Irene Werner

Viviana und die süße Versuchung



„Geschafft, nun werde ich mich mal für eine halbe Stunde auf den Balkon setzen und die Füße hochlegen“, seufzte zufrieden die Mutter.
Fabio schlief friedlich in seinem Bettchen und Viviana malte in ihrem Zimmer ein Bild für die Oma.

Nach einer Zeit wurde es Viviana jedoch zu langweilig und sie wollte mit Mama spielen. Diese war jedoch auf ihrem Stuhl eingenickt.
„Macht nix“ dachte sich Vivi, „ werde ich halt mal schauen, ob es was zu Naschen gibt.“
Flugs ging sie zu dem Schrank, wo Mama immer so viele gute Leckereien hatte
Aber, ach oh Kraus, das Regal war leer bis auf ein paar Erdnüsse.
„Ich will aber Schokolade“ schimpfte Viviana vor sich hin, “ Mama hat ja auch noch welche im Kühlschrank.
Da der Kühlschrank jedoch ziemlich hoch war, benötigte Vivi einen Stuhl um die Tür zu öffnen.
Einen Augenblick zögerte noch, sah nach Mama, die schlief, und – husch schob sie einen Stuhl heran.

Was war das für ein Anblick als die Tür auf war.
Da standen jede Menge Flaschen – alle fest verschlossen. Hier gab es Wurst und der Kuchen von gestern stand ja auch da, Ja und das Schüsselchen
mit Pudding verführte zum reinlangen mit den Fingerchen.
Da ganz hinten, neben dem Glas mit Essiggurken lag die ersehnte Schokolade.
Mühsam lehnte sich Viviana in den Kühlschrank. Ihre kleinen Händchen reichten mit Ach und Krach an das Überraschungsei hin.

Da, fast hatte sie es, da gab es einen großen Knall.
Im Eifer des Gefechtes hatte sie das Gurkenglas mit dem Ellenbogen aus dem Kühlschrank gedrückt.
Nun lag es auf dem Küchenboden. Glasscherben, Gurken und Gurkensaft bildeten einen großen See.
„ Was soll ich jetzt nur machen“ grübelte sie ,“Mama wird bestimmt schimpfen.“
Da kam ihr eine Idee.
Schnell den Mülleimer herangezogen und alles rein damit.

„Autsch! Hilfe, ich blute“, schrie Viviana aus Leibeskräften und rannte zur Mama.
„Ja, was hast du den gemacht?“,fragte die Mutter noch etwas schlaftrunken.
Nun war guter Rat teuer. Gleich alles erzählen oder nur weinen
„Mama bekommt eh alles raus“, sinnierte Vivi. Heulend setzte sie sich auf den Schoß ihrer Mutter


„ Das Überraschungsei hat aus dem Kühlschrank gerufen:
Hol mich raus und esse mich, ich schmecke gut“, schluchzte das Kind.
Die Mutter wusste im ersten Moment nicht, ob sie lachen oder schelten sollte.
„Seit wann können Ü-Eier reden und auch noch aus dem Kühlschrank?“ fragend sah die Mutter ihre kleine Tochter an.
.„ Du weißt doch, dass du da nicht hin darfst
Gerade weil so viel passieren kann!“
Viviana kuschelte sich noch enger an die Mutter
„Ja, aber ich wollte doch…“versuchte sie zu antworten.

Die Mutter sah sie an:“ Was du willst und was du darfst sind zwei Paar Stiefel. Und wie heißt es so schön: Wer nicht hören will, muss fühlen. Und die Strafe folgt auf dem Fuß“.
Fest drückte Mama Viviana an ihre Brust:“ Jetzt ist alles wieder gut. Das Blut ist weg und das Weinen auch. Aber Schokolade gibt es heute keine mehr.“
Viviana war auf der einen Seite erleichtert, das Mama nicht zu arg geschumpfen hatte. Auf der anderen Seite wollte sie jedoch noch immer Schokolade.
„Mama, wenn ich alles ganz sauber mache und du aus meiner Spardose Geld holst für die Gurken, bekomme ich dann Schokolade?“ fragte Vivi herzzerreißend.
Vielleicht lässt sich Mama ja doch erweichen und ich kann naschen,“ überlegte Viviana
Und wenn nicht, frag ich nachher Papa

Mama blieb hart. Und Viviana schlich den ganzen Tag mit einem traurigen und auch trotzigen Blick umher.
Als Papa abends nach Hause kam, fiel Vivi ihm weinend um den Hals
:“ Mama gibt mir keine Schokolade.“
„Das wird schon seinen Grund haben.
Was hast du den angestellt?“ fragte der Vater schmunzelnd. und sah sie an.

Viviana druckste herum und gab Papa ganz viele Bussis.
„Das Überraschungsei wollte gegessen werden und die Gurken waren dagegen.“, schimpfte Vivi.

Da konnten sich Mama und Papa nicht mehr halten und lachten los.
Von beiden bekam Viviana einen ganz dicken Kuss, aber keine Schokolade.

©I.Schw.

Viviana ist meine Enkeltochter.
Und sie ist gerade in einem Alter, wo nichts mehr sicher ist.
Deshalb habe ich angefangen kleine Alltäglichkeiten aufzuschreiben. So kann sie es später einmal in Ruhe durchlesen.
Irene Werner, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 28.05.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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