Veith Weidenfeldt

Gestapo 2008

Es war einer jener friedvollen, gesunden Morgen, wie sie nur Frühaufsteher belohnen. Tapfere Tautropfen reckten sich gähnend und trollten sich nach und nach unter den zarten Strahlen der noch verschlafenen Sonne, glückliche Vögel zwitscherten vergnügt im blühenden Geäst und unten im Dorf krähte Bauer Bolles Hahn erst seit kurzem. An diesem schönen Morgen blühte selbst die schon verwelkte Bauersfrau Anneliese Schmidt wieder auf. Sie war wie gewohnt zeitig aufgestanden, hatte ihren Mann verabschiedet, der mit dem Mercedes in die Stadt aufgebrochen war, um Besorgungen zu machen, und konnte nun ungestört ihren Vormittag im Garten verbringen. Segne Gott die heilende Langeweile der niedersächsischen Provinz.
Der Hof Hubert und Anneliese Schmidts lag an einem Hang oberhalb des Dorfes. Deshalb sah Anneliese den nahenden Wagen schon lang, bevor er die Hofeinfahrt erreicht hatte. Sie wunderte sich, denn sie erwartete keinen Besuch, schon gar nicht zu dieser frühen Stunde. Sie wischte sich die von dunklem Mutterboden bedeckten Hände an ihrer Schürze ab und ging langsam auf den Wagen zu, aus dem jetzt zwei Männer stiegen. Sie wirkten gepflegt und vertrauenerweckend in ihren wohlgeschnittenen Anzügen. Gespannt wartete Anneliese Schmidt, bis die lächelnden Männer sie erreicht hatten.
„Guten Morgen, Frau Schmidt !“
„Guten Morgen“
„Wir kommen von der Gebühreneinzugszentrale. Wir befugt, Einlaß in Ihre Räumlichkeiten zu verlangen.
Keine Sorge: Drogen, Pornographie und Waffen gehen uns nichts an. Ich erlaube mir...“
Der Mann, der gesprochen hatte, der elegantere von beiden, schob sich an Anneliese Schmidt vorbei in Richtung der offenstehenden Haustür. Anneliese blieb keine Zeit zu protestieren und folgte den beiden Männern verdutzt. Jene hatten sich bereits in den Sesseln um den Wohnzimmertisch niedergelassen.
„Sind Sie nicht früher immer einzeln gekommen ?“ Fragte Anneliese Schmidt.
„Das ist lange her. Es hat sich viel geändert, Frau Schmidt. Damals war unsere einzige Aufgabe, den Gebühreneinzug zu kontrollieren, um die staatlichen Rundfunkanstalten zu finanzieren. Seit aber die immer dreistere Umgehung von Urheberrechten zu einem wachsenden volkswirtschaftlichen Problem wurde, sind wir beauftragt, auch die rechtmäßigen Einkünfte der Gema sowie der privaten Phonoindustrie zu gewährleisten. Seit dem Inkrafttreten des Optionsausgleichsgesetz Anfang dieses Jahres sind wir außerdem für die Gebühren auf Individualverkehr für die Deutsche Bahn und die regionalen Verkehrsverbunde zuständig. Sie haben ein Auto, Frau Schmidt, und die entsprechende Aufforderung zur Zahlung der Optionsausgleichsgebühr blieb unbeantwortet...“
Streng sah der Elegante die arme Frau Anneliese an.
„Der Optionsausgleichs ist nötig, um die angeschlagenen Anbieter des öffentlichen Nahverkehrs dafür zu entschädigen, daß Sie nicht für den Bus bezahlen, wenn Sie ein Auto haben.“
„Es fährt kein Bus hierher...“
„Das stimmt. Bei der Angebotsoptimierung 2006 hat der Regionalverbund festgestellt, daß sich Buslinien in Siedlungen mit weniger als tausend Einwohnern nicht rentieren. Wo ist übrigens der Wagen ?“
„Mein Mann ist den Jungen besuchen gefahren, nach Bremen..“
„Sehen Sie: Statt mit der Bahn zu fahren, gebraucht er das Auto. Sie machen sich keine Vorstellung davon, was die Bahn in den letzten Jahren für Verluste eingefahren hat. Von den Prozeßkosten gegen die selbstorganisierten Mitfahrzentralen ganz zu schweigen. Sie können von Glück sagen, daß Ihr Auto noch älteren Baujahres ist und mehr als 6 liter verbraucht, sonst kämen Sie und Ihr Mann in den Verdacht der kommerziellen Fahrzeughaltung. Seien Sie froh, daß ich nicht frage, ob Sie Anhalter mitnehmen !“
Von alledem war Anneliese Schmidt, die sich so auf ihren friedlichen Morgen zwischen Blumen und Schmetterlingen gefreut hatte, sehr verwirrt. Sie war erschöpft.
„Ich muß Sie bitten, den ausstehenden Betrag für dieses Jahr schleunigst zu begleichen. Nun zu den Rundfunkgebühren. In Köln ist auf Ihren Haushalt ein Fernsehgerät angemeldet, da gibt es nichts zu beanstanden. Ich sehe dort jedoch ein Radiogerät stehen.“
Das uralte Gerät von Phillips hatte Annelieses verstorbener Schwägerin gehört. Seit zwei Jahren stand es stolz im Fenster und durfte von Zeit zu Zeit quäkend seinen Dienst erfüllen. Triumphierend sah der zweite Mann, der ein Klemmbrett in der Hand hielt, Anneliese Schmidt an und füllte dann zufrieden ein unsichtbares Feld aus.
„Wir haben das noch nicht lang..“ versuchte Anneliese Schmidt.
„Sie haben es bei Erwerb nicht angemeldet und sind daher zur Zahlung eines kleinen Bußgeldes verpflichtet. Nichts ernstes.“
„Ich höre doch nur ein wenig NDR 1, abends beim Essen, sonst gar nichts...“
„Tja, Frau Schmidt, darauf können wir uns nichts verlassen. Jeder Raubkopierer kann behaupten, daß er mit dem abgabepflichtigen CD-Brenner nur seine Urlaubsfotos sichern wolle. Kontrollieren kann das niemand.“
Das verstand Anneliese Schmidt nicht. Der Gedanke an ihre Schwägerin, die sie sehr gemocht hatte, erfüllte sie mit Traurigkeit. Sie sah aus dem Fenster. Der Mann folgte ihrem Blick.
„Ich nehme an, die dort liegenden Audiokassetten wurden vor 2008 gekauft ?“ frug er.
Er wies auf einen Stapel MCs, die neben dem Radio im Morgenlicht glänzten.
„Ja.“
„Dann wurde die neue Gemagebühr auf analoge Tonträger nicht entrichtet. Müller, notieren Sie das.“
Der Mann trug die Anzahl und die Bandlängen der Kassetten in sein Formular ein, wobei er alle Kassetten auf dem Tisch ausbreitete.
„Frau Schmidt, ich muß Sie nicht darüber aufklären, daß die Rundfunkgebühren notwendig sind, um Ihnen, Frau Schmidt, weiterhin ein anspruchsvolles und interessantes Programm jenseits der privaten Dudelsender anzubieten. Ich halte den derzeitigen Gebührenstand für vollkommen gerechtfertigt. Gerade ist unser neuer Musiksender NDR-Pop in den Äther gegangen, um der jungen Generation eine Alternative zu den Privaten anzubieten. Wir stehen ganz im Dienste der Hörer.“
Diese Widersinnigkeit verwirrte die arme Anneliese Schmidt. Sie hielt es aber für ihren Fehler, daß sie nicht verstand, warum man Geld bräuchte, um sich von Programmen abzugrenzen, die man dann imitierte. Deshalb sagte sie nichts. Auch ging ihr durch den Kopf, daß Ihr Sohn sich bei seinem letzten Besuch sehr darüber echauffiert hatte, daß „ganz Bremen“ großflächig mit Werbung für ZDF-Fernsehfilme tapeziert sei, und was für ein Geld dies koste. Frau Schmidt gefielen diese Filme, deshalb sagte sie auch hierzu nichts. Außerdem machten ihr die Männer langsam Angst.
„Sie wundern sich, daß nun auch Tonbänder abgabepflichtig sind, wo doch seit dem Urheberrechtsgesetz von 2004 analoge Kopien zum Privatgebrauch geduldet waren. Die Prüfung der derzeitigen technischen Entwicklung ergab jedoch, daß Kopien von digitalen Medien auf Tonbänder fast ohne Qualitätsverlust möglich sind. Der Handel mit analogen Raubkopien ist zwar rein wirtschaftlich ein zu vernachlässigender Faktor, doch geht es hier auch ums Prinzip, Frau Schmidt !“
Jedes mal, wenn der Mann ihren Namen sagte, sah auch der zweite Mann sie streng an und Anneliese Schmidt zuckte zusammen.
„Es darf nicht alles erlaubt sein, was möglich ist ! Oder sind Sie der Meinung, daß unsere Universitäten an Embryonen herumpfuschen dürfen, nur weil dies möglich ist und der Wissenschaft vielleicht neue Erkenntnisse liefern könnte ?!“
„...Nein.“ berichtigte Anneliese Schmidt erschrocken.
„Sehen Sie! Man kann der Musikindustrie natürlich eine gewisse Selbstverliebtheit vorwerfen, es gab immer wieder Anschuldigungen wegen überhöhter Schallplattenpreise, wegen angeblicher Einfallslosigkeit in der Entwicklung der relevanten Künstler und so weiter. Die Musikindustrie ist aber ein solch wichtiger Wirtschaftsfaktor, daß es recht und billig ist, wenn Sie nun auch auf Audiokassetten Gebühren zahlen, wie vorher schon auf CDs, die dann unter der Gema und der Phonoindustrie aufgeteilt werden.
Wenn Sie erlauben, werden wir uns jetzt diskret ein wenig in Ihrem Haus umsehen. Wir können auch mit einem Durchsuchungsbefehl und ein paar Beamten wiederkommen, aber wozu unnötige Umstände machen...“
Der Mann lächelte und beide erhoben sich. Frau Schmidt war dies unangenehm, doch der Gedanke an die Polizei machte ihr Angst.
Die Männer ließen ihre Blicke noch einmal durch das gemütliche Wohnzimmer schweifen und gingen dann an, an der Haustür vorbei, in die Küche, welche ebenso wie das Wohnzimmer mit freundlichem Sonnenlicht durchflutet war, das durch die geputzten Scheiben fiel, auf die blau karierte Tischdecke, die hölzernen Stühle und die glitzernden Teller im Abwasch.
„Registrieren Sie das Radio dort, Müller.“ Hörte man den Wortführer anweisen. Dann gingen sie, ohne Anneliese Schmidt, die noch immer im Sessel saß, anzusehen, die knarrende Treppe hinauf, die sich vom Hausflur unter das Dach erhob. Frau Schmidt blieb sitzen und wartete. Sie wußte nicht, wonach die Herren suchten, sie erinnerte sich nur dunkel daran, wie damals alle paar Jahre der nette Mann von der GEZ gekommen war sie gefragt hatte, ob sie noch ihren Fernseher hätten, sie hatten bejaht und der Mann hatte sich freundlich verabschiedet und war wieder gegangen. Sie erinnerte sich, wie stolz sie gewesen waren, wenn in der ARD vor der Tagesschau die kleinen Filmchen gesendet wurden, an deren Ende stets ernst zur Zahlung der Gebühren ermahnt worden war. Ihr Mann hatte oft geschimpft, es käme nur Unsinn, und die Herren Intendanten wären Verbrecher, aber der Tatort und der Stadl machten immer alles wieder gut. Sie hatte sich gewundert, als ihr Sohn ihr erklärt hatte, daß sie nur für ARD und ZDF bezahlten, weil sie fand, daß die Reklamefilme für Waschmittel viel informativer waren als der Bericht aus Bonn. Aber immer war sie sorgenfrei im Bewußtsein, daß sie für alles, was sie erhielten, auch bezahlten und sich niemals etwas zuschulden hatten kommen lassen.
Jetzt waren diese beiden Männer im Haus, die von Urheberrecht und Raubkopierern sprachen, was Anneliese Schmidt nicht verstand, und nach schlimmen Dingen suchten, so daß sie sich fühlte wie eine Verbrecherin.
Sie fühlte sich nun alt, und sie war traurig, daß die Welt nicht mehr die war, in der sie sich so wohl zu fühlen glaubte, und daß sie und ihr Mann sich um Dinge hätten sorgen mußten, von denen sie nichts gewußt hatte.
Traurig blickte sie aus dem Fenster und sah zwei Rotkehlchen zu, die im blühenden Flieder verliebt umeinander tänzelten, und sich nicht um Audiokassetten und Radiogeräte zu kümmern brauchten, als die Männer wiederkamen.
„Sie haben ihren Rechner nicht angemeldet.“ Sagte der zweite Mann, der bisher nichts gesagt hatte, streng.
Ratlos sah Anneliese Schmidt ihn an. Sie wußte nicht, daß sie den alten Computer ihres Sohnes, den ihr Mann seit einiger Zeit für formelle Briefe und Berechnung von Ausgaben benutzte, hätte anmelden müssen.
„Was...“ fragte sie daher unsicher.
„Da Sie über einen Computer und einen Telefonanschluß im Haus verfügen, sind Sie in der Lage, über das Internet die Sender der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu empfangen.“ Sagte der erste Mann in jenem gewissen überheblichen, gelangweilten Ton, der keinen Widerspruch zuläßt.
Anneliese Schmidt wußte nicht, was ein Internet ist oder daß man für den Empfang eines Radiosenders einen Breitbandanschluß benötigte, über den zu verfügen ihr kleines Dorf bis auf weiters nicht zu hoffen brauchte, weil der Verteiler des Vorwahlbereiches zu weit entfernt lag, als daß die Verlegung eines DSL-Kabelpaketes mehr Leistungsfähigkeit erbracht hätte als ISDN. So fügte sich die arme Frau Schmidt wieder.
„Wir werden außerdem Ihre Adresse dem Bertelsmannkonzern mitteilen, damit er die Aufgabe übernimmt, Sie von den Vorzügen eines Buchclubs zu überzeugen. Ihre Bücherregale sind gefüllt mit Exemplaren von fast vorsintflutlichem Erscheinungsdatum. Sie sollten über eine Mitgliedschaft im Bertelsmannclub ernstlich nachdenken Frau Schmidt, um nicht unnötig die Aufmerksamkeit der Behörden auf sich zu ziehen.“
„Der Behörden ?“
„Frau Schmidt, diejenigen Personen, die nicht Mitglied im Club sind, passen von Grund auf in das Profil des gewöhnlichen Gebührenprellers und Raubkopierers. Leute, die darauf verzichten, regelmäßig unterhaltsame Neuerscheinungen zu beziehen, suchen eher nach finanziellen Schlupflöchern und nutzen in der Regel auch auf hinterhältigste Art und Weise die technischen Möglichkeiten, um sich kulturelle Güter ohne dafür zu bezahlen anzueignen. Sie glauben ja nicht, was der Bertelsmannkonzern an Verfahren gegen kriminelle Antiquariate mit Dumpingpreisen laufen hat ! Der linksradikale Versand Zweitausendeins mußte glücklicherweise bereits schließen.“
„Wir haben kein Geld für Bücher...“ sagte Anneliese Schmidt vorsichtig.
„Niemand zwingt Sie, welche zu kaufen.“ entgegnete der Mann. „Niemand wird Sie belangen... Wir hätten noch gern die Adresse Ihres Sohnes, damit die Kollegen ihm noch einen Besuch abstatten können. In seinem Zimmer hängen Poster, die jede Beschäftigung mit der aktuell etablierten Jugendkultur unwahrscheinlich erscheinen lassen.“
Er mußte die großen, schwarzweißen Bilder von Rockmusikern meinen, die auch Anneliese Schmidt immer mit einer gewissen Portion Argwohn betrachtet hatte.
„Es ist nicht anzunehmen, daß Ihr Sohn sich bereits den gesetzlich vorgeschriebenen aktuellen Klingelton auf sein Handy (-->Dank an Grischka Grauert; lest alle seine vortreffliche Geschichte „Für eine Flasche Schnaps“, und zwar hurtig!) geladen hat. Es wird eventuell nötig sein, bei seinen Freunden Informationen über ihn einzuholen.“
Anneliese Schmidt erschrak.
„Wissen Sie, Frau Schmidt, das betrifft Sie nun nicht. Doch der Staat ist dank der privaten Unterhaltungs- und Plattenindustrie mittlerweile in Genuß gekommen, die rebellische Jugend weitgehend unter Kontrolle bekommen zu haben. In den letzten Jahren wurde für jeden noch so frustrierten und unverstandenen Jugendlichen – wir waren auch alle mal jung, Frau Schmidt – eine Identifikationsfigur geschaffen, um seinen ungelenkten Hunger nach Ausdruck und Identifikation zu kanalisieren. Die Gothpopwelle um 2004 war der Anfang dieser Strategie. Auch die Öffentlich-Rechtlichen sind bestrebt, das natürliche Verlangen unserer Jugend nach kultureller Erfüllung soweit zu befriedigen, daß sie sich nicht eigene Idole sucht und für immer ins gesellschaftliche Abseits geraten könnte. Die privaten Fernseh- und Rundfunksender sind in dieser Sache ein wichtiger Bündnispartner, sie schaffen eine permanente Reizüberflutung, die den medialen Kosmos, in dem sich unsere Kinder verständigen, definiert. Ohne diese Maßnahmen könnten wir 20 Millionen potentielle Terroristen nicht in Schach halten. Deshalb ist das Programm der Privaten zur Zeit auch unserer wichtigster Maßstab.“
Eine Pause entstand, in der Anneliese Schmidt versuchte, zu verstehen, was der Mann ihr erklärt hatte.
„Wir sind dann hier fertig und verabschieden uns. Aufgenommen haben wir folgende gebührenpflichtige Elemente: zwei Radiogeräte, 6 Audiokassetten mit 90minütiger Laufzeit, 5 mit 60minütiger, einen Personalcomputer in theoretischer Verbindung mit Telefonanschluß, eine Schreibmaschine Marke Olympia und ein Piano ungeklärten Herstellers, welche beide zur Zahlung von Gebühren verpflichten, weil auf der Schreibmaschine die Vervielfältigung eingetragener Texte möglich sind und auf dem Piano die Interpretation geschützter Stücke, wobei nicht überprüfbar ist, ob dies nur in privatem Kreise geschieht. Sie verstehen. Wenn Sie diesen bitte unterscheiben würden.“
Anneliese Schmidt unterschieb.
„Danke. Entschuldigen Sie bitte die Störung; wir wünschen Ihnen noch einen angenehmen Tag.“ Zwitscherte der erste Mann, der zweite nickte Anneliese Schmidt lächelnd zu und die Männer schlossen die Schmidtsche Haustür hinter sich. Anneliese ging zurück ins Wohnzimmer, wo noch immer die verstreuten Kassetten auf dem Tisch lagen. Sie sah aus dem Fenster. Die beiden Männer gingen auf ihr Auto zu unter unterhielten sich gutgelaunt. Annliese Schimdt wußte nicht, daß sie sich ob der Provision freuten, die sie für jedes von Anneliese Schmidts Versäumnissen erhielten. Seit der Erweiterung der Kompetenzbereiche der Zentrale in Köln verließen sich die Verantwortlichen nicht mehr auf ABM-Kräfte oder studentische Zeitarbeiter, sondern setzten eigens geschulte Spezialisten ein. Der Schutz von Urheberrechten war ein immenser wirtschaftlicher Faktor geworden. Zu wichtig, um zugunsten einer allzu sorglosen Bereitstellung von Wissen und Informationen Zugeständnisse zu machen, indem man Bibliotheken und Schulen oder gar Privatpersonen kostenlos Zugang zu Informationen gewährleistete. Die Kopierrechte für die größten Archive der Kulturgeschichte waren mittlerweile in der Hand von wenigen großen multinationalen Konzernen wie Microsoft oder Nestlé, deren Interessen von den staatlichen Institutionen nicht mehr in Frage gestellt werden konnten. An Anneliese Schmidt war diese Entwicklung vorbeigegangen. Traurig zog sie die Vorhänge zu.

"Als sie die Raubkopierer abholten, habe ich geschwiegen, denn ich war ja kein Raubkopierer. Mein Bedürfnis nach Kultur war durch SAT.1 hinlänglich gestillt."
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Tauschbörsen zu nutzen wird gesellschaftliche Pflicht.
Veith Weidenfeldt, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 07.02.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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