Klaus-Peter Behrens

Das Tor zwischen den Welten Teil 3

„Nun sieh dir das an. Unser Cowboy war auch schon hier“, sagte er und leuchtete auf den Boden. Direkt an der Wand, am Ende des Ganges, war ein kleiner Teil einer weiteren Zigarettenpackung zu erkennen. Dean ging hinüber und bückte sich, um sie aufzuheben, doch die Packung war eingeklemmt.
„Das glaube ich nicht! Die sitzt fest. Wie geht das denn?“
Tom betrachtete kritisch den Fels. „Sieht so aus, als ob sich diese Wand irgendwie verschieben läßt“, mutmaßte er.
„Du meinst, diese Wand ist eine Art Tür?“ Ungläubig musterte Dean den Fels. Die Wand war ungefähr drei Meter breit, gute zwei Meter hoch und schien aus massiven Gestein zu bestehen. Nichts wies darauf hin, dass sie sich bewegen lassen könnte. Mit aller Kraft stemmte er sich dagegen, doch der Fels gab keinen Millimeter nach.
„Bist du sicher?“, fragte er keuchend.
„Klar, irgendwo muß es hier so etwas, wie einen Schalter geben“, überlegte Tom und begann, die Gangwände abzusuchen. Doch auch eine halbe Stunde intensiver Suche, brachte sie dem Geheimnis keinen Schritt näher. Verärgert trat Tom gegen die Wand.
„Beruhige dich, es muß eine Lösung geben“, versuchte Dean ihn aufzumuntern. „Die Tatsache, dass die Schachtel unter dem Stein liegt, zeigt doch, dass unser Vorgänger den Weg gefunden hat. Vielleicht ist er sogar immer noch dahinter eingesperrt.“
„Dann wird er sich ja mächtig freuen, uns zu sehen“, spottete Tom. Dean grinste. „Laß uns noch einmal zurück zur letzten Gabelung gehen. Vielleicht kommen wir dort weiter“, schlug er vor. Kurze Zeit später standen die Freunde an besagter Stelle und wieder war es Tom, der etwas entdeckte.
„Ich habe mir deine Gravierungen zwar nicht so genau angesehen, aber das hier sieht so ähnlich aus“, sagte er und zeigte auf eine lange Reihe von winzigen Vertiefungen, Zeichen und Kerben. Bei exaktem Hinsehen stellten die Freunde fest, dass sich unterhalb dieser Reihe eine Spalte befand, die eine Fläche von circa einmetersechzig im Quadrat umrahmte.
„Was hältst du davon?“, fragte Dean.
„Erinnert mich an meine Computerspiele“, gab Tom zurück. „Vielleicht muß man hier auch nur kräftig drücken, um hinter das Geheimnis zu kommen.“ Dean hatte zwar seine Zweifel an dieser unwissenschaftlichen Theorie, trotzdem stemmte er sich gemeinsam mit Tom gegen die Fläche und zu seinem Erstaunen, ließ sich diese relativ problemlos ein Stück nach innen verschieben. Ermutigt schoben die Freunde gebückt weiter, bis auf der linken Seite eine kleine Kammer in ihr Blickfeld rückte, an deren Rückwand sich ein schlichter Hebel befand. „Und was nun?“, fragte Dean.
„Na was schon, wir ziehen dran und sehen, was passiert. Genau wie in den Computerspielen.“
„Aber hier kannst du dir kein neues Leben herunterladen, wenn es daneben geht“, wandte Dean vorsichtig ein.
„Angsthase!“ Tom packte den Hebel und zog ihn nach unten. „Das war’s.“
„Scheint nichts gebracht zu haben“, erwiderte Dean, doch plötzlich zuckte er erschrocken zusammen. „Spürst du das auch“, fragte er beunruhigt und musterte mißtrauisch den Boden.
„Ja, der Boden vibriert.“ Ein tiefes Summen stellte sich zusätzlich ein, begleitet von einem kratzenden Geräusch. Gleichzeitig fuhr der Steinblock langsam wieder in seine Ausgangsposition zurück.
„Sesam, öffne dich“, sagte Tom und grinste Dean an. „Frauen, Kinder und Dean bitte hinten anstellen.“
Aufgeregt rannten die beiden daraufhin den Gang entlang, doch als sie um die letzte Biegung kamen, blieben sie abrupt stehen. Die Felswand am Gangende war verschwunden! An ihrer Stelle befand sich nun ein rabenschwarzes Loch, das an den Rändern fluoreszierend grün leuchtete und den Eindruck ständiger Rotation vermittelte.
„Ich habe es mir überlegt, du hast den Vortritt“, sagte Tom ernüchtert. Dean näherte sich vorsichtig der unheimlichen Erscheinung und leuchtete mit der Lampe hinein, doch das Licht vermochte die Schwärze nicht zu durchdringen. Auch Tom trat nun näher heran und steckte probeweise eine Hand in den rotierenden, schwarzen Nebel. Beunruhigt stellte er fest, dass sein Arm einfach an der schwarzen Nebelwand zu enden schien. Plötzlich schwoll das Summen stark an. Eilig zog Tom die Hand wieder zurück. Irgendetwas sagte ihm, dass es besser sei, hier schleunigst zu verschwinden. „Weg hier!“, rief er erschrocken, doch da glühte auch schon das grüne Licht am Rande der schwarzen Öffnung so blendend auf, als habe es nur auf die Andeutung ihrer Flucht gewartet. Zugleich dehnte sich der schwarze Nebel ruckartig nach vorne aus und zog die Freunde unbarmherzig in das wirbelnde Chaos hinein. Deren Welt stand plötzlich Kopf. Es kam ihnen vor, als würde man ihre Körper gnadenlos auf ein winziges Maß zusammenpressen und sie nun durch endlose sich windende, stockfinstere Bahnen, einem unbekannten Ziel entgegen schleudern. Schnell verloren sie jedes Zeit- und Orientierungsgefühl. Der Fall schien kein Ende zu nehmen Als sie die Hoffnung, jemals wieder herauszukommen, schon aufgegeben hatten, explodierte plötzlich alles um sie herum in grellen Farben, so dass sie geblendet die Augen schlossen. Ohne Vorwarnung tat sich eine Öffnung auf und so unerwartet, wie die Reise begonnen hatte, war sie auch wieder zu Ende. Die Freunde schlugen derart hart auf dem Boden auf, dass ihnen schwarz vor Augen wurde. Dean war sofort bewußtlos. Das Letzte, was Tom sah, bevor auch er ohnmächtig wurde, war ein Gang. Dieser schien jedoch nicht mehr derselbe zu sein, in dem sie sich eben noch befunden hatten. Die Wände waren goldgelb und der Boden gefliest. Der Schein von flackernden Fackeln, die in regelmäßigen Abständen an den Wänden angebracht waren, tauchten den etwa drei Meter breiten und zwei Meter hohen Gang in ein angenehmes Licht. Das allein war schon ungewöhnlich. Mit Abstand am merkwürdigsten erschienen Tom aber zwei spitze Stiefel, die den größten Teil seines Gesichtsfeld ausfüllten und in ledernen Hosen mündeten. Es folgte eine Weste aus übereinanderlappenden, schuppenartigen Lederstücken und schließlich ein Gesicht, von dem man kaum etwas erkennen konnte, weil es von einem langen Vollbart und Haaren vollständig eingerahmt sowie von einer Kappe bedeckt war. Das Beunruhigendste an der ganzen Erscheinung war jedoch die Axt, die das circa einmeterfünfzig große Wesen in seiner rechten Hand hielt. Es war die größte, beidseitig geschliffene Axt, die Tom je in seinem Leben gesehen hatte und ihr Besitzer vermittelte nicht gerade den Eindruck, als ob er sie zum Holzhacken verwenden würde.
„Auch das noch“, murmelte Tom benommen. „Wäre ich doch bloß nach Florida gefahren.“
Dann wurde es Nacht um ihn.

Fortsetzung folgt ...........

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.12.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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