Wolfgang Hermsen

Verstrickungen

Vor langer Zeit, so gegen 1860, gab es einen Mann, der es ausgezeichnet verstand, seinen Besitz zu mehren. Er gründete eine Bank, die nach kurzer Zeit so erfolgreich und beliebt war, dass er bald überall im ganzen Land Zweigstellen eröffnen konnte. Sein Geschäftsprinzip war zwar einfach aber wirkungsvoll: Leihe jedem Menschen Geld und verlange nur soviel Zins und Tilgung zurück, wie er zu zahlen in der Lage ist. Dadurch verdiente er zwar weniger als andere Banken aber das machte er durch die enorme Anzahl von Kunden mehr als wett. Außerdem hatte er einen Botendienst eingerichtet, der jeden Tag alle Geschäftsstellen miteinander verband. So war dieser Mann, nennen wir ihn Hans Meier, immer bestens über alle Vorkommnisse im Lande unterrichtet.

Hans Meier hatte eine Frau und acht Kinder. Er achtete sehr auf ihre gute Erziehung und ermöglichte allen eine gute Schulbildung. Es stellte sich heraus, dass drei der Kinder sehr großes Interesse an seiner Tätigkeit hatten und zwar Franz, der Zweitgeborene, Luise, die Fünftgeborene und Ansgar, der Jüngste. Die anderen ergriffen die Berufe Lehrerin, Rechtsanwalt, Arzt, Apotheker und Musikerin. Für damalige Verhältnisse war Hans sehr fortschrittlich und aufgeschlossen, denn er hatte sogar seine Töchter zum Besuch der höheren Schule oft ermuntert. Auch war Familie Meier sehr religiös und ging regelmäßig gemeinsam zum sonntäglichen Gottesdienst. Obwohl die Meiers sehr reich waren, gaben sie sich niemals überheblich, sondern waren bescheiden aber nicht unterwürfig im Auftreten. Jeder Mitmensch wurde von ihnen gleichermaßen höflich und zuvorkommend behandelt. So kam es zwangsläufig, dass sie überall beliebt und geachtet waren. Zusätzlich hatten sie immer reichlich für wohltätige oder gemeinnützige Zwecke gespendet, nicht wegen der Steuerersparnis sondern in erster Linie aus sozialen Gründen.

Hans war kein besonders strenger Vater aber unwahrscheinlich konsequent. Wenn er einmal zugestimmt oder abgelehnt hatte, blieb es dabei und niemand konnte ihn umstimmen. Er beherzigte in der Kindererziehung sowie im Geschäftsleben das Jesuswort: Eure Rede sei ja oder nein. Schwüre sind des Teufels. So wusste jeder immer, woran er war. Hans machte jeden Werktag zwei Stunden Mittagspause, aß währenddessen und begrüßte jedes Kind, wenn es von der Schule kam. Vor allem gab er seinen Kindern die Gewissheit, mit jedem Problem oder jeder Sorge und sei es oder sie noch so klein, jederzeit zu ihm kommen zu können. Natürlich kümmerte sich seine Frau Hildegard auch sehr um die Kinder und konnte sie fast immer trösten oder ihnen helfen. Wenn es ihr auch oft schwergefallen, so konsequent zu bleiben wie Hans, wusste sie doch, dass es das Beste für die Kinder war. Liebe konnte manchmal auch schmerzen.

Als Arbeitgeber war Hans bei fast allen Angestellten beliebt. Er zahlte ein großzügiges Gehalt und verlangte dafür von jedem Höflichkeit im Umgang mit den Kunden, saubere, angemessene Kleidung und korrekte Arbeitsergebnisse. Jeden Morgen war er als Erster in der Bank und begrüßte die eintreffenden Mitarbeiter persönlich. Am Abend bedankte er sich beim Verabschieden bei Jedem für die geleistete Arbeit. So schaffte er es ganz leicht, dass jeder Angestellte Freude an seiner Arbeit hatte, indem er ihm das Gefühl gab, wichtig für das Gelingen des Ganzen zu sein. Der Krankenstand war erstaunlich niedrig und selbst wenn Überstunden angesagt waren, beschwerte sich keiner, denn Hans verließ immer als Letzter das Gebäude. Außerdem hatte er eine frühe Form der gleitenden Arbeitszeit eingeführt, das hieß, jeder trug in seiner Arbeitskarte die Zeit des Arbeitsbeginns, die Dauer der Mittagspause und die Zeit des Arbeitsendes ein. Er ernannte in jeder Geschäftsstelle einen Mitarbeiter, der auf genaue Eintragungen zu achten hatte und schärfte ihm ein, niemals seine Macht zu missbrauchen. Unstimmigkeiten und Streit unter den Beschäftigten pflegte Hans immer selbst zu schlichten. Einmal stellte er fest, dass ein mit dem Aufseherposten betrauter Angestellter einen Kollegen erpresste. Hans hatte bemerkt, dass dieser Kollege meistens zehn Minuten zuviel anschrieb. Der Aufseher hatte diesen in der Hand und verlangte Schweigegeld, das er auch bekam. Hans rief die Beiden zu sich ins Büro und stellte sie zur Rede. Er machte dem Zeitbetrüger die Auflage, jede Minute nachzuholen und zwar innerhalb eines Jahres. Der Aufseher jedoch musste das erhaltene Schweigegeld komplett zurück zahlen, sein Verhalten wurde vor der gesamten Belegschaft gerügt und er bekam ein halbes Jahr eine zehnprozentige Gehaltskürzung. Zusätzlich durfte er nie wieder andere Kollegen beaufsichtigen.

Seine Kinder Franz, Luise und Ansgar ließ Hans bei anderen Bankhäusern ausbilden, denn so lernten sie noch andere Arbeitsmethoden kennen und sahen, wie woanders mit Angestellten umgegangen wurde. Ansgars Lehrmeister war ein Menschenschinder und verlangte für ein karges Gehalt perfekte Arbeit. Wehe dem Mitarbeiter, der sich nicht genau an die Anweisungen hielt. Bei der kleinsten Übertretung oder dem kleinsten Fehler gab es strengste Verweise und manchmal sogar Prügel. Die Belegschaft wurde ständig in Angst gehalten und ein kranker Angestellter unverzüglich auf die Straße gesetzt. Nach zwanzig Monaten hielt Ansgar es dort nicht mehr aus. Er sprach mit seinem Vater über die dortige Behandlung von Angestellten und bat ihn, dass er ihn doch bei sich ausbilden sollte. Davon wollte Hans nichts wissen: „Du bist nun einmal bei einem solchen Meister in der Ausbildung und die letzten sechzehn Monate hältst du gefälligst durch. Nach dieser harten Lehre habe ich mir eine Belohnung für dich ausgedacht. Es sieht vielleicht auf den ersten Blick nicht danach aus aber warte ab und lass‘ dich überraschen. Wenn es dir Erleichterung verschafft, klage mir oder deiner Mutter dein Leid, aber ich verlange von dir, dass du es zu Ende bringst und eine gute Abschlussprüfung vorweist.“ Ansgar schaute etwas säuerlich, fügte sich aber in sein Schicksal.

Franz hatte seine Lehre mit Auszeichnung abgeschlossen und arbeitete schon seit einiger Zeit in einer großen Zweigstelle. Er war dort im Auslandsgeschäft, hauptsächlich Großbritannien, tätig und hatte sich sehr gute Englischkenntnisse angeeignet. Einige Monate später erhielt er von seinem Vater den Auftrag, in Großbritannien mit einer Zweigstelle Fuß zu fassen und auch dort ebenso erfolgreich zu werden wie im Heimatland. Eigentlich war Franz nicht ganz der Typ für eine solche Aufgabe aber er gab sein Bestes und sorgte so auch in Großbritannien für einen immensen Erfolg. Luise hingegen wurde nach Frankreich geschickt, baute dort das Bankimperium aus und heiratete den Sohn des Besitzers einer anderen erfolgreichen Bankenkette.

Die Meiers wurden reicher und reicher. Sie verkehrten mit Königen und Kaisern, aber behandelten trotzdem jeden Menschen weiterhin höflich und zuvorkommend. Viele Konkurrenten fragten sich wie es zu diesem Vermögen kommen konnte, denn sie taten ja auch nichts anderes als Geld zu verleihen. Sie machten nur zwei Fehler: Zum Einen sahen sie ihre Angestellten nur als Verfügungsmasse und zum Anderen missachteten sie die kleinen Kunden. Menschlichkeit setzt sich eben immer durch.

Schauen wir uns jetzt die Überraschung für Ansgar an. Der beendete seine Lehre und legte eine sagenhafte Abschlussprüfung hin. Alle Prüfer waren begeistert von seinem sicheren Auftreten, seinen gescheiten Antworten und seiner klaren, sauberen Schrift. Sein Vater hatte gewusst, was er leisten konnte. Ansgar brauchte manchmal etwas Druck, um zu Höchstleistungen aufzulaufen und davon hatte er in der Lehre mehr als genug bekommen. Die Überraschung war, dass sein Vater die Bank seines Lehrherrn aufgekauft hatte, diesen großzügig abfand und Ansgar als Leiter dieser Bank einsetzte. Natürlich achtete sein Vater in den ersten Monaten auf ihn, bemerkte aber sehr schnell, wie geschickt er sie leitete und das er die Führung der Mitarbeiter wie ein alter Hase beherrschte. Wo hatte er das nur her? Die vorher in Angst gehaltenen Angestellten blühten richtig auf und waren sehr angetan vom neuen Führungsstil. Anfänglich zweifelten einige von ihnen daran, ob ein so junger Mann überhaupt in der Lage war, die Bankgeschäfte vernünftig zu führen. Das gab sich aber schnell und diese Zweigstelle war bald die beste des ganzen Landes.

Einige Jahre später wollte Hans Meier auch nach Italien expandieren. Wen sollte er mit dieser Aufgabe betrauen? Franz war in England, Luise in Frankreich und Ansgar sollte Hans‘ Nachfolge antreten. Durch den Botendienst erfuhr er von einem Bankier, der seine Geschäfte erfolgreich betrieb und auf ähnliche Weise sein Personal führte, nur gab es bei ihm starre Arbeitszeiten. Sein Name war Karl Müller. Hans bemühte sich um ein Gespräch mit ihm und erhielt dazu auch bald die Gelegenheit. Zuerst verhielten sie sich etwas vorsichtig, jedoch nicht lange, denn sie waren sich schnell sympathisch geworden. Karl Müller fragte: „Herr Meier, was ist der tiefere Grund für dieses Gespräch?“ „Sie haben gezeigt, dass sie sehr viel vom Bankfach verstehen und daher wollte ich ihnen eine Fusion vorschlagen.“ „Sie kennen mich doch kaum und dann machen sie mir solch ein Angebot.“ „Glauben sie nicht, dass ich mich nicht über sie informiert hätte. Ihr Erfolg kommt nicht von ungefähr, denn sie knien sich richtig in eine Sache hinein und entscheiden sich erst nach Kenntnis aller Umstände dafür oder dagegen. Ihre Art gefällt mir und daher unterbreite ich ihnen dieses Angebot.“ „Ihr Vertrauen ehrt mich aber ich erbitte einen Monat Bedenkzeit bevor ich ihnen meine diesbezügliche Entscheidung mitteile.“ „Selbstverständlich gebe ich ihnen die Zeit, denn diese Dinge wollen reiflich überlegt sein. Bei Zustimmung werde ich ihnen meine weiteren Pläne darlegen und im Falle der Ablehnung behalten wir weiterhin wie vorher unser gutes Verhältnis.“ „Gut. Sie erhalten innerhalb dieses Monats meine Entscheidung und dann sehen wir weiter. Vielen Dank für diese Unterredung Es war schön, sich mit ihnen auszutauschen. Auf Wiedersehen Herr Meier.“ „Die Freude war ganz meinerseits. Auf Wiedersehen Herr Müller. Wir hören voneinander.“

Nach etwa zwanzig Tagen erhielt Hans die Zustimmung. Erfreut traf er sich in Ansgars Geschäftsstelle mit Karl Müller. „Das ging ja schneller als ich dachte. Willkommen unter unserem Dach. Soll ich ihnen nun die Zukunft unserer Bank darstellen?“ „Bitte gleich erst, denn eine Frage beschäftigt mich immer noch. Was wird aus meiner Selbständigkeit?“ „Da kann ich sie beruhigen, die werden sie behalten. Das werden sie aus den Plänen ersehen können. Vorweg sage ich ihnen, dass sie sich auf größere Veränderungen gefasst machen müssen.“ „Ist das der Preis für meine Selbständigkeit?“ „Warten sie ab, was ich vorhabe. Danach können sie entscheiden, wonach ihnen der Sinn steht.“ „Das ist interessant. Zuerst dachte ich, dass ich mich ihnen unterordnen müsste und zum Befehlsempfänger degradiert würde, eine Vorstellung, die mir widerstrebt, obwohl sie bei ihrem Personal beliebt sind.“ „Meine Pläne sehen Folgendes vor: Ich will auch in Italien Zweigstellen eröffnen und brauche einen zuverlässigen Partner für dieses Vorhaben. Außerdem weiß ich, dass ihre Vorfahren teilweise italienisch sind und sie diese Sprache auch noch beherrschen. Die andere Möglichkeit wäre, dass sie mein Nachfolger werden und ich Ansgar wegschicke, denn der schwärmt von Italien. Der Junge hat zuviel Goethe gelesen, vor allem ‘Die Reise nach Italien‘ hat er förmlich verschlungen. Natürlich liebt er italienische Opern und spricht perfekt italienisch. Was halten sie von den Plänen?“ „Diese Entscheidung ist ja fast noch schwieriger, denn Italien ist sehr schön. Reizen würde mich hingegen beide Vorstellungen. Einen Moment bitte, da habe ich eine Idee. Was halten sie davon, wenn ich mir zuerst Italien vornehme und nach ihrem Rückzug vom Geschäft ihr Nachfolger werde?“ „Darauf bin ich noch gar nicht gekommen. Wissen sie was, wir fragen meinen Sohn. Der soll uns einfach die Entscheidung abnehmen.“ „Damit bin ich einverstanden.“ Hans ließ Ansgar zu sich rufen. „Mein Sohn, dass ist Karl Müller. Er wird demnächst unser gleichberechtigter Partner sein. Ich habe da eine Frage an dich. Was ist dir lieber, das heiße, staubige Italien, wo die Sonne das ganze Jahr brennt oder unser schönes Land, deine Heimat, die du dann verlassen müsstest?“ Seine Augen leuchteten: „Du weißt genau, dass ich Italien liebe und da fragst du noch. Sag‘ mal, wann ich abreisen kann. Warte, wenn du mich so fragst, hast du doch eine bestimmte Absicht.“ „Na klar. In wenigen Jahren werde ich mich zur Ruhe setzen und da brauche ich einen würdigen Nachfolger. Außerdem will ich in Italien Zweigstellen eröffnen und brauche dort einen verlässlichen Mann.“ „Herr Müller, werden sie bitte der Nachfolger und lassen sie mich die Dinge in Italien regeln.“ „Wenn sie mich so bitten, überlasse ich ihnen Italien.“ Ansgar musste sich sehr beherrschen, um nicht vor Freude einen Luftsprung zu machen.

Mittlerweile hatte Luise vier Kinder und einer ihrer Söhne, Mathieu, wollte unbedingt auch ins Bankfach. Kurz nach dem er seine Lehre begonnen hatte, erschütterte 1914 der erste Weltkrieg Europa. Für den immer noch benötigten Botendienst wurde die Situation sehr schwierig, denn Frankreich und Deutschland waren Kriegsgegner, ebenso Großbritannien. Es gelang kaum, ihn aufrecht zu erhalten, selbst das Telefonieren war äußerst umständlich. Trotz allem wurden die vier schrecklichen Jahre einigermaßen überstanden und die Meiers kamen glimpflich davon. Hans Meier war zwar schon lange gestorben aber sein Bankimperium, das in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden war, wurde mittlerweile von Ansgars Sohn Michael als Vorstandsvorsitzendem geleitet. Etwa 80 % der Aktien befanden sich in Familienbesitz. Daher konnte die soziale Firmenpolitik auch problemlos durchgeführt werden und das sozusagen weltweit, denn im Laufe der Zeit waren Filialen von Meiers Bank in fast allen Ländern der Welt eröffnet worden.

Michael erhielt in der letzten Zeit manchmal Briefe, in denen von Projekten berichtet wurde, die für soziale Gerechtigkeit sorgen sollten. Da bekannt war, dass das Bankhaus Meier sich sehr auf diesem Gebiet engagierte, bat man um tatkräftige Unterstützung. Jedem Brief war eine Einladung beigefügt, sich doch bitte einmal diese Projekte unverbindlich anzusehen und sich von der Wohltätigkeit sowie dem weltweiten Nutzen überzeugen zu lassen. Erst nach eingehender Prüfung sollte man sich für eine Mitgliedschaft in dieser gemeinnützigen Vereinigung entscheiden. Warum nicht, dachte sich Michael und nahm an einer der angebotenen Besichtigungen teil. Dabei erfuhr er von den vielen sozialen Vorhaben dieses Vereins, die teilweise schon in die Tat umgesetzt oder noch geplant waren, wie beispielsweise der Bau von Krankenhäusern in Afrika, von Schulen in Südamerika oder von Waisenhäusern weltweit. Es befanden sich mehrere unwahrscheinlich begüterte Menschen unter den Förderern dieses Clubs, der ungenannt bleiben wollte, damit er weiterhin im Stillen Gutes tun konnte. Deshalb wurde Michael auch gebeten, über alle Dinge, die er erfahren hatte, zu schweigen. Im Falle des Beitritts würde er noch mehr für die Menschheit tun können als er schon tat. Er überlegte kurz und entschied sich, auch zum Förderer zu werden. Die Aufnahmegebühr und den Mitgliedsbeitrag wollte er sofort am nächsten Tag auf das Vereinskonto in der Schweiz einzahlen. Damit war man einverstanden und freute sich sehr, einen so großartigen Menschen als neues Mitglied begrüßen zu dürfen. Michael erhielt eine Ausfertigung der Vereinssatzung und begab sich nach herzlicher Verabschiedung nach Hause.

Er bezahlte immer pünktlich die Vereinsbeiträge und besuchte regelmäßig die halbjährlichen Mitgliederversammlungen. In jeder Versammlung wurde bekannt gegeben, welche diesjährigen wohltätigen Projekte geplant und auch schon durchgeführt worden waren Nach einigen Jahren erhielt er einen tieferen Einblick in diesen Verein. Dabei stellte es sich heraus, dass es sich bei diesem Club um eine sogenannte Geheimgesellschaft handelte, die vordergründig sozial sehr engagiert auftrat aber hintergründig auf sehr anrüchige Weise unglaublich viel Geld verdiente. Als Michael diese Doppelbödigkeit bekannt wurde, wollte er zum nächstmöglichen Termin diese Gesellschaft verlassen. Da zeigte sie ihm erst ihr wahres Gesicht. Ihm wurde gesagt, wenn er wollte, könnte er sogar sofort austreten. Es könnte aber leider passieren, dass er vielleicht einen tödlichen Unfall hätte oder ihm schwerste Verbrechen untergeschoben würden und er lebenslänglich im Gefängnis wäre oder er sich in einer Nervenheilanstalt wiederfände. Was könnte außerdem seiner Familie nicht alles zustoßen? Er hätte jetzt die Wahl, ob er den Verein verlassen wollte oder nicht. Michael wusste, dass sich in dieser Gesellschaft hochrangige Politiker, Polizeipräsidenten, Richter, Staats- und Rechtsanwälte, Industrielle, Bankiers sowie hohe Militärangehörige befanden. Grausam wurde ihm klar, wie schmutzig er hintergangen worden war. Zudem fiel es ihm wie Schuppen von den Augen, wie viele absichtliche Justizirrtümer auf das Konto dieser mehr als kriminellen Vereinigung gingen. Zusätzlich wurde ihm haarklein erzählt, wie erfolgreich die bezahlten Mörder im Auftrag dieses Clubs arbeiteten, wie leicht sich die Menschen bestechen ließen und wie schnell unliebsame oder geschwätzige Mitglieder beseitigt wurden.

Nun war guter Rat teuer. Michael war weder in der Lage, gefahrlos sein Wissen über die üblen Machenschaften dieses Clubs zu verbreiten noch seine hohen Mitgliedsbeiträge nicht mehr zu bezahlen. Ohnmächtig musste er mit ansehen wie selbst sein Geld dazu beitrug, dieser Geheimgesellschaft immer mehr Macht zu verschaffen. Er musste jeden Tag um seine und die Sicherheit seiner Familie fürchten, denn der kleinste Fehler war vermutlich tödlich. Außerdem wusste er nicht, ob und wie intensiv er beobachtet oder abgehört wurde. Die tägliche Angst blieb seiner Familie nicht verborgen und nach kurzer Zeit wurde er schon nach den Ursachen seiner Bedrückung gefragt. Was sollte er antworten? Anfänglich konnte er noch ausweichen aber das ging nicht lange gut. Seine Frau Klara sagte ihm auf den Kopf zu: „Michael, mit dir stimmt etwas nicht. Du hast dich verändert, besonders in den letzten Wochen. Kann ich dir irgendwie helfen?“ „Lass‘ mich bitte in Ruhe, ich werde schon allein damit fertig.“ „Das glaube ich dir nicht. Ich kenne dich ganz anders und weiß, dass dich etwas schwer bedrückt.“ „Es ist nichts und ich will jetzt nicht reden.“ „Wann denn? Wenn du vor Gram stirbst oder wann?“ „Hör auf mich zu reizen. Ich will meine Ruhe haben und gehe jetzt zu Bett und zwar im Gästezimmer. Es ist nicht zum Aushalten. Gute Nacht!“. So leicht ließ sich Klara nicht abschütteln. Sie gönnte ihm jetzt die nötige Ruhe, aber am nächsten Tag bohrte sie weiter. Das machte sie so lang bis er das zugab, was er verantworten konnte. Ungläubig schaute sie ihn an und erhob ihre Stimme: „Ist es wirklich so schlimm? Können wir jetzt keinem Menschen mehr trauen? Es kann doch nicht angehen, dass wir erpresst werden!“ „Bitte sprich leiser. Wer weiß, ob uns jemand belauscht?“ „Na gut. Versprich mir bitte, dass du dich von deinem Club fernhältst und zu keinem Mitglied Kontakt hältst.“ „Ich will ja mit diesen Leuten nichts zu tun haben, aber wir werden sie nicht mehr los!“.

Langsam aber sicher wurde Michael nur noch ein Schatten seiner selbst. Nichts machte ihm mehr rechte Freude und niemand konnte ihn aufheitern. Wie oft hatte er sich den Kopf zermartert und darüber nachgedacht, wie er in die Fänge dieser Verbrecher geraten konnte. Hätte er vielleicht nicht so leichtgläubig sein dürfen? Hatte er sich vom Glanz blenden lassen? Er achtete doch sonst immer auf Alles und in diesem Fall doch auch, oder? Die glücklichen Kinder und die Freude in den Augen der Ärmsten der Armen, das konnte doch nicht gespielt gewesen sein. Selbst sein Gefühl hatte ihm nichts Gefährliches oder Negatives signalisiert. Was hatte er nur übersehen oder nicht bemerkt? Klara sah ihn an: „Du zerbrichst dir immer wieder den Kopf darüber, wie du in die Falle gehen konntest. Helfen wird es dir nicht im Geringsten. Viel schlimmer finde ich jedoch, dass du dich selbst zugrunde richtest. Schau dich an, du siehst weit über zehn Jahre älter aus als du bist. Wenn du nicht bald an irgendeiner Sache dich erfreust, werde ich wohl in nächster Zeit zur Witwe werden.“ „Dann kann mir keiner mehr etwas anhaben und ich habe endlich Ruhe. Außerdem könnt ihr dann alle wieder in Sicherheit leben und braucht keine Angst mehr um euer Leben zu haben.“ Darauf konnte Klara nichts mehr sagen, denn jetzt wäre jedes Wort zuviel gewesen.

Nach ein paar Tagen erhielt Michael eine Einladung zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung. Er würde doch ganz bestimmt auch kommen, oder? Als er sie gelesen hatte, sah er aus wie ein geprügelter Hund. Hilflos schaute er Klara an. Die Aufforderung war eindeutig und duldete keinen Widerspruch, geschweige denn ein Nichterscheinen. Zähneknirschend begab sich Michael zu diesem Treffen. Dort erlebte er die unglaublichsten Dinge. Zuerst wurden alle Eintreffenden begrüßt und ihre Namen auf einer Liste vermerkt, die später mit der Liste der Einladungen abgeglichen wurde. Keine der eingeladenen Personen fehlte. Danach wurden alle Anwesenden aufgefordert, in den geheimen Besprechungsraum im Keller zu gehen. Im Raum angekommen, wurde jedem befohlen, sich auf den ihm zugewiesenen Stuhl zu setzen. Einige Mitglieder sahen sich mit angsterfüllten Augen an, andere hatten eine satanische Freude im Gesicht stehen. Noch fragte sich Michael, was nun kommen sollte. Die Antwort bekam er schneller und drastischer als ihm lieb war. Plötzlich bewegte sich der Vorhang, eine schwarz gekleidete Gestalt mit einer ebenfalls schwarzen Kapuze betrat das Zimmer und stellte sich hinter einen Teilnehmer. In der Hand hatte sie eine kleine Spritze, die zuerst nicht sichtbar war, sondern erst beim näheren Hinsehen. Da ertönte die Stimme des Besprechungsleiters. Sie klang eher beiläufig und verkündete mit trockenen Worten eine Hinrichtung. Ein Vereinsmitglied hätte schweren Verrat begangen, in dem es ein Gesetz erlassen hätte, das die Macht des Vereins beschnitt. Außerdem wollte es ein Buch über angeblich übelste Machenschaften dieser Gesellschaft veröffentlichen. Auf diese Taten stand die Todesstrafe. Kaum hatte der Leiter geendet, machte er ein Zeichen und der Beschuldigte erhielt sofort vom Henker die Todesspritze, bevor er sich verteidigen konnte. Markerschütternd schrie er seine schnell eintretenden unsäglichen Schmerzen heraus bis er endlich gestorben war. Der Todeskampf dauerte fast eine halbe Stunde. Einige ergötzten sich an den Qualen, Andere wollten sich vor Grauen abwenden und den Raum verlassen. Daran wurden sie mit der Bitte gehindert, doch zu bleiben oder auch eine Spritze zu bekommen und das wäre doch wohl nicht in ihrem Sinne. Nach dem der Tote beseitigt worden war, ging der Sprecher auf den eigentlichen Grund der Versammlung ein. In Deutschland, Spanien und Italien wären die Faschisten an der Macht, aber nur als Gegengewicht zum bolschewistischen Kommunismus Russlands. Dieser Zustand müsste geändert werden, denn die freie Welt würde von diesen Diktaturen gefährdet. Michael fielen bald die Augen aus dem Kopf als er das hörte. Sein Verein, wie er mittlerweile wusste, hatte doch erst dafür gesorgt, dass es zu diesen Diktaturen oder Diktatoren kommen konnte. Dann traf ihn bald der Schlag als er die Bedeutung dieser Worte erfasste. Das konnte doch nur einen weiteren Weltkrieg mit Millionen von Toten bedeuten. Er hörte nicht mehr auf den Leiter und wurde daraufhin von einem Nachbarn angestupst: „Ist das nicht herrlich? Meine Waffenfabriken produzieren demnächst wie verrückt und ich mache das Geschäft meines Lebens!“ Vor Anwiderung hätte Michael ihn am liebsten angespuckt aber er dachte, es wäre schade um die Spucke. Kurz darauf endete die Sitzung und es wurde der Termin für die nächste bekannt gegeben. Sie war schon in sechs Wochen. Jeder wurde gebeten, Stillschweigen zu wahren, aber man wäre ja gewarnt.

Klara hatte auf Michaels Rückkehr gewartet und öffnete ihm die Tür persönlich. Sie erschrak sehr vor seinem Anblick, denn Michaels Gesicht war aschfahl und er hatte fast komplett graue Haare bekommen. Mit gebrochener Stimme antwortete er auf ihre nicht gestellten Fragen: „Vergewissere dich, ob wir nicht abgehört werden, denn ich bin am Ende.“ „Ich habe nichts Verdächtiges bemerkt. Erzähle mir doch bitte, was dich so mitgenommen hat.“ „Eines der Mitglieder wurde grausam hingerichtet und wir haben den nächsten Weltkrieg beschlossen.“ „Was habt ihr? Das geht doch nicht, das können nur die Politiker.“ „Die sind genauso Marionetten wie wir auch. Die machen nur das, was ihnen von unserem Club vorgeschrieben wird. Wer nicht spurt, wird umgebracht, wie ich vorhin gesehen und gehört habe.“ Als Klara das hörte, brach sie in Tränen aus: „Wie können Menschen nur so sein? Kein Tier tötet seine Artgenossen aus reiner Profit- oder Machtgier. Was machst du jetzt? Kannst du nicht diesen Wahnsinn verhindern?“ „Wenn du mir sagst wie, werde ich alles in meiner Macht stehende tun. Eine Idee habe ich aber doch und je weniger du weißt, desto besser. Was ich tun werde, schreibe ich dir und lasse es dir zukommen. Du wirst überrascht aber auch bestürzt sein. Warte ab und vertraue mir.“

Einige Wochen später kaufte Michael ein großes Grundstück mit abbruchreifen Gebäuden darauf. Er wollte den Schandfleck der Stadt beseitigen und dort neue Mehrfamilienhäuser errichten, um etlichen Bürgern ein besseres Wohnen zu ermöglichen. Das Geld für dieses Projekt hatte er schon bereit gestellt und wartete nur noch auf die Genehmigung des Bauamtes. Ein letztes Mal besichtigte er die Baustelle und da geschah es. Unbemerkt war aus einer undichten Gasleitung eine Menge Gas ausgetreten. Versehentlich trat Michael gegen eine herumliegende Eisenstange und erzeugte den Funken, der genügte um alles explodieren zu lassen. Eine ungeheure Druckwelle erschütterte die Stadt und etliche Fensterscheiben gingen zu Bruch. Schnell war die Feuerwehr zur Stelle und verhinderte ein Ausbreiten des Feuers, indem es sie es sofort löschte. Das Gebäude, in dem Michael sich befunden hatte, gab es nicht mehr. Es war völlig zerstört worden und die Reste lagen überall verstreut herum. Diese Explosion hatte niemand überleben können. Einige Bürger hatten Michael zur Baustelle gehen sehen, andere hatte er noch auf dem Weg dahin gegrüßt. Einer hatte sogar beobachtet, wie Michael das jetzt zerstörte Gebäude betreten hatte. Nach dem dieses Unglück bekannt geworden war, berichteten die Medien haarklein darüber. Am übernächsten Tag erschien selbst in internationalen Zeitungen ein Nachruf, fast eine Lobeshymne auf Michael. Die Wirtschaftswelt sprach von einem schrecklichen Verlust und sogar die Aktienkurse sanken kurzfristig etwas ab. Seine Frau konnte den Verlust gar nicht fassen und musste sich in ärztliche Behandlung begeben. Etliche Menschen schickten Beileidsbriefe, legten Blumen an der Unglücksstelle nieder und entzündeten Kerzen. Ein Brief war sehr seltsam gehalten aber trotzdem unauffällig.

Klara bedankte sich bei Allen für die herzliche Anteilnahme. Nur dieser eine Brief beschäftigte sie sehr und anfänglich konnte sie sich keinen Reim darauf machen. Darin wurde sie gebeten, die Schäden, die durch die Detonation entstanden waren, zu ersetzen. Auf einmal begriff sie, woher dieses Schreiben kam. Sie weinte vor Freude, denn dies war es, was Michael ihr gesagt hatte. Er war gar nicht tot, diese Explosion war ein geschickt eingefädeltes Ablenkungsmanöver, um die ganze Welt und insbesondere die Geheimgesellschaft von seinem Tod zu überzeugen. Das war ihm äußerst wirkungsvoll gelungen. Einzig die Frage nach dem Wie ging Klara nicht aus dem Kopf. Monate später wurde ihr auch das erklärt. Zwischenzeitlich erhielt sie Post vom Verein mit der Bitte, den noch ausstehenden Mitgliedsbeitrag zu überweisen. Der Tod von Michael wäre ein schmerzlicher Verlust und hätte ein tiefes Loch gerissen. Wie sollte es nur ohne ihn weitergehen? Man bedankte sich für seine jahrelange aufopferungsvolle Tätigkeit im Verein und wünschte Klara alles Gute für ihr weiteres Leben.

Nach etwa sechs Monaten erhielt Klara eine Einladung zu einem Wohltätigkeitsball, der sie gern nachkam. Dort traf sie viele Freunde und Bekannte, doch ein Mann fesselte sie ganz besonders. Das war doch wohl nicht...? Tatsächlich, es war Michael aber so unwahrscheinlich verändert, dass ihn niemand erkannte. Er bat sie um den nächsten Tanz, tat so als hätte er seine große Liebe gefunden und bemühte sich sehr um sie. Dieses Spiel gefiel ihr und sie ging gern darauf ein. Zuerst gab sie sich spröde und machte auf trauernde Witwe aber danach taute sie langsam auf. Vor ihren Freunden stimmte sie einer Verabredung mit ihm zum Mittagessen in fünf Wochen zu und bedankte sich für seine Einfühlsamkeit und sein Verständnis. Diese Wochen zogen sich quälend langsam hin und manchmal erhielt sie Blumen oder einen kurzen Brief von ihm.

Endlich war es soweit. Sie machte sich perfekt zurecht und begab sich zum besten Restaurant der Stadt. Dort wartete er schon auf sie und freute sich, dass sie seiner Einladung gefolgt war. Unauffällig blickte sie sich manchmal um, tat so als würde sie etwas in ihrer Handtasche suchen aber er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er wusste genau, dass sie beide von Detektiven in Vereinsauftrag beobachtet wurden und bat sie, sich nicht weiter umzusehen, denn so machte sie sich leicht verdächtig. Sie befolgte seinen Rat und spielte die sich immer mehr verliebende Frau. Er unterbreitete ihr den Vorschlag, doch einen Nachmittag mit ihm zu verbringen und bei schönem Wetter ein Picknick auf dem Lande zu machen. Das sagte ihr zu und sie verabredeten sich für diesen Tag, der in vier Wochen stattfinden sollte. Leider war an dem Tag das Wetter nicht so gut und so machten sie nur eine Wanderung. Er hatte sie mit seinem Auto abgeholt und war mit ihr zum Waldrand gefahren. Wie zufällig folgte ihnen ein anderes Fahrzeug, bog aber weit vor dem Wald ab und ein anderes löste es ab. Es fuhr an ihnen vorbei und verschwand in der Ferne. Sie warteten noch ein wenig mit dem Aussteigen, schauten sich vorsichtig die Gegend an und öffneten erst dann die Türen. Es war weit und breit nichts Verdächtiges zu bemerken. Gemütlich verließen sie den Wagen, schlossen die Türen und liefen langsam los. Klara konnte sich kaum bremsen, Michael zu umarmen. Er wusste, was sie wollte und machte ihr Zeichen, es zu unterlassen. Sie nahm wohl seine Hand, drückte sie und spazierte mit ihm über den Waldweg. Bevor er ihr erzählte, wie die ganze Sache abgelaufen war, vergewisserte er sich gründlichst, ob sie abgehört wurden. Es war nichts festzustellen. Er begann: „Wir müssen uns sehr in Acht nehmen, denn wie du weißt schreckt dieser Verein vor nichts zurück. Vorsicht, da kommt ein Mann mit einem Hund an der Leine, der ist mir verdächtig unverdächtig. Sagen sie Frau Meier, ist es sehr schlimm, so allein zu sein? Vermissen ihren Mann nicht sehr?“ „Sprechen sie bitte nicht davon. Ich möchte nicht noch einmal das Ganze erleben. Lassen wir ihn in Frieden ruhen.“ „Sehen sie nur, welch ein schöner Hund. Entschuldigen sie bitte mein Herr, ist das nicht ein blonder Labrador?“ „Nein, da irren sie sich, das ist ein Golden Retriever.“ „Oh, verzeihen sie bitte, da muss ich in Zukunft besser aufpassen. Ich wünsche ihnen ein guten Tag. Auf Wiedersehen.“ Klara lächelte und meinte: „Soll ich ihnen Nachhilfeunterricht geben? Eine Freundin von mir hat eine Hundezucht. Die sollten sie einmal besuchen, denn die kann ihnen genau sagen und auch zeigen, welchen Hund sie vor sich haben. Sie wohnt nicht weit weg von hier.“ „Das ist eine gute Idee, da könnten wir meinetwegen hingehen. Vielleicht bekommen wir da auch noch eine Tasse Kaffee. Natürlich nur, wenn sie möchten.“ „Gut, dann gehen wir sie besuchen.“ „Jetzt können wir wieder ungestört reden, er ist außer Reichweite. Hast du gesehen, wie er mit dem Hund gegangen ist? So führt keiner seinen Hund aus. Nun zu meinem neuen Leben. Ich hatte mich in einem gasfreien Kellerraum versteckt und überlebte so die Explosion. Die Eisenstange erzeugte den Funken durch ein beabsichtigtes Manöver und zwar so. Ich hatte vor Tagen einen Behälter oberhalb der Stange mit Wasser aufgefüllt und auf ein Brett gestellt. Dieses Brett hatte ich wie eine Wippe aufgehängt und den wassergefüllten Behälter auf die eine Seite und einen etwas leichteren Stein auf die andere Seite gelegt. Jetzt musste ich nur noch die Gasleitung unauffällig beschädigen. Den Behälter versah ich mit einem Loch, sodass das Wasser auslief und den Stein durch das Ungleichgewicht auf die Stange fallen ließ. Das hat ja auch einwandfrei funktioniert. Hinterher bin ich als Feuerwehrmann verkleidet unerkannt entkommen und begab mich sofort zu meinem Freund Hermann, den Schönheitschirurgen. Das Ergebnis steht vor dir.“ „Hättest du mich nicht vorwarnen können? Ich war völlig fertig und musste mich sogar vom Arzt behandeln lassen!“ „Ich sagte dir doch, dass es das Beste wäre, wenn du nichts wüsstest. Außerdem hätte es echter nicht sein können.“ „War da nicht etwas? Ich hörte ein Rascheln.“ „Pass auf, da ist schon wieder so ein Spion. Dieses Mal ist er als Pilzsucher getarnt und das im Juli.“ „Ach, es war nur ein Kaninchen. Sehen sie, da vorn, wie es rennt. Herr Schmidt, bitte dringen sie nicht so in mich. Der Tod meines innig geliebten Mannes ist noch zu frisch, um wieder etwas Neues zu beginnen. Lassen sie bitte die Zeit die Wunden heilen. Sie sind mir ja sehr sympathisch und vielleicht sogar mehr. Der heutige Tag hat mich so aufgewühlt, bitte bringen sie mich heim.“ „Selbstverständlich. Möchten sie mich denn bald wiedersehen?“ „Ich werde sie anrufen, wenn sie mir ihre Nummer geben.“ „Verzeihen sie mir bitte mein Versehen, denn ich hätte ihnen doch schon längst meine Visitenkarte überreichen müssen.“ „Das mir das nicht noch einmal vorkommt.“

Beim nächsten Treffen arbeitete Michael darauf hin, dass sie eines Tages gemeinsam Urlaub machten. Es musste alles so vorsichtig wie nur möglich geschehen, denn niemand durfte hinter sein Geheimnis kommen. Wenn das passierte, war es zumindest sein Tod, vielleicht wurde sogar die ganze Familie umgebracht. Das ganze, so mühsam aufgebaute neue Leben wäre mit einem Schlag vernichtet. Nach fast einem Jahr hatte er es erreicht, dass sie in Urlaub fuhren. Zum Schein heiratete er kurze Zeit später Klara noch einmal, aber nur vor dem Gesetz. Vom Club interessierte sich keiner mehr für die Familie und so konnten Klara und Michael, der jetzt Heinrich hieß, in Ruhe leben und verbrachten noch viele schöne gemeinsame Jahre.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 14.09.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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