Nun ja, auf meiner diesmal 10 Wochen dauernden Reise durch Namibia hatte ich mich entschlossen, den Raubrittern der Landstraße abzuschwören und keinen Mietwagen zu nehmen. Dieses Mal war ich wild entschlossen, meine Kröten zu sparen und das Land per Anhalter, Bus und - wo notwendig - Taxi zu bereisen.
Wer nun per Anhalter einsam in der wüstenhaften Mittagshitze zweitausend Meter über dem Meeresspiegel am Straßenrand steht, der sei gewarnt. Südwester erzählen zwar immer von der unaussprechlichen Gefahr in ihrem Land, aber einen alleinreisenden Touristen auch nur auf der Ladefläche des Bakkies mitnehmen ? Niemals. Never. No way. No. Nee. In 10 Wochen und nach mehr als 6000 Kilometern hat mich nie ein weißer Fahrer als Anhalter mitgenommen (Was natürlich auch daran gelegen haben mag, daß jeder einen weißen Tramper in Namibia für völlig bekloppt hält). Also versucht man, dort wo man gerade übernachtet, einen Lift zu erhalten um weiterzukommen.
Irgendwann hatte ich jedoch keine andere Wahl, ich mußte von Omaruru nach Otjiwarongo und fand keine Mitfahrgelegenheit. Also stellte ich mich an den Ortsausgang von Omaruru und war gerade dabei, ein Schild mit dem Namen Otjiwarongo zu malen. Kaum bei ..“ji“ angekommen, knirschten vor mir schwere Räder im feinen Sand und ein Mercedes-Hochdeckerbus hielt 30 Zentimeter vor meinen Füßen. Die Beifahrertür öffnete sich und ein schlaksiger dürrer Herero stieg aus, schnappte wortlos meinen Seesack, um ihn hinter dem Bus auf dem langsam wieder aus dem Staub erscheinenden Anhänger zu verstauen. Ich stand immer noch blöde glotzend mit meinem „OTJI“-Pappschild neben der Tür und mein Blick fiel auf den in großen schwarzen verschörkelten Klebebuchstaben dort angebrachten Satz: „The Lord is my Sheperd“. Bevor ich mich den mannigfachen Fragen, Möglichkeiten, Szenarien und Deutungen dunkelster Art hingeben konnte, nahm mich der Beifahrer am Ellenbogen und drückte mich eilig in Richtung offene Tür und hinein ins Innere.
Da waren sie nun. Man hatte mich gewarnt. 25 mord- und raublüsterne Schwarze. Stinkend und hinterhältig in maroden und überladenen Bussen, welche mit halsbrecherischen Fahrmanövern und überhöhten Geschwindigkeiten nach jedermanns (und nun speziell nach meinem) Leben trachten.
Die Wahrheit sah - wie immer - ganz anders aus. Der Bus war neu, sauber und von den 25 Sitzplätzen war noch einer frei. Ich erhielt meinen Sitzplatz und der Fahrer schnallte sich -ebenso wie seine Beifahrer- mit dem Sicherheitsgurt an. Hier waren beide den meisten (weißen) Namibiern um einiges voraus. Ich habe in Privatwagen gesessen, wo sich 2 Kinder balgend und unangeschnallt auf dem Beifahrersitz die Nasen an der Frontscheibe plattgedrückten Bei 140 km/h auf der Pad müssen diese Familienväter großes Vertrauen in ihre Manneskraft haben.
Der Bus war zwar eng aber nicht bedrängend. Die Luft war angenehm und afrikanische Musik klang sacht aus den Boxen. 110 km/h wurden nicht überschritten und überholt wurde auf der Strecke nach Otjiwarongo auch keiner. Nach anfänglichem Zögern auf beiden Seiten (auch die schwarzen Namibier hielten mich für völlig bekloppt) sprach ich meinen Nebenmann an und wir unterhielten uns die nächsten 2 Stunden über Gott und die Welt.
Ich bin in Frankfurter Vororten mit städtischen Bussen gefahren, welche in schlechterem Zustand waren und deren Fahrgäste ein deutlich höheres Gefährdungspotential und eine wesentlich geringere Waschfrequenz besaßen als meine Mitreisenden hier in Namibia. Ich rate keinem, im deutschen Sommer zur Rush-Hour in Achselhöhe neben einem Mann oder Frau im Bus zu stehen oder Nachts alleine die U-Bahn zu benutzen!
In Otjiwarongo angekommen bezahlte ich 20 $N, was sich bei späteren Fahrten als Einheitspreis von Ort zu Ort herausstellen sollte. Von dort ging es weiter nach Norden, nach Otavi. Allerdings lag mein Ziel „Zum Poitje“etwa 8 km nördlich der Stadt. Also wurden sich meine mitfahrenden Freunde schnell einig, mich direkt und ohne Umweg genau dorthin zu fahren (20$N). Es dauerte etwas, da die gesamten ersten zwei Reihen im Bus ihre Lesekräfte vereinten, an jeder Reklametafel anhielten und zu entziffern versuchten, ob dies der Ort sei, wo der bekloppte Weiße hinwollte. Nach einiger Zeit und viele Reklametafeln später standen wir vor dem Tor der Farm, die wiederum einige Kilometer von der Teerstraße entfernt lag. Man wollte in jedem Falle warten, bis jemand kam, um mich abzuholen, da man mich nicht alleine im Dunkeln an der Straße stehen lassen wollte (wer weiß, was dem noch einfällt?). Es dauerte eine Zeit, bis ich Fahrer und Fahrgästen glaubhaft machen konnte, daß ich ihrer Fürsorge nicht weiter bedarf und „ja“, es holt mich jemand ab und „ja“ ich kann alleine hier stehen und „nein“, niemand wird mich hier vergessen und bitte:, „bitte fahrt doch endlich weiter!“
Später fuhr ich per Anhalter nach Swakopmund und da ich hier bereits von morgens bis zum frühen Nachmittag ohne Erfolg an einer vielbefahrenen Verbindungsstrasse stand, verlor ich irgendwann die Geduld, streckte den Daumen auch bei den wenig vertrauenerweckenden Bakkies raus. Der erste hielt mit dem letzten Quitschen, das die abgefahrenen Beläge noch auf den Bremsscheiben spielen konnten. Ich erwischte genau den Bakkie, in den ich nicht hätte einsteigen sollen. Neun Mann und ich in diesem engen, stickigen japanischen Schrotthaufen mit zwei Sitzplätzen vorne und keinem auf der Ladefläche. Ich wurde an die Zoobesuche meiner Jugend erinnert. Wie ein Fisch an der Wasseroberfläche schnappte ich nach Luft, die in einem dünnen Zug durch einen Ritz in der Hecktür kam. 33 Kilometer können sich endlos ziehen. Damit nicht genug, waren die Männer nicht davon abzubringen, mich genau vor meinem angegebenen Ziel abzusetzen. Da keiner die Adresse kannte, dauerte mein olfaktorisches Armaggedon weitere 15 Minuten, bis ich, jede gute Erziehung und Höflichkeit gegenüber hilfsbereiten Menschen vergessend, laut und nachhaltig befahl, den Wagen jetzt, hier und sofort anzuhalten. Ich sei da, wollte nirgendwoanders hin, wäre sehr glücklich hier und bitte.... macht irgendeiner SOFORT die Tür auf !?
Auf das Taxifahren habe ich weitgehend verzichtet und nur in Notfällen wollte ich auf diese Art der Beförderung zurückgreifen. Die liegt zunächst im üblichen fundamentalen Mißtrauen des Touristen gegenüber einheimischen Taxifahrern und im übrigen begründet in folgender früherer Begebenheit :
Bei meinem ersten Besuch in Windhuk nahm ich mit meiner späteren Frau ein Taxi zum Hotel. Eingedenk der vielen Warnungen „Ortskundiger“ verzichteten wir auf einen schwarzen Fahrer und vertrauten unsere Touristenleben einem weißen Taxichauffeur an. Groß, breitschultrig, vernarbt, mit Pferdeschwanz und freundlichem Grinsen. Sehr freundlichem Grinsen. Es war gegen Abend und der Fahrer in aufgeräumter Stimmung. Zu aufgeräumt.
Um nicht zu sagen, in dem Raum waren nur noch leere Flaschen !
Während er uns mit 120 km/h durch die Innenstadt Windhuks fuhr, versuchte er neben Steuern und schalten ein Päckchen Zigaretten zu öffnen, suchte sein Feuerzeug unter dem Sitz, suchte während der Unterhaltung den Augenkontakt mit uns (wir saßen hinter ihm) und erzählte von seiner süd?&%/$(§Heimat, Seinen wrglfstgmumfunddvh wssssschwis())====? Und Ischwnssssihschnummp.....?????
Einen 200 - Kilo - Löwen zu streicheln hat mir weniger Unwohlsein verursacht als diese Taxifahrt und ich werde die gutgemeinten Ratschläge der Einheimischen nächstens neutraler Abwägen.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 16.07.2004.
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