Marlene Wolfback

Der Tod der Sünder

„Unsterblichkeit? Verschaffe mir einer die Frucht des Baumes der meine ewige Macht garantieren würde. Ptolais! Ptolais! Mach dich auf den Weg, du hörst was der Alte sagt!
Und du alter Mann,“ Königin Sarafia musterte den alten Fremden, „du erzählst mir mehr von den Überbringungen deiner Ahnen.“
Der Alte erzählte von sagenumwobenen Schätzen, mythischen Tieren und vom Hasares, dem schönen aber gefährlichen Wächter des Apfelbaumes.
„Hasares? Es ist also ein junger Hüne, kein Halbgott der den Baum bewacht?“
„Hoheit er trägt selbst eine der Früchte in sich. Er ist stärker als jede Kreatur, stärker als jede Armee. Als er die Macht der Frucht für sich entdeckte wurde er zu einem Halbgott, ihr versteht….“
„Schweig! Meine Krieger sind unschlagbar und wenn der Baum erst einmal mein ist, werden sie die mächtigsten der Welt sein! Schafft ihn mir aus den Augen!“

Als Ptolais, der tapferste und stärkste Krieger seiner Zeit das Tal der unendlichen Frucht erreichte dämmerte es bereits. In der Ferne leuchtete jedoch eine Flamme, die weder Wärme noch Kälte ausstrahlte. Wind kam auf. Ptolais hüllte sich in seinen Lederwams und schritt den Pass hinab. Die Steine, die unter seinen Sohlen knirschten wurden größer, die Natur lebensfeindlicher. Als die Dunkelheit die Welt fast völlig bedeckte und die entfernte Flamme lockend glühte, tastete sich Ptolais mit einer Fackel in der einen und seinem Dolch in der anderen durch die karge Steinlandschaft. Fern und nah fügte sich kein Schatten mit der Schwärze des Himmels. Fern und nah konnte Ptolais keine Frucht ausmachen, keinen Baum, nicht mal ein Tier oder anderes endliches Leben. Und so reiste er weitere vier Dunkelzeiten und fünf Hellzeiten bis seine Augen geblendet wuden von dem geheimnisvollen Licht.
Ptolais verhüllte seine Augen mit dem Leder doch es schien, als strahlte das Licht selbst dort, wo sein Augapfel von den Lidern geschützt wurde. Blind, wandte er sich um, lief immer geradeaus, bis weitere Verzweiflung ihn wiederum einen anderen Weg einschlagen ließt. So irrte er bis zur Erschöpfung in einer Wüste in der statt Trockenheit ein Lichtermeer die Ebene beherrschte und in dem man statt der Hitze nur den Tod verspürte.
Wie von Dornen verletzt schmerzten seine Augen und wie von einem Pfeil getroffen sank er schließlich zu Boden. Stöhnend wand er sich auf der Erde auf der Suche nach Dunkelheit, Heilung und einem klarem Verstand. Plötzlich durchschnitt ein unnatürlicher Schatten die Helligkeit und fiel auf sein Haupt.
„Wer seid ihr? Was habt ihr hier zu suchen?“
Widerwillig blickte Ptolais aus seiner Ummantelung hervor. Der Geruch des Leders und seines Schweißes verging und ein süßer Duft verschaffte seinem gemarterten Kopf Linderung nach all den ertragenen Qualen.
„Helft mir auf ich… ich will euch anschauen.“ Ptolais streckte immer noch nahezu blind seinen Arm aus. Als er sich halb aufrichtete stieß ihn ein Schwindel zu Boden. Seiner vom Durst brennende Kehle entflohen Krächzlaute, doch als ein starker männlicher Unterarm, dessen straffe Haut sich über mächtige Sehnen spannte, sich weiter näherte, spürte Ptolais keinen Schmerz mehr.
Wie nach dem letzten rettenden Seil das die Flucht vom brennenden Schiff sichert, griff der geschwächte Krieger nach dem fremden Arm. ‚Ein jeder ist dein Feind, nur den Tod kannst du dir zum Freund machen.’ hatte sein Vater ihn am Sterbebett ermahnt und doch spürte Ptolais dass selbst der Tod an die gegnerische Front gewechselt war und ihm keine Frist mehr gewähren wollte. Keine seiner Schlachten konnten verrichten, was vier Tage in einem unendlichen Tal ihm antaten.
Ein Ruck versetzte Ptolais Körper in Bewegung. Widerwillig gehorchten seine Muskeln. Seine Lungen stießen die heiße trockene Luft nun laut aus, seine Schläfen begannen zu pochen und Energie durchfuhr seinen Körper.
„Wer schickt euch?“
Wie gebannt schaute der Krieger auf zu Hasares, gebannt von dessen Schönheit, Größe und Stärke.
„Sarafia, Königin des Südens und Tochter des Kaftirid mein Herr.“
„Warum?“
Wie ein Kind, das belehrt von einem Erwachsenen zu dessen Gesicht aufschaut, starrte Ptolais entmachtet auf die Gestalt des Hasares.
„Sie will die Frucht, die Frucht des Baumes..“
„So, will sie das? Mit welchem Recht?“
„Sie ist eine gute Herrscherin mein Herr, gut…“
„Also gut, ihr bekommt die Frucht, doch gebt sie eurer Herrscherin nur zusammen mit einem Geschenk.“
Unter einem Umhang aus rotem Stoff enthüllte Hasares einen glutroten Apfel und eine kleine Kiste.
„Geht nach Norden. Kehrt nicht um. Missbraucht nicht die Gaben, die ich euch hiermit reiche, sie sind nicht für euch bestimmt. Und sagt eurer Herrscherin ihr wird der Dank der Menschheit zu Füßen liegen.“

„Meine Königin, ich bitte um Einlass, ich bin zurück von der Reise auf die ihr mich schicktet.“
Als sich die große Holztür öffnete vernahm Ptolais hastige Schritte.
„Gebt mir die Frucht!“
Seine Augen blickten in das schöne und zugleich kalte Gesicht seiner Herrscherin. Trotz seines Unmutes gehorchten seine Hände sofort und er streckte ihr den Apfel und die Kiste entgegen.“
„Gute Arbeit, gut und jetzt lasst mich allein!“
„Ich habe aufgetragen bekommen dass…“
„Schon gut, schon gut, berichte doch halte dich fern“.
Von der Gier getrieben begab sich die Königin zu ihrem Bett. Hastig biss sie in den roten Apfel während ihr Ptolais von seiner Reise berichtete. Als die Königin die Kiste öffnete blickte sie in die schimmernden Augen einer kleinen Schlange. Als die Kiste zu Boden fiel und das Gift der Schlange in die Blutbahn der Herrscherin des Südens eintrat, sank diese auf den Boden. Nicht einmal Ptolais, der sofort zur Stelle war konnte gegen die Macht des Schicksals, geschickt vom Baum der Unendlichkeit etwas ausrichten und so erfuhr seine Herrin den Tod der Sünder.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.11.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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