Bieke Meller

Ein Toast auf den Toaster

Zu den unwichtigsten Dingen, die in keinem Haushalt fehlen dürfen, gehört zweifelsfrei der Toaster.
Ich kenne keinen Menschen, der mit seinem Toaster restlos zufrieden ist. Vermutlich ist es ein unverzichtbares Konstruktionsmerkmal des Toasters, dass er mindestens alle drei Jahre ausgetauscht werden muss.
Jetzt kommen Sie mir nicht mit dem Auto, das kann man immerhin noch unter Wert verkaufen. Den Toaster kann man nur noch wegwerfen oder an Künstler verschenken, die Mahnmahle auf die Wegwerfgesellschaft daraus bauen.

Ich gehöre zu den Menschen, die mit 18 Jahren zuhause ausgezogen sind. Heutzutage tut man das nicht mehr, zuhause ist es bequemer, aber früher war eben alles anders. Ich ging noch zur Schule und hatte nie Geld. Den Toaster hat mir irgendwer geschenkt, der ihn nicht mehr sehen mochte, ein ausrangiertes, abgeschabtes Exemplar, hässlich und funktionstüchtig. Ich habe ihn selten benutzt, ich mochte damals keinen Toast. Soweit ich mich erinnere, habe ich ihn dann ausschließlich seines ramponierten Äußeren wegen aussortiert. Noch heute bereue ich diesen unüberlegten Schritt.

Der nächste Toaster war ein Geschenk. Er entsprach nicht meinem Geschmack, sah aber besser aus als der erste. Zunächst tat das neue technische Gerät auch seinen Dienst, wurde aber auch noch nicht so häufig benutzt. Später kann dann so eine Toastbrot-Phase in meinem Leben. Da stellten wir dann fest, dass dieser Toaster die Tendenz hatte, das Brot einzuklemmen und nicht wieder herzugeben. Nach der Befreiung war das gerettete Brot dann verbrannt. Das ging erstaunlich lange gut. Aber schließlich kam es doch so, wie es kommen musste. Eines schönen Tages ging das Wunderwerk der Technik in Flammen auf. Wir hatten noch Glück, dass das Feuer keinen weiteren Schaden in der Küche angerichtet hat.

Augenblicklich musste ein neues Modell her und so ging ich zum ersten Mal einen Toaster kaufen. Heutzutage sind die Geschäfte, in denen es Elektrogeräte jeglicher Art zu kaufen gibt, so groß, dass man bequem den Bahnhof Zoo darin unterbringen könnte. Alle zwei Monate wird dort alles neu gestaltet, so dass es zwei Stunden dauert bis man das Regal mit den Toastern findet. Auf dem Irrweg soll man dann zufällig all das finden, was man auch noch dringend braucht, auch wenn man das beim Betreten des Ladens noch gar nicht wusste. Hat man schließlich allen Versuchungen widerstanden und das gelobte Land erreicht, so findet man ein fünfzig Meter langes Regal vor, vollgestellt mit all den Modellen, die derzeit weltweit lieferbar sind. Jetzt gilt es eine kluge Wahl zu treffen nach Preisen, Herstellern, Leistungsmerkmalen, Farbe, Garantie, Lieferzeit (Lieferzeit?) oder soll es vielleicht ein Kombigerät sein (ein Toaster, mit dem man Eierkochen und Dosen öffnen kann?)
Nach 3 Metern war ich erledigt. Ich suchte mir ein hübsches Modell im Nostalgie-Look aus, das einfach nur Toastbrot rösten sollte. Aber das war ein naiver Denkfehler. Denn dieser Toaster sah bereits gut aus. Toasten zu können wäre eine zweite Fähigkeit gewesen. Die Unfähigkeit zu toasten offenbarte sich natürlich nicht sofort, sondern nach wenigen Wochen, als die Originalverpackung entsorgt und die Garantie-Erklärung unauffindbar war.
Das Modell "Nostalgie" war ein Blender. Er tat so, als würde er toasten, aber das Brot wurde lediglich etwas erwärmt. Wiederholte man diese Prozedur zehn Mal, so konnte man das Ergebnis mit etwas gutem Willen als Toast bezeichnen. Der Vorgang war mühsam und unbefriedigend, also verlor ich bald die Lust auf Toastbrot.

Nun hätte ich sicher auch ohne Toaster glücklich werden können, aber über all diese Toastereien blieb das Leben ja nicht stehen. Inzwischen war ich Mutter eines 3-Jährigen, der Toast und Toastwaffeln über alles liebte und nachdrücklich auf dieser Vorliebe bestand.
So sah man also bald Mutter und Sohn auf der Suche nach einem neuen Toaster. Aus Erfahrung klug geworden, den High-Tech-Tempel meidend, steuerten wir also den örtlichen Supermarkt mit Elektroabteilung an. Hier gab es fünf verschiedene Modelle, vier Toaster und ein Kombigerät. Wir entschieden uns in einer Minute einstimmig für den teuersten Toaster, ein futuristisch anmutendes Modell, auf dessen Vorderseite der Schriftzug "avanti" aufgedruckt war.
Zwei Jahre später haben wir den Kauf noch immer nicht bereut, erfüllt uns dieser Toaster doch bei jedem Gebrauch drei Wünsche auf einmal: Spannung, Spaß und frisches Toastbrot.
Der Aufdruck "avanti" bezieht sich nämlich auf die etwas übereifrige Sprungfeder, die das Brot immer eine Idee zu weit aus dem Schlitz befördert, so dass wir nie wissen wo wir das Toastbrot finden werden, auf dem Herd, auf dem Kühlschrank, auf dem Küchenfußboden oder gar im Toaster. Das Ergebnis ist dann unser erstes Extra des Tages: Gelächter! Die Qualität des Toastbrotes ist übrigens über jeden Zweifel erhaben.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.03.2002. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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