgehalten. Kamst mir dann nie wirklich nah. Erst wenn wir alleine sind, kommst du zu mir und wir schmusen. Du kuschelst dich an mich. Und wie viele Tage haben wir zusammen im Bett verbracht? Und meine Liebe zu dir wurde auch immer größer. Ich hatte große Angst vor dem Tag, da sie es herausfinden würde. Und der Tag kam dann, wo sie beim Betten machen deine Haare im Bett fand. Und sie stellt mich natürlich auch gleich zur Rede. Tanja und ich diskutierten darüber. Ich sagte ihr, dass ich sehr viel für dich empfinde, dass ich dich liebe. Ich hatte damit gerechnet, dass Tanja gehen würde. Doch auch sie meinte, dass sie sich sehr an dich gewöhnt hätte und sie dich auch sehr lieb haben würde. Außerdem wäre es ja nicht zu übersehen, wie ich an dir hängen würde und du auch an mir (was du natürlich nie zugeben würdest!) und im Grunde hatte sie die gleiche Meinung wie ich: dass du die liebevollste und beste Katze bist....

Ich habe das so nicht wirklich erlebt. Aber ich könnte es mir so wünschen.
Und es ist meine erste veröffentlichte Geschichte.
Dieter Hoppe, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.03.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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