Uli Garschagen

Reflex

Urlaubszeit! Reisezeit!
Endlich war es soweit.

Nach dem wir, mein Freund, mein Cousin und ich, Monate vorher den Flug Richtung Florida buchten, ging es los.Mit dem Flugzeug vom Fliegerhorst Amsterdam-Schiphol Richtung Sunshine-State.

Wir freuten uns riesig auf diese Reise und malten uns nur die schönsten Erlebnisse aus. Shoppen, am Strand sonnieren, Faulenzen usw. Wir wollten es uns einfach mal vier Wochen gut gehen lassen.

Eines wollten wir unter allen Umständen vermeiden: Ärger, bloss keinen Ärger in einem fremden Land. Eventuell sogar verbunden mit einem Gefängnisaufenthalt. Eingekerkert mit einem riesigen homosexuellen Gewalttäter. Später dessen Braut zu sein? Ne danke! Um das zu vermeiden wollten wir ganz lieb und artig bleiben.

Für die Kurztripps innerhalb Floridas hatten wir uns einen geräumigen Mini-Van gemietet. Der war nagelneu und herrlich anzuschauen.

Einer dieser von “Stadt-zu-Stadt-Tripps“ führte uns von Orlando nach Panama-City. Eine eher längere Fahrstrecke stand uns somit bevor.
Geschätzte Fahrzeit etwa 6-8 Stunden.

Gegen 17 Uhr amerikanischer Zeit verließen wir also Orlando mit all seinen grandiosen Vergnügungsparks.

Auf Grund der langen Fahrzeit bis zum Zielort verabredeten wir einen stetigen Fahreraustausch, um so den Gefahren von Übermüdungen am Steuer auszuschließen.

Mein Freund Torsten begann das Gefährt zu führen. Ca. 2 Stunden. Er machte diesen Job mit hundertprozentiger Zuverlässigkeit. Nach dieser Zeit setzte ich mich als Automobilführer ans ledernde Rundel. Wiederum nach ca. 120 Umdrehungen des Minutenzeigers war mein Cousin Michael an der Reihe den Chauffeur zu spielen. Er sollte uns also an den Zielort Panama-City lenken.

Der Tag mit seinen atemberaubenden sonnigen Seiten hatte uns bereits verlassen. Ihm folgte sein großer Bruder, der Abend, mit seinem dunklen Dasein.

Ich war nun Beifahrer, quasi Co-Pilot. Torsten schlief bereits seinen gerechten Tag auf der üppigen Rückbank. Es war bis dahin ein anstrengender Tag gewesen. Auch ich war dem Augenzuschlag schon sehr nahe.

Mein Vetter lenkte uns ohne besondere Vorkommnisse ruhig durch die Nacht und dichte Finsternis.
Wir fuhren und fuhren und fuhren.
Immer gerade aus.
Michael brauchte das Steuer kaum zu bewegen. Kurven bemerkten wir also keine.
Es waren keine Straßenbeleuchtungen auf dieser einsamen Strecke vorhanden. Links und rechts neben der Landstraße konnten wir nur dichtes Baum- und Buschwerk erkennen. Unser Scheinwerferlicht spendete uns diese Erkenntnis.

Um wach zu bleiben, juchzten wir und quaselten blödes Zeug. Wir schwärmten von Panama-City mit seinem begeisterndem und mehr als weißen Strand.Wir träumten vom Budweiser-Bier und MC Donald-Food.

Plötzlich und ohne Vorwarnung war im Scheinwerferlicht eine dunkle Gestalt zu sehen. Diese sprang mit einem Satz Richtung Fahrbahnseite, auf welcher wir uns unzweifelhaft befanden.

Für Bruchteile von Sekunden sah ich schon einen riesigen Gewalttäter, und wie er an meinem Ohr herumknabberte.

Michael konnte unseren Vierreif mit einer Blitzreaktion soeben noch herumreißen. Ein wenig schleudertern wir noch dahin.

“ Boah, wat war dat denn?“, donnerte es aus mir heraus.
Von einer auf die andere Sekunde war ich mehr als wach.
Torsten bekam davon in seinem Schlafgemach scheinbar nichts mit. Er hatte nunmal einen gesunden und festen Schlaf

“ Das war ein Mensch“, mutmaßte mein Cousin.

“ Mein Gott, dat hätte gescheppert, aber richtig. Für den hätteste nix mehr gekriegt“, sagte ich im erstarrten Zustand.

“ Der wäre total Matsche gewesen. Das hätte nur so platsch und klirr gemacht“, sprudelte es aus Michael heraus.

“ Dat wär´grausig geworden und dat mitten in der Nacht“, stotterte ich weiter.

“ Für den hätteste wirklich nix, aber auch gar nix mehr gekriegt“, wiederholte ich mich.

“ Der wäre hin gewesen, total hin“, stammelte men Cousin.

“ Total platt, voll platt“, ergänzte ich ihn.

Torsten schlief und schlief. Unglaublich.

Ein feuchter Film des Schweißes benetzte meinen Körper. In milisekunden Schnelle hatte ich mir schon das Schlimmste ausgemalt.

“ Du lieber Himmel, wat wäre dat schrecklich gewesen, so richtig grausig wie im schlechten Film“, fügte ich den vorherigen Ausführungen bei.

Mein Vetter weiter,“ Wäre es zum Zusammenstoß gekommen, hätte der keine Chance gehabt“.

Ich nickte und fügte bei,“ den hätte niemand mehr wieder erkannt, bei dem Tempo“.

Wir waren einer Meinung. Wir fuhren so etwa 100 km/h.

Dann säuselte ich noch,“ der weitere Urlaub wäre dahin gewesen, nur noch Ärger, Gewissensbisse und keinen Spaß mehr.

Nach einer Weile war dann erstmal Schweigen angesagt. Diesen Schreck mußte jeder auf seine Weise verdauen.
Meine in die Welt schauenden Zwillinge starrten in die finstere Landschaft.

Glücklicherweise war nichts passiert, durch den sensationellen Reflex des Fahrers.

So konnte unser Freund prima weiter träumen.

Und ich vorne im Cockpit tauschte den Schockzustand langsam aber sicher in gute Laune ein, denn,
der mit Sicherheit teure Außenspiegel meiner geliebten Mietkarosse erlitt keinen Schaden, war immer noch heile und wunderschön anzuschauen.



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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 19.09.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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