Aus gesammelte Geschichten von Alpha Centauri
Morgen ist der Zeitpunkt erreicht. Morgen.
Morgen jährt sich zum 25. Mal das nukleare Höllenfeuer, das die Erde verschlang. 25 lange Jahre. 25 Jahre Hölle.
Aber wir haben es geschafft, unser Ziel liegt in greifbarer Nähe. Ein schönes Gefühl zu wissen, dass man bald wieder eine Heimat hat. Ich hab es fast vergessen...
Dekan Zakharov, Persönliches Tagebuch
Die Stimmung auf der Unity war gespannt. Erst vor einigen Wochen hatte eine Fehlfunktion in einem Generator beinahe das Schiff zerstört. Nur der schnellen Reaktion eines Technikers, der aber durch die Strahlenkrankheit starb, war es zu verdanken, dass die Unity noch war.
Aber der Schaden, der bei den Zwischenfall entstand, war alles andere als gering. Für einige Stunden waren mehrere Sektionen ohne Strom gewesen. Dreißig Frauen und Männer in Stasis hatten diesen Unfall mit dem Leben bezahlt.
Eine Untersuchung ergab dann Sabotage. Dies nahm der zweite Sicherheitsoffizier, Corazon Santiago, dann zum Grund gegen Captain Garland einen Misstrauensantrag zu stellen. Ihre Worte waren:
„Captain Garland hat die Kontrolle verloren. Dieses Schiff ist unsere letzte Hoffnung. Sie sollte in den Händen von fähigen Überlebenskämpfern liegen, nicht in den Händen von Narren, die in die UN-Fibel, die bereits auf der Erde versagt hat, verliebt sind.“
Captain Garland hatte aber Glück. Die Abstimmung der Führungsoffiziere ging zu seinen Gunsten aus. Nur Santiago stimmte gegen ihn, vier enthielten sich ihrer Stimme.
Aber der Zorn, der sich über die Jahre in der Frau aufgestaut hatte, kam noch vor der Ankunft zum Ausbruch. Sie war immer der Meinung gewesen, bei der Auswahl der Crew übervorteilt zu sein. So zettelte sie eine bewaffnete Meuterei an. Sie fand viele Crewmen mit einem offenen Ohr für die Revolution. Aber sie scheiterte daran, dass die Waffenkammer gut bewacht war und keine Waffen entwendet werden konnten. Aber ihre Zeit würde kommen…
Nicht nur sie war unzufrieden.
Letzter Tag der Mission. Entfernung zum Planeten: dreizehn Stunden
Der Brodchronometer sprang auf 0:00, als Captain Garland die Brücke erreichte. Seit einigen Tagen schob die Crew Doppelschichten. Die Stasis-Crew musste geweckt, der Umzug koordiniert und Landeplätze gesucht werden.
„Situation?“ fragte Garland.
„Wir mussten einen Meteoritenschwarm umgehen. Das hat uns zwanzig Minuten gekostet. Es wird wohl nichts mit dem Lunch auf der Oberfläche.“ antwortete der erste Offizier, Commander Shen-yi Yang.
„Wie sieht es mit der Crew aus?“
„Die teilt sich schon auf die Landekapsel auf. In etwa sechs Stunden werden alle wach sein.“
„Ausgezeichnet. Gute Arbeit.“ antwortete Garland und setzte sich auf seinen Posten. Er lächelte zufrieden. „Wissen Sie wie es ist wieder eine Heimat zu haben, Mister Yang?“
„Ja, Sir. Ich sehne mich auch danach. Ich liebte meine Heimat.“ antwortete Yang. Eine Konsole leuchtete auf. Ein junger Offizier marschierte mit strammen Schritten zur Konsole und schaltete auf den Bildschirm. Ein verschwommenes Bild erschien, das schnell klarer wurde.
„Mister Zakharov. Was gibt es neues?“ fragte Garland.
„Wir haben neun mögliche Landepunkte ausgemacht, Captain. Aber vier sind eher unsicher, da dieses rote Zeug in diesen Gegenden in rauen Mengen aufscheint. Bevor ich keine Probe davon habe, kann ich diese Landepunkte nicht freigeben.“ antwortete Zakharov, der dritte Offizier. Zakharov, der aus der russischen Föderation stammte, hatte den Posten des Wissenschaftsoffiziers inne. Auf der Erde war er ein angesehener Physiker und Biologe gewesen, mit Spezialgebiet Genetik und Astrophysik.
„Die Sonde kehrt in einer Stunde zurück. Dann wissen wir was das ist.“ sagte Yang. „Wenn es böse ist, machen wir es fertig.“
„Sehr gut. Ich berechne jetzt die Landevektoren.“ sagte Zakharov und schaltete ab.
„Maschinen auf halbe Kraft drosseln. Drift vorbereiten.“ befahl Yang.
„Nehmen Sie sich frei bis zur Landung, Mister Yang. Wir sehen uns auf der Oberfläche wieder.“ sagte Garland. Yang nickte zufrieden und ging zur Tür. Bevor er die Brücke verließ, winkte er einem Offizier zu. Diese nickte fast unmerklich zurück und griff zu ihrer Waffe. Yang formte lautlose Worte: „Noch nicht!“
Letzter Tag der Mission. Entfernung zum Planeten: drei Stunden
Plötzlich heulte eine Alarmsirene auf. Die drei Brückeoffiziere fuhren hoch und schalteten sofort alle Systeme auf höchste Alarmstufe.
„Was ist da los?“ fragte Garland.
„Jemand versucht in die Waffenkammer einzudringen. Es sind Schüsse gefallen auf den Decks C und F. Die Sicherheit ist verständigt.“ antwortete ein Offizier in der UN-Uniform namens Reed. Der blaue Helm war ihm bei seinem Spurt zur Konsole vom Unterheld oder Paradehelm gefallen und drehte sich noch immer am Boden. Garland hob ihn auf.
„Verständigen Sie sofort Mister Yang. Er soll mit einem Sicherheitsteam zur Waffenkammer runter und die Aufrührer ausschalten!“ befahl Garland.
„Aye.“ antwortete der andere Offizier, eine Frau der Armee von Großchina. Im Gegensatz zu dem UN-Soldaten trug sie eine pechschwarze Uniform mit einem roten Emblem auf der linken Brust, das die Fahne der chinesischen Föderation aufzeigte.
„Weiterte Gefechte von Decks E und J gemeldet.“ informierte Reed weiter. Ein dritter Soldat der UN kam auf die Brücke. Er nahm Stellung an der Tür auf. Er hatte ein schweres Maschinengewehr in Vorhaltestellung.
„Die Kapseln müssen gesichert werden. Ebenso das Reaktordeck und die Labors.“ befahl Garland.
„Deck B gefallen. Sie stehen hinter der Brücke.“ sagte Reed plötzlich. Garland seufzte. „Geben Sie Evakuierungsalarm. Das Schiff ist gefallen.“
Der Offizier fuhr herum. „Sind Sie sicher Sir?“ fragte er. Garland nickte schwer. „Entweder so oder keiner erreicht unser Ziel.“
Letzter Tag der Mission. Entfernung zum Planeten: dreißig Minuten
Commander Yang und ein sechzehnköpfiges Sicherheitsteam erreichten die Waffenkammer. Die Leichen von gut zehn Sicherheitskräften und Aufständischen lagen auf den Korridoren, die Wände waren blutverschmiert. Bei jedem Schritt gab der Boden ein schmatzendes Geräusch von sich.
„Vorsichtig. Wir wollen keinen Unfall.“ flüsterte Yang.
„Parole?“ rief plötzlich jemand. Yang hob die Hand. Seine Crew blieb stehen und verteilte sich zum Kampf. Der Ruf wiederholte sich: „Parole?“
„Ich muss Santiago sprechen. Es ist Zeit!“ antwortete Yang. Eine Waffe wurde gesichert. „Treten Sie vor!“ befahl der Unbekannte. Yang schob seine Pistole in den Halfter an seinem Gürtel und trat um die Ecke. Wären er uns seine Männer vorhin weiter gegangen, hätten sie ein blutiges Ende gefunden. Sechs Mann mit teils schweren Waffen hatten sich auf dem Korridor verteilt. Sie alle trugen die Uniform der Überlebenskämpfer.
„Wo ist Santiago?“ fragte Yang. Eine Frau trat aus der Waffenkammer. Ein Munitionsgurt hing um ihre Brust, in den Händen hielt sie ein schweres Sturmgewehr mit Schalldämpfer. „Wie sieht es aus, Yang?“ fragte sie und reichte die Waffe einem ihrer Soldaten.
„Alles ist bereit, mein Mitglied ist auf der Brücke und wartet auf den Befehl.“ antwortete Yang und musterte sie. Dann deutete er auf die Waffen. „Das war nicht vereinbart.“
„Ach kommen Sie. Tun Sie nicht so als hätten Sie sich nicht auch einen Vorteil angeeignet. Zakharov hat sich Daten gesichert, Morgan zusätzliche Energie. Ich hol mir halt ein paar Waffen.“ rechtfertige sie sich. Dann schickte sie die Männer weg. „Ich will mit Ihnen unter vier Augen sprechen.“
Letzter Tag der Mission. Entfernung zum Planeten: zehn Minuten
„Was wollen Sie?“ fragte Yang leicht gereizt.
„Ich will unsere Allianz für null und nichtig erklären. Ich brauche ihre Hilfe jetzt nicht mehr. Ich schaffe es allein.“ antwortete Santiago.
„Sie wissen, was sie riskieren?“ fragte Yang.
„Wir sind Überlebenskämpfer. Wir schaffen es sicher. Ich mache mir eher Sorgen um Sie.“
„In welcher Hinsicht?“ fragte Yang.
„Ich mag Sie. Sie vertreten dieselben Ziele wie ich und wollen einen militärisch gesicherten Staat aufbauen. Nur diese verdammte UN hindert uns daran. Das muss ein Ende haben.“
„Dann sollten wir aber die Allianz aufrecht lassen. Es gibt keinen Grund dafür…“
„Im Moment sind Sie mir ein Klotz am Bein. Ich brauche Sie nur noch um mir Garland vom Hals zu schaffen.“ unterbrach Santiago und verließ ohne weiteren Kommentar den Raum. Yang eilte ihr nach. „Soll ich jetzt den Befehl geben? Oder lassen wir ihn leben?“
„Tun Sie wonach Ihnen ist, Yang. Wir sind miteinander fertig für den Moment!“
Letzter Tag der Mission. Entfernung zum Planeten: drei Minuten
Auf der Brücke herrschte reges Treiben. Die Landungskapseln wollten zum Großteil schon abdocken um den Gefechten zu entgehen, die mittlerweile auf allen Decks tobten. Aber meistens waren sie noch nicht voll besetzt.
Mitten unter diesem Durcheinander ging plötzlich der Kommunikator des Offiziers los, der die Uniform der chinesischen Föderation trug. Während sie einen Befehl weiterleitete, führte sie den Dialog mit Yang, der sie gerufen hatte. Sie redete chinesisch mit ihm, nicht wie sonst auf dem Schiff immer üblich Englisch.
„Was soll das?“ fragte Reed plötzlich und sah den Offizier an. Garland sah sich verwirrt um. Er hatte nichts bemerkt. „Was ist denn?“ fragte er. Reed deutete auf die Frau. „Sie spricht chinesisch mit jemandem außerhalb der Brücke.“ antwortete er. Dann ging alles rasend schnell.
Plötzlich hielt die Frau ihre Pistole in der Hand. Mit zwei gezielten Schüssen erledigte sie die Wache an der Tür. Reed versuchte hinter der Konsole, an der er gerade stand, in Deckung zu gehen. Aber die Schützin war schneller und feuerte acht Schüsse auf ihn ab, wovon mindestens drei tödlich waren. Dann fiel die Waffe des Soldaten nutzlos zu Boden.
„Was hat das zu bedeuten?“ fragte Garland. Er war wie immer unbewaffnet gewesen.
„Die Meuterei geht tiefer als Sie denken, Garland.“ antwortete die Frau. Sie öffnete ihre Uni-form. Darunter kamen mehrere Sprengstoffgürtel zum Vorschein.
„Hören Sie. Das muss nicht sein.“ sagte Garland ruhig und diplomatisch.
„Es war meine Entscheidung.“ antwortete die Frau und betätigte den Auslöser.
Als die Unity in zwei Hälften gerissen wurde (wobei das Vordeck samt Brücke von einem Feuerball verschlungen wurde und unzählige Menschen in den Tod riss), waren sieben der Landekapseln ausreichend vom Schiff entfernt. Rasend schnell, der Konkurrenz durch die anderen Kapseln bewusst, versuchten die Piloten ihre Kapsel an einen guten Landepunkt zu manövrieren. Die Mission war offiziell zu Ende. Jetzt gab es nur noch eine Heimat: den Planeten Alpha Centauri. Entweder Überleben oder Sterben. Das Unbekannte erwartete die letzten Menschen. Die Zukunft der Menschheit lag in deren Hand.
Vorheriger TitelNächster TitelIn zweiten Teil von "Gesammelte Geschichten von Alpha Centauri" erreicht der Sternenkreuzer Unity endlich sein Ziel.
In dieser Geschichte gebe ich vor allem Einblick in die Psyche einiger Hauptcharktere und den Hauptcharakter überhaupt, Dekan Zakharov, lernt man genauer kennen.
Außerdem will ich damit aufzeigen, dass auch bellende Hunde beißen können ;-)Nicolai Rosemann, Anmerkung zur Geschichte
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 28.05.2004.
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Der kleine Kobold Mallefitz
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