Ana Logie

Studenten(l)eben 2

Die Uniparty

Die Zukunft Deutschlands steht mit einem Bier in der Hand im Forum der Universität, wo heute abend eine große Party ist. Sie steht in kleinen Grüppchen und unterhält sich noch mit einem Hauch von Gezwungenheit über den Lauf der Welt, darauf wartend, dass die erste Welle Alkohol ihr Gehirn erfasst, somit die Zunge lockert und dem architektonischen Klogriff aus Beton und Pflastersteinen, der sich Uniforum nennt, einen atmosphärischen Charakter verleiht.

Die Musik ist gut, klar, mit der Hermes House Band (I will survive), Madonna (American Pie) und dem Rama Lama Ding Dong Song liegt der DJ nie falsch. Die ersten Mädchencliquen springen bereits über die Tanzfläche, hie und da gibt eine bauchfreie Dancing Queen aus den unteren Semestern eine Soloeinlage um ihr Nabelpiercing besser zur Geltung zu bringen und die ersten wagemutigen Tänzer und Tänzerinnen erklimmen die Lautsprecherboxen. Morgens noch im Hörsaal und abends auf der Showbühne, Unipartys sind echt super, wenn die Stimmung passt!

Die meisten Jungen werden wohl noch ein paar Biers brauchen, bis sie den Mädchen auf die Tanzfläche folgen. Bis dahin begnügen sie sich damit, sich an ihrem Bier festzuhalten, und mit mehr oder weniger geheuchelter Indifferenz das Spektakel zu betrachten, das da vor ihnen auf und ab hüpft. Dem einen oder anderen drängt sich dabei unweigerlich die Frage auf, warum hier so viele Pos gewackelt und Bauchnäbel ausgestellt werden und er so wenig Geschlechtsverkehr in letzter Zeit hatte.

Dem mathematisch denkenden Studenten kommt da zunächst der Begriff „Statistik“ in den Sinn, denn es ist ja mehr als logisch, dass die „Trefferwahrscheinlichkeit“, sprich Kopulationsmöglichkeiten, proportional zur Anzahl gegengeschlechtlicher Annäherungsversuche steigen müssten. Folglich gebärdet er sich nach dem vierten Bier auch alle Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung wahrend wahllos auf der Tanzfläche: tanzt nicht die Brünette mit dem Glittershirt eng mit ihm, dann wird es nach zwei weiteren ergebnislos verlaufenden Versuchen die Blonde mit dem schlangenförmigen Tattoo an der in Freiluft exponierten Michalis-Raute tun. Wahrscheinlich. Alle freiwilligen Teilnehmer dieses Feldversuches müssen allerdings alkoholisiert sein, das ist Voraussetzung.

Es sei durchaus als positiv zu bewerten, dass die deutschen Jungakademiker, die Zukunft dieses Landes, heutzutage überhaupt noch Kopulationswünsche körperlich artikulieren können. EIN VIERTEL aller deutschen Kinder sind bereits zu dick! Unsere Nachfolgegenerationen an den Universitäten werden überhaupt nicht mehr auf Unipartys gehen, sondern sich mit Burger und Pommes hinter dem Computer verziehen und Pornos aus dem Internet runterladen um der Natur Genüge zu tun. Erbärmlich!

Da heißen wir die statistische Datenerhebung unserer Ingenieur-, Wirtschafts- und Mathestudenten in Kooperation mit unseren Biologinnen und Lehramtskandidatinnen doch vorbildlich. Eine so brachiale Naturgewalt wie der Sexualtrieb muss da auch nicht auf Dinge wie Stil, Anstand und geschweige denn auf Grammatik und Satzbau bei den ersten verbalen zwischengeschlechtlichen Interaktionen achten. Nein, auf deutschen Unipartys wird geflirtet, was das Zeug hält, ab 1 Promille aufwärts ist den teutonischen Studenten keine Anmache zu barbarisch, kein Flirt zu primitiv. Und da sage mal einer, wir Deutschen seien verklemmt.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 08.10.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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