Jeannette Krause

War das ein Tag!

Ich muss jetzt einfach mal Luft ablassen... Sorry, aber du kriegst es ab!

Ich meine, ich liebe ja Stress und Abenteuer, aber das, was heute bis Mittag (!) alles schon passiert ist, das ist selbst mir unheimlich.

Der Tag begann damit, dass aus irgendeinem, für mich unerklärlichem Grund alle Wecker ausgefallen sind. Nun habe ich schon drei davon, einen Funkwecker, einen sehr sehr sehr lauten alten herkömmlichen zum aufziehen und mein Handy. Normalerweise klingeln die in regelmäßigen Abständen von 10 Minuten, weil ich morgens ein klitzkleines bisschen brauche, bis ich wirklich zurechnungsfähig bin. Gut, heute Morgen hat nix geklingelt und ich bin erst wach geworden, als die Müllabfuhr vor dem Haus hielt. Natürlich war das viel zu spät und ich hatte diverse Hektik, damit ich noch irgendwie halbwegs pünktlich ins Brückenbüro nach Suhl kommen konnte. Der Gedanke war gut und druchführbar, allerdings hatte ich nicht mit weiteren Zwischenfällen gerechnet.

Ich fahre also flugs ins Büro... aus der Einfahrt raus, auf die Autobahn drauf und die noch nicht geöffnete Abfahrt über die Baustraße runter... Plötzlich tuts einen riesigen Schlag und mein Auto klingt sofort irgendwie anders, laut... mächtig gewaltig, wie ein Panzer. Mein erster Gedanke war: bremsen!... mein zweiter Gedanke war: der Auspuff! Oh wie Recht ich hatte! Der Auspuff meines Autos lag ungefähr 6,5 m hinter der Stelle, an der ich mit meinem Auto zum Stehen kam. Während ich ausstieg, um das verlorene Teil wieder einzusammeln, gingen mir ohne unterlass tausend Dinge durch den Kopf, wovon der beunruhigendste war, dass dieser kostenintensive Zwischenfall nicht wirklich in meinen Finanzplan passt. Nun gut, ich fahre also unüberhörbar dröhnend auf die Baustelle und bin mir der Aufmerksamkeit aller, aber auch wirklich aller, Anwesenden sicher.

Mein erster Anruf am heutigen Morgen galt der Werkstatt. Ich erklärte dem Meister, dass sich bei meinem Auto der Auspuff neuerdings im Kofferraum befindet, was dieser irgendwie lustig fand... ich nicht! Da ich als alleinstehende, hilflose Frau den Vorteil einer Vorzugsbehandlung in meiner Werkstatt genieße, bekam ich sofort einen Termin und einen Ersatzwagen... und was für einen! Haben die sich nicht wirklich und tatsächlich getraut, mich in einen Deawoo Matiz zu setzen! Nix gegen die Marke, grundsätzlich fahre ich jedes Auto, aber dieses ist einfach der Hammer! Ich hab mich erstmal nicht aufgeregt und bin relativ sorglos meiner Arbeit nachgegangen.

Um 11 Uhr stand dann das Tunnelbüro auf meinem Plan. Ich steige also in diesen kleinen, niedlichen Matiz und fahre los... über die Baustraße und die Baustellenauffahrt auf die Autobahn Richtung Meiningen. Es ist ziemlich windig heute und dieses kleine, absolut autobahnuntaugliche Autochen hüpft lustig auf der Straße hin und her. Überhaupt fährt sich dieses Auto irgendwie ruckelig. Eine Geschwindigkeitsregulierung allein übers Gaspedal ist nur sprungweise möglich. Während ich mich so beim Fahren mit der Fahrkomfortanalyse dieses Pkw beschäftige und sonst an nix böses denke, tut es plötzlich wieder einen riesen Schlag! Ich weiß, niemand glaubt mir das, aber diesen Schlag kannte ich schon! Ich hatte einen Platten hinten links! Meine Begeisterung war groß, das kann man sich denken. Ich rolle also langsam auf den Seitenstreifen, Warnblinker an, Warndreieck raus und suche das Ersatzrad in dem Ersatzauto! Als ich dieses entdeckte und sah, dass ich mit diesem Spässchen von einem Rad gerade mal 80 km/h fahren darf, konnte ich meinen Jubel kaum zurückhalten. Irgendwie muss ich verzweifelt und wütend ausgesehen haben, denn innerhalb kürzester Zeit hielten drei Pkw´s mit sehr hilfsbereiten Herren. Der Radwechsel, sonst eine meiner leichtesten Übungen, war fortan nicht mehr meine Aufgabe!

Die Aufgabenverteilung war nach kurzer Diskussion schnell geregelt, Einer hatte das Privileg, mich unterhalten zu dürfen und die beiden Anderen kümmerten sich um das Rad, wobei natürlich eine gerechte Abwechslung besonders wichtig war. Dank dieser sinnvollen Einteilung kenne ich jetzt so ziemlich die gesamten Lebensgeschichten aller drei Herren und habe, ohne darum gebeten zu haben, alle drei Handynummern.

Da ich inzwischen sowieso fast eine Stunde in Verzug war, entschloss ich mich, dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, rief im Tunnelbüro an, um meine Verspätung anzukündigen und lud die Herren als Dankeschön auf einen Kaffee ein. Lustigerweise eskortierten mich dann nach erfolgreicher Behebung des Schadens drei Fahrzeuge über die Autobahn bis zur nächsten Abfahrt, die zum Glück sowieso meine war.

Wir setzten uns ins nächste Kaffe und ich hatte wirklich Spass an den folgenden männlichen Buhlerein. Hat schon mal jemand gesehen, wie albern es aussieht, wenn drei Männer einer Frau eine Tür aufhalten wollen? Ich bin erstaunt, dass dabei keiner der Drei irgendwie verletzt wurde. Nach mir endlos erscheinenden Minuten hatten wir es geschafft, alle zusammen wohl behalten an einem gemütlichen Tisch in der Ecke zu sitzen, haben dann einen Kaffee getrunken und dabei wurde ich hervorragend unterhalten. Als es fast eine Stunde später ums Bezahlen ging... nur zur Erinnerung < ich hatte eingeladen!... stritt sich das starke Geschlecht doch tatsächlich darum, wer meinen Milchkaffee bezahlen darf. Während der anschließenden, wortreichen Verabschiedung brachten alle Drei deutlich zum Ausdruck, dass ich mich gerne jederzeit bei ihnen melden könnte und sollte, wenn ich noch ein Problem mit meinem Auto haben sollte, aber auch sonst wäre mein Anruf herzlich willkommen.

Jetzt bin ich im Tunnelbüro, habe den ersten Rundgang mit Gummistiefeln und Bauhelm über die Baustelle schon hinter mir und bin gespannt, was der Tag heute noch so bringen wird! Eins weiß ich allerdings jetzt schon, wenn ich heute Abend dieses Ersatzauto wieder in die Werkstatt bringe, um meins abzuholen, dann werde ich meinem Ärger freien Lauf lassen und ich bin neugierig, ob sich das irgendwie auf die Höhe der Rechnung niederschlägt.

Puhhh...jetzt gehts mir besser. Danke fürs Lesen und einen schönen, vielleicht nicht ganz so aufregenden Tag wünsche ich.

Jeannette

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 24.11.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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