Andrea Renk

Brief an einen Vater

 

 

 

Wenn ich dich so betrachte Vater, wie du warst, wie du bist. Und wenn ich mir dann überlege, wie ich dich gerne gehabt hätte.....

Eigentlich bist du ein armer Mann. Doch kann ich die Wut nicht zurückhalten.

 

Jesus hat gelitten unter Pontius Pilatus.

 

Du, und damit auch ich, hast gelitten unter deiner Frau.

 

Hast, damit dich deine Frau nicht auslacht, deine Gefühle zu mir geleugnet,

auch die wenigen, die am Anfang noch für mich da waren. Nach dem ersten Schock

als die Hebamme sagte:

„Sie haben ein Mädchen“

 

Das war dann wohl nix mit einem Stammhalter. Dabei hättest du doch so gern deinen Namen

weiter gegeben. Dann musstest du eben mich, soweit es eben ging, ins rechte Licht rücken.

Deine Vorstellung und Ideen vom „Strahlen“ in der Gesellschaft. Was darstellen sollte ich.

Wenn du schon keinen Bub hinbekommen hast, dann musstest du wenigstens zusehen, dass aus dem Weib was gescheites wird. So dass keiner sagen kann, du hättest eine Tochter die nichts vollbracht hat.

Was die anderen denken war immer wichtiger als das, was ich gefühlt hab.

Hast meine vermeintlichen Fehler vorgeführt, hast mich bloßgestellt .

Und wenn ich mich dann wirklich mal beschwerte, dann fing der erste Satz so an :

„Hättest du mein Kind, alles so gemacht wie ich es dir gesagt habe, wie es von dir erwartet wird, dann hätte ich nicht zu der erzieherischen Maßnahme greifen brauchen. Du bist selbst schuld.“

 

Wo war die Liebe in dir?

Wo war das Veständniss für das kleine Leben?

Wo war die Verantwortung für die kleine Seele, die du in Händen gehalten hast?

 

Du warst schon immer dreigeteilt.

 

Die eine Seite, die genau wusste was sie tat.

Die zweite Seite, die sich dafür verurteilte.

Und die dritte Seite, die überheblich, arrogante, die alles beschwichtigte, weil sie es

für notwendig empfand um im Leben zu bestehen, um was zu „werden“.

 

Manchmal denke ich, dass ich aus reinem Trotz, nicht das geworden bist, was du aus mir machen wolltest. Ich hätte das Zeug dazu gehabt, hab es immer noch. Aber ich wollte nicht.

 

Ich will nicht scheinen.

Ich will sein!!

 
Erschreckend finde ich, dass wir so gar nichts gemeinsam haben. Unterschiedlicher als unsere, können zwei Welten nicht sein.

Wenn dich nur noch der Begriff „Tochter“ bei mir hält.

Dann leg ihn ab!!

Ich kann auch nicht wirklich „Vater“ zu dir sagen.

Niemand ist mir fremder als du.

Und niemand wird mich so wenig verstehen wie du.

Letztendlich gehen wir doch, auch gefühlsmäßig wie Fremde miteinander um.

Deine Umarmung jedes mal wenn du wieder gehst, ist mir unangenehm, genauso wie dir auch.

Lass uns die Hand geben wenn du dein Enkelkind besuchst. Denn um mich geht es doch schon lange nicht mehr.

 

Deine kläglichen Versuche, einen anderen Eindruck zu hinterlassen, hab ich doch längst durchschaut. Du musst dein schlechtes Gewissen nicht mit teuren aber immer nützlichen Dingen kaschieren. Nützlich doch nur deshalb, damit hinterher der Spruch berechtigt ist, dass ich es ja ohne dich nicht schaffe, mein Kind alleine zu ernähren.

Du behältst immer die Oberhand. Denkst du......

 

Vater,

du hast es geahnt, hast es innerlich gewusst. Wie sehr ich leide.

Und du hast mich trotzdem leiden lassen.

Wolltest dass ich hart werde für´s Leben.

 

Dein Handeln ist nicht zu entschuldigen. Denn du hast es wissentlich getan.

Du hast deine eigene Schwäche auf mich abgeladen und hattest sogar eine Entschuldigung dafür.

Das Leben ist eben so.

Nein, nicht das Leben ist so. Du bist so!

 

Wenn ich nun die Härte des Lebens gegen dich richte, dann deshalb, dass ich überleben kann.

Ich muss das, was ich falsch gelernt habe ins Positive umdrehen. Allein, aus eigener Kraft.

Ich kann von dir keine Hilfe erwarten, das weiß ich. Eher schmeißt du mir wieder gutgemeinte Knüppel zwischen die Beine, gegen die ich gleichzeitig auch noch angehen muss.

 

Wenn ich es dann geschafft habe und deine Knüppel mich nicht mehr beeinflussen, dann werde ich mit uneingeschränkter Kraft mein Leben so gestalten können, dass sogar Du Stolz auf mich sein könntest. Du wirst sehen, das aus meinem Geist Dinge kommen die du nie vermutet hättest. Die nicht rauskommen konnten, weil du mich gebremst hast.

 

Du wirst stolz auf mich sein. Das, was immer dein Lebensziel war, wird sich erfüllen. Aber es wird dann niemanden mehr interessieren. Weil in der Welt, in der ich lebe, sich niemand beweisen muss. Da wird jeder für das geliebt was seine Seele ausmacht.

 

Du wirst da stehen mit stolzgeschwellter Brust. Wie der Kriegsführer, der den Kampf angeblich gewonnen hat und feststellen muss, dass die Soldaten weg sind, die den Krieg für ihn geführt haben. Weil diese an einer anderen Front gekämpft haben und den Krieg auf ihre Weise gewonnen haben, nicht auf seine. Und er hat es nicht einmal bemerkt.

Und du wirst einsam sein...so wie ich es war, so viele, lange Jahre.....


a.r. (c) 06.07.2004

 

Ich habe diesen Brief schon einmal eingestellt. Damals, hatte ich mich beirren lassen und ihn ihn wieder rausgenommen, weil jemand meinte meine Einstellung zu kritisieren und mir gute Ratschläge geben zu müssen, um die ich nie gebetenn habe.
Heute bin ich in meiner Meinung gefestigt. Auch wenn ein anderer dies nicht so tun würde. Ich stehe hinter dem was ich schreibe und habe nicht den Anspruch irgendjemanden damit gerecht zu werden. Jeder, der das Thema über welches ich hier schreibe angreift und dieses bewertet, lässt ein Bild von sich selbst enttstehen. Ich bin durchaus Kritikfähig, jedoch werde ich persöhnliche Angriffe,so wie damals nicht mehr Kommentieren.
Andrea Renk, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.03.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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