Daniel Lohmeyer

Concordia Fraktion - Teil 2 - “Rangun“

Es war ruhig im Hauptquartier der Fraktion. Draußen war es tiefste Nacht und die Sterne funkelten zur Erde hinab. Zwischen den leuchtenden Punkten herrschte ein kalter erbarmungsloser Krieg: Menschen gegen Kestaraner bis aufs Blut. Raumschlachten wurden gewonnen oder verloren. Flotten rückten vor oder zogen sich zurück. Planeten wurden eingenommen oder verwüstet. Die Weltbevölkerung bekam von alledem nur wenig mit. Sie wussten nur, was ihnen die Nachrichten zeigten und dies war im allgemeinen wenig bis gar nichts. Der Wachmann im Hauptquartier der Fraktion schaute auf, als er schnelle Schritte auf dem polierten Marmorfliesen hörte. „Wer ist da?“, fragte er und legte die Zeitung nieder die er gelesen hatte. „Ich bin es Charlie“, erklang die Stimme von Admiral Rangun aus dem halbdunkeln. Charlie stand sofort stramm. „Entschuldigung, Admiral. Ich hatte sie nicht erkannt.“, gab er hastig von sich. Rangun stand jetzt genau vor ihm. „Schon gut. Ich wollte nur etwas aus meinem Büro holen. Lesen sie ruhig ihre Zeitung weiter. Die Nacht scheint keine bösen Überraschungen für uns bereit zu halten.“, meinte Rangun und schritt schnell weiter. Er durchquerte den langen Flur, an dessen Wänden die Bilder von längst verstorbenen Generälen und Admirälen hingen. Vor seiner Bürotür blieb er stehen und tippte den Sicherheitscode ein um nicht versehentlich eines der Alarmsysteme zu aktivieren. Die Tür glitt zischend zur Seite und er trat in die Dunkelheit seines Büros. „Licht!“, befahl er und sofort erhellte sich der Raum. Der Bildschirm seines Computers blinkte und zeigte seine Bereitschaft an. „Guten Morgen, Admiral Rangun. In der Zeit ihrer Abwesenheit ist eine Dringlichkeitsmeldung mit Priorität Eins angekommen.“, erklärte eine weibliche Computerstimme. Rangun hastete hinter seinen Schreibtisch und betätigte einige Knöpfe. Während die Meldung dekodiert wurde, goss er sich ein Glas Scotch ein und setzte sich schließlich in seinen Bürostuhl. „Meldung dekodiert und bestätigt. Sie stammt von Captain Alex Byron. Derzeitiger Kommandant des Trägers Coregius und mit einer geheimen Mission beauftragt“, meldete der Computer sich zu Wort. „Abspielen“, befahl Rangun und nippte nervös an seinem Scotch. Sein persönlicher Ziehsohn Alex Byron meldete sich mit Priorität Eins? Beide hatten abgesprochen, dass nur im schwerstwiegenden Notfall diese Priorität benutzt werden durfte. Admiral Rangun hoffte, dass es nichts wirklich ernstes war. Die Coregius zu verlieren kam einer Kapitulation gleich...

„Ziel auf Kurs 2,386“, kam die Meldung über die Brücke. Captain Alex Byron saß im Kommandosessel der Coregius. „Feuer auf Ziel konzentrieren. Schickt sie zu ihrem Schöpfer“, rief er dem Waffenoffizier zu. Kleine Schweißperlen liefen über seine Stirn und brannten in seinen Augen. Auf dem Hauptschirm war zu sehen, wie sich die Laser des Trägers entluden. Blaue Strahlen leckten über die Außenhaut des feindlichen Jägers und an einzelnen Stellen zeigte sich tiefe Risse die Rot glühten – ein Zeichen für Brände an Bord. „Feind versucht Abstand zu gewinnen“, meldete der Navigator während er die Anzeigen studierte. „Überrollt sie!“, gab Byron kalt von sich. „Aye, Sir“, der Navigator nickte und beschleunigte den Träger. Immer schneller werden schoss der, knapp 450.000 Tonnen wiegende Träger auf das kleine Schiff zu. „Aufprall in zehn Sekunden!“, meldete der 1. Offizier und hielt sich an den Lehnen seines Sessels fest. Byron beugte sich nach vorne und beobachtete gebannt das grausamen Schauspiel. Er dachte an den Captain des feindlichen Schiffes, der sich tapfer gewehrt hatte. „Kontakt!“, schrie der Navigator und die Coregius bockte kurz, als die Schiffe aufeinander prallten. Knirschend und Knackend rieben sich die Rümpfe aneinander. Das kleine Schiff wurde von dem Träger überrollt und geriet nicht mehr kontrollierbar in Rotation. Wrack- und Leichenteile trieben im All. Luft und Blut entwichen explosionsartig. „Status!“ befahl Byron und stand wie ein Feldherr vor seinem Kommandosessel. „Schiff ist manövrierunfähig. Drei Überlebende an Bord. Sollen wir sie aufnehmen?“ Byron dachte kurz nach und schüttelte schließlich den Kopf. „Nein. Sie würden uns nur lästig werden. Heckraketen Eins und Zwei scharf machen. Wenn bereit Ziel anvisieren und feuern“ mit einem teuflischen Grinsen wandte er sich vom Hauptschirm ab. Der Waffenoffizier nahm die Einstellungen vor. „Raketen abgefeuert“, meldete er gehorsam. Zwei gleißende Punkte flogen auf das feindliche Schiff zu.

Die Raketen bohrten sich in die schon stark beanspruchte Außenhaut und detonierten, als sie die Hülle durchdrungen hatten. Eine Feuerwelle breitete sich über die noch bestehenden Korridore aus und erreichte zu guter letzt das massive Schott der Brücke. Zuchtmeister* Hari vom Planeten Kestres sah wie sich der Durchgang unter der Hitze und dem Druck verformte. Schnell betätigte er den Schalter des Notrufes und lies sich wieder in den Kommandosessel sinken. „Mutter, bald bin ich bei dir“, flüsterte er mit kehliger Stimme. Das Schott gab der Belastung nach und schlagartig stieg die Temperatur um mehrere Hundert Grad. Hari empfand Schmerzen. Das Blut schien unter der Haut zu kochen. Sein Blick verschwamm, als seine Augäpfel sich langsam in kochendes Gele verwandelten. Dann erreichte ihn der sich ausdehnende Feuerball und innerhalb von Sekunden wurde er vom Schmerz getrieben ohnmächtig. Seine Haut färbte sich braun, dann schwarz. Die Explosionen hatten sich bis zum Reaktorraum fortgepflanzt und unterbrachen die Stromzufuhr der Eindämmung. Von alledem bekam Hari nichts mehr mit. Sein Körper saß reglos und verbrannt im Kommandosessel auf der Brücke. Wenigstens konnte ihm keiner eine Pflichtverletzung nachsagen. Er war geblieben und für seine Rasse gestorben. Hari war in alter Tradition mit seinem Schiff untergegangen. Der Notruf war gesendet und sein letzter Befehl war ausgeführt worden. Die zwei weiteren Überlebenden nach dem Zusammenstoß, waren mit einer Rettungskapsel entkommen. Dem Träger abgewandt und sich entfernend flogen sie ins kalten Weltall und hofften auf baldiges gefunden werden.

Mit befriedigender Genugtuung sah Byron wie das Schiff auseinander platzte und wiederholt zollte er dem feindlichen Captain seine Dankbarkeit. Er mochte es nicht, wenn man es ihm zu einfach machte. Dieser Kestaraner hatte sich gewehrt und seinem Schiff sogar einigen Schaden zugefügt. „Schadensmeldung direkt an mich“, befahl er seinem 1. Offizier. Eine Person mit schwarzem langen Haar trat neben seinen Kommandosessel. „Jägerstaffel 12 verlor zwei Schiffe, als das Hangardeck getroffen wurde. Triebwerk Eins wird erst in drei Stunden wieder einsatzbereit sein. 23 Besatzungsmitglieder erlitten leichte Verletzungen. Keine Todesfälle“, klärte ihn eine geschmeidig klingende weibliche Stimme. Byron nickte und blickte in die lieblich drein schauenden blauen Augen von Commander Eve Walken. „Alles in allem haben wir uns gut geschlagen“, meinte sie und wandte sich ab um an ihre Konsole zurück zu kehren. „Dies war nur ein Schiff, Eve. Was passiert, wenn uns eine ganze Flotte gegenübersteht?“, gab der Captain zu bedenken. „Dafür wurde sie gebaut, Sir. 25 Jägerstaffeln kommen einer Flotte gleich. Nicht umsonst ist die Coregius das Flaggschiff der Fraktion und sie der Captain“, erwiderte sie. Schmeicheleien mochte Byron ebenfalls nicht, aber er kannte seine Fähigkeiten und bestätigte das gesagte mit einem weiteren nicken. „Ich bin in meinem Quartier, Eve. Sie haben die Brücke“, sagte er und stand auf. Der Captain warf noch einen letzten kontrollierenden Blick über die Brücke. Seine Augen blieben an Commander Walken haften. Drei Wochen waren sie nun unterwegs und Walken hatte sich als treue Verbündete erwiesen. Byron spürte wie in ihm ein nicht ganz unbekanntes Gefühl empor stieg. Er schloss schnell die Augen und verdrängte es. „So etwas kannst du dir nicht erlauben! Du bist der Captain und sie deine Untergebene!“, rief er sich innerlich zur Ordnung und begab sich schließlich zum nächsten Schott. Er musste noch eine Mitteilung an Rangun schreiben...

Auf dem Planeten Kestres III war es, wie auf der Erde, dunkle Nacht. Erwachsene und Kinder lagen friedlich in ihren Betten und schliefen. Einzig im höchsten Gebäude der Stadt brannte im obersten Stockwerk noch Licht. Keldon Hajem, Oberzuchtmeister* von Kestres, saß hinter seinem Schreibtisch und ging immer wieder die eine Aufzeichnung durch. „Unbekanntes Schiff, vermutlich Irdischer Herkunft, griff KWS Invisor an und zerstörte es“, murmelte er. Seine spitzzugehende Oberlippe zuckte leicht. Er brauchte gar nicht auf weitere Bestätigungsmeldungen warten. Zuchtmeister Hari war tot, soviel stand fest. „Ein unbekanntes Schiff?“, dachte er und hieb mit der geballten Faust auf den Tisch. „Rangun! Das ist dein Werk!“, brüllte er mit kehliger Stimme. Hajem begann mit schnellen Schritten hin und her zu laufen. Fieberhaft spielte er alle denkbaren Möglichkeiten durch. Er kannte seinen irdischen Gegenspieler, war ihm sogar zwei oder drei mal auf irgendwelchen Empfängen begegnet. „Friedensverhandlungen nannte die Menschen das“, sagte er in Gedanken zu sich selbst. Oberzuchtmeister Hajem war immer noch über das verschwinden des, zur Erde entsandten Diplomatischen Korps erschüttert. Er selbst hatte nicht daran teilnehmen können. Seine Tochter Hirun war krank geworden und musste zum Heiler gebracht werden. Glück im Unglück hatte er sich selbst gesagt und sich die Beteuerungen Ranguns angehört, der darauf schwor, dass er nichts damit zu tun habe. „Nichts damit zu tun. Hah! Du hast nur gewartet, bis du deine Trumpfkarte erschummelt hast. Aber nicht mit mir, General Rangun“, sagte er, als er aus dem riesigen Fenster zur Stadt hinunter schaute. Über ihm, zwischen den Sternen seines Heimatsystem schwebte die Kestereanische Flotte. Über hundert Schiffe standen unter seinem Kommando. Sie alle waren zur Verteidigung gedacht, einen direkten Angriff gegen die Erde konnte er damit niemals durchführen. Dafür fehlten ihm die erfahrenen Kommandanten und mindestens zweihundert neue Schiffe. Das Hari im Kampf gefallen war, machte die Sache nicht gerade leichter. Insgesamt führten nur zwanzig Schiffe eine wirkliche Raumerkundung durch. Alle Schiffe von qualifizierten Kommandanten geführt. Sie hatten schon eines oder mehrere Gefechte gegen Erdenschiffe überstanden. Rangun war dadurch in die Ecke gedrängt worden. General Yallah Ranguns Verluste an Mannschaften und Schiffe war eigentlich pro Schlacht sehr gering. „Aber was unter der Entabrechnung steht ist wichtig“, dachte Oberzuchtmeister Hajem. Die Entdeckung eines unbekannten Schiffes machte ihm eigentlich keine Sorgen. Das Problem war, er wusste noch nicht was es war. Ein Zerstörer? Ein Kreuzer? Oder vielleicht sogar ein Träger. Hajem schüttelte den Kopf. Die Concordia Fraktion verfügte über keine. Sein Geheimdienst hätte dies schon lange vor dem Start des vermeintlichen Schiffes gemeldet. Aber die Ungewissheit lies ihm keine Ruhe. Er ging zu seinem Schreibtisch und rief seinem Protege. Meister* Fir` Gahan trat wenige Minuten später in das Büro ein. Seine grauen Haare wahren nicht untypisch für einen Kestaraner im alter von dreißig Jahren. Über der spitzzulaufenden Lippe wuchs ein Oberlippenbart. Gahan hatte es sich von einem der Erdlinge auf einer „Friedensverhandlung“ abgeschaut. Hajem fand es unattraktiv. Aber er gestand seinen Männer Freiheiten zu, mochten sie noch so abwegig sein. Was gut für die Moral war, war gut für den Sieg. „Sie wollten mich sprechen, Oberzuchtmeister“, kam es mit einer etwas sanfter klingenden kehligen Stimme von Gahan. „Ja Fir`. Ich habe eine Aufgabe für sie“, begann Oberzuchtmeister Keldon Hajem...

An Bord der Coregius war es Nacht. Die Lichter in den Korridoren waren gedämpft und nur wenige Besatzungsmitglieder hatten Dienst. Die Offiziersmesse war am Tag sehr gut besucht. Die Nahrungsreplikatoren summten normalerweise unablässig doch jetzt waren sie still. Die Tische, meist voll besetzt waren jetzt leer. Nur ein besetzter Stuhl stand vor dem großen Panoramafenster. Captain Alex Byron nippte an seinem Kaffee und starrte die langsam vorbeiziehenden Sterne an. Auf seinem Schoss lag ein elektronisches Pad mit den Schadensmeldungen vom letzten Gefecht. „Woran denken sie, Captain?“, erklang die Stimme von Commander Eve Walken hinter ihm. Byron lächelte ungewollt. „Sie haben keinen Dienst. Warum sind sie nicht in ihrem Quartier und schlafen?“, stellte er die Gegenfrage. Es sollte scherzhaft klingen, aber ein leichter Kommandoton schlich sich ein. Commander Walken versteifte sich. „Entschuldigen sie Captain“, antwortete sie und er hörte wie sie sich zum gehen umwandte. „Bitte bleiben sie, Eve“, sagte er nun sanfter. Eve Walken blieb verwirrt stehen. Byron merkte wie seine Handfläche nass wurden. „Ich habe mehr Angst vor ihr, als vor der ganzen kestreanischen Flotte“, dachte er amüsiert. Er leckte sich über die trockenen Lippen und versuchte seine Worte mit Bedacht zu wählen. „Was ich eben sagte, war ein Scherz. Ich freue mich, dass sie noch wach sind. So können wir uns mal ungestört unterhalten. Setzen sie sich doch“, er zog einen Stuhl vom Tisch zurück und legte das Pad auf den Tisch. Eve trat an ihm vorbei und setzte sich hin. Genau wie er trug sie jetzt zivile Sachen und Byron stockte kurz der Atem. Die sonst so kalte Commander Eve Walken trug jetzt eine weiße Hose und ein schwarzes Top, was mehr zeigte als er bis jetzt von ihr gesehen hatte. Ihre sonst zu einem Zopf zusammengebunden Haare waren offen und reichten bis über die Schultern. „Worüber wollen sie mit mir reden, Captain?“, fragte sie und lehnte sich zurück. „Eve. Nennen sie mich Alex. Wir sind hier nicht im Dienst“, sagte er und schaute fesselnd in ihre Augen. Ihr Mundwinkel zuckte bei der Antwort kurz. „Also gut... Alex“, gab sie zögernd von sich. Alex Byron lächelte wiederholt und wieder setzte diese Gefühl in seinem Magen ein. „Wieso halten sie die Schlafperiode ebenfalls nicht ein?“, fragte er und trank einen Schluck Kaffee um das trockene Gefühl im Mund zu verbannen. Eve Walken wandte sich auf ihrem Stuhl hin und her. Man sah ihr an, dass ihr die Antwort peinlich war. „Dies ist meine erste Raumpatrouille hinter den feindlichen Linien. Es macht mir ein wenig Angst. Deshalb streife ich Nachts durch das Schiff und genieße die Ruhe. Es beruhigt mich etwas und manchmal schaffe ich es, dann doch noch ein oder zwei Stunden zu schlafen“, antwortete sie und wandte den Blick von ihm ab. Captain Alex Byron wusste wie es ihr ging. Als er das erste mal auf Feindflug war konnte er die kompletten zwei Wochen nur drei bis vier Stunden schlafen. Leicht zitternd tastete seine Hand nach ihrer und berührte sie schließlich. Eve zuckte leicht zusammen, zog aber die Hand nicht weg. „Das muss ihnen nicht peinlich sein. Auch ich habe meine Schwächen und Ängste die mich in der Nacht wach halten. Es tut gut jemanden zu kennen dem es genauso geht“, entfloss es leise seinen Lippen und erleichtert bemerkte Byron wie Walken ihn überrascht ansah. „Sie und Angst? Alex... ich habe immer gedacht, dass...“, begann sie doch der Captain der Coregius stand auf und trat an das große Panoramafenster heran. „... das ich unnahbar wäre und vor nichts in Gottes Universum zurückschrecke?“, beendete er den Satz und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Commander Eve Walken nickte nur. „Nun Eve. Dem ist nicht so. Schauen sie...“, säuselte er und zeigte auf die Sterne. Walken trat neben ihm. „Die Sterne. Milliarden von Kilometern die es zu erforschen gibt. Ich würde lieber durch das Universum streifen ohne Angst haben zu müssen, dass ein kestreanischer Jäger hinter mir auftauchen könnte. Ich bin noch nie einem Kestaraner persönlich begegnet aber trotzdem sind sie meine Feinde. Und seien wir ehrlich Eve. Die Coregius so gut sie auch sein mag, kann den Verlauf dieses Krieges nicht beeinflussen. Das einzige was wir tun, ist unsere Niederlage hinauszuzögern und noch mehr Leben in den Tod zu reißen. Hinter diesen weißen Punkten in der Ferne könnte eine ganze Flotte warten und uns innerhalb von fünf Minuten zur Hölle schicken. Wäre es nicht wundervoll einfach nur die Sterne zu sehen, zwischen ihnen umherzufliegen? Keine Statistiken über das Kampfgeschehen zu lesen oder einen Sensorscan nach feindlichen Schiffen zu machen? Wäre das nicht wundervoll Eve?“, resümierte Byron mit halbgeschlossenen Augen und wandte dann den Blick wieder zu ihr. Eve Walken stand mit offenem Mund da und starrte ihre Vorgesetzten an. „Alex, dass...“ Er legte einen Finger an seine Lippen. “Keine Worte mehr”. Alex Byron beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie zaghaft...

Meister Fir` Gahan trat durch das Schott und stand nun im Zentrum seiner Macht – der Kommandozentrale seine Schiffes. Auf der Brücke herrschte Hochbetrieb. Einige Techniker arbeiteten noch an offenen Konsolen. Die Brückenbesatzung selbst bereitete den Kestreanischen Kreuzer KWS Invander auf den bald folgenden Start vor. „Status!“, rief er aus und mit Genugtuung sah er wie einige der Offiziere zusammenzuckten. Ein etwas untersetzter Kesteraner trat auf ihn zu und salutierte. „Meister Gahan! Das Schiff ist in wenigen Minuten startbereit. Alle Systeme funktionieren zu hundert Prozent. Vorräte und Waffen wurden heute Morgen vollständig an Bord übertragen. Zehntausend Kilometer von unserer jetzigen Position warten die Zerstörer KWS Trinidad, KWS Elias und der Jäger KWS Sprint darauf sich uns anzuschließen“, meldete der Mann und wandte sich wieder ab um zu seiner Konsole zurückzukehren. Gahan nickte und setzte sich in den Kommandosessel. „Kommunikation! Ist schon eine Nachricht vom Oberzuchtmeister eingetroffen?“, fragte er. „Ja, Meister Gahan. Soll ich das Kommunique in ihr Quartier legen?“, erwiderte die weibliche Person an der Kommunikationsstation. Fir` überlegte einen Moment und schüttelte dann den Kopf. „Nein, ich habe nichts zu verbergen“, entgegnete er und unterstrich seine Worte mit einer auffordernden Handbewegung. Die Kommunikationsoffizierin nickte unsicher und betätigte einen Knopf. Der große Hauptschirm der Brücke erwachte zum leben und zeigte Oberzuchtmeister Keldon Hajem der vor einem Panoramafenster, was den Volksgarten nahe des Regierungsgebäudes zeigte, stand. „Ich grüße sie Fir`“, leichte röte stieg in das Gesicht des Meister als sein Vorname genannt wurde. „Ich schicke ihnen diese aufgezeichnete Nachricht, da mich im Moment einige wichtige Besprechungen plagen. Sonst hätte ich sie gerne persönlich verabschiedet“, ein Lächeln huschte über das Gesicht von Hajem. „Nun, gut. Sie kennen ihre Mission und ich rechne damit, dass ihre Crew auch bald bescheid weiß. Finden sie das unbekannte Schiff und bringen sie es zur Strecke. Ihnen stehen drei der besten Raumflottenkommandanten zur Verfügung, dass müsste genügen. Falls es sich, wie meine Berater mir mitteilten, um einen Träger der Concordia Fraktion handeln sollte... „ Hajem neigte den Kopf und überlegte – wählte seine Worte sorgfältig. „... bleiben sie in Sensorreichweite und untersuchen sie das Schiff erst. Sie kennen die Protokolle für diesen Fall besser als ich, Fir`. Ich verlasse mich darauf, dass sie das richtige zur richtigen Zeit veranlassen. Und noch eins Fir`: Keine Heldentaten. Lieber lebend zurückkehren als unnütz sterben. Kestress betet für sie alle und möge die große Mutter des Weltalls ihre Gutmütigkeit und Weisheit auf ihre Schiffe regnen lassen. Hajem Ende...“, damit verblasste das Bild des Oberzuchtmeisters vom Hauptschirm. Auf der Brücke herrschte schweigen. „Das richtige zur richtigen Zeit? Ein merkwürdiger Befehl“, dachte Fir` und stand auf. „Navigator! Bringen sie uns raus. Ich habe eine Verabredung mit einem Eindringling, die einzuhalten gedenke“, befahl er und schritt über die Brücke während die Crew hastig arbeitete. „Beschleunigen und verlassen das Raumdock“, meldete der Navigator und grinste. „Endlich unternehmen wir mal etwas sinnvolles gegen den Feind“, sagte er sich insgeheim. Der Kreuzer Invader glitt leicht beschleunigend an den anderen Schiffen vorbei und schloss zu einer außerhalb wartenden Gruppe auf. Fir` betrachtete die drei anderen Schiffe die seinen kleinen Verband bilden sollten. Sie waren groß und stark bewaffnet, aber dennoch musste er sie mit bedacht einsetzen. „Schiffe bestätigen die volle Einsatzbereitschaft. Wir können los, Sir“, gab der 1. Offizier von sich und starrte weiterhin auf die Anzeigen seines Bildschirms. „Sehr gut. Nehmen sie Kurs auf die uns letzte bekannte Position der Invisor. Maximale Geschwindigkeit. Sensoren auf höchste Leistung, ich möchte keine bösen Überraschungen erleben“, sagte Gahan zufrieden und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Jetzt hatte er erst mal Zeit um über alle Möglichkeiten der noch folgenden Begegnung nachzudenken. Er musste alle Eventualitäten berücksichtigen. Immer wieder schwirrten ihm die Worte des Oberzuchtmeisters durch den Kopf: „Das richtige, zur richtigen Zeit“ „Aber was ist das richtige?“, fragte sich Fir` daraufhin. Der Meister schloss die Augen um nur seine Gedanken zu sehen, noch war Zeit...

Rangun saß nachdenklich hinter seinem Schreibtisch und starrte die fünf Männer an, die nacheinander Bericht erstatteten. Es war eine dieser Routinesitzungen, die er zutiefst hasste. Es gab wichtigeres zu tun. „Nun gut. Alles im allem ist unsere Lage nicht ganz hoffnungslos. Wäre das für heute alles?“, fragte er gelangweilt. Der Operationsoffizier des irdischen Geheimdienstes schüttelte den Kopf. „Nicht ganz, Admiral. Aber dies sollten wir unter vier Augen besprechen“; antwortete er leise. Die anderen vier Offiziere nickten, standen auf und verließen den Raum. „Nun Fenton?“, fragte Rangun und machte sich schon auf eine weitere Debatte gefasst, die nur sein Rang siegreich beenden konnte. „Wo ist die Coregius?“, schoss dem Offizier die Frage raus. Rangun schüttelte den Kopf. „Das brauchen sie nicht zu wissen, Fenton. Wollen wir das jetzt jede Woche durchkauen?“ „Diese und jede andere wenn es sein muss! Als Leiter des Geheimdienstes muss ich das Vorgehen ihrerseits kennen“, gab Fenton hitzig von sich. Rangun erhob sich hinter seinem Schreibtisch. „Colonel! Für diese Operation ist es notwendig, dass nur ich Bescheid weiß“, der Blick des Admirals trübte sich. Mit dem Wort „Operation“ hatte er schon mehr gesagt, als er eigentlich preisgeben wollte. Colonel Fenton lächelte süffisant und strich sich mit einer Hand durch das leicht ergraute Haar. „Nun Admiral. Dann kann ich also davon ausgehen, dass die Coregius nicht auf einem Übungsflug ist?“, fragte er und war auf die Reaktion des Admirals gespannt. „Die aktuelle Lage zwang mich dazu, etwas anderes zu unternehmen. Der Träger passte gut ins Bild und deshalb...“, aber der Colonel unterbrach ihn sofort. „Die aktuelle Lage! Wir hatten erfolgreich mit den Kestaranern ein Abkommen geschlossen und sie lassen das Schiff hochgehen!“, schrie Fenton und hieb auf den Tisch. Die Augen des Admirals weiteten sich. Nie hatte jemand mit ihm so gesprochen. Der letzte der es versucht hatte, saß jetzt weit entfernt auf einem Außenposten. „Sie vergreifen sich im Ton, Colonel Smith!“, gab der Admiral kalt von sich. Fenton lachte leise. „Mal sehen, ob ich mich jetzt auch vergriffen habe. Ihre Techniker sabotierten die Aurora indem sie sie mit falschen Sensorendaten speisten. Das Schiff sollte nie auf Kestress ankommen, nicht wahr? So hatten sie die Möglichkeit die Coregius ins Spiel zu bringen und haben mit einer Invasion des Kestarianischen Territoriums begonnen“, erklärte Colonel Smith und beruhigte sich etwas. Es amüsierte ihn den Admiral in seiner Lage zu sehen. „Wir haben Krieg“, rechtfertigte Rangun lahm. „Jeder Krieg geht mal vorbei, Admiral. Sie sollten wissen, dass einer meiner Agenten mir von hektischen Aktivitäten auf der Seite des Gegners berichtet hat. Vor ungefähr drei Stunden ist ein kleiner Verband, bestehend aus vier Schiffen losgeflogen. Sein Ziel ist uns unbekannt. Aber sie dürften wissen wohin der Flug geht. Oder Admiral?“, provozierte der jüngere Offizier den Admiral. „Ich muss sofort die Coregius...“, begann Rangun und wandte sich dem Computer zu. Smith stand auf, drückte einen Knopf und der Computerbildschirm sank in den Schreibtisch. „Sie werden gar nichts tun, Admiral. Gemäß Artikel 34 Absatz 2 des Fraktionsbundes enthebe ich sie ihres Kommandos. Sie werden angeklagt, den bevorstehenden Frieden mutwillig sabotiert zu haben. Weiterhin kommt die Ermordung eines Diplomatischen Korps der Kestaraner und einer Frachterbesatzung hinzu“, erklärte er kalt und ruhig. Dann betätigte er einen weiteren Knopf und die Bürotür öffnete sich. Zwei bewaffnete Männer in Uniform und die vier Offiziere betraten den Raum. „Gut gemacht, Colonel Smith“; dröhnte die barsche Stimme von Captain Timothy McPherson durch den Raum. Seine massige Gestalt lehnte sich gegen den Schreibtisch. „Haben sie die ihnen vorgeworfenen Anklagepunkte verstanden, Admiral?“, fragte er direkt. Rangun saß mit offenen Mund hinter seinem Schreibtisch und brachte kein Wort heraus. „Ich fasse das als ein „Ja“ auf. Abführen!“, sagte McPherson und schaute Fenton Smith an. „Wir werden ihn Morgen vor Gericht bringen. Ich habe das alles schon mit dem Obersten Gericht abgesprochen. Ich selber werde die Anklage vertreten“, erklärte der frühere Anwalt und jetzt zuständige Mann für die Waffenforschungsabteilung der Fraktion. „Das ist unhaltbar!“, donnerte Admiral Rangun und stand auf. „Ich habe im Interesse unserer Welt gehandelt. Die Kestaraner werden niemals aufhören. Der Frieden wird ein oder zwei Jahre halten und dann werden diese Bastarde gestärkt in den Kampf zurückkehren“, schrie der Admiral weiter und stieß einen der Wachmänner von sich weg. „Fassen sie mich nicht an! Ich kann alleine laufen!“ Unsicher schauten die Wachmänner die anderen Offiziere an. „Admiral Rangun! Sie sind nicht das Opfer, die gesamte Fraktion ist das Opfer ihrer Kriegslust. Aber da sie ihre Pflicht im allgemeinen, bis auf wenige Ausnahmen ausgeführt haben... könnten wir zu einer Übereinkunft kommen. Sie wissen, was ihnen blüht wenn sie schuldig gesprochen werden? Das Erschießungskommando poliert schon die Gewehre. Andererseits... an Dock 5 liegt ein kleiner Hochgeschwindigkeitsgleiter, betankt und proviantiert für mehrere Monate. Nehmen sie ihn und die Sache fällt unter den Tisch. Das ist die Chance die wir ihnen bieten. Denken sie ein paar Minuten darüber nach, alter Freund. Wir warten draußen“, erklärte Smith und winkte den anderen zu. Die Leute verließen den Raum und Rangun sank in seinen Sessel zurück. „Was soll ich tun? Die Kestaraner werden den Frieden niemals halten“, sann Rangun und betätigte einen Knopf an seinem Terminal. „Es gibt immer einen Weg...“, sprach er leise und wartete bis der Computer die erforderlichen Daten herausgesucht hatte. Ihm wurden neunzehn Personen angezeigt die er selbst rekrutiert hatte – Captain Alex Byron eingeschlossen. Mit allen reden konnte er nicht, dafür war die Zeit zu kurz. Aber eine kurze schriftliche Mitteilung dürfte reichen. Schnell tippte der alte Admiral die Zeilen hinunter und verschickte die Nachrichten. Jetzt musste er nur noch einen geeigneten Ort für sein Vorhaben finden. „Computer, suche und zeige mir alle stillgelegten Außenposten der Fraktion“, flüsterte er leise und sofort wurden ihm drei Möglichkeiten geboten. Schnell entschied er sich für die günstigste, sandte mehre Datenblöcke und die Koordinaten zu dem Gleiter in Dock 5. Gerade rechtzeitig klappte er den Bildschirm des Computers hinunter als die Bürotür aufging und Smith mit den anderen hereinkam. „Nun, Admiral? Wie haben sie entschieden?“, fragte der Colonel und kannte die Antwort bereits. Rangun war im Grunde ein Feigling und würde dem Tod nie freiwillig ins Gesicht sehen. „Colonel! Auch wenn mich ihr Verhalten immer noch zu irritieren vermag. Ich akzeptiere ihre Bedingungen und möchte aber ebenfalls eine stellen“; gab der Admiral selbstsicher von sich. Smith sah zu McPherson. Dieser nickte mit einem achselzucken. „Nun gut. Was wollen sie?“ Rangun stand auf und trat ans Fenster, wie er es so oft in den letzten Jahren getan hat. Smith wunderte sich über die wieder entflammte Kaltschnäuzigkeit von Rangun. Rangun besah sich die Landschaft und atmete tief durch. „In diesem Komplex arbeiten drei Personen die mir persönlich sehr am Herzen liegen. Sie halfen mir bei den Vorbereitungen aller Missionen die sie so missbilligen. Ihnen dürfte ein weniger milderes Urteil zu Teil kommen, oder? Ich verlange, dass diese Personen bei Dock 5 auf mich warten. Sagen wir als Geste guten Respekts“, erklärte der Admiral und drehte sich um. Wie er erwartet hatte, waren die Leute überrascht. McPherson trat einen Schritt vor. „Admiral, dass...“ Colonel Smith unterbrach ihn. „Genehmigt“, und warf einen Blick zu McPherson der sagte: „Je schneller er Weg ist, desto besser“ McPherson nickt unsicher und deutete mit der Hand in Richtung Tür. „Bitte sehr, Admiral. Die Eskorte wird sie noch zum Dock bringen... wir wünschen ihnen eine gute Reise. Ihre Leute werden am Dock auf sie warten“, sagte er und salutierte ein letztes Mal vor seinem ehemaligen Vorgesetzten. Rangun salutierte ebenfalls und verließ das Büro, gefolgt von den beiden Wachmännern.

Die Türen des Aufzuges öffneten sich und Rangun betrat das Dock. Es war gespenstisch ruhig. Keine Arbeiter, keine Verladeroboter nur drei Leute die bei einem kleinem Schiff standen. Die Wachmänner blieben im Aufzug. Die Türen schlossen sich und Rangun ging auf die Leute zu. „Sir? Was ist passiert?“, fragte einer und schüttelte die dargebotene Hand. „Es fällt alles auseinander. Wir müssen es über einen anderen Weg versuchen“, erklärte der Admiral und ging auf den Eingang des Gleiters zu...

- Ende -

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.12.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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