Daniel Lohmeyer

Concordia Fraktion - Teil 1 - “Aurora“

Lautlos glitt der Frachter “Aurora“ durchs Weltall. Seine lang gezogene schmale Form machte ihn und die anderen Schiffe seines Typs zum schnellsten Schiff der ganzen Concordia Fraktion. Sie waren bei den Händlern sehr beliebt und versprachen lohnende Aufträge, die schnell erledigt werden konnten. Angetrieben wurde die “Aurora“ von drei leistungsstarken Fusionstriebwerken des Typs G7FFX “Thunder“ die es ihr ermöglichten, eine Geschwindigkeit, die knapp unter der des Lichtes lag, zu erreichen. Ihre Frachträume konnten bis zu fünfzig Tonnen Fracht oder dreihundert Passagiere aufnehmen. Dabei kam die Bequemlichkeit nicht zu kurz. Hatte der Händler oder Kommandant genug Geld, konnte er sogar einige Stewardessen mieten und so die Reise etwas vergnüglicher machen.

Commander Desmond Atkins saß mit geschlossen Augen, blonden verschwitzten Haaren und einer verschmutzten Uniform im Kommandosessel auf der Brücke und döste vor sich hin. Die drei Crewmitglieder, die Dienst taten, beobachteten stumm die Anzeigen auf ihren Konsolen. Es war ratsam den Commander nicht zu stören. Atkins konnte ziemlich ungemütlich werden, besonders wenn nicht alles so lief wie geplant. Und dies war im Moment der Fall. Die Triebwerke Eins und Drei brachten nur fünfundzwanzig Prozent ihrer Gesamtleistung. Dadurch hatte sich ihre vorrausichtliche Ankunftszeit auf Kestres III um Tage verschoben. Einige Stunden waren in Ordnung, aber nicht Tage. Besonders dann, wenn es sich bei der zur Zeit an Bord befindlichen Fracht um ein diplomatisches Korps handelt. Ein Pfeifen erklang auf der Brücke und ließ alle Anwesenden zusammenzucken. Lieutenant Kramer, nach Atkins und dem Chefingenieur der einzige Offizier an Bord der “Aurora“, drückte den Knopf für die interne Kommunikation und steckte sich einen Empfänger ins Ohr. “Hier Kramer“ sagte er so leise wie nur möglich. Der Empfänger in seinem Ohr übertrug ein von Maschinen erzeugtes beständiges Dröhnen. Wie so oft an diesem Tage, war es der Maschinenraum. “Chefingenieur Gladstone. Ist der Commander anwesend?“ erklang die bedrückte Stimme des Mannes, der dafür sorgte, dass die “Aurora“ nicht komplett auseinander fiel. “Er ist im Moment... indisponiert und...“ begann Kramer, doch er wurde sofort von Atkins unterbrochen. “Auf die Lautsprecher.“ kam knapp der Befehl. Kramer fuhr erschrocken herum und sah Atkins mit offenen Augen die Decke anstarrend in seinem Kommandosessel sitzend sitzen. Kramer nickte und legte einen Schalter um. Sofort erfüllte das Dröhnen die ganze Brücke. Die anderen zwei Crewmitglieder blickten von ihren Instrumenten auf und lauschten. Atkins erhob sich aus seinem Sessel. “Hier Atkins. Gladstone, was ist los? Sagen sie mir nicht, dass es wieder Probleme gibt.“ sagte er und rieb sich die Augen. Er brauchte dringend einige Stunden Schlaf. Das Seufzen des Chefingenieurs übertönte kurzzeitig das Dröhnen der Maschinen, und Atkins nickte. “Ich bin schon unterwegs. Sie haben die Brücke, Kramer.“ mit diesen Worten verschwand er durch das Schott, ging zur nächsten Treppe und stieg hinab. Während er den langen Gang unter dem Frachtraum entlang ging, dachte Atkins über diesen Auftrag nach. “Es ist leicht verdientes Geld, Commander. Hinbringen und zurückkommen. Nichts, was sie nicht schon früher unter weitaus schwereren Bedingungen getan hätten. Ich habe ihre Akte gelesen. Sie sind der Beste dafür. Ich verspreche ihnen, dass es keinen Widerstand geben wird.“ hörte er Admiral Ranguns Stimme in seinem Kopf...

*

Mit kurzgeschorenen, blonden Haaren, einer frischen und sauberen Uniform der Concordia Fraktion schritt er den Flur entlang. Seine polierten Stiefel knallten mit jedem Schritt auf den Marmorfliesen. Den Rücken durchgedrückt und die Schultern gestrafft ging er an den Bildern der längst verstorbenen Admiräle und Generäle vorbei und blieb vor einer hölzernen Tür aus echter Eiche stehen. Leicht zitternd führte er seine Hand zu der Kontrolleinheit neben der Tür und drückte einen Knopf. Nach kurzem Warten glitt die Tür zur Seite und Commander Atkins trat ein. Er war verblüfft wie groß das Büro war. Eine lederne Sitzgruppe war vor einem Kamin zu sehen. Und wie er bemerkte, war es kein Gaskamin sondern einer, der Holz verbrannte. Atkins erinnerte sich daran, dass seine Großmutter einen besessen hatte, bis die Rationalisierung der Rohstoffe es ihr nicht mehr erlaubten ihn zu benutzen. Dies war nun dreißig Jahre her. Dreißig Jahre! Solange lebte er nun schon in einem Krieg, der nicht zu enden schien. Sein Blick glitt über den riesigen schwarzen Schreibtisch des Admirals, auf dem sich erstaunlich wenige Privatgegenstände befanden. Das für diese Zeit üblich Standard Modell eines Computers und ein Kommunikationsport. Kein Bild seiner Frau oder seiner Kinder. Nur ein Etui, in dem sich wohl Stifte befanden. Dann erblickte er Admiral Rangun. Ein älterer untersetzter Mann mit weißen kurzen Haaren. Die Arme hinter den Rücken verschränkt und verträumt aus den Fenster blickend wirkte er nicht wie der Mann, den er zuletzt im Datenkanal gesehen hatte. Der Mann, der mit der zur Faust geballten Hand auf das Podium gedroschen und den Leuten zugeschrieen hatte, dass er den Krieg in den nächsten zwei Wochen beenden würde. Atkins glaubte nicht an dieses Wunder aber die Bevölkerung tat es, und das war auch gut so. Die Concordia Fraktion hatte schon zu viel Kritik einstecken müssen. Atkins räusperte vernehmlich und die Augen des Admirals schauten die Reflektion im Fenster an. “Wie schön, dass Sie es einrichten konnten, Commander“, säuselte er, machte sich aber nicht die Mühe, sich umzudrehen. “Setzen Sie sich doch“, bot er Atkins freundlich an. Atkins schüttelte den Kopf. “Danke, Sir. Aber auf dem Shuttleflug hierher, habe ich zu Genüge gesessen.“ antwortete Atkins und blieb stock steif stehen. Der Admiral lachte, es war ein raues und heiseres Lachen. “Junger Mann. Sie stehen da, als hätten Sie einen Besenstiel verschluckt. Treten Sie näher oder setzen Sie sich“, Atkins zögerte, aber trat dann näher. Jetzt erst drehte sich Rangun um. “Ich habe wichtige Dinge mit Ihnen zu besprechen“, sagte er und Atkins spürte die Autorität die in der Stimme mitschwang. „Jawohl, Sir“, war das erste was ihn einfiel. Admiral Rangun nickte. „Wie Sie wissen, steht es im Moment sehr schlecht um uns. Die letzten drei Schlachten haben wir verloren und die Kestaraner gewinnen immer mehr an Boden. Unsere letzte Hoffnung: Die “Coregius“ ein Träger der neuen “Warlord-Klasse“ wird erst in drei Wochen fertig sein. Solange halten wir nicht durch und...“ Rangun bemerkte wie die Schultern von Atkins zusammensackten. So schnell hatte auch er es nicht erwartet. “Also hören sie zu. Wir stehen in Diplomatischen Verhandlungen mit den Kestaranern und haben einen kurzfristigen Waffenstillstand erreicht. Was ich jetzt von Ihnen verlange ist, dass Sie das Diplomatische Korps wieder zurück nach Kestres III bringen. Für ein entsprechenden Endgeld versteht sich.“ Atkins glaubte zu träumen. Waffenstillstand? Verhandlungen? Diese Worte waren zu schön um wahr zu sein. Er trug zwar den Rang eines Commanders, aber er war kein Angehöriger der Armee. Er verabscheute Krieg. Aber wie alle Frachterkapitäne war er auf Aufträge angewiesen. “Das hört sich sehr gut an Admiral. Aber ich schätze mal, dass es einigen Leuten nicht gefallen wird. Der Flug nach Kestres III könnte unruhig werden. Wäre ein militärischer Konvoi nicht die...“ Rangun hob die Hand um ihn zu unterbrechen. “Es ist leicht verdientes Geld, Commander. Hinbringen und zurückkommen. Nichts, was Sie nicht schon früher unter weitaus schwereren Bedingungen getan hätten. Ich habe Ihre Akte gelesen. Sie sind der Beste dafür. Ich verspreche Ihnen, dass es keinen Widerstand geben wird“, gab er von sich, drehte sich wieder zum Fenster um und starrte ins Weltall hinaus. “Ist die “Aurora“ in gutem Zustand?“, fragte er nach kurzem Schweigen. Atkins nickte. “Hundert Prozent einsatzfähig, Sir“, erwiderte er mit Stolz. “Was anderes habe ich auch gar nicht erwartet. Im Moment wird sie aber noch mal im Raumdock durchgecheckt. Nur um sicher zu gehen. Danach können Sie sofort starten. Die Diplomaten werden in etwa einer Stunde an Bord gehen. Das wäre alles, Commander. Ich wünsche eine gute Reise.“ Admiral Rangun streckte ihm die Hand hin und lächelte. Atkins nahm die Hand und schüttelte sie herzlich. Dann salutierte er und ging zur hölzernen Tür, um das Büro zu verlassen.

*

“Hundert Prozent einsatzfähig. Ha!“ dachte Atkins, während er die letzte Treppe herunter ging, um zum Maschinenraum zu gelangen. Zwei Tage nach Verlassen des Raumdocks hat es angefangen. Erst die Luftaufbereitungsanlage, dann die Frischwasseraufbereitung und jetzt die Gott verdammten Triebwerke. Er erreichte das Schott des Maschinenraums und öffnete es. Sofort stieg der Lärmpegel massiv an. Vor ihm ragten die Reaktoren bis zur Decke hinauf. Sie waren das Herzstück der “Aurora“ und versorgten alles mit Energie. Die Vibrationen durch ihren Betrieb konnte er jetzt ganz deutlich spüren. Sich die verschmutzten Hände an einem Lappen abputzend trat der Chefingenieur zu ihm. “Was ist jetzt kaputt?“, fragte Atkins schreiend um den Lärm zu übertönen. Gladstone schüttelte den Kopf und bedeutete ihm, zu folgen. Auf dem Weg in das kleine Büro von Gladstone, sah Atkins vier Männer, die schwitzend und fluchend an einem Verteilerkasten arbeiteten. Dann waren sie am Ziel. Gladstone schloss die Tür und der Lärm wurde gedämpft. “Also?“ Atkins lehnte sich gegen die Wand. “Triebwerk Zwei, Desmond. Die Leistung nimmt ab“, antwortete Gladstone und hielt ihm einen Bericht hin. Atkins schloss die Augen und ließ den Kopf gegen die Wand sinken. “Wie wir erwartet hatten“, murmelte er, den Bericht würdigte er keines Blickes. “Wir hätten anhalten oder noch besser umkehren sollen“, warf Gladstone ein. Atkins zuckte mit den Schultern. “Und die eine Millionen Dollar sausen lassen?“, fragte er. “Immer noch besser, als diese Situation. Dem Computer zufolge sind wir schon weit hinter den feindlichen Linien. Und du weißt genauso gut wie ich, dass dieses Schiff nicht zum Kampf gebaut wurde. Unser einziger Trumpf ist... war die Geschwindigkeit, Desmond“, versuchte der Chefingenieur ihm in den Kopf zu hämmern. “Admiral Rangun sagte, dass es keine Zwischenfälle geben wird. Wir haben einen Waffenstillstand“, erwiderte er und richtete nun den Blick auf Gladstone. Dieser grunzte verächtlich. “Waffenstillstand? Du weißt, dass wir unter Kommunikationssperre stehen? Wir wissen nicht, was dort draußen vorgeht. Es könnte schon irgendein Kestaranischer General im Büro des Admirals sitzen und sich mit unserem Geld eine Zigarre anzünden“, bemerkte der Chefingenieur und Atkins musste ungewollt lächeln. “Na gut. Wie lange wirst du für die Reparaturen brauchen?“, fragte er dann und fing an im Büro hin und her zu laufen. Gladstone runzelte die Stirn. “Ewig. Dem Computer zufolge können wir wieder auf volle Leistung gehen, aber das ist die Theorie. Praktisch könnte uns der ganze Maschinenraum um die Ohren fliegen. Dann bräuchten wir ein Wunder.“ Atkins nickte. Was er da hören musste, gefiel ihm nicht. “Ich geh wieder auf die Brücke. Wir kehren heim. Soll ein anderes Schiff die Diplomaten nach Kestres III bringen“, sagte er. Gladstones Gesicht erhellte sich. “Rangun wird nicht begeistert sein.“ Der Commander zuckte mit den Schultern und verschwand aus dem Büro.

Kramer saß nun im Kommandosessel und studierte einen Bericht. Atkins kam auf die Brücke und stellte sich daneben. Der Lieutenant bemerkte ihn nicht, er war zu sehr in den Bericht vertieft. “Steuermann! Kursänderung vorbereiten!“, bellte er und sah mit Genugtuung das Kramer das Pad erschrocken fallen ließ. Während der Steuermann die Geschwindigkeit zurücknahm, machte Kramer den Sessel frei. “Ein Kursänderung?“, fragte er und schaute seinen Kommandanten ungläubig an. “Wir fliegen heim zur Erde. Das Schiff ist zu schwer beschädigt“, antwortete dieser und nahm in seinem Sessel Platz. Kramer dachte kurz darüber nach und trat dann hinter die beiden anderen Crewmitglieder. “Steuermann! Setzen sie Kurs zur Erde“, befahl er, woraufhin eine junge Frau routiniert die Kursdaten eingab. Auf dem Bildschirm war zu sehen, wie die Sterne langsam nach links verschwanden, als die “Aurora“ nach rechts abdrehte. “Sind auf Kurs zur Erde“, informierte sie Atkins und erhöhte wieder die Geschwindigkeit. Sofort erklangen Alarmsirenen auf der Brücke. “Kramer!“, brüllte Atkins. Kramer war schon an seiner Konsole und gab hastig Befehle ein. Der Bildschirm teilte sich und zeigte einen Ausschnitt des Quadranten, in dem sie sich befanden. Die “Aurora“ war als kleiner blauer Punkt gekennzeichnet. Zwei rote Punkte erschienen oberhalb der Karte. “Wer? Und wie weit entfernt?“, fragte Atkins. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Kramer starrte wiederholt auf die Anzeigen an seiner Konsole. “Zwei Jäger der Kestaraner. 5000 Kilometer entfernt. Nähern sich langsam. Atkins dachte nach. Die Jäger waren im Moment schneller als sie. Hätte er nur die volle Leistung zur Verfügung, dann würde er denen freundlich winken und sich in Sicherheit wiegen. Er grunzte auf und schlug mit der Hand auf die Kontrollen an seinem Sessel. “Gladstone! Hier spricht der Commander. Bereiten Sie sich darauf vor die Leistung von Triebwerk Eins und Drei um zehn Prozent zu erhöhen. Wir haben Feindkontakt!“, schrie er in den offenen Kommunikationskanal. Er sprang auf und konnte gerade noch die Antwort des Chefingenieurs hören. “Aye, Sir. Ich hab es doch gesagt.“ Dann stand er neben Kramer. “Woher kamen die?“ Seine Augen funkelten ihn an. “Ich weiß es nicht, Sir. Plötzlich waren sie da. Wahrscheinlich ein Sensorschatten“, gab Kramer als Antwort und betrachtete dann wieder die Anzeigen. “Da kommen noch zwei“, sagte er mit belegter Stimme. Atkins schaute auf. Auf dem Bildschirm erschienen hinter der “Aurora“ ebenfalls zwei rote Punkte. Schweißperlen glitzerten auf Atkins Stirn. Er hatte ein ganzes Diplomaten Korps an Bord. Mit seiner Mannschaft machten das 140 Seelen, die es zu retten galt. Über die Politische Tragweite, wenn dieses Schiff vernichtet würde, wollte er gar nicht nachdenken. Rangun würde vor Wut schäumen und jeden Frachter mit Wasserstoffbomben ausstatten und zum System der Kestaraner schicken. “Steuermann! Suchen Sie uns einen Ort aus, wo wir mit ihnen Katz und Maus spielen können. Einen Asteroidengürtel oder einen Nebel... irgendwas.“ Die Frau nickte. “Kramer! Nachricht an Rangun. Wir werden angegriffen. Vier feindliche Jäger. Brauchen Unterstützung“, befahl er und ging zu seinem Kommandosessel. Die Verbindung zum Maschinenraum war noch hergestellt. “Gladstone! Fünfzig Prozent auf die Triebwerke. Egal was passiert“, sagte er. Die roten “Blips“ auf dem Bildschirm kamen langsam näher. “Commander! 1000 Kilometer in Richtung 0023,5 liegt ein schwarzes Loch“, rief sie ihm zu. Atkins nickte. Ein schwarzes Loch? Im Ereignishorizont konnte sie die “Aurora“ verstecken. Das einzige, was sie tun musste, war auf volle Triebwerksleistung zu gehen, um der Gravitation standzuhalten. “Die Nachricht?“, fragte er und wandte den Kopf zu Kramer. Dieser schüttelte den Kopf. “Totale Speere. Die Kommunikationsbojen weisen meine Anfragen zurück.“ “Verdammt! Setzen sie Kurs auf das schwarze Loch. Es ist unsere einzige Chance“, rief er der Frau am Steuer zu. Er erhaschte Kramers Blick: Angst und Entsetzen waren darin zu lesen. “Commander an Chefingenieur. Ich brauche in drei Minuten volle Leistung.“ Er schlug mit der Faust in die Flache Hand als er Widerspruch hörte. “Gladstone! Wir sind so oder so tot, wenn es nicht klappt. Volle Leistung!“, schrie er und unterbrach die Verbindung. Die “Aurora“ ächzte als die Geschwindigkeit zunahm. “Reaktoren sind auf Hundert Prozent“, meldete Kramer, der nun die Anzeigen des Maschinenraums las. “Und wir sind nicht auseinander gefallen“, bestätigte Atkins. Kramer teilte den Bildschirm nochmals und ließ ein Bild des schwarzen Lochs erscheinen. “Wie lange bis zum Kontakt?“ “Dreißig Sekunden. Acht weitere Jäger sind aufgetaucht, Sir. Sie kreisen uns ein.“ Kramers Stimme war nicht mehr als ein Flüstern.

Atkins starrte gebannt auf den Bildschirm und erblickte einen strahlenden Strudel aus leuchtenden Gasen und Staub, der sich langsam ausdehnte, als die “Aurora“ ihm näher kam. Im Zentrum des Strudels, genau dort, wo das Gas und der Staub die Maximalgeschwindigkeit des langen Sturzes die in der Mitte des Schwarzen Loches verborgene Singularität erreichten, wo ihre kinetische Energie sie hätte am hellsten leuchten lassen, genau am Rand des Ereignishorizonts befand sich nur eine schwarze Scheibe. “Kontakt!“, schrie die Frau an der Steuerkonsole um das Kreischen des Schiffes zu übertönen, als es gegen die Gravitationskräfte ankämpfte. “Status!“ Atkins stand nun mitten auf der Brücke. “Triebwerke halten. Wir kommen gut durch“, brüllte Kramer. “Und unser ungebetenen Gäste?“ Kramer betätigte einige Knöpfe. Er runzelte die Stirn und wiederholte den Vorgang. “Sie sind nicht mehr da“, stotterte er. Atkins fuhr herum. “Was? Das nächste Schiff war nur 2000 Kilometer entfernt gewesen!“ brüllte er. Kramer nickte bestätigend. “Ich weiß, Sir. Aber laut den Sensoren sind keine Schiffe in Reichweite.“ Atkins schüttelte den Kopf. Das konnte nicht sein. Sie waren da gewesen! Er ließ sich erschöpft in den Kommandosessel fallen. Das Pfeifen der Internen Kommunikation hallte über die Brücke. “Atkins!“ meldete er sich. Die Stimme des Chefingenieurs klang panisch. “Hier Gladstone! Wir verlieren die verdammte Eind...“ Die Verbindung wurde unterbrochen und blieb still. Kurz darauf erschütterte eine Explosion die “Aurora“. Zwei Sekunden später wurden die Konsolen dunkel und dann ging das Licht aus. Atkins hatte noch die Hand auf dem Knopf der Kommunikation als das Schiff nach unten kränkte. Er krallte sich an seinem Sessel fest um nicht auch zu Boden zu gehen. Metall kreischte und vereinzelte Platten brachen. Er hatte verloren. Einzelne Risse entstanden und schufen offenen Stellen zum kalten, tödlichen Weltraum. Die Luft entwich explosionsartig. Ein weiteres lauteres Kreischen ertönte und die Risse wurden größer. Kramer versuchte sich an seiner nutzlosen Konsole hochzuziehen, als der vordere Teil der Brücke der Belastung nach gab und weggerissen wurde. Atkins sah wie Kramer ins All geschleudert wurde. “Rangun du Sauhund!“ dachte er noch als eine letzte, alles vernichtende Erschütterung ihn ebenfalls ins kalten aus Vakuum bestehende Weltall zerrte.

Die “Aurora“ flog mit brennendem Heck und zerstörter Front auf die schwarze Scheibe zu. Dann schien sie einen Augenblick zu verharren. Eine Sekunde später zog sich ihre Hülle lang wie Karamell, die Front schoss nach unten auf den Ereignishorizont zu, das Heck bog sich fort, bis der Faden fernen Metalls in glitzernde Fragmente zerbrach, alle auf verschiedenen Flugbahnen, doch alle fallend...

Ein Uniformierter betrat Admiral Ranguns Büro und salutierte. Der Admiral stand am Fenster und betrachtete den Träger “Coregius“ der “Warlord-Klasse“, der langsam aber beständig beschleunigte und Kurs auf das Kestres System setzte. Der Mann räusperte sich vernehmlich. “Ja, was gibt es?“, fragte Rangun über die Schulter. “Wir haben gerade die Meldung bekommen, dass der Frachter “Aurora“ von unserem Sensorenbild verschwunden ist. Ich dachte das würde Sie interessieren“, antwortete der Mann, salutierte und verschwand wieder. Rangun schaute immer noch der “Coregius“ nach. “Schade um dich, Atkins. Aber wozu brauche ich Diplomaten, wenn ich den Krieg gewinnen kann“, dachte er und lächelte...

- Ende -

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.10.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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