Unser Leben hatte sich verändert, seit er bei uns eingezogen war, doch
keiner von uns wußte warum. War es die Ruhe, die er ausstrahlte oder seine
unergründliche Art?
Oft saß ich lange da und betrachtete ihn nur in seiner Meditation. Die Beine
angewinkelt, die Augen geschlossen, schien er kaum mehr anwesend, er konnte
stundenlang so verharren. Ich hätte gerne gewußt, woran er dabei dachte, ob
er überhaupt an etwas dachte, doch ich nie kam ich dazu, mit ihm darüber zu
sprechen.
Eigentlich unterhielten wir uns überhaupt nicht. Ich erzählte ihm zwar oft
von den Dingen, die mich beschäftigten, aber ich erhielt keine Antwort. Kein
einziges Mal. Dies war aber nicht weiter schlimm, war er doch der Einzige,
den ich auch ohne große Worte verstand.
Er war eine Persönlichkeit, wie sie alle großen Religionen propagierten,
immer gelassen, immer gerecht, bereit ohne zu zögern sein Leben für uns zu
opfern. Er fluchte nie, war nie ungehalten oder launisch und trotzdem war er
immer ehrlich.
Das Erstaunlichste war seine Fähigkeit Gedanken zu lesen. Er schien immer zu
wissen, was der andere dachte, er wußte es genau.
Ich bewunderte seine Art, wie er Menschen, die ihn nicht mochten, aus dem
Weg ging. Er nahm einfach seinen Ball oder seinen Knochen zwischen die Zähne
und verließ das Zimmer.
Claudia Lichtenwald, 13.12.2001
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.01.2002. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).
Nitro Xtine
von Charly Wasyl
Ein geborener Nobody hat, sofern er überhaupt jemals etwas besitzt, höchstens ein Drittel von dem, was die Norm ihr Eigen nennt. Denn er hat nun mal keine Lobby und somit auch keinerlei Protektion. Steht dabei immer in vorderster Linie des täglichen Überlebenskampfes, sich dabei selbst im Wege und muss gegen tausende Dinge ankämpfen, von deren Existenz die Masse erst einmal gar nichts weiß. Für Charly stehen die Sterne bereits schlecht, als er 1950 in Düsseldorf als Sohn staatenloser Eltern geboren, die ersten Lebensjahre in einem alten Backsteingebäude heran wächst, das hinter vorgehaltener Hand der blutige Knochen genannt wird. Als staaten- und heimatlos gestrauchelter Seemann, Chaot, Loddel und Taxifahrer, begegnet er im Alter von 53 Jahren seiner Muse, in die er sich unsterblich verliebt, sie jedoch kurze Zeit später wieder verliert. Philosophierend taumelt er weiter durch den Keller des Lebens. Seine teilweise selbst erlebte Geschichte erzählt der Autor in der Gossensprache, die er gelernt hat und reflektiert damit das Leben im gesellschaftlichen Randzonenbereich. ..für viele unserer so unglaublich normalen, überschlauen Zeitgenossen, auf eine manchmal etwas vulgär formulierte Art zu schmutzig. Aber die Wahrheit ist nun einmal schmutzig.
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