Michael Speier

Harald Töpfer muss zur Schule

Haralds Leben war schön. So könnte man es durchaus ausdrücken. Zeit seines Lebens hatte der kleine Harald stets nur Glück. Gut, er hatte eine dämliche Frisur, aber das hatte auch gewisse Vorteile, denn damit konnte er gut die hässliche Narbe auf seiner Stirn verdecken. Auch seine Brille sah total scheiße aus, aber wenigstens konnte er damit sehen, denn er war extrem kurzsichtig. Das Glück verfolgte ihn seit frühester Kindheit. Seine Eltern waren Freaks, Geächtete Kreaturen, von der Gesellschaft gehasst und verstoßen, aber zu seinem Glück starben beide kurz nach seiner Geburt bei einem Autounfall (jedenfalls dachte Harald das, in Wahrheit wurden sie von einem Menschenfreund brutal umgebracht, und der Menschheit, und nicht zuletzt auch dem kleinen Harald, war geholfen). Aus diesem Grund feierten auch viele viele Leute den Todestag von Haralds Eltern. Es gab ein Feuerwerk und die Menschen tanzten auf den Straßen. Haralds Eltern sind tot, juhu. Und Harald hatte auch später noch Glück. Zwar wohnte er seit dem Todestag seiner Eltern bei seinem Onkel und seiner Tante die ihn nicht leiden konnten, aber dafür durfte er in einer kleinen, abgeschotteten Kammer unter der Treppe wohnen die so klein war das sein Onkel und seine Tante die ihn nicht mochten kaum besuchten, und der kleine Harald seine Ruhe vor ihnen hatte. Onkel und Tante hatten einen Sohn. Schon wieder hatte Harald Glück, endlich hatte er jemanden zum Spielen und da er älter war durfte er sogar seine alten Kleider auftragen. Eines Tages jedoch riss die Glückssträhne des kleinen Harald jäh ab. Ein Brief flatterte ins Haus, eine Einladung für Harald. Er sollte zur Schule! Schlimm schlimm, aber zum Glück war da ja noch sein Onkel. Der hatte Mitleid mit dem kleinen Harald und verbrannte den Brief sofort, und die Sache war für den Anfang gegessen. Aber die Schule ließ nicht locker. Immer und immer wieder schickte die Schule Briefe, der kleine Harald sollte doch endlich zur Schule kommen. Haralds Onkel hatte Mitleid. Also nahm er sich Harald und floh mit ihm zu einem weit entfernten Leuchtturm, wo die Schule ihn nicht finden konnte. Alles schien gut zu sein, doch plötzlich, mitten in der Nacht, gab es einen Knall. Die Tür des Leuchtturms flog auf und ein riesiger, hässlicher Mann mit einem stinkenden Mantel und einem struppigen Bart trat herein.
“Wo ist Harald Töpfer?“
Und hier zeigte sich das Haralds Cousin sehr an Harald hing, denn er drängte sich nach vorne. Der Riesige Mann sah den kleinen Jungen lange an.
“Du bist nicht Harald.“
Er zeigte mit dem Regenschirm auf den armen kleinen Jungen, ein Blitz schlug daraus hervor und ein Schwanz wuchs hinten aus der Hose von Haralds Cousin. Er war für sein Leben gezeichnet. Endlich trat Harald selbst hervor.
“Ich bin Harald“, sagte Harald.
Der Riese wollte Harald gerade packen, da sprang sein Onkel todesmutig zwischen die Beiden. Er hatte eine doppelläufige Flinte in der Hand, denn er war fest entschlossen Harald vor diesem schrecklichen Mann zu verteidigen. Doch der brutale, riesige Mann ergriff den Lauf der Flinte und bog ihn nach oben.
“Du wirst mich nicht aufhalten“, schrie der Riese, packte Harald und verschwand in der Nacht.
Der Riese schleppte den armen Harald durch Kneipen und Spelunken, dann ging er durch ein Geheimtor und gelang in eine Welt die Harald völlig fremd war. Hier wimmelte es nur so vor seltsamen Wesen und Kreaturen die Harald sich in seinen schlimmsten Alpträumen nicht vorgestellt hätte. Kleine, eklig aussehende Wesen leiteten eine Bank. Ein Geschäft verkaufte Ratten, Eulen und ähnliches Ungeziefer das sich kein Mensch freiwillig in die Wohnung geholt hätte. Der Riese sorgte dafür das Harald eine Schuluniform bekam und auch alles andere was er für die Schule brauchte. Nur eine Schultüte über die er sich wirklich gefreut hätte, die bekam er nicht. Am Schluss brachte der Riese Harald noch zum Bahnhof, drückte ihm ein Bahnticket in die Hand und verschwand. Doch er sprach noch eine letzte, grauenvoll klingende Drohung aus.
“Wir sehen uns dann in der Schule.“
Völlig orientierungslos streunte Harald auf dem Bahnhof umher. Auf dem Ticket stand „Gleis 9 ¾“. Harald war noch nie zuvor mit der Bahn gefahren, daher kam ihm das auch nicht so seltsam vor. Er fragte einen Schaffner.
“Was? 9 ¾? Ich gebe dir gleich 9 ¾. Du willst mich wohl verarschen, du kleiner, glupschäugiger Dreiviertel-Käsehoch.“
“Nein, wirklich. Ich suche Gleis 9 ¾, bitte sagen sie mir doch wo das ist...“
Der Schaffner sah den kleinen Jungen verärgert an.
“Du suchst Gleis 9 ¾? Also, dann musst du da vorne mit voller Wucht gegen die Wand laufen. Dann kommst du zu deinem Gleis 9 ¾.“
Harald ging zu der Wand. Er sah sie sich lange an. Er dachte nach. Warum sollte dieser Mann wohl nicht die Wahrheit sagen? Er ging ein paar Schritte zurück, schloss die Augen und rannte gegen die Wand.
Als der kleine Harald wieder zu sich kam saß er in einem Zugabteil. Neben ihm saß ein Junge der schon aussah als wäre er in der Schule oft verprügelt worden. Er hatte Sommersprossen, Segelohren und rote Haare. Er sah ein wenig aus wie ein bekannter Kobold aus einer alten deutschen Fernsehserie, nur das er sich, zu seinem Leidwesen, nicht unsichtbar machen konnte. Dies hätte ihn sicher das Ein oder Andere Mal davor bewahrt mit heruntergezogenen Hosen nach seinem Schulrucksack suchen zu müssen, den größere und stärkere Jungs auf einem Baum aufgehangen hatten.
“Hallo, ich bin Ronald.“
Er sah nicht nur Scheiße aus, er hatte auch einen beschissenen Namen.
“Ich bin Harald. Harald Töpfer.“
“Ja, ich weiß“, sagte Ronald. “Es steht da auf deiner Schultasche.“
Dann ging auf einmal die Tür zum Abteil auf. Ein kleines Mädchen trat ein.
“Hallo, ich bin die Willemine. Ihr solltet euch umziehen, wir sind gleich da.“
Harald wusste sofort das diese Willemine eine zickige blöde Kuh war, die immer Recht hatte und alles beim Lehrer petzte. Er erkannte das eine Schlimme Zeit vor ihm liegen würde.“

So, damit jeder die Geschichte lesen kann ist jetzt hier ein Update. Irgendwie war die letzte Version verstümmelt. Ich hoffe es gefällt euch besser, und wenn ja, warum auch nicht? ;-)Michael Speier, Anmerkung zur Geschichte

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Michael Speier).
Der Beitrag wurde von Michael Speier auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.09.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Michael Speier als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Freudentänze durch die Jahreszeiten von Herta Nettke



Blumenverse aus den vier Jahreszeiten in Prosa und Reimen, sowie 9 Elfchen

14 eigene Farbbilder, hauptsächlich aus meinem Garten.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (1)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Satire" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Michael Speier

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Der Auftrag - Eine kleine Geschichte von den Assassinen von Michael Speier (Rollenspiele / Adventures)
Drei Minuten nach Fünf von Klaus-D. Heid (Satire)
Chanel N° 5 von Monika Hoesch (Wie das Leben so spielt)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen