Polina Bessange

Vielleicht hiess es Liebe Fortsetzung

Während die drei mit einander herumalberten, sass Lauren wie versteinert da, stumm und verärgert. Obwohl nichts ungewöhnliches passierte-ihre Freundinnen waren für Jungs schon immer wie ein Rotsignal für Stiere. Nur hatte es Lauren nie so aufgeregt wie jetzt. Die beiden schienen es für eine Art Pflicht zu halten, alle männlichen Wesen anzumachen. “Oder hattest du etwa damit gerechnet, dass er vor Begeisterung umkippen würde, wenn er dich sieht?“-hämmerte es in Laurens Kopf. Sie war nun mal ein graues Mäusschen, das zwei Freundinnen hatte, die wie Verkörperung aller männlichen Träume aussahen.“Eher kriegst du den Nobelpreis, als lernst du endlich jemanden kennen“-zischte eine Stimme in ihr.
Es musste so kommen, dass Er in der gleichen Stadt wohnte wie Lauren und ihre Freundinnen. Er sei neu hierhergezogen, sagte er. Die Stadt war klein, und er wäre Lauren bestimmt aufgefallen, wenn sie ihn früher gesehen hätte. “Da kann man sich die Freude der weiblichen Bevölkerung vorstellen“-sagte sie spöttisch zu ihren Freundinnen. Martina(so hiess eine ihrer Freundinnen) sah sie lächelnd an-“ Du Lauren, hast du etwa Aussichten auf ihn?“-“So ein Quatsch! Nur weil er gut aussieht, muss ich nicht gleich Aussichten auf ihn haben!“-ärgerte sie sich. “ Im Zug hatte es aber ganz anders ausgesehen!“-Martina und Nicole lachten auf. Lauren erstarrte. Darum hatte er also gelacht-nachdem er gesehen hatte, wie verliebt sie ihn anstarrte! Er war nichts anderes als ein Schönling, der hin und weg von sich selbst war. Sie würde ihn vergessen, bestimmt.
Aber sie konnte ihn nicht vergessen. Denn er, Philippe, wurde Martinas Freund. Und so war Lauren gezwungen, ihn beinahe jeden Tag mit Martina rumknutschen zu sehen. Sie gaben ein schönes Paar ab. Wie geschaffen für einander. Und Lauren war immer noch verliebt. Sie wusste nicht, warum sie so verliebt war. Ja, er sah gut aus. Ja, er war witzig. Ja, er war sogar nett. Na und? Musste sie deswegen tagelang an ihn denken? Liebesbriefe schreiben, die sie natürlich nie abschickte? Zähne zusammenbeissen, wenn sie die beiden sah-Martina und ihn? Meistens sagte sie die Verabredungen mit ihren Freundinnen ab, bei denen er dabei war. Oder umgekehrt-sie kam mit, und benahm sich absolut bescheuert. Lachte viel zu laut, schoss mit blöden Witzen los oder flirtete mit Philippe. Martina und Nicole sahen sie mitleidig an-armes Ding, hoffnungslos verknallt. Er aber lachte sie eindeutig aus, nahm sie einfach nicht ernst. Ihre Verliebtheit amüsierte ihn. Irgendwann begann sie ihn zu hassen, oder redete sich das zumindest ein. Sie zogen einander ständig auf und wurden immer fieser zueinander. Als würden sie wettfeiern um Gemeinheit. Lauren hatte nichts zu verlieren-schliesslich war er derjenige, der sie zuerst erniedrigt hatte.
Dann, irgendwann als er nicht mehr mit Martina zusammenwar,fand in der Schule ein
Talentewettbewerb statt. Lauren hatte einen Song vorbereitet. Und es handelte, wie die meisten Lieder, von einer unglücklichen Liebe. Der idealste Song in ihrem Zustand. Sie sang wie sie noch nie gesungen hatte, und spürte die Tränen in ihren Augen. Sie sah in das Publikum und erstarrte-er war dort und sah sie an.Träumte sie? Nein, es war kein Traum. Was machte er da? An ihrer Schule? Woher wusste er von diesem Wettbewerb? Und sein Blick...nein, das war nicht er. Konnte nicht er sein. Als der Song vorüber war, klatschte das Publikum laut beifall. Doch sie hörte es nicht-sie sah ihn und in ihren Ohren hämmerte immer noch Musik. Ihr wurde heiss und sie konnte sich nicht von der Stelle rühren. Eine andere Schülerin stand bereits auf der Bühne und sah sie zerstört an. dann verliess Lauren endlich die Bühne und ging nach draussen. Sie hatte Kopfschmerzen. Was geschieht mit ihr immer, wenn sie ihn sieht! Er war nur gekommen, um Martina zu sehen, die auch einen Auftritt hatte. -Lauren,-jemand berührte ihre Schulter. Sie drehte sich um. Direkt vor ihr stand Philippe. er sah ernst aus. Sogar tragisch irgendwie. Schweigen. -Was machst du hier?-stiess Lauren mit einer peinlich piepsigen Stimme hervor.-Ich habe gehört, dass du singen kannst und wollte mal hören.-Und, wie schlimm war es?-fragte Lauren, um bloss etwas zu fragen. Die Frage, die sie stellen wollte, war-warum stehst du jetzt vor mir und siehst mich so an? Aber die stellte sie nicht. Dann fingen sie beide an, wild durcheinander zu reden, zu lachen und schliesslich sagte er, er liebe sie. Einfach so ohne weiteres sagte er es. Und sie glaubte ihm einfach so ohne weiteres. Doch sie kamen nie zusammen, denn sie fuhr weg. In eine andere Stadt. Und hinterliess ihm keine Adresse-er würde sie leicht vergessen, da würden ein Paar Briefe, die er ihr vielleicht am Anfang schreiben würde, nichts nützen. Und so endete etwas, was noch nicht begonnen hatte. Vielleicht war es Liebe?

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.12.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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