Daniel Wehowsky

My Hell

Der Böse wußte es. Er hatte sich selbst getötet. Das Schrottgewehr auf der Gabel. Von außen müssen sie wohl ihn eine riesige Fleischbresche geschaut haben. So groß war sein Glaube an einen ewigen Traum. Oder auf Erlösung, Seligkeit. Und so hieß er den letzten Schuß willkommen.

Er fand sich nicht im Himmel. Er war auch nicht umgeben von brennendem Höllenfeuer. Auch keine Teufel waren zu sehen. Und er würde hier auch nicht sein Idol finden. Dead.

Ja er war ihn der Hölle. Er war in Las Vegas. Oder zumindest etwas was Las Vegas nachgebildet war. Überall glitzerte es grell und bunt. Überdichter Verkehr drängte sich auf der Straße und es war laut. Seligpreisungen von Reichtum und Glück klangen hier durcheinander. Überschlungen sich zu einem nicht durchschaubaren Kauderwelsch.

Er fühlte sich träge , schwer und unendlich leer. Von fleischlichem Siechtum durchdrungen. Er sah sich in einer der Fensterscheiben. Auf diesen Anblick fühlte er sich älter als er gestorben war. Mindestens 1000 Jahre.

Die erste Frage die er sich stellte war wie er hier hinein gerannten war. In dieser materialistischen Scheinwelt. Aber man konnte hier bestimmt raus. An einen Ort wo man sich friedlich unter das Schwarz des Nachthimmels legen konnte.

Er stand vor dem grell-leuchtenden Eingangsportal eines großen Hotels. Nicht mehr lange. Da er sich schon im Leben nicht an Spielregeln halten konnte, dann erst recht nicht im Jenseits.

Er ging auf den Parkplatz gegenüber des Hotels ohne zu überlegen auf das erst beste Auto zu. Er schlug mit dem Ellenbogen die Scheibe ein. Dabei spürte er überhaupt keinen Schmerz. Die Scheibe splitterte nicht, sie verschwand als hätte es sie nie gegeben.

Er öffnete die Tür, wendete den Wagen und fuhr los. In seine Richtung begleitete in kein anderer Wagen. Alle fuhren nur hinein, nicht heraus. Entlos war dieser Lindwurm aus Carosserie.

Dennoch gab es hier soetwas wie Zeit nicht. Sie ging nicht voran und stand auch nicht still.

Den ihre cryptische Stimme wurde immer lauter. Lauter und lauter sprach sie es aus. Es gib kein Entrinnen. Die Bilder reihten sich aneinander und wiederholten sich. Obwohl er schnell fuhr bewegte er sich nicht vorwärts. Immer in der Monotonie des grellbunten Lichts das keinen Ausweg für den Blick bot.

Tapfer aber immer verzweifelter kämpfte der Wille. In seinen ersten Leben war es sein stärkster und mächtigster Antrieb. Er hatte in auch hierher gebracht. Er war in seiner gewaltigen Größe der Ausweglosigkeit entgegengetreten und stürmte aus sie los. Doch statt sie zu bezwingen wuchs sie unaufhörlich.

Irgendwann gab der Böse auf und drehte bei. Er blickte nach vorn, in die völlige Leere.
Nachdem er angehalten hatte unternahm er erstmal nichts. Fast katatonisch saß er vor dem Lenkrad und starrte seelenverloren nach vorn. Speichelartig schwappten Werbeslogans , tausendfach gegen seine Scheibe. Das Meiste drang durch und peinigte wie Satyren in seinem Verstand.

Er fühlte sich kraftlos, trieblos.

Nach einer Weile der Unenschlossenheit , Regunglosigkeit stieg er aus dem Wagen.

Auf der anderen Seite der Straße stand das wohl größte Hochhaus dieser Stadt. Es leuchtete wie ein überdimensionaler Leuchtstab. Er blickte nach oben und ihm kam eine Idee.

Er ging in das Foyer des Hotels. Anschließend zum Fahrstuhl. Er saß allein ihn ihm. Dort drückte er auf den Knopf und fuhr auf das oberste Stockwerk.
Es ging sehr rasch und geräuschlos vor sich. Oben angekommen stieg er aus und ging die letzte Treppe hinauf.

Auf dem Dach war ein Schwimmingpool und eine zusätzliche Wohnung. Die Wasseroberfläche spannte sich bewegunglos in dem Becken. Der Böse ging an den Rand des Hochhauses und blickte auf die Ferne.

Die Ferne erstreckte sich nur einige Blocks weiter. Der Böse wahnte sich entsetzt ab.

Er war nur hierher geflüchtet. Ins Jenseits. Um aus der Ausweglosigkeit einen Weg zu finden.

Die Flucht war nun zu Ende.

Er fuhr zurück ins Foyer. Einem riesigen Marmorsaal mit mächtigen Säulen versehen.

Er ging nach draußen, vorbei an den sich drängenden Fahrzeugen. Auf die andere leere Straßenseite.

Er blickte in die Weite in glitzernder Vielfalt erdrückt wurde. Dort am Ende bewegte sich etwas. Hob sich langsam aus der Kitschfäkalie hervor. Es kam näher. Erst war es ein Punkt und dann ein Umriss einer Gestalt. Der Böse blickte ihm entgegen. Die Form der Gestalt wurde deutlicher. Es war ein Mann. Er schleppte sich trunken in Pein nach vorn.

Er war unrasiert und seine Kleider voller roten Sands.

In seinen Augen lag Besessenheit und Angst.

Als er sich dem Bösen näherte, beachtete er in nicht. Er lief mit einem verwirrten Gesichtsausdruck an ihm vorbei.

Der Böse sprang ihn an und ergriff in. Der Ergriffene hatte einen betäubten Gesichtsausdruck. Der Böse hielt in fest als wolle er in aus einem Alptraum herausreißen. Oder in die Realität zurückholen. „WER BIST DU.SAG.AUF:WER BIST DU?“. Der Fremde gab keine Antwort. Er ließ in nach unendlicher langer Beharrlichkeit los und der Fremde taumelte davon.

Der Böse folgte im sofort gleich auf. Er würde in zu einer Antwort führen, wenn er sie nicht erzwingen konnte.

Der Freude taumelte direkt in die Lichthölle eines Casinos. Die Türsteher und Bediensteten erwarteten ihn schon. Durstig und nach Luft schnappend rannter er direkt hinein.

Der Böse folgte ihm hinein.

Drinnen wurde er Beobachter wie sich der Fremde dem Glückspiel zuwandte.

Ohne zu zögern war dieser direkt auf einen Roulettetisch zugegangen. In seinen Augen begann triefende Gier zu schielen.

Gleich hatte er zwei blonde Huren an seiner Seite.

„Sie setzen?“. fragte der Coupie. „Ich setze auf rot, ja auf rot. Rot ist meine Glückszahl. Meine Mutter mochte rot. Genauso wie mein Vater. Rot war unser Wagen. In im fuhren wir jahrelang.Rot war das Kleid meiner ersten , meiner letzten Freundin. Rot war ihr Blüschtier. Rot war mein Lieblingsvogel. Freddy. Ihr Häschen bringt mir auch Erfolg. Ganz bestimmt. Ja ihr tut es“. „Ja“. Die beiden Blondinen kicherten.
„Nichts geht mehr?“. Das Roulette drehte sich, wurde langsamer, die Kugel begann sich ein Platz zu suchen. Sie fand ihn auf rot.

Der Fremde riss in einem Luftsprung den Himmel zu sich. Die Blondinen lachten ausgehüllt. Sie lächelten programmiert.

Der Fremde wagte einen neuen Versuch. Das Roulette drehte sich. Drehte sich langsamer . Blieb stehen . Auf Rot.

Ein neuer Versuch. Er landete auf Rot.

Dritter Versuch. Er landete auf Rot.

Der Fremde wurde reißend nach Reichtum.

Vierter Versuch. Er landete auf rot.

Sein Gesicht nahm groteske Züge an. Die Augen warfen sich nach vorn. Sein Mund verzerrte sich epileptisch.

Nur die Blicke der Blondinnen änderten sich nicht.

Fünfter Versuch. Er landete auf rot.

Der Böse wandte sich ab , den dieser Anblick quälte ihn. Ja er machte ihn rasend.

An der Wand hing ein gewaltiger Vorschlaghammer. Der Böse packte ihn. Er rannte nach draußen. Dort gebärte er sich wie ein Tier. Er stürzte sich auf den ersten Wagen. Als er auf ihn schlug, verschwand dieser auf Berührung. Geräuschlos.

Er wandte sich einer Scheibe zu, dann einem weiteren Wagen, dann einer Reklametafel, dann einer weiteren Scheibe, Schilder ,Lampen und Lichter gingen aus, Menschen die aus dem Hotel ging und an den Casino vorbei gingen, Pagen, Schwerreiche, Leute die berühmt aussahen, Blasse und Gesichtslos, Türsteher und Polizisten verschwanden auf seinen zornigen Einschlagwink . Und alle lächelten in dabei an . Er zerstörte nicht. Er radierte alles aus. Als hätte es sie nie gegeben.

Er riss Lücken aus blassem Licht in die Glitzerfassade. Narben, Risse , aus denen das Nichts herausschien.

Das Bild einer Flamme wollte ihn im Brennen, sie war temperaturlos. Seine Urtriebe blieben in ihrem Wüten stumm . Er schlug um sich, ließ alles verschwinden. Immer weiter schlug er alles weg.

Dann blickte er auf das Nichts. Ein diffuses undurchdringliches Weiß. Eine leere Fläche. Ohne Horizont. Ohne Anfang und ohne Ende.

Nicht fähig zu schreien ging er zurück ins Casino. Dort suchte er die Toilette auf. Dort hörte er ein elendes Weinen. Es kam aus einer der weißen Kapinen. Der Böse ging auf diese Kapine zu und riss die Tür auf.

Dort saß der Fremde ,sein Kopf in den Händen verkrochen. Tränenüberströmt , schluchzend. „Ich war dort. Ich war dort. Ich war dort. Ich war dort. Ich war dort. Ich war dort.“
„Wo?“.
„Ich war dort. Ich war dort!“. „Warum bin ich nur gegangen. Warum bin ich nur gegangen. Ich bin gescheitert. Ich war dort. Ich war dort.
„Wo denn?“.
„Draußen“. „Was ist draußen?“.
Er entgrub sich aus seinen Händen. Seine Augen waren wie ein durch Regen getrübte Quelle.
„Ich weiß es nicht. Ich fand es nicht. Ich war aber so nah!“. „Warum habe ich nur nachgegeben!“.

Eiskalt ließ ihn der Böse in Stich. Das Klagen entfernte sich von ihm, während er auf die Tür der Toilette ging. Seine Worte bibberten immer noch zwischen den schmalen Wänden. Sie verloren immer mehr an Klarheit. Sie wurde immer kleiner und kleiner. „Ich war dort , ich war dort“.

Über dem Casino lag ein Hotel. Dort fuhr der Böse mit dem Fahrstuhl hin. Als er auf einem mittleren Stockwerk angekommen war, ging er in den Flur. Er ging auf eine Tür zu und riss sie auf. Vor im lag ein Zimmer. Es war verlassen.

Er blickte auf eine große Fensterfront. Hinaus in die glitzernde Stadt. Sie war wieder da.




Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Daniel Wehowsky).
Der Beitrag wurde von Daniel Wehowsky auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.12.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Daniel Wehowsky als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Die starken Engel von Peter Kurka



Das Buch handelt von den Alltagssorgen der Kinder. Eine Fee, eine Elfe und die Engel helfen bei der Bewältigung der Probleme. Die Kinder werden im Traum auf magische Sterne geleitet. Auf den Sternen erleben sie fantastische Abenteuer. Sie treffen dort auf lustige Bewohner und einige Tiere. Nach dem Besuch der Traumsterne sind die Kinder wie verwandelt. Sie sind jetzt glücklich und zufrieden. Ihre Probleme sind am nächsten Tag gelöst.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (3)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Horror" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Daniel Wehowsky

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Tritt ein von Daniel Wehowsky (Hoffnung)
Ein ganz normaler Schultag... von Carrie Winter (Horror)
Davids Land von Monika Klemmstein (Abschied)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen