Bei meiner ersten Tauchstunde habe ich mich gefragt, ob aus mir
zappelndem Frosch wohl jemals ein eleganter Delfin werden würde?
Die
Schwierigkeiten begannen schon damit in den Tauchanzug zu steigen.
Steigen?
Wohl eher hineinklemmen!
Ich dachte immer Strumpfhosen
wären das schwierigste Kleidungsstück, aber dieses Teil übertrifft alles.
Langsam, Stück für Stück, ziehe ich mir die millimeterdicke
Neoprenschicht über die Haut, dabei hüpfe ich wie ein Gummiball auf und
nieder, da ich ständig das Gefühl habe, der Schritt würde mir zwischen den
Knien hängen.
Die Schuhe anzuziehen, das ist dann eine leichte
Aufgabe.
Und nun den Reißverschluss schließen.
Wo war der doch
gleich?
Ach ja! Hinten! Nur wie kommt man da ran?
Irgendwo hing doch
da eine Schnur, wenn man die erwischt, dann kann man mit einigen
Verrenkungen den Reißverschluss schließen.
Eigenartig, dass der
Reißverschluss bei so einem Anzug innen liegt, wo ist da die Logik?
Was
heißt das, ich habe den Anzug verkehrt herum an? Reißverschluss nach vorne?
Nach außen! Mann, wie peinlich!
Also wieder herausschälen, dabei
dreht sich der Anzug von ganz alleine um, das ist wahrscheinlich auch der
Grund dafür, weshalb er verkehrt herum ausgegeben wird.
Und wieder
hineinhüpfen und Reißverschluss schließen!
Kaum habe ich das geschafft,
fühle ich mich wie in einen Schraubstock gezwängt, unfähig mich zu bewegen.
Wie ein Pinguin an Land sehe ich aus!
Während ich steif auf meinen
Tauchlehrer zuwatschle, tröstet er mich, dass sich der Anzug im Wasser
wieder etwas ausdehnen würde.
Wäre ich nur schon drin!
Anschließend
belädt er mich mit meiner Ausrüstung.
Schnorchel, Taucherbrille, Flossen,
Tarierweste, Atemluftflasche und einen Gurt mit 6 Kilo Blei.
Gleich
breche ich zusammen!
"Alles klar?" Fragt er mich.
"Logisch!" Antworte
ich.
Schließlich will man ja nicht schon am Anfang schlapp
machen.
Was ist eine Mischung aus Pinguin und Packesel?
Ein Taucher an
Land!
Tapfer schleppe ich mein Equipment Richtung Tauchbecken, mit der
Gewissheit, dass im Wasser Alles leichter werden würde.
Nach ein paar
Schnorchelübungen, bei denen ich so viel Wasser geschluckt habe, dass ich
wohl mittlerweile ohne Blei ins Wasser sinken werde, lege ich meine
komplette Tauchausrüstung an. Mit der Flasche und dem Bleigurt auf dem
Rücken, grenzt es an ein Wunder, dass ich nicht nach hinten kippe und wie
ein Käfer auf dem Rücken mit allen vieren in der Luft, zapple.
Aber nun
ab ins Wasser!
Zuerst soll ich mich an ein Gitter, so zwei Meter unter
der Wasseroberfläche, hängen.
Brille auf, Flossen an und mit einem
Riesenschritt voraus plumpse ins Wasser.
Na bitte, hat ja prima
geklappt, ohne mit den Flossen irgendwo hängen geblieben zu sein.
Aber
noch treibe ich auf der Oberfläche.
Mein Tauchlehrer gibt das Zeichen
zum Abtauchen und so lasse ich vorsichtig etwas Luft aus meiner
Tarierweste.
Und da passiert es!
Was mir an Land erspart geblieben ist
- wie ein Käfer auf dem Rücken zu zappeln - hier im Wasser bleibe ich nicht
davon verschont. Während die Atemflasche und das Blei meinen Allerwertesten
in Richtung Beckengrund ziehen, sind sich mein Kopf und meine Füße darin
einig, nicht zu folgen. Also fange ich an, mit allen vieren zu zappeln, um
mich auf den Bauch zu drehen.
Und endlich gelingt es mir auch.
Mit
einer Hand schaffe ich es noch, das Gitter zu greifen und mich nach unten zu
ziehen.
Mein Tauchlehrer zeigt mir das OK?-Zeichen und ich mache das
OK!-Zeichen zurück.
An Peinlichkeit ist noch keiner gestorben.
Dann
lerne ich meine Tarierweste richtig zu gebrauchen.
Luft rein - es geht
nach oben.
Luft raus - es geht nach unten.
Na also, ist doch ganz
leicht!
Luft rein - es geht rauf...
...Halt, Halt, Halt!
Und schon
bin ich wieder an der Oberfläche.
Mist, jetzt muss ich mich wieder nach
unten zappeln.
Luft raus - und oh Wunder, es geht auch ohne zappeln nach
unten.
Wir lassen uns also zum Grund hinunter.
Autsch, mein
Ohr!
Achja, Druckausgleich nicht vergessen!
Rauf und runter, rauf und
runter, das macht ja richtig Spaß.
Mit dem richtigen Ein- und Ausatmen
funktioniert das auch!
Ich spüre das Gewicht auf meinem Rücken nicht
mehr, ich spüre die Enge in meinem Anzug nicht mehr, die Flossen scheinen
mit meinen Füßen eine Einheit zu bilden und der Druckausgleich klappt auch
prima.
Die Zeit vergeht wie im Flug, ich könnte ewig hier unten bleiben
und den Blubberbläschen zusehen, die um mich herum aufsteigen, wenn ich
nicht langsam vor Kälte bibbern würde.
Da unter Wasser nur über
Zeichensprache kommuniziert wird, muss ich jetzt irgendwie meinem Begleiter
klar machen, dass mich friert.
Scharade? Hab ich doch schon immer gern
gespielt!
Ich überlege kurz, kreuze dann die Arme und reibe mit den
Händen meine Oberarme.
Könnte man auch als "Ich hab dich lieb"
interpretieren, wenn er mich jetzt in die Arme nimmt, habe ich mich falsch
ausgedrückt.
Aber nein, er zeigt mir: "Alles okay?"
Und ich wackle mit
der Hand : "Nicht so ganz!" und mache noch mal das "Mich-friert-Zeichen".
Und deute, dass ich auftauchen möchte.
Er gibt mir das Okay zum
Auftauchen und langsam lasse ich mich an die Oberfläche treiben.
Nur
schnell raus aus dem Wasser.
Pustekuchen!
Ich lerne, man steigt nicht
einfach mit voller Montur aus dem Wasser!
Auch nicht ausnahmsweise, nur
weil man vor lauter Zittern schon meterhohe Wellen schlägt.
Immer die
Ruhe bewahren, die Tarierweste und den Bleigurt im Wasser abnehmen und dem
an Land oder auf dem Boot wartenden Begleitpersonal aushändigen.
Okay,
frieren einstellen und Tarierweste öffnen, schließlich will ich ja alles
richtig machen, auch wenn's mich für eine Sekunde gejuckt hätte, meinem
Tauchlehrer den Hals umzudrehen.
Aber er hat ja recht, wenn ich jetzt
schon wegen einer leichten Unterkühlung in Panik gerate, wie soll ich dann
den Gefahren trotzen, die mich in offenen Gewässern erwartet?
Hai unter
mir, Wale neben mir, sechs Meter hohe Wellen... okay, ich
übertreibe.
Also, wo ist dieser dämliche Verschluss?
Gefunden!
Aber ich kriege ihn nicht auf!
Ich treibe hier auf dem Wasser und
versuche mit meinen klammen Fingern diesen Schnappverschluss zu betätigen
und irgendwie fehlt mir die Kraft oder die Zielgenauigkeit oder einfach nur
die Ruhe.
Endlich, zwei abgebrochene Fingernägel später (wozu müssen die
auch so lang sein?), habe ich es geschafft, alles ordnungsgemäß abgegeben
und hieve mich aus dem Wasser.
Mein Tauchlehrer klopft mir auf die
Schuler und lobt mich, wie toll es für das Erstemal ging.
Und sofort bin
ich wieder versöhnt.
Ich habe es geschafft, ich kann tauchen!
Naja,
zumindest sehe ich nicht mehr aus, wie ein zappelnder Frosch!
Aber bis
zum Delfin ist's noch ein langer Weg.
Vorheriger TitelNächster TitelDer Tauchlehrer ist übrigens ein Bekannter von mir.
Im Falle, dass du dies liest Mani, verzeih mir, dass ich dir den Hals umdrehen wollte *grinz*Eva-Maria Herrmann, Anmerkung zur Geschichte
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Der Beitrag wurde von Eva-Maria Herrmann auf e-Stories.de eingesendet.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.05.2004.
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