Ueli Schweizer

Meine Verkäuferin

Neulich im Sportgeschäft. Ich stehe suchend vor einem Regal. Da naht
bereits Hilfe. Die junge, durchaus attraktive Verkäuferin kommt auf
mich zu. «Kann ich Ihnen behilflich sein?» Ich mustere sie auffällig
von oben bis unten. «Hhmm. Ja - das kann man durchaus so sagen.» lautet
meine wohl eher unerwartete Antwort. Die junge Dame stutzt. Sie greift
zur Nummer 2 in der Hitparade der Verkäufersätze: «Und was suchen Sie
genau?» Das Geheimnisvolle in diesem Dialog wird durch die
wirkungsvollen Sprechpausen und die ausgeprägte Dehnsprache beider
Parteien noch verstärkt. «Hm - so genau kann ich diese Frage jetzt
nicht beantworten. Auf jeden Fall nichts Festes.» Nun ist die
Verkäuferin etwas verwirrt. In Gedanken filtert sie die Liste der
Verkäuferstandardantworten. Doch es passt nichts. Nun ist sie
gezwungen, flexibel und spontan zu antworten. «Welche Sportart
betreiben Sie denn?» Hat irgendwie immernoch den Listentouch. «Ach
wissen Sie, man sollte grundsätzlich nicht schubladisieren. Ich bin der
Meinung, man kann in gewissen Dingen seine Ansprüche kaum im Voraus
definieren. Manchmal muss man’s einfach nehmen wie’s kommt.» Jetzt hat
sie die Gelegenheit, aus sich heraus zu kommen. Vergiss die Liste,
Mädchen! Lass die Wörter über Deine Lippen gleiten, die in Deinem
Gehirn umher geistern und schreien: «Lass mich hier raus! Lass mich
endlich raus!»

Stille. Sendepause. Sie ist überfordert. Aber süss überfordert. Ich
ergreife wieder die Initiative: «Einen Stock.» Pause. «Einen Stock.»
wiederholt sie fragend meine Worte. «Ja. Ich brauche einen Stock. Einen
Unihockey-Stock. Den billigsten den sie haben bitte.»

Etwas später ist die Hochzeit. Wir haben zwölf gesunde Kinder. Und ein
schönes Häusschen. Ein grosses Häusschen. Eine Villa. Und ein
Ferienhaus in den Bergen. Und ein Ferienhaus am Meer. Und eine Yacht im
Hafen Barcelona’s. Unsere Jungs sind Arzt, Bundesrat und erfolgreicher
Unternehmer. Die Mädchen haben sich alle von Millionären schwängern
lassen.

Natürlich stimmt diese Geschichte so nicht ganz. Die Verkäuferin war ein Mann.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.02.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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