Hans Pürstner

Reich ins Heim, 3. Kapitel

Als Pilz ins Polizeipräsidium zurückgekehrt war, ging er erst mal in sein Büro, zog er seinen alten, abgewetzten Stuhl heran und ließ sich gemütlich nach hinten sinken. Er schloss die Augen und genoss die Ruhe. Keiner der Kollegen war im Raum und so hatte er die Muße, in Ruhe über alles nachzudenken. Was war denn geschehen? Eine ältere Dame war gestürzt, und an den schweren Kopfverletzungen verstorben. Aber warum gab es im ganzen Zimmer keine Blutspuren? Konnte die Verletzung irgendwo anders passiert sein? Aber wo hätte sie denn mitten in der Nacht hingehen sollen? Ein eigenes Badezimmer und WC war ja vorhanden. Wenn sie sonst etwas gebraucht hätte, war da ja die Klingel für die Nachtschwester. Außerdem hätte sie die Blutung ja mit irgendetwas stillen müssen, einem Handtuch oder ähnlichem. Nichts davon war gefunden worden. Dann war da noch die Aussage der Oberschwester, die in dieser Nacht Dienst hatte. “Frag den Adolf!“ Ich weiß nicht, die Frau kommt mir nicht ganz koscher vor. Ich weiß auch nicht, warum.
Er entschloss sich, das Ganze seinem Chef vorzutragen. Sollte er doch entscheiden, wie man weiter vorgehen würde. Gesagt, getan, Pilz schloss seinen Schreibtisch ab und machte sich auf den Weg zum Büro seines Dienststellenleiters, Hofrat Dr. Binder.
„Meine Verehrung, Herr Hofrat, hätten Sie wohl ein paar Minuten Zeit für mich?“
Pilz war einfach, ohne sich telefonisch anzumelden, ins Büro seines Dienstvorgesetzten gekommen. Etwas, das ich mir bei Doktor Heller, niemals erlaubt hätte, dachte er im Stillen. Denn sein neuer Chef war, zumal zehn Jahre jünger als er, auch in seinen Ansichten viel moderner eingestellt als dessen Vorgänger Doktor Heller.
„Kommen´s nur rein, Kollege Pilz, und setzen Sie sich her!“, antwortete sein Chef jovial und bot ihm einen Stuhl an.
„Meine Frau gibt heute Abend einen kleinen Empfang anlässlich der Eröffnung ihres Antiquitätengeschäfts in der Sporgasse. Sie würde sich sehr über Ihr Kommen freuen!“
„Ich komme selbstverständlich gerne, richten Sie das bitte ihrer Frau Gemahlin aus, Herr Hofrat!“
„Sagen Sie doch nicht immer Hofrat zu mir, Sie wissen doch, dass ich darauf gar keinen Wert lege, Herr Kollege Pilz!“ meinte Doktor Binder etwas vorwurfsvoll. Im titelverliebten Österreich zählt er mit dieser Einstellung sicherlich zu den großen Ausnahmen, dachte Pilz, der Titel eines Hofrats ist unter Beamten schließlich immer noch einer der heißbegehrtesten.
„Sagen Sie, Herr Doktor Binder, zu dem Empfang kommt doch bestimmt auch ihr alter Freund, der Kommerzialrat Schmid? Ich hab da seit heute einen neuen Fall im Altersheim „Waldesruh“ und bei Durchsicht der Bewohnerliste ist mir der Name Adele Schmid aufgefallen. Das ist doch die Gattin vom Kommerzialrat, nicht wahr?“
Pilz war es endlich gelungen, die Rede auf seinen neuen Fall zu bringen. Er schilderte seinem Vorgesetzten die ersten Eindrücke vom Tatort und fragte ihn dann scheinheilig:
„Wollen wir die Sache als Unglücksfall zu den Akten legen oder möchten Sie, dass wir Vorerhebungen durchführen?“
Der Hofrat hatte längst gemerkt, dass Pilz, einer seiner fähigsten Ermittler, die Sache für alles andere als einen Unglücksfall hielt und versprach ihm, sich sofort mit dem Untersuchungsrichter in Verbindung zu setzen.
„Ich möchte Sie nur bitten, meinen Freund, den Herrn Kommerzialrat mit der gebotenen Rücksicht zu befragen. Er leidet sowieso schon genug unter der Krankheit seiner Gattin, müssen wir ihn noch zusätzlich aufregen, indem wir ihn in einen Mordfall hineinziehen?“
„Selbstverständlich, Herr Doktor Binder, ich werde nichts tun, was nicht im Interesse der Ermittlungen ist. Aber ohne zu fragen, krieg ich halt auch keine Antworten!“, verteidigte sich Pilz.
„Ja, ja, ist ja gut, Herr Kollege! Sie machen das schon! Also dann bis heute Abend!“.
Das war die klare Aufforderung zu gehen und Pilz verabschiedete sich seinerseits.
Wenn er nur nicht immer so viel Angst hätte, dass er jemand auf den Schlips tritt, dachte Pilz verdrossen und kehrte zurück in sein Büro.Der Abend bei der Eröffnung des Antiquitätengeschäfts brachte für Pilz leider keine neuen Erkenntnisse, denn Kommerzialrat Schmidt war nicht sehr gesprächig gewesen, als man auf das Thema Altersheim, zu sprechen kam. Wahrscheinlich spielt da auch so etwas wie schlechtes Gewissen mit , dass er seine Pension in feiner Gesellschaft und bei bester Gesundheit genießen kann, während seine Gattin im Heim leben muss, dachte er bei sich.
So schnappte er sich am nächsten Morgen Vasic und machte sich noch einmal auf den Weg zum Heim Waldesruh, um sich mit der Heimleiterin zu unterhalten.
Beim ersten Besuch hatten sie sich wenig um die Außenansicht des Gebäudes gekümmert, bei einer Tatortbesichtigung in einem Mordfall war man immer froh, so schnell als möglich das Unvermeidliche hinter sich zu bringen. Diesmal jedoch sahen sie sich das Heim auch mal von außen etwas genauer an.
Das schon etwas ältere, aber hübsch anzusehende Gebäude lag auf einer Anhöhe, umgeben von einem kleinen Wald. Nur eine Mauer auf der Rückseite störte das gefällige Bild etwas. Die Bäume, hauptsächlich Buchen und Kastanien hatten schon einen Teil ihrer Blätter verloren, der Rest des bunt gefärbten Laubs gab im Schein der Herbstsonne ein romantisches Bild ab.
„Hier möchte ich mal wohnen, wenn ich alt bin!“ meinte Pilz seufzend zu Vasic,
„Pünktlich um zwölf steht mein Mittagessen auf dem Tisch und ich brauch mich um nichts mehr zu kümmern“
Sein Kollege frozzelte „Na ja, melde dich doch schon mal langsam an, weit hast du es sowieso nicht mehr bis zur Pension!“ und grinste ihn schadenfroh an.
„Reiß dein Maul nicht so weit auf, Vasic!“, konterte Pilz „Du wirst auch nicht jünger!“
Nach kurzem Suchen waren sie vor dem Büro der Heimleitung an gekommen, und die Pflegerin, die sie am Eingang nach dem Weg gefragt hatten, bat sie noch ein paar Minuten zu warten.
„Die Frau Magister telefoniert gerade mit dem Landeskrankenhaus, danach können sie mit ihr sprechen!“
„Frau Magister, wenn ich das schon hör“, raunte Pilz seinem Assistenten zu, „wir haben eh schon genug Doktoren und Ingenieure, jetzt fangen sie auch noch mit Magister an. Bald müssen wir selbst noch die Klofrau mit einem Titel ansprechen, obwohl ich der eher einen gönnen würde, als so manchem Akademiker.“
„Du bist ja eh nur neidisch, weil du selbst bloß mit acht Klassen Volksschule abgeschlossen hast!“, flachste Vasic. Pilz kam nicht mehr dazu, ihm eine entsprechende Antwort auf diese Bosheit zu geben, denn es öffnete sich die Tür und die Heimleiterin trat heraus.
„Grüß Gott, meine Herren, bitte kommen sie doch herein. Mein Name ist Pröll, Emmi Pröll!“
Freundlich bat sie die Besucher in ihr kleines Büro.
„Sie müssen schon entschuldigen, dass ich sie hab warten lassen, aber heute ist wieder ein furchtbar hektischer Tag. In der Nacht hatten wir zweimal den Notarzt hier, einer der Bewohner wurde gleich ins Spital gebracht, aber die Nachtschwester hat in der Eile vergessen, die persönlichen Unterlagen mitzugeben. Jetzt muss ich wieder sehen, ob ich jemand finde, der die Papiere ins Landeskrankenhaus bringt, sonst muss ich womöglich selber hinfahren. Und ich weiß so schon nicht, wo mir der Kopf steht! Und dann auch noch dieser schreckliche Unfall von Frau Eibel. Ich weiß gar nicht, warum da die Polizei gleich in so großer Besetzung kommt. Stimmt etwas nicht?“
Der Stress stand ihr ins Gesicht geschrieben, Pilz hatte direkt Mitleid mit der Frau. Deshalb ließ er ihre Frage vorerst unbeantwortet und sagte
„Wenn sie wollen, nehmen wir die Sachen auf dem Rück weg mit, das ist kein großer Umweg für uns!“
„Das wäre wirklich überaus freundlich von ihnen, Herr Oberinspektor, wie kann ich das denn bloß wieder gut machen?“
Auch wenn er von Natur aus ein hilfsbereiter Mensch war, so ganz ohne Hintergedanken hatte er sich Frau Pröll natürlich nicht angeboten. Er nahm wohl zu recht an, dass ihm einer der Spitalsärzte vielleicht ein paar Hinweise über das Seniorenheim geben konnte.
„Aber Frau Pröll, wenn ich helfen kann, dann mach ich das doch gern!“ raspelte er weiter Süßholz.
„Aber jetzt möchte ich doch zu der Sache kommen, wegen der wir eigentlich hier sind“, und blickte dabei seinen Assistenten etwas schuldbewusst an, weil dieser langsam ungeduldig geworden war. Kein Wunder, denn Pilz spielte gerne den Kavalier bei Damen seines Geschmacks und Vasic musste das dann meistens ausbaden. Wahrscheinlich würde ihn Pilz gleich anschließend mit dem Hinweis auf ganz dringende Termine anweisen, die Sachen im Landeskrankenhaus abzugeben.
„Wie Sie schon vorhin fragten, stimmt einiges nicht bei diesem Unfall. Und deshalb sind wir hier. Ich möchte Sie bitten, Frau Pröll, mir zuerst ein paar Auskünfte über die Dame zu geben. Wissen Sie, ob Frau Eibel irgendwelche Wertgegenstände in ihrem Zimmer verwahrte? Und war sie denn, ihrem Alter entsprechend, noch gut beisammen, oder war sie beim Gehen vielleicht unsicher?“ fragte der Oberinspektor.
„Zur ersten Frage kann ich nichts sagen, da fragen Sie lieber eine der Schwestern. Eigentlich sollen wertvoller Schmuck und ähnliches im Safe hier in meinem Büro aufbewahrt werden. Nicht dass sie jetzt glauben, hier wird gestohlen! Aber bei sehr alten Leuten kommt es öfters vor, dass sie etwas nicht finden und dann das Personal beschuldigen. Zu ihrer Gesundheit muss ich sagen, bis Ende des letzten Jahres war Frau Eibel voller Lebenskraft und gehen konnte sie wie ein junger Mensch!“, antwortete sie. „Aber dann wurde bei ihr eine Hüftoperation durchgeführt, im Anschluss daran musste sie auch nach ihrer Entlassung aus dem Spital noch lange Zeit liegen. Seither klagte sie oft über Schmerzen. Es bildete sich eine offene Wunde auf ihrem Unterschenkel“ erzählte die Heimleiterin und fügte hastig hinzu „Aber die ist bestimmt schon im Spital entstanden!“
Pilz antwortete, er hätte schon einmal in einem Artikel gelesen, dass sich oft bei bettlägerigen älteren Patienten nach einiger Zeit eine offene Wunde, ein so genannter Dekubitus bildet. Dies soll überaus schmerzhaft für den Patienten und nur durch aufwendige Pflege, sowie häufiges Wenden im Bett durch die Schwester, zu heilen sein. „Wahrscheinlich ist auch dieses Heim, wie so viele andere, mit viel zu wenig Personal ausgestattet, so dass solch zeitintensive Maßnahmen oft unterbleiben?“ fragte er. „Wo denken Sie hin, Herr Oberinspektor!“, verteidigte sie sich sofort, “Wir führen doch eine gewissenhafte Pflegedokumentation, in der genau festgehalten wird, wann und wie oft der Patient gewendet worden ist!“
Die ist aber ganz schön empfindlich, die Frau, dachte er im stillen und sagte, um die Sache wieder etwas abzukühlen
„Na ja, Frau Pröll, am besten gehen wir jetzt in den zweiten Stock und schauen uns noch einmal das Zimmer von Frau Eibel etwas genauer an!“, meinte der Oberinspektor. Sie schaute ihn etwas schuldbewusst an und druckste verlegen herum,
„Wir haben aber inzwischen einen neuen Bewohner in ihr Zimmer verlegt, Herrn Weigand, der steht schon seit acht Wochen auf unserer Warteliste“. Pilz blickte erstaunt auf,
Die Frau Eibel ist noch gar nicht ganz kalt, aber das Zimmer ist schon wieder vergeben! dachte er peinlich berührt, verkniff sich aber lieber einen Kommentar dazu.
Die drei gingen trotzdem nach oben, und als sie gerade aus dem Aufzug traten, durchdrang ein markerschütternder Schrei die ansonsten bedrückende Stille in der Pflegeabteilung.
„Hilfe, Hilfe, so helft mir doch!“ Die Beamten zuckten erschrocken zusammen.
Mit gezogener Pistole rannte Vasic zu dem Zimmer, aus dem die Hilferufe zu kommen schienen. Atemlos öffnete er die Tür und stürzte in das Zimmer, in Erwartung eines schrecklichen Verbrechens.
„Hier ist die Polizei, was ist passiert?“ fragte er aufgeregt
„Mein Augengläser sind runtergefallen, ich kann sie nicht alleine aufheben!“, meinte die Bewohnerin des Zimmers verzweifelt. Vasic, der zumindest einen gefährlichen Mörder mit einem Messer in der Hand erwartet hatte, drehte sich, fast enttäuscht, zur Heimleiterin um.
„Das ist Frau Wimmer, sie ist schon sehr verwirrt“, meinte Frau Pröll verlegen lächelnd.
„Wir haben uns daran gewöhnt, dass solche Leute ohne ersichtlichen Grund um Hilfe rufen, aber die Besucher des Heims haben immer wieder Probleme damit!“
„Geh Vasic, wir sind doch nicht beim Fernsehen, dass du wie ein FBI Agent ins Zimmer rennen musst!“ Auch der Oberinspektor konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, wurde aber gleich wieder nachdenklich.
„Ob vorgestern wohl auch Frau Eibel um Hilfe gerufen, aber niemand das ernst genommen hat?“
Pilz erschauerte etwas bei dem Gedanken daran.
Die Heimleiterin klopfte höflich an die Tür von Herrn Weigand, es ertönte ein klares und deutliches „Herein!“ und die drei traten ein.
„Grüß Gott, Herr Weigand, entschuldigen Sie bitte die Störung, aber ich habe hier zwei Herren, die sich mal ein Zimmer anschauen wollen für ihre Angehörigen!“
Frau Pröll hatte zu einer kleinen Notlüge gegriffen, um den alten Herrn, der sich sowieso erst mit seiner neuen Situation zurechtfinden musste, nicht noch zusätzlich zu verwirren.
„Das ist also das besagte Zimmer“, flüsterte sie ihnen zu, die es zwar bei der ersten Tatortbesichtigung schon mal gesehen hatten, aber durch einige Veränderungen in der Einrichtung doch etwas verwirrt waren.
Der Tisch und der Kleiderschrank sowie das Nachtkästchen waren von den Kollegen der Spurensicherung zwar genau untersucht worden, man hatte aber auch nicht den kleinsten Hinweis gefunden, an welcher Stelle sich Frau Eibel so schwer verletzt haben konnte.
„Der Täter muss, nachdem er Frau Eibel gestoßen hat, alle in Frage kommenden Möbel penibel abgewischt haben. Das Tuch oder was auch immer muss ja Blutreste enthalten haben, hat man eigentlich auch die Mülleimer untersucht?“, fragte der Oberinspektor mit einem Seiten blick zu seinem Assistenten.
„In dem vorläufigen Bericht steht nichts darüber, ich ruf gleich einmal den Kollegen Korosec an, und frag ihn, ob er etwas weiß!“
„Gut,“ meinte Pilz, „Wo sind eigentlich die persönlichen Sachen von Frau Eibel hingekommen?“, fragte er und schaute dabei die Heimleiterin an. „Die hat die Schwester Herta in eine große Schachtel gegeben und in meinem Büro deponiert“, antwortete diese leicht gekränkt, „bei uns hat alles seine Ordnung!“
„Und wer holt sie dann ab? Oder sind sie schon abgeholt worden?“
„Nein, die sind noch da. Wir versuchen dauernd, ihren Bruder zu erreichen, aber da ist immer nur der Anrufbeantworter dran.“, meinte sie seufzend.
Da sie sich keine weiteren Erkenntnisse mehr von diesem Zimmer erwarteten, beschlossen sie, wieder nach unten zu gehen und verabschiedeten sich mit einer erneuten Entschuldigung für die Störung von dem ziemlich konsternierten Mann.
Um sich die lästige Treppensteigerei zu ersparen, schaute sich Pilz suchend um und erspähte dankbaren Blickes ein Schild, das auf den Aufzug hinwies. „Das schaut Dir wieder ähnlich, Schwammerl, nur ja keinen Meter mehr als nötig zu Fuß gehen!“, meinte Vasic schmunzelnd zu Pilz gewandt. „Du kannst ja ruhig runterhatschen, wenn Du so sportlich bist, Mirco!“, antwortete sein Kollege verschnupft, stieg mit Frau Pröll in den Lift und schloss die Tür hinter sich so abrupt, dass Vasic keine Gelegenheit mehr hatte, ebenfalls einzusteigen.
Ärgerlich machte sich dieser auf den Weg zur großen Treppe und nachdem er ärgerlich brummelnd das Erdgeschoss erreicht hatte, sah er den Hausburschen aufgeregt auf die Aufzugtür zulaufen. Nach einem kurzen Blick auf die Tür schaute der Vasic an und schimpfte „Der blöde Lift bleibt dauernd stecken!“, und erklärte genervt „Jetzt muß ich wieder auf den Dachboden zum Aufzugraum klettern, um die Kabine von Hand runter zu lassen!“. Seufzend steckte er den Vierkantschlüssel wieder ein, mit dem er gehofft hatte, den steckengebliebenen Fahrstuhl wieder in Gang zu bringen und machte sich auf den ungeliebten Weg zum Dachboden. Der arme Schwammerl, hoffentlich verhungert er uns nicht in der Zwischenzeit!, dachte Vasic und grinste insgeheim. Da fiel ihm eine alte Dame auf, die die Geschehnisse schon die ganze Zeit über interessiert beobachtet hatte.
„Sind Sie der Kommissar?“ fragte sie ihn. „Nein, gnä´ Frau, bei uns gibt’s gar keinen Kommissar, ich bin Bezirksinspektor der Kriminalabteilung, Vasic ist mein Name!“ beantwortete er ihre Frage.
„Ich bin Frau Völler, Emmi Völler“ stellte sie sich nun ihrerseits vor. Ihre hagere Figur, die adrette Kleidung und ihre offensichtlich frische Dauerwelle machten sie trotz ihres Alters zu einer gepflegten Erscheinung. Vasic erinnerte sich wieder an seine Großmuter in Slowenien, die er früher ein paar Mal besucht hatte, bis sie vor einigen Jahren leider verstorben war. Die Ähnlichkeit zu ihr war verblüffend. Verschwörerisch drängte sie sich nahe an Vasic heran und flüsterte ihm ins Ohr: „Es wird Zeit, dass die Polizei sich mal um diese Haus kümmert, hier geschehen manchmal merkwürdige Dinge!“. „Was meinen Sie damit, mit merkwürdigen Dingen, Frau Völler?“, fragte Vasic verwundert nach.
„Ich wohn ja im selben Stockwerk wie die arme Frau Eibel“, fuhr sie fort, „Da hab ich schon oft komische Geräusche auf dem Gang gehört. Meistens hab ich mich nicht getraut, nachzuschauen, aber einmal hat es so laut gepoltert gleich gegenüber von meinem Zimmer. Da hab ich es nicht ausgehalten und die Tür einen kleinen Spalt aufgemacht. Aber ich hab nur mehr einen Schatten gesehen, von einer Person, die schnellen Schrittes zum Stiegenhaus gelaufen ist.“ „Wann war denn das Frau....?“ Vasic kam nicht mehr dazu, seine Frage zu Ende zu formulieren, denn unvermittelt öffnete sich die Aufzugstür und der völlig aufgelöste Oberinspektor zwängte seinen massigen Körper wenig galant an der Heimleiterin vorbei ins Freie.
„Das hab ich gern, du bist hier am Tratschen, während wir in Lebensgefahr schweben!“, empörte er sich, während seine Begleiterin in dem unfreiwilligen Verließ milde lächelte. „Der alte Lift bleibt fast jeden Tag einmal stecken, da regt sich hier keiner mehr auf“, seufzte sie gottergeben.
Für die beiden Kriminalbeamten war der Bedarf an Aufregungen auf jeden Fall erst mal gedeckt und so verabschiedeten sie sich eilig und verdrückten sich hastig durch den Ausgang

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.02.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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