Farhad Salmanian

Die Belohnung

(Erinnerungen der Schullehrer)
Übersetzt von: Farhad Salmanian

Unser Schuldirektor war ein vierzigjähriger Mann, der noch nicht verheiratet war. Aber er hatte vor, zu heiraten. Er wollte eine Woche Urlaub machen, wusste aber nicht, wen er mit der Verantwortung für die Schule beauftragen sollte. Da er im Begriff war, blau zu machen, wollte keiner der ehemaligen Kollegen seine Vertretung übernehmen. Endlich wagte ich es und sagte, ich würde das Direktorat übernehmen. Als der Direktor dies hörte, ging er zwei Tage früher in den Urlaub, das heißt zwei Tage früher, obwohl sein Urlaub erst am Montag begonnen hatte. Ich wurde der Direktor einer Schule mit zwei oder dreihundert Schülern und acht Lehrern. Die Schüler gehörten anscheinend zur Volksschule. Aber sie wirkten hinsichtlich ihrer Größe und Statur wie diejenigen der Mittelschule oder gar eines Gymnasiums. Zum Spaß sagte ich einmal zu den anderen Lehrern:”Ich werde sowieso nie mehr Schuldirektor. Jetzt nutze ich diese günstige Gelegenheit aus, um für einige Tage euer Schuldirektor zu sein.,, Aber ich sagte zu mir selber:”Gott behüte! Wie traute ich mich, das Direktorat zu übernehmen?,,
Endlich ging ich daran, meinen Plan in die Tat umzusetzen. Zuerst ging ich in den Speicher der Schule und fand dort alle alten und verstaubten Bücher, die unter der zerbrochenen Stühlen und Tischen lagen und machte sie sauber. Ich richtete dann eine Bibliothek ein. Auf diese Weise beschäftigte ich einige Schüler. Es gab noch zwei Tafeln, die anscheinend nutzlos waren. Ich hängte sie im Schulhof auf und dann sagte den Schülern, dass ich ihnen in einer Woche Englisch beibringen würde. Am Wochenende würde ich sie prüfen und die besten von ihnen auszeichnen.
Nicht einmal meine Kollegen verstanden, was ich da machen wollte. Ich begann mit der Arbeit. Anstatt Lärm zu machen, zu schreien und hin und her zu gehen, saßen alle Schüler vor den Tafeln und lernten das englische Alphabet. Es kamm der letzte Tag. Die Prüfungstermin war da. Ich forderte alle meine Kollegen auf, mir nur ein paar Minuten zu helfen. Die Schulglocke klingelte. Die Pause war beendet. Die Schüler gingen in die Klassen. Ich ging auch in die Klasse und sagte:”Jeder von euch nimmt ein Blatt Papier und einen Bleistift und schreibt das englische Alphabet mit der richtigen Aussprache. Jeder, der mehr schreibt, bekommt eine höhere Note.,, In ein paar Minuten wurde die Prüfung abgelegt und nun hatte man die Prüfungspapiere durchzuschauen. Ich korrigierte sie zu Hause. Am Tag darauf kam unser frischvermählter Direktor aus seinen einwöchigen Flitterwochen zurück. Ich erzählte ihm alles. Er war froh, dass alles gut gelaufen ist. Aber als ich von der Belohnung sprach, wurde er ärgerlich und runzelte die Stirn. Aber da ich den Schülern versprochen hatte, belohnte ich sie selbst.( Was man sich eingebrockt hat, das muss man auch auslöffeln.) So konnte ich durch Belohnung mit ein paar Bleistiften, Kulis und Radiergummis sowohl den Schülern das englische Alphabet beibringen, als auch mein Versprechen halten.

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