Ulrike Schäfers

Der Zahlenklau

Die Geschichte handelt von einem Mädchen mit Namen Pia. Sie geht in die zweite Klasse der Grundschule und ist 7 Jahre alt. Pia geht gerne zur Schule und ihre Lehrerin Frau Pauli kann Pia sehr gut leiden.

Eines Tages ist etwas merkwürdiges passiert.

Wie jeden Tag saß Pia in der Küche am Küchentisch, schaute der Mama beim Abwaschen zu und machte dabei ihre Hausaufgaben. “Supi-dupi“, strahlte Pia, “heute brauche ich nur Rechnen zu machen“. Sie nahm ihr gelbes Rechenheft mit den vorgedruckten Aufgaben und ihre Federmappe aus dem Tornister. Als sie die Federmappe öffnete stellte sie fest, dass von 3 Bleistiften 2 wenig angespitzt waren und einer sogar ganz abgebrochen war. Egal, für das bißchen Rechnen werden die Stifte schon reichen. Aber Mama würde sicherlich wieder schimpfen.

Pia senkte also ihren Kopf tief über das Heft, hielt eine Hand vor die Aufgaben und schrieb die Lösungen in das Heft. Als Mama kurz auf das Heft blickte, kam was kommen mußte. “Oh, Pia“ sagte Mama ägerlich, “schreib deine Zahlen doch bitte deutlicher, die kann man ja gar nicht lesen“. “Man Mama“, seufzte Pia, “Die sind völlig in Ordnung und Frau Pauli kann sie gut lesen“. “Also, wenn ich eine Zahl aus deinem Heft wäre, dann würde ich meine Koffer packen und woanders hingehen, so wie ich aussehe“, grinste Mama und zeigte dabei auf eine 5, die aussah als ob sie einen auf den Kopf bekommen hätte, da nur ein dicker runder Bauch ohne Strich zu erkennen war. “Und da die 8 hat überhaupt keine Figur mehr, die Arme“, Mama lachte und zeigte auf die nächste Zahl. “Oh, Mama, jetzt ist Schluß“ und Pia schloß schnell ihr Heft, damit Mama nicht noch mehr Witze machen konnte. “Fertig!“ rief Pia, “Darf ich jetzt draußen spielen?“ “Okay“, antwortete Mama und brachte weiter die Küche in Ordnung.

Was Mama nicht sehen und hören konnte, war plötzlich ein Geraschel und Getuschel und..., halt dass hörte sich sogar wie weinen an. Wer weinte denn da?. Das gibts doch nicht!!! In Pia`s Tornister war plötzlich ganz viel los. “Das war gemein zu sagen ich hätte keine Figur mehr und dich hat sie auch ausgelacht“, piepste da eine weinerliche Stimme, “und überhaupt, ich finde wir sollten uns das nicht mehr gefallen lassen“! Jetzt war die Stimme schon ein bißchen lauter geworden. “Ich sage euch, wir müssen hier weg“, tönte es jetzt deutlich aus der Schultasche.

“Wir sollten nichts überstürzen“, rief eine tiefe Stimme, “wir wissen ja gar nicht wohin“. Die tiefe, ruhige Stimme gehörte der Null, das war die vernünftige unter de Zahlen. “Nein, da mache ich nicht mit, ich habe Angst, ich bleibe“, das war die Eins, die immer ein bißchen ängstlich war und von den anderen Zahlen heimlich “Angstzahl“ genannt wurde. “Du hast gut reden, du siehst ja auch gut aus, schön gerade und deutlich zu sehen“, neidisch meldete sich die Drei. Es stimmte, die Eins sah wirklich toll aus, wobei man bei der Drei nicht wußte, sollte es nun eine Neun oder eine Drei sein.

So ging es eine ganze Weile turbulent in dem Tornister zu und die Zahlen schwatzten aufgeregt durcheinander. Als es dunkel wurde und auch die Zahlen langsam müde wurden, hatten sich die Zahlen geteilt. Die Fünf, die Drei und die Acht wollten sich am nächsten Morgen in der Schule eine andere Schultasche suchen und die restlichen Zahlen, an erster Stelle natürlich die Eins, wollten bleiben.

Am nächsten Morgen war es in Pia`s Tornister wieder ruhig wie immer. Oder? Wenn man ganz leise war und ein Ohr ganz vorsichtig an die Tasche hielt, hörte man ein leises Vispern und Kichern. Vor lauter Aufregung konnten die drei Zahlen natürlich überhaupt nicht ruhig sein und hüpften aufgeregt von einer Aufgabe im Heft zur anderen. Oje, das gab aber ein Durcheinander. Kein Ergebnis stimmte mehr und die anderen Zahlen rissen ihre Augen vor lauter Erstaunen weit auf.

In der Schule dann war es soweit. Als Pia ihre Tasche öffnete, um ihr Lesebuch für die erste Stunde herauszunehmen, sprangen die Zahlen ganz flink auf den Boden, versteckten sich hinter dem Stuhlbein und sprangen so von einem Tisch zum anderen auf der Suche nach einer offenen Schultasche. “Da..,da.. hinten“, vor lauter Aufregung stotterte die Drei. Schnell lief die Drei quer durch das Klassenzimmer auf die andere Seite. Tatsächlich, da stand eine offene Tasche und die gehörte einem Jungen. Die Zahlen kletteren flink an der Tasche hoch und schwups waren sie im Rechnenheft von Tobias verschwunden.

War das eine Freude, als die Zahlen entdeckten, dass noch ganz viele Plätze auf der Seite frei waren. Einige Aufgaben hatte Tobias noch nicht gelöst und die Zahlen verteilten sich eifrig auf die freien Plätze. Sie schnatterten vor Freude und hüpften von einer Stelle zur anderen so glücklich waren sie. Aber, hat da nicht gerade jemand mürrisch geguckt und die Nase gerümpft. Nein, das muß wohl ein Traum gewesen sein. Die drei Zahlen waren jetzt so müde, das sie einfach die Augen schloßen und tief und fest schliefen.

Vom Klingeln der Schulglocke wurden die Zahlen plötzlich wieder wach. Es war die 3. Stunde. Jetzt hatten die Kinder Rechnen. Unsanft wurden sie durcheinander geschüttelt als Tobias sein Heft aus der Schultasche riß und es aufschlug. Die Lehrerin ging von Tisch zu Tisch und schaute sich die Hausaufgaben bei jedem Kind an. Als sie bei Tobias ankam, stutzte sie:“Tobias, bei deinen Zahlen mußt du aber dabei schreiben, was es für Zahlen sein sollen, die kann man ja gar nicht erkennen. Du schreibst doch sonst viel schöner“. Tobias verstand erst gar nicht was die Lehrerin meinte. Und als sie dann mit dem Finger auf die Zahlen zeigte, fielen Tobias fast die Augen aus dem Kopf. “Waaaaaas ist denn daaaaaas????“, kreischte er. Erschrocken zeigte er auf das Geschriebene und schüttelte immer mit dem Kopf. Was da in seinem Heft stand konnte unmöglich von ihm sein. Er holte sich sein Radiergummi heraus und wollte gerade - oh Schreck - die Zahlen ausradieren, da sagte die Lehrerin:“Tobias, das kannst duch zu Hause machen, jetzt siehe bitte an die Tafel!“

Im Heft sah man die Drei, die Fünf und die Acht fast nicht mehr, so blaß vor Schreck waren sie geworden, als sie gehört hatten, dass Tobias sie ausradieren wollte. “Oh, Hilfe und nein, nein!“, hörte man sie durcheinander rufen. In diesem Moment machte Tobias das Heft zu und die Zahlen atmeten erleichtert auf.

Bei Pia auf der anderen Seite der Klasse war der Schrecken noch größer. Vor lauter Erstaunen, was da in ihrem Heft bzw. nicht in ihrem Heft stand, wurde sie ganz blaß. “Nein, Nein, das ist nicht mein Heft!“ schrie sie, “Wer hat mein Heft gestohlen?“ Frau Pauli kam angerannt: “Was ist los? Geht es dir nicht gut? Du siehst so blaß aus!“ Aber Pia schüttelte nur mit dem Kopf und wiederholte immer wieder:“Das ist nicht mein Heft“. “Zeig doch mal her“, sagte die Lehrerin und schaute sich das Heft an. “Hier steht doch dein Name drauf“. Trotzdem behauptete Pia weiter:“Das ist nicht mein Heft!“ “Warum hast du denn einige Aufgaben nicht gelöst? Waren sie dir zu schwer oder hast du sie vergessen?“ Frau Pauli schaute Pia fragend an. “Ich hatte alle Aufgaben gemacht und jetzt sind sie nicht mehr da“, Pia war den Tränen nahe. “Es ist doch nicht schlimm, dann machst du sie eben heute“, beruhigend sprach Frau Pauli auf Pia ein. Aber Pia trozte:“Nein, ich hatte sie gemacht!“
“Na gut“, die Lehrerin lächelte:“Ab und zu geht in den Schulen er Zahlenklau um, vielleicht hat er deine Zahlen mitgenommen“. Mit diesem Worten ging die Lehrerin zur Tafel und schrieb die Aufgaben für den nächsten Tag an.

Bald klingelte die Glocke zur Pause und die Kinder rasten nach draußen. Pia und Tobias liefen heute nicht so schnell, sonst waren sie immer bei den ersten, sie waren sehr nachdenklich.

Und stellt euch vor, in Tobias Schultasche waren jetzt wieder ein Vispern und ein Raunen zu hören. Eifrig unterhielten sich die Zahlen. “Das war aber ein Schreck, wir sollten schnellstens diesen Tornister verlassen, sonst werden wir noch ausradiert“, sagte die Fünf. “Aber wo sollen wir denn jetzt hin? Die anderen Schultaschen sind alle geschlossen und wer weiß, ob wir beim nächsten Kind nicht auch ausradiert werden sollen. Wir sehen eben einfach häßlich aus und keiner will uns haben“, schluchzte die Drei, “Wären wir doch bei Pia geblieben, die hat uns so gemocht wie wir waren“. “Juchu, das ist es!“ schrie die Acht und vollführte einen Sprung in der Luft mit einer galanten Drehung. “Was ist??“ fragten die anderen. “Es ist doch ganz einfach“, rief die Acht voller Eifer, “wir gehen zu Pia zurück“. “Du spinnst, die will uns doch auch nicht und wie sollen wir den wieder zurückommen?“, schluchzte die Drei weiter.“Ganz einfach, stellt euch doch nicht so dumm an!“, jetzt wurde die Acht langsam wütend, “Wir sind zwar nicht hübsch aber schlau. Wir gehen natürlich auf dem gleichen Weg zurück, den wir gekommen sind“. Vor Aufregung rieb sich die Acht die Hände. “Genial, Bravo, du bist aber schlau“, riefen da die anderen und umarmten sie stürmisch.

Ganz leise, als alle Kinder wieder im Klassenzimmer waren, schlichen sich die Drei, die Fünf und die Acht wieder in Pia`s Schultasche und verteilten sich husch, husch auf ihre alten Plätze. War das eine Begrüßung und ein Hallo-Gesage von den anderen Zahlen nd dann mußten sie genau und ausführlich erzählen was sie erlebt hatten. Ganz spät, erst auf dem Nachhauseweg im Schulbus war Ruhe in der Schultasche, sie waren ershöpft eingeschlafen.

Zu Haus lief Pia sofort zu ihrer Mutter und rief:“Mama, Mama, stell dir vor, was mir heute passiert ist!“ Dabei riß sie ihr Rechenheft aus der Tasche und blätterte hektisch hin und her. “Wo ist denn die Seite?“ “Ach ja, da ist sie“. Als sie jedoch auf das Blatt schaute, wollte sie ihren Augen nicht trauen und mit einem:“Da seit ihr ja alle wieder, ihr tollen superklasse, Spitzenzahlen!“ küßte sie die Zahlen auf der Seite ab. Mama schaute verständnislos ihre Tochter an. “Mama du mußt wissen, es gab nämlich heute in unserer Klasse den “Zahlenklau“ und der hat doch tatsächlich meine geliebten Zahlen wiedergebracht!“.

Wenn ihr am Abend in das Heft von Pia sehen könntet, würdet ihr sehen und vielleicht auch hören, wie alle 10 Zahlen ein gemeinsames Fest feierten und sich schworen, für alle Zeit bei Pia zu bleiben.

US

Ich hatte diese Geschichte für meine Tochter geschrieben, die in der Grundschule wirklich eine "Sauklaue" hatte. Nachdem sie die Geschichte gelesen hatte, die sie eigentlich ganz in Ordnung fand(Originalton meiner Tochter), war sie die nächsten Tage ein bißchen bemüht ordentlicher zu schreiben,was allerdings nicht lange anhielt. Ulrike Schäfers, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.08.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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