Claus Helge Godbersen

Satan der Weise

(Achtung, bitte: Dieser Text ist nicht durch wissenschaftliches Vorgehen entstanden, sondern durch subjektive Themen- und Tatsachenauswahl. Der Autor erhebt keinen Anspruch auf die Haltbarkeit der formulierten Thesen. Bitte überdenken Sie den Inhalt dieses Textes kritisch. Nicht alles ist ganz ernst gemeint.)


Kapitel 1 – Willkommen und bitte die Füße abtreten
Kapitel 2 – Erbsensuppe vom Präsidenten und Lebensweisheit von Sandy
Kapitel 3 – Stahlgewitter
Kapitel 4 – We’re the LOW ART GLOOMINATI and we aim to depress
Kapitel 5 – Interview mit Dr. Joseph Goebbels
Kapitel 6 – Niemand kriegt hier sein Fett weg
Kapitel 7 – Vorsicht ist besser als null Sicht
Kapitel 8 – Ganz die alte Schule
Kapitel 9 – Frauen dieser Welt...
Kapitel 10 – Und ab dafür

Begriffserklärung


Willkommen und bitte die Füße abtreten

„Das kannst du doch nicht sagen!“, entfuhr es der jungen Frau. Wahrscheinlich rang sie sich dabei ein Grinsen ab – ich erinnere mich nicht mehr so genau – aber es war unüberhörbar, dass sie wirklich empört war. Ich erinnere mich auch nicht mehr, was er so Schlimmes gesagt hatte; aber das ist hier auch unwichtig. Es geht um den Satz „Das kannst du doch nicht sagen!“ Der junge Mann – nein, nicht der Autor – hatte ihn nicht zum ersten Mal gehört und es sollte nicht das letzte Mal bleiben. Mit dieser Einstellung, dass irgendetwas nicht ausgesprochen werden darf, haben vermutlich viele üble Geschichten begonnen: Sexueller Missbrauch, weil man niemandem sagen konnte, dass man auf Kinder steht oder einen Hass auf Frauen hegt und der im stillen gewachsenen Begierden eines Tages nicht mehr Herr wurde. Selbstmord oder quasi-Selbstmord mit Drogen oder Medikamenten, weil niemand hören wollte, dass man lieber Ballet-Tänzer oder Boxerin, Maler oder Zauberkünstlerin geworden wäre anstatt Arzt oder Bürokauffrau. Oder ein Massenmord, weil die Mitschüler, Kollegen oder Nachbarn sich niemals hätten sagen lassen, dass sie alle krank seien und nicht der schweigsame Einzelgänger, der später traurige Berühmtheit erlangen sollte. Das konnte man ja alles nicht sagen!
Der Pakt mit dem Teufel ist ein alte Geschichte: ‘Versprich mir deine Seele und ich gebe dir in dieser Welt Macht und Freude’. Aber das ist ein schlechter Deal, auf den nur gedankenlose Leute wie der olle Faust reinfallen; denn auf einige Jahrzehnte oder vielleicht sogar Jahrhunderte (Auch übernatürliche Fähigkeiten und übermenschlich lange Lebensdauer werden immer wieder gern genommen.) irdischen Schlaraffentums folgt eine Ewigkeit an jenem Ort, wo man sich permanent die Füße verbrennt. Zur Erinnerung: Eine Ewigkeit ist etwa so lange, wie der durchschnittliche Lottospieler auf einen Sechser wartet.
Ist der Pferdefüßige also ein abgewrackter Zocker, der nichts weiter kann, als ein paar leichtsinnige Menschenkinder über den Tisch zu ziehen? Diese Vermutung wäre sehr beruhigend, aber ich fürchte, die Materie ist ein Stückchen komplexer. Der Menschheit geliebter Feind wird schließlich auch von seinen Opfern beeinflusst, wir treten mit ihm in Dialog und sind dabei so inkonsequent wie bei allem: Mal sehen wir ihn als den hässlichen Schrecken und mal als den galanten Verführer. Mal ist er der verhasste Erzfeind unseres Seelenheils, mal der „arme Teufel“, der im Streit mit einem humorlosen Gott stets den Kürzeren zieht und unser Mitleid erregt.
Ich werde mich in diesem Text, der mit dem Teufel eigentlich wenig zu tun hat, an folgender Sichtweise orientieren: Satan ist in erster Linie von uns abhängig; er ist eine Definitionssache, die letztendlich in den Händen jedes Einzelnen liegt. In unserer Gesellschaft herrscht weitgehend der Konsens, „Teufel“ – also „böse“ – sei gleich brutal, faul, unbescheiden und unangepasst. Besonders letzteres finde ich bemerkenswert.
Ein kleiner historischer Schlenker führt einem deutlich die Wurzeln dieser Verdammung von Unangepasstheit vor Augen: Die (katholische) Kirche hat in Religionsfragen anders Denkende meistens auf dem Scheiterhaufen entsorgt oder, wenn die geistlichen Würdenträger mal gute Laune hatten, sie zum Widerruf ihrer Aussagen gezwungen. Und weil damals so ziemlich alle Bereiche des Lebens als Religionsfragen gehandelt wurden, konnte von der Frau, die das Essen mit den falschen Kräutern würzte, bis zum Astronomen, der neue Erkenntnisse über das Universum publik machen wollte, jeder kleine Fauxpas als freche Andersdenkerei, schändliche Ketzerei, teuflische Besessenheit auffliegen und schnurstracks in die läuternden Flammen führen.
Nun ist man heute weder mit dem Urteil so schnell, noch mit der Strafe so hart wie im Spätmittelalter, aber die Theorie ist ähnlich. Viele Dinge werden nur deshalb mehr oder weniger entsetzt abgelehnt, weil sie vom Gewohnten meilenweit entfernt sind. So ist es praktisch unmöglich, sich über gewisse Themen mit „normalen“ Menschen auszutauschen. An genau diesem Punkt kommt Satan ins Spiel und wir fangen einfach schon mal an!


Erbsensuppe vom Präsidenten und Lebensweisheit von Sandy

Überall in unserem schönen Land treffen wir auf Menschen, die es gut mit uns meinen und die wissen, was am besten für uns ist. Eigentlich müsste alles bestens laufen, wo doch an jeder Ecke jemand steht und uns Nachhilfe im Haushalt, im Flirten und in Finanzangelegenheiten geben möchte. Oh, alle meinen es bestimmt ernst, keine Frage! Und wer würde ihnen vorwerfen, dass sie sich ihre Botschaften mit barer Münze bezahlen lassen – schließlich können auch sie nicht nur von Luft und Liebe leben. Nur gibt es da das klitzekleine Problem, unter all den Heilsbringern jene zu finden, die ihr Handwerk verstehen. Ich hoffe, dass ich am rechten Platz bin und nicht, wie so Viele, überflüssiges Zeug rede. Aber immerhin kriege ich (noch) kein Geld dafür, dass ich mich in Ihr Leben einmische – insofern können Sie ganz beruhigt sein, was meine Motivation betrifft.
Bei anderen bin ich leider nicht so sicher. Niemandem, keinem Musikproduzenten, keiner Werbepsychologin, keinem Politiker unterstelle ich Böswilligkeit. Sie sind gleichermaßen von der Angst geplagt, die wir alle kennen. In diesen unsicheren Zeiten will jeder seine Schäfchen ins Trockene bringen, bevor der Pleitegeier, der Fiskus und die Inflation alles aufgefressen haben. Trotzdem ist solches Verhalten schädlich für die Gemeinschaft; Angst gibt niemandem das Recht, seinen Mitbürgern ohne ernsthafte Gegenleistung in die Tasche zu greifen. Aber ich schweife ab, also zurück zu den zweifelhaften, allgegenwärtigen Volksberatern.
Unser Leben ist so komplex geworden, dass kaum jemand noch durchblickt. Nach wie vor gilt eine Vielzahl von Normen und Werten. Doch diese sind nicht mehr so fest wie früher – einige können gedehnt und einige gebrochen werden. Doch gerade diese Möglichkeiten, von denen theoretisch jede Bürgerin und jeder Bürger Gebrauch machen kann ohne ein geschriebenes Gesetz zu brechen, überfordern viele. Die Ehe zum Beispiel hat immer noch einen hohen Stellenwert. Da organisieren ein Mann und eine Frau ein großes Fest, das sie sich kaum leisten können, gehen in die Kirche und schwören vor Gott sich ein Leben lang zu lieben. (Dabei glauben sie wahrscheinlich nicht einmal an diesen schweigsamen, unsichtbaren Gott, aber es gehört sich so und Mama wünscht es sich so sehr.) Nun haben sie einen feierlichen Eid geleistet, aber man kann sich ja mal irren und außerdem haben sie ja nur getan, was der Anstand fordert. Für den UNWAHRSCHEINLICHEN Fall, dass ihre Liebe eines Tages verlöschen sollte, gibt es also die Möglichkeit der Scheidung und nach langen Streitereien und teuren Prozessen können Mann und Frau mitsamt ihrer glücklichen Kinder wieder getrennte Wege gehen. Die hohe Scheidungsrate in Deutschland verdeutlicht, dass die Leute mit diesem Drängen der gesellschaftlichen Werte einerseits und ihrer Flexibilität andererseits nicht zurande kommen. Sexuelle Freizügigkeit ist ein weiteres Beispiel. Zwar bringen die privaten Fernsehsender inzwischen zu jeder Tageszeit mehr entblößten Busen als eine ganze Fußballmannschaft an einem Abend begrapschen könnte, die „Zutritt- nur-ab-18-Jahren“-Abteilungen von Videotheken lassen keine noch so ausgefallenen Wünsche offen, Internet-Service wie gmx verfügen über einen stets aktuellen Erotik-Bereich, aber trotzdem sind die meisten Menschen (auch oder gerade Jugendliche) beim Thema Sexualität fast humorlos. Es darf niemals weiter gehen, als die Mode, diese seltsame, gottgleiche Macht, es vorgibt, und um Situationen, für die es keine vorprogrammierten Sätze oder Verhaltensweisen gibt, wird ein großer Bogen gemacht.
Kaum ein Mensch weiß also noch, was er oder sie wann und wo sagen und tun darf, ohne sich auf irgendwelche vorgelebten und von den Medien bestätigten Schablonen zu berufen. Aber zum Glück kann man sich ja auf die Stimmen aus dem Fernsehen oder die, die noch ins Fernsehen kommen werden, verlassen. Mitunter ist die vierte Staffel der Show „Popstars“ angelaufen. Dort sitzt unter anderem eine weise Frau in der Jury, die entscheidet, wer gute Musik machen kann und wer nicht. Es ist die knapp 25jährige Sandy Mölling, ehemals Mitglied der „No Angels“. Aha! Diese lebenserfahrene Person, die weiß, was langjähriger Erfolg auf den internationalen Musikbühnen bedeutet, die weiß, wie man außergewöhnliche Lieder komponiert und textet, ist nun berufen, die aus den vielen jungen Talenten die große Band der Zukunft zusammenzustellen. Meine Herrschaften, ICH BITTE SIE!!! Die „No Angels“ haben sich drei Jahre, nachdem man sie aus dem Popstar-Labor gelassen hat, wieder aufgelöst. Ihre Texte stammen größtenteils aus den Federn von Songwritern. Ein ex-Mitglied dieser Band soll also den richtigen Riecher für Talente mit viel Potential haben. Man verzeihe mir, wenn ich plump und direkt werde – aber das ist so lächerlich! Ernstzunehmende Bands und Musiker haben drei Jahre oder länger allein mit Proben und kleinen Auftritten in Jugendzentren und ähnlichem verbracht. Die zeitgenössische Musik wird künstlich klein und niveaulos gemacht, wenn Leute wie Sandy M. die neuen Gurus sind. Aber ich vermute ja, dass sie in der „Popstars“-Jury bloß die Frauenquote erfüllt und dem Gerücht entgegenwirken soll, die Bewerberinnen müssten abends in den Betten der Juroren weitertanzen. Wie tief muss man sinken, um sich von so einem Tralala-Prinzesschen sagen zu lassen, ob man das Zeug zum erfolgreichen Musiker hat?! Abgesehen davon, dass ein Vollblut-Künstler sich sowieso von niemandem hereinreden lässt und nur zweitrangig über die Erfolgschancen seiner Werke spekuliert...
Wenn man die deutschen Jugendlichen fragte, würde man wahrscheinlich in etwa folgende Antwort kriegen: Wir sind in guten Händen, weil solche lebenserfahrenen, fürsorglichen Menschen sich um uns kümmern. Wozu brauchen wir noch Eltern, Lehrer oder gar Polti... Ploriti... na ja, diese Leute, die kein Mensch wählt halt. Was wollen die eigentlich von uns, hä? Fossilien aus einer vergangenen Zeit – all diese alten Knacker, die schon längst ins Bett gehören, wissen doch nicht, was heute abgeht. Sie haben Probleme mit dem SMS-Schreiben, beschweren sich ständig über die laute Musik und begreifen nicht einmal die Wichtigkeit von coolen Klamotten. Es ist schon gut, das Bundestagspräsident Horst Köhler in Hamburg Erbsensuppe an Bedürftige verteilt. Da macht er das Richtige, zeigt den ganzen stinkigen Typen mal, was ein schicker Anzug ist und mischt sich nicht in Dinge ein, wo er überflüssig ist. Wir haben doch schon Sandy.


Es klingelt an der Tür. Das wird Satan sein. Ich muss schnell mein Konfirmationskreuz von der Wand nehmen, sonst ist er wieder beleidigt. „Komm rein, lange nicht gesehen!“ Wir machen eine Flasche Whisky auf und ich kann in seinen Augen schon die Vorfreude darauf sehen, wie meine Trinkerseele zur Hölle fährt. (Miss Sandy trinkt nach eigener Aussage übrigens gar keinen Alkohol. Ach, wäre ich doch so gut wie sie.) Wir reden und der Alkohol redet mit: Lästereien über anständige Leute, ständig irgendwelche spöttischen Seitenhiebe. Er kann’s nicht lassen und ich kann mich seinem faulen Zauber nicht entziehen. Aber als Herr der Fliegen sieht und hört er viel; seine interessanten Informationen und erstaunlichen Ansichten sind es wert, seinen dreckigen Humor zu ertragen und mitzumachen.
Nicht mal Witze über den Zweiten Weltkrieg meint er sich verkneifen zu müssen und ich ziehe mit, wie immer. Aber für mich als Hobbyhistoriker ist es natürlich interessant, seinen nonkonformen Kommentaren der Geschehnisse zwischen 39 und 45 zu lauschen. Und er bringt mich da auf eine Idee, eine Metapher: Sie ist zwar abwegig und geschmacklos, aber irgendwie kriege ich das schon hingebogen... hoffe ich.


Stahlgewitter

Mit „Stahlgewitter“ sind (nach Ernst Jünger) die Materialschlachten des Zweiten Weltkriegs gemeint. U-Boote, Panzer, Schlachtschiffe, Bomber, Stalinorgeln und, und, und. Es ist immer wieder makaber, zu sehen, wie Staaten von Kanada über die Kap Verde bis Neukaledonien (bzw. Frankreich) Unsummen in die Rüstung stecken, während im eigenen Land Menschen in quasi-Ruinen leben und ihren mageren Lebensunterhalt mit Prostitution und Drogenhandel bestreiten. Der Preis einer einzigen Boden-Luft Abwehrrakete kann bei einer Million Euro liegen, von dem Flugzeug, das sie zerfetzen soll ganz zu schweigen. Ein Besserverdiener, zum Beispiel Studienrat oder Ärztin, müsste dafür an die dreißig Jahre lang sein Nettogehalt sparen. Wenn man das Militär abschaffen würde, bliebe wahrscheinlich so viel Geld über, dass kein Land der Welt mehr Grund hätte, Krieg zu führen. Aber das ist völlige Utopie, weil es nun mal kein Vertrauen auf Erden gibt.
Ein von der Theorie her ähnliches Bild bietet sich in deutschen Städten. Auch hier toben die Stahlgewitter, liefern die Bürgerinnen und Bürger sich Materialschlachten. Car-Tuning zum Beispiel: Wer hat die fetteste Musikanlage, die geilsten Felgen, das lauteste Endrohr? Da das Gesamterscheinungsbild, die perfekte Symbiose zwischen Auto und Fahrer auch stimmen muss, geht der Krieg weiter: Wer hat die edelste Sonnenbrille und die schärfste Blondine? Bei den Kosten, die dieses Wettrüsten mit sich bringt – auch die Blondine hat aufgrund ständig erforderlicher Einladungen in angesagte Clubs und kostspieliger Geschenke wie Schmuck und Dessous hohe Betriebs- und Wartungskosten – bleibt natürlich wenig Geld und Zeit übrig für geistige Kultur. Wann haben die Speedfreaks zum letzten Mal ein Buch von innen gesehen? Wann fand die letzte Reise statt, die nicht pauschal und somit extrabillig nach Mallorca oder Ibiza ging? DVD-Player und Bier sind schließlich auch Kultur.
Bei Frauen (meiner Generation) wird bekanntermaßen eher mit Kleidung und Kosmetik gekämpft. Das Kriegsziel ist ungefähr so kindisch wie „Lebensraum im Osten“: Beachtung, Aufmerksamkeit. Mit der Emanzipation ist es nicht weit her; die Damen wollen einen Macker, der sich um sie kümmert und ihnen das Gefühl gibt, etwas Besonderes zu sein. Das klingt zynisch, vielleicht auch nach bloßem Neid eines Singles, aber leider scheint es wirklich so zu sein. Selbständige Frauen, die sich über sich selbst und nicht ihr Umfeld und ihren äußeren Wert definieren, sind eine bedrohte Spezies. In der Oberstufe des Gymnasiums wurde schon spekuliert, ob ich vielleicht schwul sei, da ich kein Interesse für die schicken Miezen zeigte. Und wenn ich mit Frauen zu tun hatte, waren es meist solche, die als weder trendy noch herausstechend attraktiv galten. Aber ich erdreiste mich nun mal, auch von der Zeit, die ich mit Frauen verbringe, einen wie auch immer gearteten Gewinn zu erwarten und nicht bloß sich gegenseitig zu versichern wie cool der Film, wie lecker das Essen und wie nervig Schule oder Arbeit wieder war. Zum Abschied noch ein süßes, geschminktes Lächeln, Umarmung und: „Danke für’s Fahren. Bist ein Schatz!“ Ja, bis zum nächsten Mal, wenn wir uns zusammen langweilen.
Ich bin gewissermaßen nur ein Kriegsberichterstatter, der neben dem Schlachtfeld steht, wenn die Männer sich mit ihren fetten Schlitten, ihrer Coolness und in letzter Zeit zunehmend auch Kleidung befetzen und die Frauen sich gegenseitig übertrumpfen mit betörenden Düften, verspielten Stringtangas, engen Jeans, bauchfreien T-Shirts und knappen Blusen, umständlichen Frisuren und Make-up. So wie in der Hölle aus Feuer und Stahl der Soldat nur als Panzerfahrer, Pilot und Bediener von Geschützen etwas zählte, verschwindet der Mensch im Alltag auch völlig hinter seiner Mode-Rüstung. Wenn ein Mensch von Körper und Gesicht her einigermaßen ansehnlich ist, nehmen die Meisten bloß sein Äußeres wahr. Das mag furchtbar abgedroschen klingen – „Unsere Gesellschaft sooo oberflächlich! Unser Zusammenleben ist gefühlskalt. Wir müssen wieder lernen aufeinander zuzugehen.“ Jammer, heul... wie oft haben wir solche Verse schon von irgendwelchen Gurus und Hippies gehört?! Aber was hilft’s, wenn sich offenbar noch immer nichts geändert hat. „Kleider machen Leute“ ist selten wahrer gewesen als zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Eine Mitschülerin soll einmal sinngemäß über mich gesagt haben, ich könne so beliebt und erfolgreich sein, wenn ich nur mal was Vernünftiges anziehen und mich normal benehmen würde. So ist das also: Man kann mich angucken ohne Kopfschmerzen zu kriegen, demnach bin ich tauglich dafür, den normalen Mittelsstandsmenschen zu spielen und mit aufgesetztem Verhalten und herausgeputztem Äußeren eine Braut zu erobern. Mit ihr würde ich ein nettes Häuschen oder eine schicke Wohnung beziehen, abends mit ihr fernsehen, einmal im Jahr in den Süden fliegen und eines Tages würde ich durchdrehen, es würde Tote geben und alle würden die Köpfe schütteln und erzählen, was für ein ruhiger, freundlicher Nachbar ich immer gewesen sei. Niemals hätte man geahnt, das es einmal so endet! Was soll’s – schon hundertmal erlebt und hundertmal verdrängt. Sozialer Kollateralschaden, ein Blitzeinschlag des Stahlgewitters; damit muss man leben.


Mein Lieblings-Gesprächspartner hat mir einen Interview-Partner vorgeschlagen und ich muss dem Gehörnten wieder einmal Respekt zollen: Kaum einem anderen hätte dieser glänzende, wenn auch mehr als makabre Einfall kommen können. Ich werde aber zuerst das nächste Thema besprechen (oder sollte ich „herunterputzen“ sagen?) und danach das Interview wiedergeben. Diese Reihenfolge erscheint mir angebracht, weil die Fragen im Interview sich an der Behandlung des folgenden Themas orientieren.


We’re the LOW ART GLOOMINATI and we aim to depress

Hören Sie bitte auf, sich über diese Überschrift zu wundern. Etwas weniger Seltsames werden Sie in diesem Kapitel nicht zu lesen bekommen; wir betreten jetzt nämlich ein Reich jenseits der Gesetze unserer Welt. An ein paar wenigen Orten kann man, wenn man geschickt ist, durch schwarze Löcher in dieses andere Reich hinübertreten. Wenn man Pech hat, wird man aber auch von einem schwarzen Loch aufgesaugt und steht dann plötzlich unfreiwillig auf der anderen Seite. Mit Vernunft kommt man dort nicht weit und wenn man die Regeln, die dort gelten, nicht kennt und befolgt, kann es einem schlecht ergehen. Und sobald man dort drüben gescheitert ist, kehrt man als Geschändeter, Aussätziger zurück und kann nur noch beten, dass die Welt es eines Tages vergisst und einen wieder aufnimmt.
Die Rede ist von dem Ort, wo jeder Dorftrottel König werden kann; wo Betrug und sittenwidrige Geschäftemacherei an der Tagesordnung sind; wo man sich über Otto Normalverbraucher lustig machen kann und er es nicht einmal merkt; wo jeder, der offen zu seiner Geldgier und Geltungssucht steht, ganz oben auf die Beliebtheitsskala gehievt wird. Was ist das für ein Ort – das finstere Mittelalter? Nein, es ist das deutsche Fernsehen.
Natürlich werde ich diese Anschuldigungen nicht einfach so stehen lassen, sondern sie möglichst objektiv erklären, so schwer mir das auch fallen wird. Gerade habe ich wieder eine knappe halbe Stunde vor der Flimmerkiste verbracht. Eigentlich wollte ich bloß CNN und n-tv sehen, aber wenn dort Werbung oder Wetterbericht kam, habe ich auch mal auf Radio-Television-Luxemburg und andere Private umgeschaltet. Irgendwo lief mal wieder „Big Brother“ und ich schnappte auf, die Insassen... ich meine, die Bewohner... würden nun gleich „Dodgeball“ spielen. „Wunder, was das wohl ist“, dachte ich gespannt, schaltete dann aber doch auf CNN zurück, weil ich mich erinnerte, dass ich einen Bericht über den inner-Nigerianischen Konflikt um Ölquellen sehen wollte. Als der vorbei war, zappte ich wieder herum und erwischte „Big Brother“. Da sah ich Bälle fliegen und Leute auf irgendeinem kleinen Spielfeld herumtoben. „Ach, das ist also Dodgeball“, merkte ich auf und rutschte gespannt im Sessel hoch. Einige Momente später jedoch fiel ich wieder in mir zusammen wie ein Hefeteig, der zu früh und unsanft aus dem Ofen geholt wird: Das war nichts anderes als Völkerball, was die Heinis da veranstalteten. Das haben wir schon in der Grundschule gespielt und spätestens in der siebten Klasse wurde es langweilig! Und jetzt hampelten Erwachsene da rum, bewarfen sich mit Gummibällen wie wir Dreikäsehochs damals und das sollte Einschaltquoten bringen??? Natürlich hatte man dieses Event entsprechend hergerichtet: Im Hintergrund lief ein zeitgemäßes Musikstück (das, wenn ich mich recht entsinne, auf MTV und Viva nicht hatte Fuß fassen können), neben dem Spielfeld tanzten ein paar Cheerleader (die den Eindruck machten, für ein US-Highschool-Team etwas lahm zu sein) und die Spielerinnen und Spieler waren in Mannschafts-Uniformen gesteckt und mit Knieschützern ausstaffiert – obwohl sie auf Sand spielten. (Wir 10jährigen haben damals auf Hallenboden und ohne Knieschützer gespielt.) Ein Kommentator hielt den Zuschauer jederzeit auf dem Laufenden, falls dieser auf dem höchstens vier mal acht Meter großen Feld den Überblick verloren haben sollte. Aber all die Raffinessen konnten über eine Sache nicht hinwegtäuschen: Die Damen und Herren spielten Völkerball, wenn auch leicht abgewandelt. In der Schule wurde dieses Spiel eingestellt, weil wir heranwachsenden Schüler es irgendwann für zu uncool und die Lehrer für zu einfach hielten.
Nachdem ich dieses Beispiel für anspruchsvolles Nachmittagsprogramm etwa fünf Minuten lang verfolgt hatte, konnte nur die Tatsache, dass im Videorecorder ein Metallica-Konzertmitschnitt steckte, der Fernbedienung das Leben retten. Nach einigen Minuten „Am I evil? Yes, I am!“-Gebrüll war ich vom Hass-Trip heruntergekommen.
So oder so ähnlich ergeht es mir fast täglich, wenn ich mit hohen Ambitionen die Glotze aktiviere. Natürlich gibt es ein paar interessante und lehrreiche Programme, aber das sind fast durchweg die öffentlich-rechtlichen, die nur bedingt von Werbeeinnahmen abhängig sind. Die privaten Sender, die von der Reklame leben, bedienen gnaden- und gewissenlos die niedrigsten Bedürfnisse der durchschnittlichen Zuschauer(innen) nach seichter Ablenkung vom Alltag. Ich will nicht leugnen, dass auch ich dieses Bedürfnis kenne. Wie leicht ist es, vor „Richterin Barbara Salesch“ hängen zu bleiben, sich von diesen künstlich dramatisierten Geschichten mitreißen zu lassen und sich auch noch besonders schlau vorzukommen, wenn man über die schlechten Schauspieler spottet. Aber danach ist das Wetter draußen immer noch so grau, das Leben immer noch so ungerecht und die Welt immer noch so schwer zu verstehen wie vorher; daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Frau Salesch ihren Kinderschänder erfolgreich überführt und verknackt hat.
Zurück zu meinen Vorwürfen gegen das Fernsehen, die ich nun, trotz meiner persönlichen Abneigungen, sachlich zu erklären versuchen werde. Ich habe geschrieben, jeder Dorftrottel könne beim Fernsehen König werden. Natürlich hat dieser Umstand die gute Seite, dass jede(r) unabhängig von Herkunft und Bildung eine Chance erhält. Der negative und, so wie ich es wahrnehme, stärker vertretene Aspekt ist jedoch, dass alle möglichen stinknormalen Leute, die überhaupt nichts Besonderes zu bieten haben, vor die Kamera kommen. Der Sinn und Zweck dieses Trends ist es wahrscheinlich, dem Publikum zu suggerieren, jeder könne es ohne größeren Aufwand ins Rampenlicht schaffen, um reich und beliebt zu werden. Die Zuschauer sollen sich offenbar solidarisch mit den neuen Fernseh-„Stars“ fühlen, in der Gewissheit, dass auch sie es eines Tages auf die andere Seite der Mattscheibe schaffen könnten. Dank zahlloser Talk-, Casting-, Dating-, Renovier-, Psychiater- und Autoaufmotzshows ist dieser Traum ja auch nicht all zu fern. Die nachmittägliche Unterhaltung besteht weitgehend aus Menschen, die sich ausheulen, gegenseitig beschimpfen, ihren übergewichtigen Körper entweder stolz oder verschämt vorführen, ihr (fehlendes) Gesangstalent unter Beweis stellen oder sonst ein Alltagsproblem zum Entertainment-Spektakel auswalzen. Neulich schaltete ich RTL, Sat1 und Pro7 nacheinander durch und folgendes Schauspiel bot sich mir: Auf dem ersten Sender brachte eine Frau unter Tränen hervor: „Er hat nicht um mich gekämpft.“ Dann kam eine Frau, die ebenfalls nahe daran war, ihre Fassung zu verlieren und rief aus: „Ich bin verheiratet, ich hab ’ne Familie. Willst du das alles kaputtmachen?“ Der dritte Sender schließlich zeigte eine Frau, der es entnervt entfuhr: „Ich hab die ganzen Jahre diese Scheiße mitgemacht!“. Und das alles innerhalb von Sekunden! Welch ein herrliches und unfreiwillig komisches Beispiel dafür, wie die Unterhaltungssendungen auf der ganzen Breite drauf und dran sind, auch noch den letzten Rest Qualität zu verlieren und die Programmdirektoren offenbar jegliche Selbstachtung in die Abstellkammer gepackt haben, damit das Raumpflegepersonal sich damit herumärgern kann. Diese Art die Sendezeit zu füllen, hat einen großen Vorteil: Sie ist einfach und billig. Man braucht keine ausgebildeten, gutbezahlten Schauspieler, sondern nimmt dahergelaufene Bürger, die froh und dankbar sind, ihr persönliches Drama über den Äther verbreiten zu dürfen. Man braucht auch nicht mit jedem Akteur zu proben, sondern man lässt einfach die Hardcore-Lesbe Sarah und den konservativen Macho Marco von der Leine. Zusammen mit dem Saalpublikum, das vor der Sendung von einem Anheizer scharf wie Kampfhunde gemacht wurde, ergibt das eine so explosive Mischung, dass früher oder später die Fetzen fliegen – und wenn es von selbst nicht schnell genug gehen sollte, bohrt die rührend engagierte Moderatorin bei den Gästen da, wo es wehtut, ein bisschen nach.
Tut mir leid, aber bei allem Verständnis für den Traum der deutschen Fernsehkonsumenten, auch einmal fünf Minuten Ruhm zu erleben, finde ich diese Form des Fernsehens grottenschlecht. Ich will keine Typen im TV sehen, die in mir bloß den Gedanken „Hey, das könnte ich sein!“ wecken. Ich will Leute sehen, von denen ich etwas lernen kann, die mich auf konstruktive Gedanken bringen, auf die ich von alleine nicht kommen würde. Ich will von der Zeit, die ich mit großen Augen, die Fernbedienung verkrampft in der Hand und passiv Bier und Chips vertilgend verbringe, doch auch irgendetwas haben – außer Kopfschmerzen.
Befassen wir uns mit dem nächsten Vorwurf, Betrug und sittenwidrige Geschäftemacherei sei an der Tagesordnung. Zuerst mal geht es „nur“ um Betrug was den Charakter einer Sendung angeht. Nehmen wir die offenbar beliebte Pro7-„Reality Soap“ (oder wie auch immer die korrekte Typenbezeichnung lautet) „Die Abschlussklasse“: Es wird so dargestellt, als seien alle Geschehnisse von Schülern in der Schule und im Privaten selbst und spontan mit der Kamera festgehalten und nichts sei gestellt. Letztes Jahr wollten sie gefilmt haben, wie ein Schüler eine Lehrerin erpresste und so vorzeitig an wichtige Klausuraufgaben herankam. Natürlich hatte der Betroffene seine Mitschüler vorher in Kenntnis gesetzt, damit sie mit der Kamera dabei sein konnten, wie? Ein so schwerwiegender Gesetzesbruch hätte für ihn und die Lehrerin härteste Konsequenzen gehabt, aber ihm wahr daran gelegen, dass alles ins Fernsehen kommt? Nee, nee, schon klar! Mindestens einmal waren auch Drogenkonsum und die Folgen auf Band festgehalten und ausgestrahlt worden. Des Weiteren hatten die Abiturienten ihren Hausmeister per Kamera in irgendwelchen intimen Situation bespannt. Aber keine juristischen Konsequenzen für die jungen Regisseure, warum auch. Alles zu hundert Prozent echt, versteht sich. Nix getürkt, nix gegriecht – alles konkreeder Reality-Stuff, Mann! In einem Internetforum tauchte sogar eine angebliche Stellungnahme der Akteure von „Abschlussklasse 2003“ auf, in der klipp und klar gesagt wurde, dass es sich bei dieser Serie um einen künstlichen, überspitzt dargestellte Schulalltag handle und die Schauspieler(innen) ihr Abitur alle schon in der Tasche hätten. Natürlich lässt sich die Authentizität solcher Quellen gerade im Internet schwer überprüfen, aber für mich persönlich ist eines jetzt so gut wie klar: Die AK ist bloß ein Affentheater (Tut mir leid, Affen. Ihr habt diese Beleidigung nicht verdient.), in dem die jugendlichen Zuschauer sich selbst erkennen sollen, nur noch ein bisschen mehr hip und sexy als in Wirklichkeit.
Mit der MTV-Show „Room Raiders“ verhält es sich ähnlich. Thema: Ein Single durchwühlt die Wohnungen oder Zimmer dreier Singles des anderen Geschlechts. Dabei wird die Person von einer Kamera begleitet, die das Geschehen wiederum live zu den drei Bewerber(inne)n überträgt. Dann muss er oder sie entscheiden, den Bewohner welches Zimmers er oder sie kennenlernen möchte. Der Verlauf dieses Auswahlverfahrens wird so dargestellt, als würden die drei Kandidat(inn)en vom Kamerateam zu Hause (ohne vorherige Ankündigung) nach schönster Gestapo-Manier überfallen, aus dem Haus gezerrt und in einen Aufnahmewagen gestopft, wo sie dann miterleben können, wie ihre Behausungen, die sie nicht mehr von kompromittierendem Material wie Volksmusik oder Sexspielzeug bereinigen konnten, unter die Lupe genommen werden. Abgesehen davon, dass der Termin irgendwie abgesprochen sein muss, damit die Betreffenden überhaupt zu Hause sind, ist das ganze extrem unglaubwürdig, da in einigen Fällen die Kandidaten bei ihren Eltern wohnen und diese scheinbar nie etwas dagegen haben, dass ein Haufen fremder Leute mit Kameras unangekündigt durch ihr Haus poltert. Aber gut...
Andere Sendungen wie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ (GZSZ) geben zwar nicht vor, reale Ereignisse darzustellen, aber Betrug sind sie gleichermaßen – und zwar deshalb, weil sie einem immer jüngeren Publikum völlig falsche Vorstellungen vom Leben vermitteln. Ein normales Leben führt keine der Seifenoper-Figuren; jede ist in ein Liebesabenteuer oder ein Verbrechen verwickelt, kämpft mit einer gefährlichen Krankheit, arbeitet in irgendeinem Trendberuf, beginnt eine Künstlerkarriere, oder, oder... oder aber die Handlung ist so banal und alltäglich, dass sie keinen Deut aufregender sein kann als das eigene Leben der Zuschauer. Diese Verzerrung der Vorstellungen junger Zuschauer(innen) wird dadurch auf die Spitze getrieben, dass die Grenzen zwischen Fiktion und Wahrheit auch hier verwischt werden. Jeanette Biedermann hat ihre Karriere von der „Schauspielerin“ zur Sängerin umgelenkt. Und als sie schon in der Musik-Branche tätig war, trat sie noch bei GZSZ auf – zum Teil auch als Sängerin. Den unbewussten, verwirrenden Einfluss, den das auf ein dreizehnjähriges Gemüt ausüben kann, sollte man, glaube ich, nicht unterschätzen. Zwar ist das meine Meinung und ich würde es hier so oder so schreiben, aber warum sollte ich verschweigen, dass eine wöchentliche Illustrierte vor vielleicht gut einem Jahr Ähnliches geschrieben hat – es müsste die „TV Hören und Sehen“ gewesen sein, wenn ich mich nicht alles täuscht. Allerdings muss ich gestehen, dass ich normalerweise nicht viel auf diese Programmzeitschriften gebe.
Soviel zum Betrug, fahrlässig oder gezielt. Und die sittenwidrigen Geschäfte? Da muss ich mich wirklich zurückhalten und aufs Wesentliche beschränken; denn sonst könnte man eine gewaltige Breitseite auf die gesamte Wirtschaft, die sich des Instrumentes Fernsehwerbung bedient, abfeuern. Aber da ich nicht an einem inzwischen leider wesentlichen Element unserer Volkswirtschaft nagen will, werde ich mich auf den Kern des Übels konzentrieren: Handy-Werbung. Nein, genauer: Werbung für Handy-Klingeltöne, -Spiele, -Display-Hintergrundbilder, -Liebesgedichte und anderer mehr oder weniger überflüssiger Tand. AUSNAHMSLOS alle Leute, die ich persönlich kenne, fühlen sich von dieser Art Reklame mehr als gestört. Aber an einigen Tatsachen lässt sich auch erkennen, dass hier wieder ein sehr junges Publikum angesprochen werden soll: Diese Handy-Werbung läuft vornehmlich auf den Musiksendern oder auf anderen Programmen vornehmlich während Sendungen, die hauptsächlich auf Schüler gemünzt sind. Die Weise, wie die Werbebotschaft vermittelt wird, ist überaus hektisch, bunt, platt und penetrant, so dass sie kaum Chancen bei anderen hat, als bei psychisch weniger widerstandsfähigen Jugendlichen, für die Reizüberflutung schon fast eine Selbstverständlichkeit ist. Diese Werbespots sind außerdem Paradebeispiele für die Anwendung des sprichwörtlichen „Kleingedruckten“; selbiges – Preise, Vertragsbedingungen, Kündigung etc. – ist im unteren Bildschirmbereich aufgelistet und selbst bei geringem Abstand zum Bildschirm nur schwer zu entziffern, was durch die Kürze der Spots und die extreme visuelle Ablenkung natürlich zusätzlich erschwert wird. Überdeutlich wird hingegen gesagt, dass man nur Stichwort X per SMS an die Nummer Y schicken muss, um ein echt geiles Monatsabo auf dem Hals zu haben. Wie man es wieder los wird ist eine andere Frage und wird lieber nicht so laut verkündet.
Und jetzt sage ich auch, warum das meiner Meinung nach sittenwidrige Geschäftemacherei ist: Paragraph 138, Absatz I des Bürgerlichen Gesetzbuches besagt: „Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.“ Dieses Gesetz wird in Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Auflage, § 138 Randnummer 24 folgendermaßen kommentiert: „... §138 I hat die Funktion, den Schwächeren g[e]g[en] wirtschaftl[iche] u[nd] intellektuelle Übermacht zu schützen...“ Wer hat nun die intellektuelle Übermacht? Die erfahrenen Marketingstrategen und Werbepsychologen oder die 12- bis 16jährigen, die mit SMS-Nachrichten Schulden anhäufen und jeden Modetrend begierig mitmachen, selbst wenn sie sich noch vor einem Jahr dafür geschämt hätten? (Letzteres habe ich am Beispiel der Schlaghosen ohne Übertreibung so erlebt.) Ein Furz oder eine lustvoll stöhnende Frau als Klingelton, nackte Brüste mit dem schwarzen Zensurbalken als Hintergrund oder Jump’n’Run-Spiele in 386er-Qualität werden da feilgeboten – ich lach mich tot, haha, wie lustig! Und die Teenies schlagen begeistert zu. Da soll mir mal einer erzählen, bei diesen Geschäften würden die Anbieter nicht ihre intellektuelle Übermacht ausnutzen, um Leuten überflüssige Sachen anzudrehen. Sperrt sie alle ein, das Pack!!!
Nächstes Thema: Man kann sich über die Zuschauer lustig machen, ohne das diese es bemerken. Bestes Beispiel ist das auf den Musiksendern eine Weile oft gespielte Lied „Fuck you all“ von einem Herrn, der sich „Melendiz“ nennt. In diesem Lied macht er sich über genau die durchschnittlichen jugendlichen Mode-Majoretten und Popmusik-Konsumenten lustig und ruft ihnen im Refrain zu „Fuck you all, you little asses! Fuck you all, you make me sick!“ (Fickt euch alle, ihr kleinen Ärsche. Fickt euch alle, ihr macht mich krank!) Trotzdem erfreute sich das Lied einer erheblichen Beliebtheit. Kennt ihr noch dieses Wort, dass sich auf „Holz“ reimt und soviel wie „Ehre“ und „Selbstachtung“ heißt, liebe Halbstarke? Oder hört ihr einfach nicht hin was die Leute singen?
Zu guter Letzt – was habe ich da von mir gegeben? Diejenigen, die aus ihrer Geldgier und Geltungssucht keinen Hehl machten, seien die Beliebtesten in der TV-Halbwelt? Okay, vielleicht etwas krass ausgedrückt, aber die Theorie ist jedenfalls so. Junge Sternchen aus Big Brother und ähnlichen Formaten sprechen schlicht davon, sie wollten berühmt werden. Sie haben keine Ziele, wie zum Beispiel gute Reporter zu werden und der Wahrheit zu dienen oder gute Schauspieler zu werden und die Leute gepflegt zu unterhalten. Es gibt jetzt einen neuen Beruf: den des Klatschobjekts. Neulich war Kader Loth, die an Brust und Lippen heftig aufgemotzte Gewinnerin der Reality-Show „Die Alm“, mit einer Bekannten im Fernsehen. Sie kauften gemeinsam Klamotten ein und sprachen darüber, wie die Bekannte es auch im Fernsehen irgendwie zu etwas bringen wollte – kein Wort über ihre Qualifikationen, nur, dass sie sich auch die Brust habe nachrüsten lassen. Schließlich kam auf der Straße (wie gerufen) ein Mädchen angedackelt und bat Kader um ein Autogramm. Dann stand sie noch ein bisschen mit vor der Kamera herum. Auf die Frage, was ihr an Kader Loth gefalle, stammelte sie etwas von „wie sie ist“, „Aussehen“ und so weiter und Frau Loth fiel auch nichts weiter ein, was sie ihrer jungen Verehrerin sagen könnte. Meine Fresse, wenn ich von jemandem ein Autogramm wollte, dann müsste es einen besseren Grund dafür geben, als dass die Person äußerlich attraktiv und seit geraumer Zeit auf den Fernsehschirmen präsent ist! Wenn ich Peter Scholl-Latour, Michael Moore oder Richard Quest von CNN träfe, würde ich sie fragen, ob sie mir einen Tip geben oder vielleicht gar einen Praktikumsplatz für meine journalistischen Berufspläne vermitteln können. Träfe ich ein Mitglied einer meiner Lieblings-Rockbands, dann wüsste ich gar nicht, was ich zuerst fragen sollte. Abgesehen davon sind eine Menge Leute, die ich gerne treffen würde, leider schon lange tot. Weiter im Text: Boris Becker stellte vor einigen Jahren stolz seine neuen Schweizer Büroräume im Fernsehen vor und schwärmte, dass dieser Umzug zwar teuer sei, sich dank der Steuerersparnisse, die er gegenüber Deutschland in der Schweiz verbuche, trotzdem lohnen würde. Was ihn nicht daran hindert, weiterhin die deutsche Klatschpresse mit seinem treudoofen (Sorry, wieder so ein unqualifizierter Seitenhieb...) Blick zu erfreuen und hierzulande an Glamour-Veranstaltungen teilzunehmen, wie am 1. Oktober 2004 in Ahlen an der Geburtstagsfeier des Parfüm-Fabrikanten Helmut Spikker. Ach ja, wie freuen wir uns doch, wenn es unserem Boris-Bärchen besser geht! Und wer wären wir, wenn wir da auch nur einen Gedanken an das schnöde Geld, dass uns durch die Lappen geht, verschwendeten?! Natürlich gibt es noch viel mehr so bewundernswerte Menschen, Reiche und Schöne, die mit Hilfe von Fernseh-Werbeverträgen so eine Aura des weltläufigen, philanthropischen nach Deutschland hineintragen. Zum Glück zahlen sie ihre Steuern im Ausland – so wird ihr großer, humanistischer Geist nicht vom Schmutz der niederen Finanzangelegenheiten verunreinigt und wir können ihn ungetrübt genießen. Außerdem würden unsere Politiker das Geld ja doch nur für so spießige Sachen wie Schulen und öffentliche Schwimmbäder verpulvern.
Nun habe ich Ihre Geduld wohl genug mit meiner Kritik am Fernsehen strapaziert. Falls Sie sich noch an die komische Überschrift dieses Kapitels erinnern... sie stammt aus dem Marilyn-Manson-Lied „The Golden Age of Grotesque“, zu finden auf der gleichnamigen CD. Ich interpretiere dieses Lied als eine Parodie auf eben jene Phänomene des modernen Medienzirkus’, die ich bis hier beschrieben habe. Die „LOW ART GLOOMINATI“ sind meiner Meinung nach die Fernseh- und Popmusikmagnaten, die all diese anspruchslose, einlullende Unterhaltung produzieren; „low art“ – niedrige, billige Kunst also. „Gloominati“ muss wohl ein Wortspiel sein, eine Kombination aus „gloomy“, was soviel wie „unheimlich“, „düster“ heißt, und „Illuminati“, die ewig freimauernde, weltverschwörende Geheimgesellschaft, über deren Existenz man noch schöner spekulieren kann als über die Zutaten von Coca Cola. „And we aim to depress“ – wir haben vor, traurig, reglos zu machen. Also, einmal komplett: „Wir sind die BILLIGE KUNST VERSCHWÖRER und wir wollen euch gefügig machen, damit ihr all den Quatsch, den wir euch täglich vorsetzen, kauft und es für das tollste der Welt haltet.“ So sieht Herr Manson, wenn ich mich nicht irre, die Verantwortlichen im Goldenen Zeitalter der Groteske und so sehe ich es jeden Tag im Fernsehen.
(Zwei Dinge seien, der Fairness halber, noch nachgereicht: Natürlich habe ich, um meine Vorwürfe an das Fernsehen wirklich sachlich zu erklären, zu wenige Beispiele genannt. Aber wenn Sie meiner Meinung sind, kennen Sie wahrscheinlich selbst genug Beispiele. Sollten Sie meine Meinung nicht teilen, könnte es sein, dass Sie etwas bewusster, aufmerksamer televisionieren sollten. Oder Sie sehen einfach nicht genug fern. Schalten Sie ihn an! DAS IST EIN BEFEHL!!
Außerdem gibt es genug Beiträge, die wirklich gut sind. Man nehme verschiedenste Reportagen auf den Nachrichtensendern, man nehme die kulturellen oder historischen Sendungen der Öffentlich-Rechtlichen, ja, man nehme vielleicht sogar „Galileo“ und „Welt der Wunder“ auf Pro7. Nur scheint es mir, dass der negative Einfluss des allgegenwärtigen Telemülls schwerwiegender ist als die Verdienste der Bildungs-Sendungen.)


Interview mit Dr. Joseph Goebbels

Und wie komme ich, beziehungsweise kam Satan jetzt auf ein Interview mit Goebbels? Und das zum Thema Fernsehen? Ganz einfach, Goebbels war Propagandaminister im Dritten Reich, und zu einem mächtigen Propaganda-Apparat in eigener Sache scheint mir das heutige deutsche Privatfernsehen auch geworden zu sein. Das seit Jahren erfolgreiche Magazin „taff“ auf Pro7 widmet inzwischen einen Großteil seiner Sendezeit der Werbung für Serien, die auf Pro7 laufen. Die soundsovielte Einkaufs-Reportage (Können Passanten Markenkleidung und no-name-Produkte unterscheiden? Wie finde ich die richtige Körbchengröße? Welcher Modeschuh passt zu welchem Typ Frau? Welche Farben sind diesen Herbst angesagt?) wird mit der Werbung für „Sex and the City“ gekoppelt, regelmäßig gibt es kurze Einblicke in die Geschehnisse bei „Popstars“, dann wird noch mal kurz zu Stefan Raab geschaltet, der erzählen darf, was demnächst bei „TV Total“ abgeht. Als „Mission Germany“ lief, wurde ein ausgeschiedener Mitspieler bei „taff“ interviewt und „Arabella“ lud sich Mitglieder der „Abschlussklasse“ ein. Da wurden diese putativen Helden wie Politiker oder Filmstars behandelt und durften wichtigtuerisch über banalste Dinge schwadronieren. Zumindest für den wichtigen Trend-Sender Pro7 und zu einem gewissen Grad auch für Sat1 gilt: Der Sender propagiert sich selbst; das Programm selbst wird immer mehr zum Objekt von Interesse. Hier ist Fernsehen kein Medium mehr, sondern ein eigenes Biotop, eine geschlossene Informationskette, die nicht von außen gestört werden will – und von der so gefüllten Sendezeit hat man als Zuschauer nichts, aber auch rein gar nichts. Fernsehen zum Selbstzweck, das sich selbst inszeniert wie die totalitären Regime der DDR oder des Dritten Reiches. Also fragen wir doch einen Fachmann:

Herr Dr. Goebbels, Sie waren Propagandaminister der NSDAP und dafür zuständig, Medien wie Rundfunk, Presse und Kino im Interesse von Hitlers System einzusetzen. Aber warum sind Sie noch heute, um die fünfzig Jahre später, eine selbst vom Teufel persönlich empfohlene Koryphäe?

Goebbels: „Unsere Propaganda wird nicht nur von der deutschen, sondern auch von der internationalen Presse als vorbildlich und nie dagewesen anerkannt. Wir haben uns in den vergangenen Wahlkämpfen so umfassende Kenntnisse auf diesem Gebiet angeeignet, daß wir schon vermöge unserer Routine unschwer über alle Gegner triumphieren können. Die sind ohnehin so verschüchtert, daß sie kaum Laut geben.“

Nun, das war damals. Wie beurteilen Sie die heutigen Anstrengungen des Fernsehens, ein bestimmender Teil des Alltagslebens zu werden?

Goebbels: „Das hat Kraft und haut hin. Ganz Deutschland wird Kopf stehen. Massen in sinnlosem Taumel. So muß das bleiben.“

Aber wie kommt es, dass die offensichtlich ausschließlich am Profit orientierten Hintermänner der Privatsender mit hundertfach kopierten und wiederholten Konzepten soviel Erfolg beim Zuschauer haben?

Goebbels: „Wir wenden alle Mittel an. Geld haben wir, der Rundfunk gehört uns.“

Der Zweck heiligt also die Mittel, verstehe ich das richtig? Nun läuft ja auf Pro7 die vierte Staffel von „Popstars“, die Bewerberzahl spricht eine deutliche Sprache und es wird mit Worten wie „Noch härter, noch emotionaler“ und „Unsere Jury kennt keine Gnade“ geworben. Es ist ganz offensichtlich, dass die Musik nicht im Vordergrund steht. Was bedeutet diese Entwicklung für Sie?

Goebbels: „Ich alarmiere gleich den ganzen Propagandaapparat [...]. Jetzt werden wir auf Höchsttouren aufdrehen. Wenn keine außergewöhnliche Panne mehr unterläuft, dann haben wir bereits auf der ganzen Linie gewonnen.“

Sie scheinen zuversichtlich zu sein, dass die Deutschen, die heutzutage praktisch alle Fernsehzuschauerinnen und –zuschauer sind, sich unkritisch dem Trend des passiven Unterhaltenwerdens fügen werden. Ist das wirklich so schon sicher?

Goebbels: „Man sieht nur Kopf an Kopf die grauen Massen stehen.“

Und was ist mit Kritikern dieser Entwicklung, wie den Rappern „Die Fantastischen Vier“ oder Richard Kruspe-Bernstein von „Rammstein“? Und dann gibt es nach wie vor Kabarettisten, die genau die seichte Popmusik- und Seifenoper-Unterhaltung aufs Korn nehmen. Tun Sie dagegen etwas?

Goebbels: „Ich schaue in den Mond. Das ist so deprimierend. Ich mag garnicht mehr daran denken.“

Das kann ich mir lebhaft vorstellen, aber unternehmen Sie auch etwas, oder sind Sie in dieser Hinsicht machtlos?

Goebbels: „... in der Nacht [...] lasse ich gleich die verantwortlichen Herren vom Rundfunk im Hotel antanzen und geige ihnen die Meinung in einer Art und Weise, daß ihnen Hören und Sehen vergeht. Gleich am anderen Tage sollen zwei von ihnen telegraphisch ihres Amtes enthoben werden. Jetzt wird den anderen wohl die Lust vergehen, uns durch Sabotage zu stören. Es scheint sich im übrigen in Deutschland noch nicht herumgesprochen zu haben, daß eine Revolution im Gange ist. Man hat unsere anfängliche Duldsamkeit als Schwäche ausgelegt und glaubt, uns auf der Nase herumtanzen zu können. Man wird sich auf das grausamste getäuscht sehen.“

Deutliche Worte, Herr Dr. Goebbels. Erst vor wenigen Tagen sah ich auf Bayern alpha einen älteren Herrn, welcher mindestens eine Viertelstunde damit zubrachte, die griechische Sage von Perseus und der Medusa zu erzählen. Dabei wurden keinerlei Illustrationen, Animationen oder Ähnliches verwendet. Was würden Sie diesem Herrn sagen?

Goebbels: „Nun schieb ab, mein guter Alter! [...] Gleichschaltung auch auf diesem Gebiet. Es wird vielleicht ein paar Tage Krach geben, aber dann gehören sie uns. Man darf hier keine Rücksicht mehr nehmen.“

Bei dem Wort „Alter“ fällt mir ein, dass Sie und ihre Parteigenossen im nationalsozialistischen Deutschland doch einen Jugend- und Schönheitskult aufgebaut haben. Alles und jeder sollte schön, stark und gesund sein. Wenn man den Schwerpunkt sieht, den die Medien auf gutes, jugendliches Aussehen setzen, ließe sich darüber spekulieren, ob die Geschichte dabei ist, sich diesbezüglich zu wiederholen. Können Sie sich das erklären?

Goebbels: „Das Publikum hat sich überall solidarisch erklärt. Es herrscht eine musterhafte Disziplin. Ein imponierendes Schauspiel.“

Herr Dr. Goebbels, ich danke Ihnen für dieses Gespräch. Möchten Sie abschließend noch etwas sagen?

Goebbels: „Wir sind die Herren von Deutschland.“

(Die Fragen stellte der Autor, die Antworten sind entnommen aus: Joseph Goebbels, „Tagebücher“, Hrsg. Ralf Georg Reuth, München 1992)


Satan fängt eine Wespe und verbrennt sie konzentriert in der Kerzenflamme. Auf meine Einwände hin fängt er an herzhaft zu kichern; so ähnlich müssen die NPD- und DVU-Leute nach den Landtagswahlen 2004 in Brandenburg und Sachsen gekichert haben. Manchmal möchte ich diesen ewigen Neinsager mit einem Fußtritt aus der Tür befördern, aber dann hätte ich nichts darüber erfahren, wie es ist, gefesselt und mit verbundenen Augen im Bett zu liegen – nicht allein, versteht sich. Oder neulich – und das führt mich zum nächsten Thema – standen wir spät abends verbotenerweise mit dem Auto in der Fußgängerzone vor einem Fast-Food-Restaurant, er verzehrte Kartoffelrösti mit Chicken Nuggets und wir unterhielten uns über die Denk- und Handlungsmuster der Menschen. Plötzlich fragte er, wie weit man tagsüber wohl mit dem Auto durch diese Fußgängerzone käme. Was ich nicht sofort verstand, war: Er fragte sich (und mich), wie lange man mit hoher Geschwindigkeit durch die Menschenmenge fahren könnte, bis die Toten und Verletzten einem den Weg versperren oder das Auto „verstopfen“ würden. Ich antwortete irritiert, darüber hätte ich noch nicht nachgedacht.
Das war nur ein weiteres Beispiel für den Beigeschmack, den die so fruchtbaren Gespräche mit dem Fürsten der Finsternis oft haben. Das Sujet, auf das ich hinaus will, kommt jetzt.


Niemand kriegt hier sein Fett weg

Wollen Sie mich für meine Arbeit persönlich loben? Oder wollen Sie mir persönlich sagen, dass ich endlich aufhören soll, meine Nase in anderer Leute Angelegenheiten zu stecken? Wenn Sie in einem Reformhaus einen Typ mit Onkelz- oder Metallica-T-Shirt sehen, haben Sie mich wahrscheinlich gefunden. Ich bin nämlich ein Freund gesunder Ernährung, abgesehen von Kaffee am Morgen und gelegentlich Alkohol am Abend.
Ist damit die Stoßrichtung schon ersichtlich? Nieder mit McDonald’s, zur Hölle mit Burger King und in den Staub mit all ihren Artgenossen! Gutgutgut, ich werde mich mäßigen, versprochen. Aber nett wird’s trotzdem nicht... wie immer. Schließlich sehe ich auch hier massiven Missbrauch von geistigem Einfluss, den man besser heute als morgen eliminieren sollte. Wenn ich schon an diese Werbe-Slogans denke... an „McDonald’s ist einfach gut“ hatte man sich im Laufe der Jahre wohl gewöhnt, aber das neue „Ich liebe es“ ist schlicht die Krönung, finde ich. Sowas von billig, unpassend und theatralisch – da fällt mir nichts mehr ein. Man liebt einen Menschen, vielleicht auch ein Tier oder man liebt eine Tätigkeit wie Malen, Musizieren oder Segeln, aber bei aller Liebe doch keine Fast-Food-Kette! WO SIND WIR DENN?! Den neuen Slogan von Burger King „Feel the fire“ finde ich zwar weniger aufdringlich, aber ähnlich geistlos. Welches Feuer soll ich denn bitte fühlen? Das materielle; den heißen Grillrost, auf dem die Frikadellen schmoren? Nein danke, ich hatte nicht vor als Steak zu sterben und schon gar nicht in Massenproduktion! Wahrscheinlich ist doch das Feuer im übertragenen Sinne gemeint – das heiße Feuer von Emotion und Leidenschaft, wenn die hübsche Schülerin auf 400-Euro-Basis hinter der Theke mit gekonntem Augenaufschlag zu mir sagt „Vier neunzich sind das dann.“ Verdammt, warum geht mir erst jetzt auf, wie viele aufregende Flirts zwischen fettigem Fleisch und Instantkaffee ich schon verpasst habe?! Ansonsten klingt die Burger King drei-Sekunden-Melodie ein bisschen wie das Ende eines Leid... sorry... Liedes. Ich mutmaße einfach mal wild drauflos, dass es sich dabei um einen psychologischen Trick handelt, der dem Zuschauer- bzw. -hörer suggerieren soll, man habe etwas verpasst. Und wo kann man das ganze Lied hören? Wenn überhaupt irgendwo, dann bei Burger Kind. Da spielt die Musik!
Zurück zu McD., vor dessen Werbeleuten man abgesehen von diesem „Ich liebe es“-Fauxpas durchaus den Hut ziehen muss. Sie lassen vom Grundschüler bis zur Oma keine Zielgruppe aus und schaffen es meistens, die Fernsehspots witzig und mit wenig Pathos zu arrangieren; wie zum Beispiel die zwei Mariachis, die zuerst spotten, dann aber vom Geschmack des Mexiko-Menüs zu Tränen gerührt sind. So sieht man in Fast-Food-Restaurants heutzutage vom sechsjährigen Mädchen bis zum Rentner Menschen jeden Alters und Schlages sitzen. Karl Marx wäre sicher stolz auf einen solchen Beweis der klassenübergreifenden Zusammengehörigkeit – wenn er nicht unter dem Dach eines wunderprächtig kapitalistischen Geschäfts stattfinden würde. Und während das sechsjährige Mädchen noch keine Ahnung hat, wie viele Diäten es ein knapp zehn Jahren als verzweifelte, übergewichtige Jugendliche erfolglos durchmachen wird, kann der Rentner den Herzinfarkt wohl gar nicht erwarten... Wie seltsam ist doch das Verhalten von uns Menschen, zumal gerade in diesen wirtschaftlich für Viele so schwierigen Zeiten der Besuch des Home of the Whopper oder ähnlichen Etablissements besonders absurd ist. Kaum irgendwo anders ist das Preis-Leistungs-Verhältnis schlechter als bei Fast-Food. Der Sättigungseffekt jener Pappbrötchen, Sparbuletten und Süßstoffexperimenten, die sich Nachtisch nennen, ist lächerlich. Wer sich beim unglücklichen Schotten, bei Würger King oder „Kentucky Schreit Ficken“ (KFC) satt essen will, muss schon gerne zehn Euro berappen. Meine Empfehlung lautet: Jumbo-Döner! Kostet um die fünf Euro, sättigt mindestens genau so gut und ist im schlimmsten Fall genau so ungesund.
Das McDonald’s-Experiment, welches ein Prominenter vor einiger Zeit durchgeführt hat, ist inzwischen wohl allen bekannt. Falls Sie es dennoch versäumt haben: keine Panik, das lässt sich nachholen. Falls Sie es schon kennen, lassen Sie es doch einfach noch einmal auf sich wirken (oder überspringen Sie diesen Absatz): US-Regisseur Morgan Spurlock hat sich einen Monat lang ausschließlich von McDonald’s-Gerichten ernährt. Die täglichen drei Fast-Food-Mahlzeiten hatten erschreckende Auswirkungen auf seinen Körper. Auf www.spiegel.de, von wo ich diese Informationen bezogen habe, ist von rapider Gewichtszunahme, Verschlechterung der Leberwerte, wie man sie bisher nur von Alkoholikern kannte, Nachlassen der Potenz und deprimierter Stimmung bis hin zu Suchtverhalten die Rede. Natürlich ist dies ein Extremfall, den man als durchschnittlicher Burgerkonsument nicht zu sehr auf sich zu beziehen braucht, aber vielleicht sollte man schon sich zweimal überlegen, ob man wirklich über Jahre hinweg regelmäßig bei McDreck und seinen Konkurrenten speisen möchte. Mir persönlich wird schon schlecht, wenn ich in diesem oder jenem Tempel des Fettes eine schwangere Frau mit gut gefülltem Tablett vor sich das Zeug spachteln sehe. Ich kann mir schon denken, was das erste Wort des oder der Kleinen sein wird.
Ansonsten sind internationale oder lokale Schnell-Fress-Filialen immer für einen Lacher gut. Ich jedenfalls gehe gern zu McDonald’s oder Kochlöffel und mache dort ein bisschen Quatsch. Eine Aktion können Sie bei Interesse in „Zehnmal Tango mit dem Teufel“ unter „Juni 2004“ nachlesen. Zwar könnte ich noch weitere Geschichten, wie ich mit der Hilfe von zuverlässigen Verbündeten das Verkaufspersonal genervt habe, zum Besten geben, aber die meisten sind leider weniger pittoresk.


Vorsicht ist besser als null Sicht

Jetzt möchte ich ohne Mitwirkung von el Diabolo einige Beispiele dafür nennen, dass wir Probleme oft schon viel früher erkennen könnten, wenn wir nur ein bisschen die Augen aufmachen und die Ohren spitzen würden.
Wann haben Sie zum ersten Mal von Ossetien gehört? Wahrscheinlich als sich diese grauenhaften Szenen an der Schule in Beslan abspielten. So ging es mir jedenfalls. Zwei, drei Wochen später hörte ich mal wieder das Lied „Schöne neue Welt“ von den Böhsen Onkelz (Album „Weiß“) und da sprang mir gegen Ende des Liedes die Zeile „Ossetien – ethnischer Hass“ ins Ohr. Ich spulte zurück und hörte ein zweites Mal genau hin. Ich hatte mich nicht verhört, aber das Stück ist 1993 veröffentlicht worden. Vor elf Jahren; da hielten Leute meines Alters noch Afghanistan für ein Bundesland von Ghana oder umgekehrt, da glaubte man noch an den amerikanischen Traum, da hätte man sich unter dem Begriff „Internet“ eine neuartige Fischfang-Methode vorgestellt. Und den ethnischen Hass in Ossetien hätte man offenbar etwas ernster nehmen sollen.
Und ein zweites Mal Onkelz: 1996 beklagte Bassist Stephan Weidner in einem Interview, dass Künstler (d. h. Musiker) wie Waschmittel verkauft würden und dass es das „früher“ nicht gegeben habe. Aber was war 1996 schon gegen heute, wo die Alben der neuesten Popstars tatsächlich in der Fernsehwerbung direkt vor oder nach dem Weißen Riesen angepriesen werden? Scheinbar hätte man schon damals gegensteuern müssen, um die niveaulose Lage der heutigen Popmusik zu verhindern.
Ganz ähnlich, nur noch früher: Im Motörhead-Lied „Talking head“ vom Album „Bomber“ heißt es übers Fernsehen:
„[You] Don’t know what you hear, they never make it clear,
They like to keep your state confused […]
Everlasting smile, you must convey their style[…]
You’re hungry, you get fed,
But if you play the game, you become the same,
Another Talking Head.”

Übersetzung:
Du weißt nicht, was du hörst, sie drücken sich nie klar aus,
sie wollen, dass du verwirrt bleibst.
Ewiges Lächeln, du musst ihren Stil übernehmen.
Hast du Hunger, wirst du gefüttert,
aber wenn du mitspielst, dann wirst du das gleiche,
bloß ein weiterer redender Kopf.

Das wurde 1979 geschrieben, und wenn es damals wohl nur aufmerksamen Leuten bewusst war, ist es heute überdeutlich. Die schon erwähnte Sandy Mölling ist ein hervorragendes Beispiel für die im Lied beschriebene Praxis: Sie hat auf die Leute im Fernsehen gehört und bei einer organisierten Talentsuche mitgemacht, bei der sie ohne ihr hübsches Lächeln von Anfang an keine Chance gehabt hätte; hat also nach den vorgegebenen Regeln mitgespielt. Nun sitzt sie selbst da, macht ein schönes Gesicht und sagt den Leuten, was sie zu tun haben. Ein weiterer, lächelnder, redender Kopf. Dieses Symbol des „Talking Head“ soll vermutlich ausdrücken, dass es nur darauf ankommt, was die Leute im Fernsehen sagen – egal, was sie denken und fühlen und ob sie selbst zu dem Gesagten stehen.
Die Anschläge am 11. September 2001 hätten, nach allem, was man hört, wohl auch verhindert werden können, wenn die Behörden sich vernünftig angestellt hätten. Aber ich maße mir nicht an, das wirklich beurteilen zu können.
Folgendes haben alle schon geahnt, jetzt wird es erstmals öffentlich bestätigt. TÄTERÄTÄÄÄ, Weltpremiere!!! Nochmal Motörhead: In seiner Autobiographie „White Line Fever“ schreibt Sänger und Bassist Lemmy Kilmister, er habe einmal einen Manager seiner Plattenfirma gefragt, warum er nicht die Wahrheit gesagt habe. Der Herr soll darauf wortwörtlich geantwortet haben: „That’s not the way this business works.“ (So funktioniert dieses Geschäft nicht.) Also, liebe Casting-Gewinnerinnen, zukünftige Popstars, sagt nicht, es hätte euch niemand gewarnt.
Zu einem ganz anderen Thema: Auf der Internetseite www.sicherheit-heute.de veröffentlichte der ehemalige Generalstaatsanwalt Dr. Arno Weinert, einen Aufsatz mit dem Titel „Wenn Amtsträger schamlos Geschenke fordern“. Darin schreibt er unter anderem

„Die Leute schämen sich nicht mehr und sie fürchten sich auch nicht mehr vor der Entdeckung. Sie brüsten sich im Gegenteil vor ihren Freunden, da oder dort dem Staat ein Schnippchen geschlagen zu haben.
Und da liegt unser Problem: DIE GROßEN INTERNATIONALEN ORGANISATIONEN WIE UNO, OECD, WTO, WELTBANK UND WELTWÄHRUNGSFONDS HABEN SCHON VOR JAHREN GEWARNT, DASS DIE KORRUPTION DIE GRÖßTE GEFAHR FÜR DIE WIRTSCHAFTLICHE UND DEMOKRATISCHE STABILISIERUNG DER MEISTEN LÄNDER IST UND ZUGLEICH AUCH FESTGESTELLT, DASS DIE KORRUPTION NICHT ETWA FOLGE VON ARMUT, SONDERN DIE FOLGE EINES VERLUSTES VON RECHTSGELTUNG UND VON VERBINDLICHKEIT DER GESETZE IST. [...]
Steuer- und Abgabenhinterziehung, Schwarzarbeit und Subventionserschleichung werden als Notwehr gegen eine falsche Finanzpolitik erachtet und gereichen kaum jemandem noch zur Unehre.
Das Gesetz gilt heute vielfach nichts mehr. Wir haben vielmehr eine Kultur des Rechtsbruchs entwickelt, ein Strauß Bärlauch, der schön liberal aussieht, aber stinkt. Die Korruption ist nur eine der Blüten darin. Wir werden das im Großen nur ändern, wenn wir wieder glaubwürdige Vorbilder haben, an denen sich andere orientieren. Die verantwortlichen Politiker sind die Repräsentanten des Staates und seiner Werte. Sie müssten diese Vorbildfunktion in allererster Linie wahrnehmen.“

Die Hervorhebung in diesem Zitat stammt von mir. Auch hier ein Fall, wie sich offenbar schon früh eine Entwicklung abzeichnete, wo man hätte gegensteuern müssen. Heute fühlt sich kaum ein Bürger noch als Teil des Staates. Der Staat ist vielmehr ein dunkler Himmel und wir beten, dass er uns nicht auf den Kopf fallen möge. Er ist einfach da – Zaubertrank hin oder her. Von diesem Standpunkt aus sind auch die Gesetze keine Regeln, die WIR, die Gesellschaft, vereinbart haben, sondern Hagelschauer aus dem dräuenden Himmel, der bitte, bitte bleiben soll, wo er ist. Als man den von Dr. Weinert erwähnten „Verlust von Rechtsgültigkeit“ bemerkte, hätte man etwas unternehmen müssen und nicht zulassen dürfen, dass Volk und Volksvertreter sich soweit voneinander entfernen. (Vielleicht, nein, sogar wahrscheinlich sind auch Gegenmaßnahmen getroffen worden, von denen ich nichts weiß; aber besonders effektiv waren sie anscheinend nicht.)
Hat jemand Lust auf ein bisschen praktische Physik? Da gab es in Amerika mal einen umsichtigen Herrn, ein Ingenieur namens Theodore Condron, der sich über die Konstruktion der Tacoma-Hängebrücke in der Nähe von Washington D. C. Gedanken gemacht hat. Nach viel Rechnerei warnte er davor, dass Wind aus einer bestimmten Richtung diese Brücke so in Schwingung versetzen würde, dass sie nach relativ kurzer Zeit zusammenbrechen würde. Niemand glaubte ihm. Also legte er sich bei der frisch erbauten Brücke auf die Lauer und schaltete seine Kamera ein, als der Wind, vor dem er gewarnt hatte, einsetzte. Wenig später wurde er auf erschreckende Weise bestätigt.
Ich muss zugeben, dass ich erwartet hatte, mehr Beispiele für frühe, ungehörte Warnungen zu finden. Trotzdem beharre ich – völlig unwissenschaftlich – auf dem Standpunkt, dass Menschen mit unüblichen Sorgen viel zu schnell als Spinner abgestempelt werden. Immer noch ist die Haltung weitverbreitet, dass man eine Ansicht guten Gewissens als wahr betrachten kann, wenn sie nur von der Mehrheit geteilt wird. Und wenn die Mehrheit über einen Abweichler lacht, lacht man lieber schnell mit, sonst könnte ja der Verdacht aufkommen, man sympathisiere mit so einem verdammten Diversanten. Eine kurze Geschichte dazu: In der fünften oder sechsten Klasse fragte unser Deutschlehrer nach der grammatischen Zeitform eines Satzes. „Wer meint, es ist Zeitform X?“ 17 Arme gingen spontan in die Höhe, vier weitere etwas zögerlich, da noch zwei und schließlich entschied sich noch einer. „Und wer meint, es ist Zeitform Y?“ Ein einziger Arm ging hoch. Man hörte schon, wie sich Heiterkeit breit machte, als der Herr Studienrat verkündete, der eine Arm habe Recht.
Nun war diese Begebenheit völlig harmlos, aber sie zeigte, wie alle Unentschlossenen – bis auf einen – der Mehrheitsmeinung folgten anstatt selbst zu entscheiden. Sei es der Glaube, eine große Anzahl Menschen könne sich nicht irren, sei es Angst vor einem einsamen Standpunkt, sei es Faulheit – es kann auf jeden Fall nichts dabei rauskommen.


Mein „Freund“ regt sich über einen harmlosen, philantropischen Kommentar meinerseits auf und, wie immer, wenn er sich ärgert, macht sich ein penetranter Schwefelgeruch im Zimmer breit.
„Warum tue ich mir das eigentlich an?“, frage ich gereizt, während ich mir mit einem Aldi-Prospekt Luft zuwedele.
„Warum?“ Satan zieht eine Augenbraue hoch. „Erinnerst du dich noch, wie ich dir erzählt habe, was ich an deiner Stelle in der Schule gemacht hätte?“
„Ja“ seufze ich, knülle den Prospekt zusammen und werfe ihn Richtung Papierkorb – natürlich voll daneben. „Du hättest alle Schüler unter einem Vorwand irgendwo versammelt und dort dann eine Bombe gezündet. Und ich habe dir schon damals gesagt, dass man niemandem umbringen kann, nur weil er einem auf die Nerven geht.“
„Und ein paar Monate später war bei euch an der Schule Alarm, weil irgendein Kasper angerufen und gedroht hat, an der Schule werde eine Bombe hochgehen. Dann habt ihr euch, genau wie bei den Feueralarm-Übungen immer, auf dem Sportplatz versammelt, während die Polizei das Gebäude durchsucht hat. Hätte wirklich jemand ein Massaker anrichten wollen, hätte er auf dem Sportplatz Sprengladungen versteckt und du würdest vielleicht schon nicht mehr leben.“ Ich weiß, dass er Recht hat, aber ich weiß nicht, worauf er hinaus will.
„Du fragst, warum du dir meine Gesellschaft antust? Wenn ich mit den Verantwortlichen an deiner ehemaligen Schule auch hätte plaudern können, dann wärt ihr damals vielleicht nicht so offen dieser möglichen Gefahr ausgesetzt worden. Dann hätte es vielleicht ein wirksameres Sicherheitskonzept gegeben. Aber ein gutherziger Pädagoge ist sich ja zu fein und zu christlich, um mit mir altem Sack zu reden. Und als ihr im Unterricht über das Erfurter Schulmassaker geredet habt, haben sie über DICH den Kopf geschüttelt, als du erzählt hast, dass es immer Leute gäbe, die im Scherz mit einem Amoklauf drohen – auch an eurer Schule.“
Ach, wo wir gerade von der Schule reden – da wär’ noch was:


Ganz die alte Schule

War doch eigentlich ganz nett an der Schule. Zwar musste man jeden Morgen um die gleiche Zeit los, mindestens die Hälfte der Stunden haben einem keinen Spaß gemacht und immer herrschte eine Political Correctness, die schon fast weh tat. Aber es muss auch klar sein, dass die Zukunft heutiger deutscher Schulabgänger noch viel grauer aussehen kann.
Aber, wie gesagt, es war ganz nett. Vielleicht ein sogar ein bisschen zu nett... neinneinnein, Moooment! Ich bin dankbar für meine relativ angenehme Schulzeit. Aber auf die Psyche der Gesellschaft hat zumindest die Schullaufbahn Gymnasium einen indirekten schlechten Einfluss. Den sehe ich darin, wie der Alltag und die Lebenskultur von Gymnasiast(inn)en in den Medien zelebriert wird. Das hat einen eigentlich simplen Grund: In der Oberstufe des Gymnasiums sind die Schüler(innen) schon alt genug, um trendige junge Erwachsene zu sein. Aber sie haben auch noch genug Freizeit, um neben der Schule ein paar dolle Geschichten zu erleben. Und in der Schule ist manchmal ja auch ganz schön was los – jedenfalls, wenn man jugendliche Liebeleien, kleine Streitereien, „Modenschau“ in der Pausenhalle, Löcher in der Tür zur Mädchen-Umkleidekabine und Zensursorgen aufregend findet. Fertig ist die „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“-Folge Nummer dreitausend-plus! Aber das ist noch harmlos, da GZSZ und die gesamte Seifenoper-Branche ja nur teilweise von Schüler-Figuren bestritten wird. Musikvideos sind noch eine Nummer besser; da spielt ein großer Teil aller Popmusik-Clips in und um die Schule. Überhaupt ist die ganze Programmstruktur von Viva und MTV auf Schüler zurechtgeschnitten: 15 bis 18 Uhr ist die Hauptsendezeit, in der die Sendungen mit dem größten Zuschauer-Echo stattfinden. Und immer öfter stehen Minderjährige oder ganz junge Erwachsene im Mittelpunkt aller Arten von Sendungen besonders der Privaten. Durch diese „kulturelle Rückkopplung“ – die Medien reflektieren das Leben der (Gymnasial)Schüler und das Leben der Schüler wiederum reflektiert das Bild, das die Medien zeichnen – wird man dazu verleitet, das Schüler-Dasein als normal und natürlich anzusehen. In Wirklichkeit ist es jedoch ein verhältnismäßig kurzer Lebensabschnitt, den man in einem Alter durchmacht, in dem man noch labiler und empfindlicher ist, als es einem selbst bewusst ist – oder als man es sich eingestehen will. Und dann sieht man überall erfolgreiche, gutaussehende Leute, die scheinbar nicht älter sind, als man selbst und die auf Fluren und in Klassenzimmern amerikanischer Highschools singen, tanzen und grinsen. Die Bücher bleiben dabei natürlich geschlossen. Lernen, Arbeiten, STILLSITZEN in der Schule??? Wer hat dir denn den Quatsch erzählt?
Von dem schon erwähnten Kasperle-Theater „Die Abschlussklasse“ ganz zu schweigen.
Wenn man nun neun Jahre oder länger aufs Gymnasium gegangen ist und einem immer wieder suggeriert wurde, dass man als Schülerin zur begehrtesten, wichtigsten Gesellschaftsschicht gehört und dass es eigentlich nichts anderes gibt – dann gucken einige sich ganz schön um, wenn sie plötzlich für sich selbst verantwortlich sind oder acht Stunden am Tag arbeiten müssen. Ich habe genau dieses Gefühl erlebt, aber bei mir war es nur eine kleine Laune, da ich diesen ganzen Medienzirkus weniger angenommen habe als andere. Tatsächlich ist mir von Seiten – wenn auch weniger – ehemaliger Mitschüler(innen) die Aussage „Ich vermisse die Schule“ zu Ohren gekommen.
Ein nicht seltenes Bild auf der Straße (und im Fernsehen und deshalb auch auf der Straße) sind dreizehn-, vierzehnjährige Mädchen, die sich entweder wie die wichtigsten Ladies oder wie die letzten Nutten kleiden. Fragen Sie mal nach Hobbies: „Aaalsoo... Shoppen, mit Freunden weggehen... ähihi... naja, was man halt so macht.“ Wenn Sie mal eine besonders exzentrische, aktive junge Dame erwischen, hören Sie wahrscheinlich zusätzlich „reiten“ oder „tanzen“. Und wenn eine Person unter sechzehn tatsächlich „lesen“ sagen sollte, dann verschwinden Sie lieber schnell um die nächste Ecke; sonst nehmen die Herren im weißen Kittel, die jeden Augenblick eintreffen werden, Sie auch gleich mit. Wie auch immer, wenn ich die erwähnten halben Kinder so sehe, dann halte ich die Katastrophe in ein paar Jahren für vorprogrammiert. Irgendwann lässt sich die Erkenntnis, dass das Leben nicht nur aus Einkaufen und Party und ein bisschen lästiger Schule besteht, ja nicht mehr aufschieben. Und was dann? Krankenpflege- oder Büroausbildung, vielleicht BWL-Studium, von Wochenende zu Wochenende leben, irgendwann das Geld für die erste Schönheitsoperation zusammenkratzen und mit siebzig die zu Oldies gewordenen Hits der Jugendjahre hören, als das Leben noch Spaß gemacht hat. Betti Müller war stets ehrlich und pflichtbewusst. Sie hat ein bescheidenes, verdienstvolles Leben geführt. Für ihre Freunde hatte sie stets ein offenes Ohr. Die Freude am Singen und Tanzen hat sie nie verloren. Und wenn sie vor unseren Herrn Gott, ihren Schöpfer, tritt, wird sie nach einem solchen Leben in christlicher Demut (ganz leise: obwohl sie nach der Konfirmation nie mehr eine Kirche von innen gesehen hat, diese ruchlose Sünderin) nichts zu fürchten haben.
Ähem, Herr Pfarrer?
Ja, mein Sohn?
Ich sehe das anders. Ich finde Betti Müller hat, ähm, war... obwohl, lassen wir das. De mortibus nihil nisi bene. (ganz leise: An Gottes Stelle wäre ich enttäuscht, wenn jemand das Leben so in Trübsal verbringt. Wie sagte doch Heinz Rühmann in der Rolle des Hauptmann von Köpenick? „Wenn ich vor meinen Schöpfer trete und er mich fragt: ‚Schuster Wilhelm Voigt, was hast du gemacht mit dem Leben, das ich dir geschenkt habe?‘ Was soll ich dann sagen? Ne Fußmatte hab ich gemacht – als ich im Gefängnis war!“)


Satan nickt. „Wie sagte doch der Massenmörder: ‚Wenn du in der Hölle ankommst, sag ihnen, dass ich dich schicke. Dann kriegst du Gruppenermäßigung.‘“ Er lacht, dass ihm die Ohren schlackern und auch ich muss grinsen.
Immer, wenn ich überlege, ob ich mit meiner Schwarzseherei bezüglich unserer Gesellschaft nicht doch zu weit gehe, zerstreut mein gehörnter Gegenüber alle Zweifel, indem er noch Einen draufsetzt. Wie einsam, unselbständig, phantasielos, intolerant, desorientiert und langweilig das Gros der Menschen sei, lamentiert er. Einerseits würde er sie gerne alle niedermachen, andererseits könne er das ganze Fußvolk in der Hölle nicht ertragen. Er beschäftige sich lieber mit Jesse James, Hitler und Barabbas. Und wieder ist die Diskussion soweit, dass ich meine Mitmenschen in Schutz nehme. Aber eigentlich verstehe ich gar nicht, was er will – freut es ihn nicht, wenn alle so dumm sind, wie er behauptet? Will er die Welt nun (mit äußerst zweifelhaften Methoden) verbessern oder will er sie verderben? Wahrscheinlich weiß er es selbst nicht und braucht primär was zu meckern.
Aber jetzt schneiden wir auch mal ein schöneres Thema an, vielleicht das schönste überhaupt: Das vielbesungene schöne Geschlecht. Gerne weist Satan darauf hin, dass in seinem Namen keine Hexen verbrannt worden sind und keinen Frauen der islamische Schleier aufgezwungen wird. Stattdessen muss Gott für diese Ungerechtigkeiten herhalten. Und, um die ganze Sache noch weiter ins Lächerliche zu ziehen, wurden im christlichen (Spät-)Mittelalter und werden noch heute in extrem-islamischen Gebieten Frauen ständig mit dem Teufel assoziiert.
„Da sagen solche bin Ladens und Mullah Omars doch tatsächlich, der Anblick von Weiblichkeit – und sei es nur wallendes Haar – verderbe die Männer. Da wurden Frauen von der Inquisition doch tatsächlich als tierisch, gar teuflisch bezeichnet.“, zählt der Alte kopfschüttelnd auf. „Du weißt, das Bescheidenheit nicht zu meinen hervorstechendsten Eigenschaften zählt, aber so etwas Geniales wie Frauen hätte ich nicht hingekriegt. Da muss man schon Allmächtig sein. Ich fühle mich immer wieder geschmeichelt, wenn Männer sich über Frauen aufregen, sie ‚verteufeln‘, wie es so schön heißt, und mir diese im besten Sinne göttliche Erfindung zuschreiben.“
Das sagt er. Ob’s stimmt, ist eine andere Frage. Aber hier wird wieder einmal die Konfusion deutlich, in der wir Menschen uns befinden. Ist der Teufel nun doch der Gute? Oder sind diejenigen, die sich als Diener Gottes ausgeben, oft in Wahrheit seine Schergen? Verschweigt er mir womöglich, dass er sich seit Jahrhunderten im Vatikan die Klinke in die Hand gibt?
Aber so oder so ist es oft sehr angenehm, sich mit ihm über Frauen zu unterhalten. Zumindest wenn er gerade den Liberalen raushängen lässt.


Frauen dieser Welt...

„... könnt ihr uns hören? Frauen dieser Welt, wir woll’n nicht stören.“
So klingt es in einem Lied der Toten Hosen. Ich will auch nicht stören, aber ein paar Dinge kann ich hoffentlich noch loswerden. Der Großteil aller Männer scheint extrem komplexbeladen zu sein. Warum sonst sollte man Frauen – völlig ohne Argumente – Rechte und Fähigkeiten absprechen wollen? Wenn das Leben wirklich Spaß machen soll, dann braucht man freie Frauen.
(Falls es irgendwen interessiert, kann ich, um dieses Kapitel ein wenig zu illustrieren, ja mal sagen, was ich generell an Frauen interessant und attraktiv finde: Ich mag es, wenn Frauen den Mut haben, auch mal nicht schön zu sein, zum Beispiel Grimassen schneiden, brüllen oder beim Sport Kleidung tragen, die bequem und praktisch ist und nicht eng und sexy. Ich mag es, wenn Frauen diese undefinierbare Ausstrahlung von Schwäche und Stärke zugleich haben. Ich mag es, wenn Frauen einen auch ab und zu überraschen und nicht berechenbar wie das Volumen einer Bierdose sind.)
Aber wo sind sie, die freien Frauen? Jedenfalls nicht da, wo sie sein sollten. Überall dort, wo Entscheidungen gefällt werden, die die gesamte Gesellschaft betreffen, trifft man hauptsächlich Männer an. Aber wie kann es angehen, dass Männer beispielsweise die gesetzliche Regelung von Abtreibung vornehmen? Männer haben doch keine Ahnung davon, was Schwangerschaft und Geburt bedeutet! Ich zum Beispiel habe eine Zeit lang gedacht, es sei ja wohl selbstverständlich, dass Frauen eine Abtreibungs-freundliche Gesetzgebung befürworten. Aber von Kurzem habe ich von einer einflussreichen Frau gehört, die eine überzeugte Abtreibungs-Gegnerin ist. Ich kann also nur wiederholen: So ein Thema gehört in die Hände von Frauen und nicht von Männern, die meinen besser zu wissen, was gut für Frauen ist.
Gerüchten – ich betone: GERÜCHTEN – zufolge wurden in einigen Staaten der USA die Rechte von Frauen in den letzten Jahren wieder geschmälert. Allein dieses GERÜCHT hätte doch einen US-nationalen und internationalen Aufruhr erzeugen müssen. Ich habe keine Menschenseele darüber sprechen gehört.
Ladies, seid nicht so unbekümmert, sondern kümmert euch um eure Angelegenheiten. Gleichberechtigung ist keineswegs irreversibel und wenn ihr nicht aufpasst, heißt es eines Tages wieder: Kinder, Küche, Kochtopf!

Es wird langsam spät und ich komplimentiere den Teufel aus der Tür, wie die Baden-Württemberger es gerade mit seinem Namensvetter tun. Nur wird mein alter Feind und Kupferstecher im Gegensatz zu Erwin bestimmt bald wiederkommen und seinen gewohnten Platz einnehmen.


Und ab dafür

Ich hatte ursprünglich vor, hier noch ein Kapitelchen anzufügen, in dem ich verschiedene der kleinen „Verrücktheiten“, die ich bisher so veranstaltet habe, schildern wollte. Meine Absicht war, damit zu verdeutlichen, wie solche harmlosen Spinnereien das eigene Leben bereichern und gelegentlich andere Menschen zum Nachdenken bringen können. Aber nun verzichte ich darauf, weil ich fürchte, es könnte wie eine Aufzählung meiner „Heldentaten“ – kurz: wie Angeberei – wirken. Stattdessen seien Sie lediglich versichert, dass ich schon so einiges getan habe, worüber Sie den Kopf schütteln würden. Es ist unglaublich befreiend, so zu handeln, solange man damit niemandem wehtut.
Mit diesem längst überfälligen Bekenntnis zur Bescheidenheit setze ich an dieses Pamphlet abzuschließen; erstens, weil ich alle Themen abgeklappert habe, die mir im Moment einfallen und die meine Fähigkeiten und Ressourcen nicht überfordern (Ein gewisser Schwerpunkt auf dem Thema „Fernsehen“ wird Ihnen wahrscheinlich aufgefallen sein. Das hat sich spontan so entwickelt.) und zweitens, weil ich inzwischen zum Studenten mutiert bin und nicht mehr die Zeit habe, der Hobby-Schriftstellerei in den bisherigen Ausmaßen zu frönen. Das Klischee vom disziplinlosen, unterbeschäftigten Studenten, der die Hörsäle bloß als ruhigen Ort zum Ausnüchtern betrachtet, greift bei mir leider nicht.
Auch merke ich, wie der Altersunterschied zwischen mir und der frühjugendlichen Altersgruppe, um die ich mir besonders Sorgen mache, allmählich so groß wird, dass ich nicht mehr aus eigener Erfahrung berichten und analysieren kann. Und den Arbeiten von Erwachsenen, selbst wenn es fähige Psychologen, Pädagogen oder Soziologen sind, haften leider immer wieder ähnliche, wahrscheinlich unvermeidbare Fehler an. (Wird zum Beispiel die Jugendsprache untersucht, dann hat sie sich bei Abschluss der Untersuchung schon wieder grundlegend gewandelt und die Ergebnisse sind womöglich wertlos.) Manche Dinge erschließen sich nun mal nur dem, der nicht nur beobachtet, sondern auch involviert ist.
Bleibt mir nur noch, all denjenigen, die bis hier gelesen haben, meinen Dank für ihr Interesse oder meine Hochachtung ob ihrer Geduld zu versichern. Ich hoffe, dass es sich gelohnt hat. Vielleicht konnte der eine oder andere Punkt Sie ja in irgendeiner Weise inspirieren. Hauen Sie doch bei Gelegenheit mal auf den Tisch und machen Sie den Leuten klar, dass man lieber die Klappe halten sollte als Unmengen von heißer Luft auszustoßen. Fangen Sie mit mir an, wenn Ihnen danach ist: Lieber lasse ich mir sagen, mein Geschreibsel sei völliger Mist und überdenke solche Kritik, als ungehemmt neuen Mist zu verbreiten.
Ich erhebe das bullige Keramikding, das mir als Tasse dient, auf all die UN-Soldaten, die hilflos Massaker mit ansehen müssen und aufgrund der Definition ihres Auftrages nicht eingreifen dürfen;
auf die gebrochenen Existenzen in den Gossen dieser Welt;
auf die gestressten Feuerwehrleute, die in zweiter Reihe parken, um sich Essen vom chinesischen Schnellimbiss zu holen;
auf alle, die lieber am Rand des Wahnsinns entlang balancieren, als sich in Drogen und unproduktiver Ablenkung einzulullen;
auf die irakischen Polizisten;
auf all jene, die sich für Freiheit und Wahrheit einsetzen
und natürlich auf den Briefträger!

„Lift you wings up high, my friend, fearless to the end!” (Manowar, “Courage”)


Begriffserklärung:

Ich möchte keine Leser(inne)n vor den Kopf stoßen, indem ich hier Erklärungen abgebe, die Vielen wahrscheinlich als völlig überflüssig erscheinen. Aber andererseits möchte ich meine Texte auch Leuten zugänglich machen, die sich gerade im Bezug auf Fremdwörter (bisher) vielleicht weniger gebildet haben.
Hinzu kommt, dass ich der Meinung bin, Sprache sollte ein Instrument der Verständigung bleiben und nicht durch exzessiven Gebrauch von Fremd- und Fachwörtern als Beweis der eigenen Überlegenheit missbraucht werden. Trotzdem bemühe ich mich stets, Texte nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich interessant zu gestalten. Dazu gehört es zum Beispiel, ein deutsches Wort nicht einfach dreimal zu wiederholen, sondern es gelegentlich durch ein Fremdwort zu ersetzen.
Um nicht arrogant oder akademisch-abgehoben zu wirken, reiche ich hier Definitionen von einigen im Text benutzen Begriffen nach. Die Auswahl ist natürlich sehr subjektiv und ich bin mir der Gefahr bewusst, meine Leser falsch einzuschätzen.


Bärlauch – Art der Gattung Lauch mit intensivem Knoblauchgeruch, wächst in feuchten Laubwäldern und bildet oft Massenbestände (aus: Meyer großes Taschenlexikon, 7. Auflage, B. I.-Taschenbuchverlag, 1999

Barabbas – biblische Gestalt, Schwerverbrecher; das Volk forderte seine Freilassung an Stelle von Jesus

Beslan – Stadt in Ossetien

Biotop – Begriff aus der Biologie; ein eingegrenztes Gebiet mit charakteristischen Pflanzen und Tieren, z. B. ein Teich

De mortibus nihil nisi bene. – lateinisch, sinngemäß: Man soll nicht schlecht von den Toten sprechen.

Diversant – im kommunistischen Sprachgebrauch: Saboteur (nach Duden)

Faust – Figur bei Goethe

Ghana – Staat in Westafrika

irreversibel – unumkehrbar

James, Jesse – berühmter US-amerikanischer Eisenbahn- und Bankräuber

„Kentucky Schreit Ficken“ – spöttische Bezeichnung für „Kentucky Fried Chicken“, eine Fast-Food-Kette

Kollateralschaden – Schaden, der nicht absichtlich verursacht, aber in Kauf genommen wird, z. B. der Tod von Zivilisten bei militärischen Operationen

Koryphäe – bekannter Gelehrter, bedeutender Fachmann

Mariachi – mexikanischer Musiker, traditionell in schwarzer Tracht mit Sombrero

Mullah Omar – Gründer der afghanischen Taliban

Ossetien – Gebiet im mittleren Kaukasus (Nordossetien, Südossetien)

Pamphlet – Streit- oder Schmähschrift

philanthropisch – aus dem Griechischen: menschenfreundlich

pittoresk – französisch für „malerisch“

putativ – juristischer Begriff, soviel wie: vermeintlich

Sujet – französisch für „Thema“

Teufel, Erwin – Ministerpräsident von Baden-Württemberg, der voraussichtlich im Frühjahr 2005 abgelöst werden wird.

Ein Freund, dem ich dieses Werk sozusagen als Erstlektor vorgelegt habe, hat kritisiert, ich ginge unseriös vor, da ich auf Argumente der Gegenseite überhaupt nicht einginge. Ich bin der Meinung, das hätte ich an einigen Stellen getan. Aber im Großen und Ganzen bin ich nach Überdenken dieser Kritik zu dem Schluss gekommen, dass es gar keine Argumente der Gegenseite gibt. Denn während ich versuche, die Themen mit einem gewissen Maß an Vernunft zu behandeln, scheint mir Vernunft gerade das zu sein, was die "Gegenseite" (Fernseh-, Musikproduzenten, Marketingstrategen etc.) am meisten zu vermeiden sucht. Ich sehe jedenfalls nichts in ihrem Vorgehen, was durch Vernunft zu begründen sei. Argumente sind da auch nicht vorhanden, weil ja (noch) keine echte Diskussion in Gange ist. Claus Helge Godbersen, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 02.12.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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