Reinhard Schanzer

Die Öko-Freaks

Die Öko- Zausel, - bzw. Öko- Aktivisten, wie sie sich selber nennen - kennt man ja nun bereits seit den frühen 70ern zur Genüge.
Auch in meiner Nachbarschaft haust so ein bemerkenswertes Exemplar.
Optisch gesehen ist er eine gelungene Mischung aus Vadder Abraham und Osama Bin Laden.

Umweltschutz ist sein erklärtes Ziel und geht allem anderen vor.
Seine 3 Joghurtbecher z.B. werden zunächst intensiv mit heißem Wasser gespült, bevor er sie in seine klapprige, alte, verrottete und vor allem Kat- lose Ente packt und sie ca. 8 km bis zum nächsten Wertstoffhof fährt.
Danach wirkt er immer, als hätte er eine religiöse Reinigungszeremonie hinter sich, obwohl er meiner Meinung nach eine Reinigungszeremonie mit Wasser und Kernseife viel nötiger hätte.

„Seht her, ich habe etwas Gutes getan!“, möchte er danach am liebsten allen sagen und sie von der Wichtigkeit seines Handelns überzeugen.
Daß er mit diesem Unsinn nebenbei ein Vielfaches der Energie, die in einem Joghurtbecher steckt, durch Klarspülung und Ökotourismus verbraucht, ist für ihn Unrelevant.

Von Zeit zu Zeit steckt er seine Nase auch mal wieder in Nachbars Restmülltonne, um zu überprüfen, ob dieser jaa nicht wieder die wertvollen Aludeckel von den Joghurtbechern illegal entsorgt hat.
Dieser Wesenszug verleiht ihm in der gesamten Nachbarschaft den unwiderstehlichen Charme eines Blockwartes zu Zeiten, als Deutschland noch ein paar Quadratmeter größer war.
Aber an diese Zeit kann er sich persönlich nicht mehr erinnern. Adolf läßt schön grüßen!

In seiner Jugend wollte er sich gerade gegen „braunes“ Gedankengut so gut wie möglich abschotten, ist deshalb exta zum Steinewerfen auf die Straße gegangen und hat gegen alles demonstriert, gegen das man damals überhaupt demonstrieren konnte. Und das nicht immer Gewaltfrei.
Genützt hat das zwar nicht viel, aber es war sicher eine schöne Zeit: Mit Gleichgesinnten Randale und „Musik“ zu machen, Hasch zu rauchen und sich nächtelang über Blödsinn die Köpfe heiß zu reden.
Die Welt wollte er damals verändern.

Bei diesen Aktionen hat er allerdings übersehen, daß er mit seiner schmalspurigen, rückständigen und ewiggestrigen Art den „braunen Kameraden“ doch sehr viel näher stand als dem Normalbürger.

Daß alle seine Mitbürger inzwischen sowieso Weltmeister im Müllsammeln und Mülltrennen sind, ist ihm nicht bewußt. Er denkt, er sei der einzige, der dem blauen Planeten zum Überleben verhilft.

Früher war die Müllabfuhr und die Deponie kein besonders attraktives Geschäft und deshalb meistens den Kommunen vorbehalten.
Daß mit dieser grandiosen Geschäftsidee der Mülltrennung inzwischen eine ganze Müll- Mafia sich einen geruhsamen Lebensabend auf der Privatjacht in Mallorca ergaunert hat, ignoriert er konsequent, denn es ist ja sicher eine gute Sache.
Leider hat er es aber nicht geschafft, aktiv daran teilzuhaben, denn das haben inzwischen viel wiefere Geschäftsleute aus dem Establishment besorgt, das er immer bekämpfen wollte.

Ein echter Brüller ist auch sein Outfit:
Seit Jahren ist er umhüllt von einem kartoffelsackähnlichen Juteanzug, der allerdings sündhaft teuer im 300 km entfernten Spezialgeschäft für „Garantiert bleifreie und nicht von unglücklichen indischen Kinderhänden gefertigte Ware“ erworben wurde.
Daß sein Sackgewand statt dessen von unglücklichen Kinderhänden aus China oder Bangladesh geknüpft wurde, kann er sowieso nicht zurückverfolgen und der wiefe Händler reibt sich die Hände und freut sich über den guten Reibach.

Die alte Nickelbrille, die er noch von seinem Großvater geerbt hat, hat zwar nicht die richtige Dioptrienzahl, aber was macht das schon? So genau möchte er diese verdorbene Welt und die zunehmende Umweltverschmutzung eh nicht sehen.
Auf seine Mitmenschen wirkt er deshalb immer etwas Geistesabwesend.

Verheiratet ist er nicht, aber seine Tussie, mit der er seit über 20 Jahren zusammenlebt, hat sich sowohl optisch, als auch geistig gut mit ihm akklimatisiert:

Auch sie läuft den ganzen lieben Tag mit Jesus- Latschen, weiten Hosen und einer selbstgehäkelten Jacke aus garantiert naturbelassener Schafwolle herum. Dieses Kleidungsstück starrt inzwischen vor Schmutz, aber gewaschen wird es auch nicht. Schließlich geht es ja darum, die Umwelt und die Wasserressourcen der Welt zu schonen und nicht mit giftigen Waschmitteln zu verseuchen.

Die Haare trägt sie - genau wie vor 30 Jahren - fettig und speckig zu einem Zopf geflochten und auch sie wirkt geistig etwas weggetreten und murmelt mehrmals täglich: „Hare, Hare, Rama“, - was immer das auch heißen mag.

Auch ihr würden Wasser und Kernseife sicherlich nicht schaden.

Kinder haben die beiden gottseidank nicht. Es schien ihnen unverantwortlich zu sein, auch noch Kinder in diese verpestete Welt zu setzen, die ja ihrer Meinung nach sowieso dem Untergang geweiht ist.
Wahrscheinlich war dies der einzige vernünftige Gedanke, den die beiden jemals gehabt haben.
Vielleicht hat es aber auch mit dem übermäßigen Konsum von Rauschmitteln zu tun, daß es mit den Kindern nicht geklappt hat. So genau weiß man das ja nie...

Ach ja, da ist dann noch die Sache mit der Ernährung:
Es ist nicht etwa so, daß sie den Kaffee- und Tabakkonsum abgesetzt oder zumindest eingeschränkt hätten. Ganz im Gegenteil!
Da sie sich ihrer Meinung nach sehr bewußt ernähren, kaufen sie das Körnerfutter und vor allem den Kaffee nur im Öko- Laden, wo ihnen gesagt wird, daß dieser „garantiert absolut fair“ mit dem Bauern aus Kolumbien, Costa Rica oder Ecuador abgerechnet wird.
Sie sind auch gerne bereit, für diese „faire Abrechnung“ fast das doppelte zu bezahlen.

Im Klartext sieht das dann so aus, daß der Bauer José tatsächlich 3 Cent mehr für die Tonne braune Bohne erhält als sein ausgebeuteter Nachbar Miguél von nebenan, der mit einem dieser menschenverachtenden Lebensmittelmultis kooperiert.
Egal, das Gewissen ist jedenfalls so beruhigt, daß man sich in diesem guten Gefühl noch eine weitere Tasse „Dröhnung“ von „Kaffee Erpresso“ genehmigt.

Der wiefe Händler in dem Öko- Laden reibt sich indessen schon wieder die Hände und freut sich über den guten Reibach. Schließlich hat er für den Kaffee ja kaum mehr bezahlt als die Großhandelskette gleich nebenan.
Für diese Gewinnspanne kann man ruhig auch mal in ausgewaschenen Cord- Jeans, Jute- Sandalen, Häkelmütze und bunter Perlenkette rumlaufen.

Ebenso verhält es sich natürlich auch mit dem Tabak, den der Öko- Fuzzi dann unter Zugabe von etwas Marihuana in garantiert ungebleichtes und umweltfreundliches Recyclingpapier wickelt und genüßlich schmaucht, bis sich ein gewisser Effekt einstellt.
Daß er damit die Umwelt mehr verpestet als sein nichtrauchender Nachbar, der als Bankangestellter einen funkelnagelneuen BMW fährt, daran mag er nicht im entferntesten denken.

Die Industrie und der Großhandel hat sich mit diesen Öko- Fuzzies mittlerweile einen boomenden Geschäftszweig erschlossen, Ob es nun mit kleinem und verhutzelten Obst ist, das man früher nur zum Most- oder Saftpressen verwenden konnte und heute teuer als „Bio“ verkauft wird, ob es um minderwertiges Getreide, Gemüse und Kartoffeln geht, die früher keinen Käufer fanden und deshalb als Viehfutter verwertet wurden oder ob es um Kleidung und Gebrauchsartikel aus Fernost geht, die früher billig verramscht werden mußten, um überhaupt einen Käufer zu finden und die jetzt plötzlich ebenfalls „Bio“ und naturbelassen sind. Dabei werden diese Sachen in Uruguay, Bangladesh, Bora-Bora und anderswo mit Mitteln hergestellt, für die jeder deutsche Fabrikbesitzer geradewegs ins Gefängnis wandern würde, von einer Abwasserreinigung gar nicht erst zu sprechen.

Die Transportkosten und der damit verbundene Energieverbrauch jucken den Fuzzi nicht.

Daß mit diesem Kaufverhalten ausschließlich billige Arbeitsplätze in Fernost unter menschenunwürdigen Voraussetzungen geschaffen werden, kümmert diesen Typ anscheinend auch nicht sonderlich.
Die Sozialhilfe kommt ja immer noch aus deutschen Kassen.

Doch jetzt das absolute Highlight:
Um auch zu überprüfen, ob das von ihm erworbene, einen Quadratmeter große Stückchen Regenwald in Hinterbrasilien tatsächlich auch noch steht, fliegt er doch tatsächlich in diesem Jahr dort hin.
Natürlich mit der Billig- Airline von Condor Brasilia, denn die haben auch noch so alte Schepperkisten, wie er es von seiner Ente gewohnt ist. Der Spritverbrauch ist ebenfalls immens bei den alten Mühlen.

Recht hat er, denn solange Flugbenzin noch nicht besteuert ist, ist die Sache ja auch finanzierbar, sogar wenn man seinen Lebensunterhalt nicht mit geregelter Arbeit in einem dieser ausbeuterischen Großkonzerne, sondern mit Gelegenheitsarbeiten, Flohmarkt, selbstgefertigter Töpferware und Beihilfen vom Sozialamt finanziert.

Es bleibt nur zu hoffen, daß diese Öko- Zausel noch rechtzeitig aussterben, bevor sie die einheimische Wirtschaft und das globale Ökosystem völlig zerstört haben.

Die junge Generation, die jetzt heranwächst, hat ja lobenswerterweise einen unverkrampfteren Blick für diese Dinge und trotz jungen Jahren bereits wesentlich mehr globalen Weitblick als diese übriggebliebenen Gestalten aus den 68ern.

Die jungen schmeißen ihre leeren Bierdosen, Flaschen, Zigarettenkippen und Bananenschalen noch ungeniert aus dem fahrenden Golf GTI.

Das schafft schließlich Arbeitsplätze in den Kommunen und in den Krankenhäusern.






© Copyright 2001 Institut für Sozialforschung und gesellschaftliche Entwicklung in Denkhof, Germany

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.09.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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