Volker Hofmann

Warum schreibe ich? & Warum ich schreibe:

Das Schreiben ist nichts anderes, als Gedanken zu materialisieren. Das Geschriebene gibt unsere Gedanken weiter an andere, manchmal auch nur an uns selbst. Gedanken sind flüchtig, das Geschriebene (be-)greifbar. Nicht immer, aber auch nicht so selten.
So kann ich Erlebtes verarbeiten, Gefühltes umsetzen und Gedachtes erhalten. Aber warum?
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Nun sitze ich hier, die Hand auf einem wohlgeformten Stück Kunststoff, dessen hochtechnisiertes Innenleben mir neue Welten erschließt.
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In dünnen Kupferdrähten stoßen Elektronen aneinander, in hauchfeinen Siliciumplatten finden Vorgänge statt, die aus den Zusammenstößen jener Elektronen zuletzt ein optisches Muster erzeugen, das meine Augen aufnehmen und das im ungleich komplexeren System meines Körpers zu erstaunlichen Resultaten führt.
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Nach der Eingabe des Passwortes im Autorenbereich angekommen, gehe ich die Liste meiner Machwerke durch. "Diese Geschichte wurde bisher x mal gelesen." Jetzt zeigen sich die Grenzen der Technik: Ich zweifle nicht daran, daß der von mir verfaßte Text so oft auf irgendwelchen Monitoren dargestellt wurde. Aber wurde der Text auch gelesen? Hier springt nun meine Eitelkeit in die Bresche, gibt der Vernunft einen wohlgezielten Tritt in den metaphorischen Hintern und verkündet im Brustton der Überzeugung, daß dieser Text natürlich auch gelesen wurde. Es ist schon erstaunlich, was Ziffern bewirken können.
Nachdem sich die Vernunft wieder aufgerappelt und den Staub von den Klamotten geklopft hat, weist sie erneut mit kühler Sachlichkeit darauf hin, daß es sich bei diesen Ziffern nur um ein Zählwerk handelt, welches rein physikalische Zugriffe addiert. Die Eitelkeit kneift ein Auge zu, mustert die noch leicht schwankende Vernunft und fragt höhnisch, woher denn wohl Benotungen und Kommentare zu den Texten kommen, wenn diese nicht gelesen würden. Die Vernunft kontert umgehend mit der Keule blanker Mathematik, Gegenfrage: Wie denn die zahlenmäßige Diskrepanz zwischen Benotungen/Kommentaren und "x mal gelesen" zustande kommt?
Nun gehen Eitelkeit und Vernunft richtig aufeinander los, gegen dieses Schauspiel ist Wrestling ein Beispiel für friedliches Miteinander.
Am Rande des Geschehens steht der Traum. Er nimmt das Gemetzel nicht wahr, sein Blick sieht nur den Verleger der vor mir kniet, mir einen Koffer (handgenäht, aus edelstem Leder) voller Geld hinhält und inständig darum bittet, meine Gedanken veröffentlichen zu dürfen - natürlich blieben alle Rechte bei mir.
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Ein kurzer Blick in die Mailbox. Weißt Du was, Traum? Du bist ein Knallkopp!
Aus der Arena winkt mir die Eitelkeit zu; grinsend, schwitzend, ziemlich zerzaust.
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Wieder in der Textverarbeitung von Sehrkleinweich gelandet. Ich schreibe.
Warum?

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.03.2002. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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