Christine Wolny

DER ROSE TRAUM

Sie blühten um die Wette. Eine war herrlicher als die andere.
Jede hatte ihr schönstes Kleid angezogen. Nicht nur einfarbig, nein, manche Kleider hatten wunderschöne Nuancen.
Das rote Samtkleid wirkte so festlich, und diese Rose begann laut zu träumen.

„Ich wünsche mir, nicht an diesem langweiligen Platz zu stehen. Da ist doch nichts los. Außerdem schadet mir die Sonne, der Wind und am schlimmsten richtet mich der Regen zu. Auch ein Schmetterling setzte sich auf mein schönes Kleid und wippte auf mir herum. Und von den lästigen Bienen rede ich gar nicht.
Ich sehe aus wie eine Königin und möchte bewundert werden. Alleine wirke ich doch viel wunderbarer.“ Das alles sagte die stolze Rose.

„Wo willst Du denn hin?“, fragte ihre Rosennachbarin.

„Am liebsten möchte ich als „Geschenk der Liebe“ gelten. Das steht mir doch zu.
Ich werde mich am Leuchten der Augen erfreuen, und es schmeichelt mir, wenn ein zartes, kleines Näschen an mir riecht.
Oder ich wünsche mir einen Platz in einem Hochzeitsstrauß. Da würde ich die Kirche von innen sehen, die Freude der Menschenkinder in ihrem Herzen spüren und auf vielen Fotos zu erkennen sein. Ach, wäre das schön.“

„Dazu wirst Du aber abgeschnitten und bekommst lange kein Wasser zu trinken“, sagte die Rosennachbarin. Du wirst in einem Kübel mit anderen Rosen in einem Blumenladen stehen und musst abwarten, was mit Dir geschieht. Und außerdem musst Du viel früher sterben.
Willst Du das? Es könnte Dir auch passieren, dass Du als „letzter Gruß“ verwendet wirst. Dann bist Du bei einer Trauerfeier dabei, siehst viele Tränen und wirst zuletzt mit ins Grab geworfen. Schmutzige Erde wird Dich bedecken.
Du kannst nicht mehr atmen, siehst keine Sonne, spürst keinen Wind und bekommst keinen Regentropfen mehr. Du bist beim Sterben dann ganz allein.

Ist das nicht schrecklich?“


Die samtrote Rose wurde ein wenig blass und still. Sie war froh, dass es nur ein Traum war.

Als die Sonne aufging und die warmen Strahlen sie trafen, war sie froh, bei den anderen zu sein, und sie schämte sich ein wenig ihres Traumes.

© C.W.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.03.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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