Klaus-D. Heid

H.’ s Vakuum

H. liebt es, ohne Worte nichts zu sagen. Mit allerlei bunten und nichtssagenden Buchstaben bewaffnet, ist es ihr ein innerliches Vergnügen, dem intellektuellen Schweigen zu frönen. Die große gedankliche Leere, die sie permanent ausdrückt, ähnelt dabei einem Vakuum, in dem natürlich nicht das geringste Quäntchen Sinn Platz findet. Unentwegt und ungetrübt sprudelt nur so das geschriebene Nichts aus ihr heraus, als gälte es, eine Null mit einer Null zu multiplizieren. Das Ergebnis dieser Multiplikation spielt dabei keine Rolle. Es ist einzig der Rechenvorgang, dessen Ergebnis bereits vor dem Starten des Rechenvorgangs feststeht, der H. glücklich und vergnügt schreiben lässt.

Um H. herum lebt selbstverständlich das Leben in all seinen emotionalen Facetten. Es gibt Gutes und Böses. Es gibt Trauer und Freude. Es gibt um H. herum Hass und Ungerechtigkeit, die allerdings niemals Platz in H.’ s Bewusstsein finden, da in einem Vakuum eben nur das Nichts Platz findet.

Auf H. Kopf fällt, selbst wenn es regnet, hagelt und stürmt, stets ein gebündelter Strauß wärmender Sonnenstrahlen. Sie tiriliert und flötet voller Wärme im Herzen, zwitschert wie ein sorgenfreies Vögelein und jubiliert nichtssagend dem Tag entgegen. Sie denkt in Pastellfarben. Ihr Bewusstsein gleicht einem Foto, dem man mit Weichzeichner jede Schärfe und Intensität genommen hat. Nichts darf ihr zuviel- und nichts darf ihr zuwenig werden. Nur eine konsequente Mitte ist für H. denkbar, in der jedes Extrem als nichtexistent definiert ist.

H. liest Zeitungen. Sie sieht fern. Sie hört Radio. Um H. herum schreit es. Um H. herum blutet die Welt und quält sich mühsam immer näher dem Abgrund entgegen. H. hat Ohren, um zu hören – aber sie hört nicht. H. hat Augen, um zu sehen – aber sie sieht nicht. Wie soll sie auch? In ihr ist kein Platz für die Wirklichkeit. Ihre Gedanken tief im Sand vergraben, meint sie, dass alles nicht vorhanden ist, was sie nicht wahrnehmen will.

Gewisse Buchstabenkombinationen, die sich nicht durch ‚Schön’ teilen lassen, schneidet H. fein säuberlich aus ihrem Wörterbuch heraus, um jegliche Ansteckungsgefahr zu vermeiden. Diese wirklich mühsame Tätigkeit wird sie auch dann nicht aufgeben, wenn kaum noch Worte auf den zerschnittenen Seiten ihres Wörterbuches zu finden sind. Akribisch wird gekürzt, geschnitten und bereinigt, was in irgendeiner Weise die ‚lieben’ Buchstaben gefährden könnte. So, wie sie es mit dem Wörterbuch macht, macht sie es auch mit allen Inputs, die ständig versuchen, sich in ihr Gedankengut einzuschleichen.

Eines Tages wird nur noch das ‚Z’ übrig sein, das noch nicht der ...ensur um Opfer gefallen ist. ...iellos irrt der let...te verbliebene Buchstabe umher, um sich neu ...u formieren. Aber da ist Nichts mehr, dem er sich anschließen kann. ...wanghaft ...ieht es den Buchstaben ...u einer Ver...weifelungstat, die ihm unausweichlich erscheint, wenn er nicht noch qualvoller ...ugrunde gehen will. Er ...ögert nicht länger – und ...ählt bis ...ehn. Dann ...erplatzt es aus freien Stücken in ...ig Ein...elteile.

Der letzte Buchstabe in H.’ s nichtssagender Welt hat sich selbst ...erstört! Das let...te Gefühl, dass dem Buchstaben durch den nicht vorhandenen Kopf ging, war ein trauriger ...orn!

...u Ende!

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