Michael Pernek

Der Basilisk von Myn – Spezial-mini Ausgabe

Ein Mob (und ich meine nicht etwas das Behelf zum wischen von Böden, sondern eine Ansammlung von Menschen) stand an einem schönen Morgen, des Freischaftages, vor dem Bäckergeschäft, des ebenso Dicken wie geldgierigen Meisters Garnichtlieb in der Heizgasse 68. Das Haustor war geschlossen und grässliches Geschrei kam aus dem Inneren. Die Menge der Neugierigen wuchs, und einige Männer bemühten sich, das Tor einzuschlagen, um die Ursache des Lärms zu erfahren, während andere zum Stadtrichter, Wiedumir “Verhaftet sie alle!“ Augumaug, liefen, um ihm zu melden, dass im Hause des Bäckermeisters etwas ganz schrecklich...... verbotenes vorging und die ganze Holzgasse 68 voll aufgeregter Menschen sei.
Inzwischen hatte der Bäckermeister sein Haustor geöffnet und stand nun bleich und nach Seelenruhe ringend (das soll heißen: sich beruhigend) vor der neugierig sich herandrängenden Menschenmenge, die ihn mit Fragen bombardierten, was sich im Haus ereignet habe. Da kam auch schon der Stadtrichter an der Spitze der Stadtwache hergestapft, während das Volk ehrfurchtsvoll und schuldlos, schuldbewusst zurückwich. Mit strenger Amtsmiene fragte Augumaug den noch immer vor Aufregung schlotternden Bäckermeister um den Grund dieser verbotenen Ruhestörung.
„Herr Stadtrichter“, bergan der Bäckermeister mit zitternder Stimme, „ein schreckliches Monstrum hält sich in meinem Haus auf.“
„Werter Bäcker, scherze über eure Frau sind völlig fehl am Platze,“ erklärte Augumaug in seiner gefährlich ruhigen und bedrohlich gelassenen Art.
„Nein Herr,“ bat Garnichtlieb weiter um gehör (das soll heißen: er wollte das man ihn zuhört). „Als eine meiner Mägde heute früh aus dem Brunnen Wasser schöpfen wollte und dem Eimer nachblickte, bemerkte sie tief unten ein Glitzern und Leuchten, zugleich aber drang ein so scheußlicher Gestank aus dem Brunnen herauf, dass ihr vor Schrecken und Angst fast die Sinne vergingen (das soll heißen: das sie beinahe ohnmächtig geworden wehre).“
„Könnt ihr diesen Geruch beschreiben?“ verlangte der Stadtrichter.
„Nein Herr, wieso sollte ich ihn beschreiben?“ wunderte sich der Bäckersmann.
„Mir wurde heute Morgen der Diebstall von einer Wagenladung Kuhdung gemeldet, die von Feld des alten Beinsieb entwendet wurde,“ erläuterte Augumaug geduldig.
„Aber Herr, Kuhdung richt im vergleich dazu sicher wie Mayblümchen,“ meinte Garnichtlieb.
„Mayblümchen, interessant.“, überlegte der Stadtrichter, „fahret fort.“
„Wohin Herr?“ erkundigte sich der Bäcker verwirrt.
„Du sollst weiter erzählen,“ stöhnte Wiedumir auf.
„Oh ja, natürlich Herr, also... Laut schreiend lief die Magd ins Haus und warnte uns vor dem Brunnen. Der dumme Lehrjunge wollte das Geheimnis auf eigene Faust ergründen. Er ließ sich an einem Seil in die Tiefen hinab, nur mit einer Fackel in seiner Hand. Er drang immer weiter und weiter in die Dunkelheit ein, während wir über unsere weiteren Taten beritten. Ein Schrei machte uns auf sein tun aufmerksam und wir liefen ihm zu Hilfe. Rasch zogen wir ihn aus der Tiefe herauf, doch der arme Bursche war schon mehr tot als lebendig. Mit etwas Riechsalz und meinem selbstgemach...... ich meine selbst gekauften Pfirsichschnaps, bekamen wir aus ihm heraus, das auf dem Grund des Brunnens ein scheußliches Ungeheuer, das halb wie ein Hahn, halb wie eine Kröte aussah. Es habe einen zackigen Schuppenschweif, plumpe, warzige Füße, trage ein feuriges Krönlein auf dem Kopf und habe mit seinen eigenartig glühenden Augen giftige Blicke nach ihm geworfen und die Krallen drohend emporgestreckt, dass ihm fast das Blut im Leib erstarrt sei und er geglaubt habe, sein letztes Stündlein sei gekommen. Er wäre sicher im Brunnen gestorben“, schloss der Bäckermeister seinen Bericht, „wenn wir ihn nicht rasch in die Höhe gezogen hätten.“
Der Stadtrichter zog eine Augenbraue nach oben und meinet skeptisch: „Du sagst also du hättest einen Basilisk in Brunnen?“
„So sied es aus Herr,“ bestätigte Garnichtlieb.
„Und warum hast du das dann nicht gleich gesagt, anstatt uns hier eine Geistergeschichte aufzutischen? Du bist schließlich nicht der erste mit so einem Problem.“, brummte Augumaug.
„Nun ich dachte es würde...“, begann der Bäcker.
„Denken, mein lieber Garnichtlieb, ist einer der größten Fehler die ein braver Bürger machen kann. Überlasse das Denken doch denen die sich damit auskennen. Leuten wie mir!“, befahl der Stadtrichter mit bösem Blick.
„Ja Herr, ihr habt natürlich recht Herr.“, gestand der Bäcker ein.

Lautlos hatte die Menge zugehört. Der Stadtrichter rief: „Wer von euch, ist bereit mir zu helfen? Wir brauchen Freiwillige die das Ungeheuer töten.“
„Ihr sollt es nicht bereuen, ich will euch reichlich belohnen,“ fügte der Bäcker hinzu, aber niemand sagte ein Wort, da man die „reichen Belohnungen“ von Garnichtlieb nur zu gut kannte. Viele wandten sich um und liefen davon, denn der Aufenthalt bei dem gefährlichen Haus war ihnen nicht recht geheuer. Weniger der Basilisk machte den Leuten sorgen, sondern eher der Blick der Stadtrichters.
Plötzlich ließ sich neben Garnichtlieb die entschlossene Stimme seines Mannes vernehmen: „Ihr wisst, ich habe Eure Tochter Ramonia schon lange ins Herz geschlossen, dass euch das nicht passt ist mir bekannt.“
„Ja, Michael, aber was hat das damit zutun?“ erkundigte sich der Bäcker genervt, bei dem jungen Mann der sich hier zu Wort gemeldet hatte.
„Nun ich wäre bereit.......“ begann Michael. Der kein geringerer war als der tapfere Krieger Bäreneck, den du vielleicht schon aus der Geschichte „Das Herz der Drachen“ kennst.
„Was du würdest den Basilisken töten und dafür meine Tochter heiraten wollen,“ viel im Garnichtlieb ins Wort.
„Na, ja. Heiraten ist vielleicht etwas übertrieben.“, meinte Bäreneck und scharte mit einem Fuß auf dem Boden, „Ich dachte da eher erst mal an ausgehen und so.“
„Hm, das klingt gar nicht einmal ‚so’ schlecht. Wenn er das Monster tötet dann bin ich zwar meine Tochter aber auch denn Basilisken los. Sollte aber der Basilisk Bäreneck töten, dann läst er meine Tochter für immer zufrieden. Das ist ja fast noch besser.“, überlegte der Bäcker.
„Das hab ich gehört!“ verkündete Michael.
„Das kannst du nicht gehört haben, ich habe das nämlich gedacht.“, wiedersprach Garnichtlieb.
„Ja, du hast es laut gedacht.“, gab der Krieger zurück.
„Ich....äm....ich wollte.....seid wann Duzen wir uns eigentlich.“, schloss Garnichtlieb schnell.
„Was wird da drüben getuschelt?“, erkundigte sich der Stadtrichter höchst interessiert.
„Herr, dieser Bursche möchte sein Glück mit dem Monstrum versuchen.“, verkündete der Bäcker und hob dabei die Hand von Bäreneck.
„Also gilt unsere Abmachung?“, wollte der Krieger wissen.
„Ja, gut, sie gilt.“, brummte Garnichtlieb.
Michael wand sich zu seinem Freund Sengfried, dem großen Zauberer, der ebenfalls bei den Zuschauern stand. Die beiden begannen zu tuscheln und die neugierigen Leute rundum konnten Worte herauslauschen, wie :töten.......wie?......Spiegel......Spiegel?........JA! Spiegel ....... sicher ..... ganz sicher. Dann wandte sich der Krieger zu seinem Freund Ishmael, dem berüchtigten Dieb, der neben Sengfried stand, und begann wieder zu tuscheln: Seil? ........ Klar ....... wird halten ........ vertrau mir!
Ein großer Spiegel wurde herbeigeschafft, so wie es Michael verlangt hatte und mutig ließ er sich dann langsam in den unheimlichen Brunnen hinab. Die Zuschauer beobachteten das Seil an dem sich der Krieger hierunter lies mit Spannung. Es zuckte in regelmäßigen abständen und manchmal stockte es auch kurz. Dann blieb es abrupt stehen und ein Geräusch kam von untern hinauf.
„Aua, es reicht ich bin unten!“, klang die Stimme von Bäreneck und halte mehrfach von den Brunnenwänden wieder.
„Wie sied es da unten aus?“, erkundigte sich der Bäcker.
„Hast du einen Brunnen gesehen, kennst du sie alle!“, rief der Krieger nach oben.
„Was ist mit dem Basilisken?“, erkundigte sich der Stadtrichter.
„Bisher konnte ich noch kein.........huch, bei Adamra!“, ertönte es aus dem Brunnen.
„Was, was ist los?!“ röhrte der Bäcker.
„Michael, was ist passiert?“, wollte Ishmal mit professioneller, Heldenruhe.
„Ahhh!“, kam er von untern. „Ahhh ha ha!“
“Oh nein, das Ding Frist in doch nicht etwa?”, überlegte Ishmael. Sengfried zuckte mit den Schultern. Das Gebrüll des Helden setzte sich fort.
„Ahhh.. hahaha, Hahaha, Hihihi.“
„Was tut er da?“, erkundigte sich der Stadtrichter. Ishmael hielt sein Ohr näher zum Brunnen. Er überlegte kurz und meinte schließlich: „Ich glaube er lacht.“
„Was tut er?“, erfragte Wiedumir ungläubig.
„Ihr könnt mich jetzt raufziehen!“, meldete sich der Krieger wieder, wehrende er sich vor lachen ausschüttete. Mit viel mühe zogen drei Mann Michael wieder ans Tageslicht. Er schien um einige Kilogramm schwerer geworden zu sein. Mit Spannung erwarteten alle das was aus dem Brunnen steigen mochte. Es war Bäreneck und er hielt in seinen Armen einen winzig kleinen Basilisken der verängstigt um sich blickte. Er hatte eine klitzekleines Kükenkopfchen und einen dazu völlig unpassenden Krötenkörper. Verschreckt zog das Basiliskenbaby den Kopf ein. Michael gab den kleinen an Ishmael weiter und wandte sich dann an die gaffenden Leute.
„Ist das euer gefährliches Monstrum. Dieses kleine Wesen versetzt euch in Angst und Schecken. Da ist ja die Katze meiner Oma blutrünstiger.“, machte sich der Krieger lustig.
„Ob klein oder groß, Monster bleibt Monster,“ erklärte der Stadtrichter. „Dieses Ding muss getötete werden, am besten verbrannt. Bringt es zum Justizgebäude.“ Mit diesen Worten schloss Weidumir und gab den Befehl zum abrücken. Ishmael, blickte das kleine Häufchen Elend in seinen Händen an. Der Kleine war gerade erst geboren und ein junger Basilisk sah lange nicht so schrecklich aus wie seine erwachsenen Brüder. Das Tier wirkte so hilflos und unschuldig. Der Dieb Ishmael brachte es irgend wie nicht übers Herz den kleinen Basilisken dem sicheren Tod zu überlassen. Michael wischte sich die Hände ab und lächelte selbstzufrieden. Er hatte sich das Recht erkämpft Ramonia auszuführen. Nie wieder musste er sich mit der Magd unter dem Dach seiner Stammkneipe verstecken. Keine Steine mussten mehr an Fenster geworfen werden und keine Leitern mehr hochgeklettert, um das Mädchen, für ein paar flüchtige Stunden, aus dem Elternhaus zu entführen. Der Krieger wandte sich zu seinen Freunden und bemerkte das einer der beiden fehlte. „Wo ist Ishmael?“
Der Brunnen wurde zur Sicherheit mit Erde aufgefühlt und mit einer schweren, eisernen Platte versiegelt. Der Wirt nahm den Verlust seines Brunnens mit Fassung und benannte sein Geschäftslokal um in: »Basiliskenhaus«. Michael und Sengfried mussten sich vor Wiedumir “Verhaftet sie alle!“ Augumaug führ das Verschwinden der Basilisken rechtfertigen und taten dies mit einer aufregenden Flucht. Ishmael nannte sein neues Haustier Nelson und überlegte fieberhaft was dieses Tier wohl essen mochte. Michael entdeckte wenig später was sich der junge Basilisk gerne schmecken lasen würde und setzte seine Flucht fort, um nicht doch noch als Malzeit zu enden.

Nachwort
Diese Geschichte widme ich meinem Freund Ishmael und im besonderen seiner Katze Nelson, die mich gerne auf einem Teller mit ein bisschen Basilikum sehen würden. Ich trage denn vier Zentimeter langen Kratzer denn das Tier mir verpasst hat mit Fassung. Wenn wir auch nicht gut auf einander zu sprächen sind, so verbindet uns doch eine Beziehung. Es muss ja nicht immer eine gute sein.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 13.11.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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