Nathalie Fabig

Nie vergessen



Ich stand da und wartete auf meinen Bus, es regnete aus Eimern, wieder ein Tag den man am liebsten aus dem Kalender streichen würde. Mein Blick überflog immer die große Uhr an der Ecke noch 35 Minuten und ich muss bei meinem Vorstellungsgespräch sein. Das schaff ich nie. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals oh Gott diese Anspannung, ich vergesse sie nie.
Da ganz hinten sehe ich ihn, der Bus, er kommt nun endlich nach endloser Verspätung.
In meiner Eile und völlig in Gedanken vergesse ich sogar mir eine Fahrkarte zu kaufen.
Schnell finde ich einen freien Platz, ich setze mich und der erste Blick zu meiner Uhr, noch 28 Minuten, dann sollte ich da sein. Ich verfluche nun jede Ampel, jedes Auto was zu parken versucht. Wie langsam geht die Welt wenn man es eilig hat?!
Da sehe ich Dich, Du sitzt mir schräg gegenüber und lächelst verschmitzt zu mir rüber, erst da merke ich wie ich in mein Gesicht Falten prügel durch meinen angespannten Ausdruck. Ich versuche zu lächeln meine Anspannung löst sich.
Du kommst zu mir rüber
Ich werde nervös, was sage ich, was willst du, ich merke wie mir mein Blut einen Streich spielt und meinen Körper kochen lässt.
„Hast Du es so eilig“
Ja ein wenig, kommt schwach über meine Lippen.
„Entschuldigung wenn ich dich so einfach anspreche, aber du scheinst reichlich nervös zu sein und ich habe mir gedacht ich versuche dich ein wenig zu beruhigen.“
Das ist dir schon gelungen, log ich, denn meine Unruhe in mir stieg noch weiter an.
„Wo willst du denn hin“
Ich muss zu einem Vorstellungsgespräch, und ich weiß nicht ob ich es pünktlich dahin schaffe.
„Dann rufe an und sag dass du Dich ein wenig verspätest“
Na toll wie sieht denn das aus gleich am ersten Tag zu spät.
„Besser Du rufst an und sagst ihnen Bescheid“
Ich greife tief in meine Tasche, mit äußerster Vorsicht, denn ich will nicht meine ganzen Unterlagen zerknicken, die ich mit viel Mühe zusammengestellt habe.
Meine Hände fangen an zu zittern, was soll ich denn sagen?, mein Bus hatte Verspätung?!
„Sag Ihnen wie es ist, sei ehrlich, das ist immer der bessere Weg“
Es klingelt, der Herr Schmidt geht ran und hat auch Verständnis, bedankt sich sogar für meinen Anruf. Erleichtert sinke ich nun in meinen Sitz.
Ich schau zu Dir und sage Danke.
„Wofür?“
Einfach dafür das du da bist.
„Hättest du Lust nach deinem Vorstellungsgespräch einen Kaffee trinken zu gehen?, ich muss doch erfahren wie es gelaufen ist.“
Ja klar habe danach nichts mehr vor, können wir gerne machen. Soll ich mich bei Dir melden wenn ich da fertig bin?
„ Ja ich gebe Dir meine Nummer, und dann sagst du wo wir uns treffen und dann erzählst du mir alles.“
Ich muss nun aussteigen, freue mich auf nachher. Bis später.
Mit hoch gestrecktem Arm entferne ich mich vom Bus. Es hat aufgehört zu regnen.
Noch ein paar Minuten zu Fuß und ich bin endlich da.
Nun beginnt mein Herz wieder zu rasen, sehe ich gut aus, hoffentlich fang ich nicht an zu stottern. Ich denk ganz plötzlich an Dich, wie lieb Du warst. Dein Blick so beruhigend und jetzt wo ich weiß dass ich dich gleich wieder sehe, gehe ich nun in das große Gebäude mit starker Selbstsicherheit. Es kann nur gut werden, denke ich mir.
Nach zirka einer Stunde verlasse ich das Gebäude auch schon wieder, mit großem Stolz wähle ich deine Nummer. Du gehst auch sofort ran…
„und? Wie war es?“
Ich habe die Stelle, sag ich und frage noch im gleichem Atemzug ob wir nun noch einen Kaffee trinken wollen.
„ja klar“
keine 20 Minuten später sitzen wir beide in einem Cafe und unterhalten uns über Gott und die Welt.
Wieso bist du mir nur so Vertraut? Ich kenne Dich doch kaum denke ich mir.
Von da an trafen wir uns regelmäßig, wir haben uns auf Anhieb super gut verstanden.
Es verging 1 Jahr…
Wir lebten zusammen in einer kleinen Wohnung und waren so glücklich über unser zusammentreffen im Bus. Das wir diese Linie mit der wir damals fuhren den Glücksbus nannten.
Ich wurde schwanger, die Freude stand uns so im Gesicht geschrieben, alle konnten sehen dass unser Leben perfekt ist.
Ich hatte eine Traumschwangerschaft, alles verlief ohne Komplikationen, ich spürte unser Kind unter meinem Herzen, dieses Treten unter meinem Bauch lässt mich noch immer Gänsehaut bekommen.
Die Zeit verging so schnell bis wir ins Krankenhaus konnten. Nun ist es endlich so weit.
Wir bekommen ein Baby. Zu Hause ist schon alles fertig eingerichtet, kann nichts mehr schief gehen. Ob Junge oder Mädchen wollten wir nicht wissen uns war wichtig das alles dran ist und eben Gesund.
Starke Schmerzen durchzucken meinen Körper. Du stehst neben mir haltest meine Hand, ich sehe die Tränen in deinen Augen die Verzweifelung, nicht wissen wie du mir helfen kannst, mir den Schmerz abnehmen.
Doch dein Dasein ist schon lindernd genug.
Stunden über Stunden, Ärzte, Hebammen Geräte, Schläuche, ich bekomme Angst.
Drücke deine Hand fest und schließe meine Augen. Kann keine Worte mehr wahrnehmen.
Es dauert nun eine halbe Ewigkeit, bis ich Unser Kind schreien höre, die Ärzte sagen „ein kerngesunder Junge. Ich weine vor Freude und Erschöpfung, vor Glück und Stolz.
Ein Einzelzimmer bekommen wir
Ich sehe Dich Stunden an, wie Du nur so da liegst und scheinst zu schlafen, die Augen sanft geschlossen , die kleinen Hände zu Fausten geballt noch leichte Spüren der Erschöpfung sind dir in dein Gesicht gezeichnet.
Wann willst du endlich etwas essen frage ich dich mit weicher Stimme, keine Reaktion, deine Augen bleiben geschlossen, kein Arm zuckt, Du liegst nur da unter dem großem Daunenkissen. Eine Schwester kommt und fragt wie es mir geht, Ich antworte,Ich weiß es nicht. Es ist alles so still und ich fühle mich alleine. Ich sehe Mütter mit Ihren Kindern den Gang auf und ab gehen, wie die kleinen Babies in den Kästen liegen schlafen, schreien…Die Schwester sagt sie komme gleich wieder. Es vergeht wieder eine Ewigkeit bis sie wieder kommt, doch nicht allein. Der Chefarzt ist dabei. Ich werde die folgenden Worte niemals vergessen, „Es tut uns Leid ihnen mitteilen zu müssen das Ihr Kind verstorben ist, nehmen sie sich Zeit um Abschied zu nehmen.
Ich weiß nicht was ich machen soll, meine Augen nehmen nix mehr wahr ein Schleier nimmt mir die Sicht. Kein Wort kommt über meine Lippen. Ich falle und falle…
Ich habe Dich im Arm, wie klein Du bist, deinen leichten Pflaum streichel ich, meine Tränen fallen in dein Gesicht… warum nur Du?! Wieso tut man mir das an. Ich war so glücklich. Man hat mir alles genommen.
Doch ich werde DICH niemals vergessen denn ich habe dir das Leben geschenkt und mehr wolltest Du nicht. Ich werde Dich wieder sehen das weiß ich.
Bis dahin alles Liebe Deine Mama

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.07.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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