Andrea Renk

Eine leider alltägliche Geschichte

 

Er saß in der S Bahn und schaute den Kindern zu. Die Erzieherinnen hatten alle Hände voll zu tun, die Rasselbande still zu halten und es gelang ihnen nur kläglich.

Es war interessant die Kinder zu beobachten. Aber noch interessanter war es, die Erwachsenen zu beobachten. Deren Reaktion auf die Kinder. Da wurde der Kopf geschüttelt und getuschelt. Das Ehepaar hinter ihnen meinte, dass sie sich das als Kinder hätten nicht erlauben dürfen. Wieder andere wechselten das Abteil.

Es fiel auf, wenn man die Szene beobachtete, das keiner auch nur ein gutes Wort für die Kinder übrig hatte. Sie sahen alle nur, das die Kinder nicht still saßen, dass sie sich schubsten, dass sie laut sprachen, sich riefen, das sie eben nicht still da saßen und zum Fenster rausschauten ohne sich zu regen.

 

Keiner sah, dass sie lebten......

 

Wenn er sie beobachtete, dann sah er so vieles was die anderen einfach nicht sehen wollten. Die Kinder turnten rum, es war Bewegung im Abteil, wo sonst alle nur wie Puppen saßen und sich nie jemand trauen würde, sich zu bewegen, vielleicht sogar zu dem anderen umzudrehen. Den anderen anzuschauen.

Sie schubsten sich, weil sie keine Angst vor Berührungen hatten. Fass doch mal deinen Nachbarn im Abteil an? Jeder weiß was dann passiert, wie der andere das auffassen würde, als Belästigung im günstigsten Falle.

Sie sprachen laut, denn sie hatten ja nichts zu verbergen. Freude kann man herausschreien. Man kann sie teilen, man kann sie weitergeben. Aber nur an Menschen die offen sind, die nicht wie Puppen in den Abteilen sitzen.

Die Kinder sangen, ihm klang die Musik in den Ohren. Man sah, dass die anderen, die Puppen, nicht fähig waren zu hören. Oder war es einfach nur die falsche Melodie?

Das Leben erlaubte ihnen, was die Alten, die, die nie Kinder waren, sich nie getraut hätten.

 

Das Kinderlachen erfüllte das Abteil, übertönte alle grauen, tristen, niederschmetternden Gedanken der Stummen, starren, fast leblosen Puppen.

 

Die Kinder, das Leben stiegen aus. Seiner Meinung nach viel zu früh. Er hätte ihnen noch so gerne zugeschaut.

Er hatte die Lebenslust aufgesogen, hatte sie mitgenommen in den Tag.

Die anderen, die Puppen, die waren einfach nur froh, dass sie wieder ihre Ruhe hatten und weiter Stück für Stück in Ruhe sterben konnten.

 

 

 

a.r. 16.08.2004

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.08.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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