Florian Kempf

Die letzte Nacht

So warm und weich. So geborgen und schön. Meine Augen waren geschlossen und ich spürte den warmen Atem meiner Bettgenossin auf meinen Schultern. Ich lag hier, in ihren Armen, beide waren wir nackt, unsere warmen Körper aneinander geschmiegt, nur bedeckt von einer warmen Decke. Sanft streichelte sie mir über die Wange, sie war so wunderschön, diese eine letzte Nacht.
Ich wurde am Hals geküsst von ihr, spürte ihre feuchte Zunge, wie sie an meinen Hals entlang glitt. Doch dann … dann folgte der Schmerz. Wie flüssiges Feuer, so stark war der Schmerz, der durch meinen Körper wütete. Unglaubliche Qualen, vermischt mit Angst und Furcht durchströmten mich, als sich ihre Zähne in meinem Hals vergruben.
Ich spürte es, wie sie mir langsam das Leben aus dem Körper saugte, immer mehr und mehr. Ich wusste, sie genoss es. Dann erfüllte plötzlich eine eisige Kälte meinen Körper. Immer mehr spürte ich, wie das Leben aus meinem Körper entglitt und dann war es vorbei.
Ein Gefühl von unendlicher Taubheit machte sich in mir breit, der Tod hatte mich in seine Klauen geholt.
Doch dann berührte etwas meine Lippen, so warm und schön, floss in meinen Mund und dann folgte das Gefühl ewiger Wärme in mir. Sie breitete sich aus, je mehr ich trank. Das warme Blut meiner Begleiterin floss nun in meine Kehle und ich spürte das Erwachen tief in mir. Mein Herz schlug nicht mehr und doch lebte ich, ich fühlte es. Das Blut welches noch immer durch meinen Hals glitt, es weckte sie, die Gier in mir, die Kraft des Verlangen. Ich öffnete meine Augen und zog den arm meiner Begleiterin zu mir, welchen sie sich mit einem Dolch aufgeschnitten hatte. Gierig presste ich meine kalten Lippen auf die Wunde, begann zu saugen und zu trinken, spürte, wie ich immer kräftiger wurde, spürte wie ich mich immer mehr dem Tier in mir ergab, dass nun erwacht war.
Ich nahm jeden einzelnen tropfen in mir auf, wie ein Geschenk der Ewigkeit, wie einen Segen der Unendlichkeit. Und dann … dann war der Durst gestillt. Erschöpft sackte ich zurück, spürte wie mein ganzer Körper schmerzte, nur das Verlangen zu sterben … denn genau dies geschah jetzt mit mir. Ich fühlte wie mein Körper begann zu sterben, wie er alles Leben aushauchte und dies geschah mit unvorstellbaren Qualen. Den Schmerzen folgte eine unendliche Müdigkeit. Langsam lies ich meinen Körper erschlaffen, sank zurück in die Arme meiner Begleiterin, sah in ihr bleiches Gesicht und in ihre leblosen Augen. Ihre Lippen waren blutrot und zu einem Lächeln verzogen und dann holte mich der Schlaf … und so wurde ich zu einem Vampir.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.05.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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