Anna Sieselbst

Nebel am Strand

 

Es war im November, als eine Frau über den Strand ging.

Die Turmuhr des Inselchens schlug halb vier und der Strand war leer, bis auf sie, ein kleine schmale Person.

Wie sie auf die Idee kam, dort zu promenieren, weiß man nicht, aber sie hatte wohl im Sinn ein Fährboot zu nehmen und aufs Festland zu fahren. Es war kühl, wie es dort oft war, kein Wind wehte und keine Möwen flogen. Der Sand knirschte unter den Füßen der Frau, etwas ziellos stapfte sie am Strand entlang, sorgsam darauf bedacht, dass die Wellen nicht an ihren Schuhen leckten.

Sie kam sich verlassen vor, zu Recht, die Bewohner des Eilands hockten zuhause, tranken Tee und spielten Schach, nur sie, sie stapfte über den Strand.

Plötzlich, sie hatte ihn nicht aufkommen sehen, legte sich ein dichter, fester Nebel über alles, sie fühlte sich gut dabei, der Nebel verhüllte sie, sie konnte in Ruhe nachdenken und das Eiland war so groß nun auch wieder nicht, da hatte sie keine Angst sich zu verlaufen.

 Und, wie Frauen ihres Alters das oft passiert, wurde ihr schwindelig, ein Stechen in der Brust und leichte Schwärze vor den Augen ließen sie schwanken, aber sie stürzte nicht. Sie hielt sich tapfer, dachte an den schmutzigen Sand, den es abzuklopfen galt, sollte sie stürzen. Sie musste ihn abklopfen, die Kleidung trocknen lassen, dann waschen und womöglich war etwas im Sand, was sich nicht auswaschen ließ, man hörte immer wieder, was die Leute am Strand liegen ließen: verrostete Schrauben, giftige Öle und tote Tiere.

Nein, da konnte – ja, durfte – sie nicht stürzen, beim bloßen Gedanken überlief es sie kalt.

Der kühle Nebel setzte sich auf ihrer Haut fest, sog sich an, kalt und nass.

Sie hatte vollkommen die Orientierung verloren, nur das Meer rauschte unentwegt, der Sand knirschte unter ihren Füßen.

Sie beugte sich leicht, ja, dort, ganz nah am Boden, dort war der Nebel lichter, sie glaubte etwas erkennen zu können, als sie vornüber kippte. Gerade noch konnte sie sich mit ihren Händen aufstützen, diese waren sandig und dunkel, sie schlug die Hände aneinander, ein paar Sandkörner rieselten herunter.

Nein, entschloss sie, sie würde lieber länger umherirren denn sich wie ein Tier am Boden vorwärts bewegen, das war ja würdelos!

Ein leises Heulen durchdrang die Stille, aber das hatte sie sich sicher nur eingebildet.

Sie versuchte sich am Nebel festzuhalten, so dicht, so langlebig erschien er ihr, aber wann immer sie die Hände nach ihm ausstreckte, entglitt er ihr, teilte sich, löste sich zwischen ihren Fingern auf und ließ sie ins ungewisse stolpern. Es war doch einfach nicht mehr als Luft, heiße Luft, die sich ausbreitete, mehr versprach als sie hielt.

Und als ihr das klar wurde, wurde sie müde, aber man hört ja oft: Menschen schlafen an den merkwürdigsten Orten ein und stehen nie wieder auf. Und als sie an das Heulen dachte, fürchtete sie, im Schlaf aufgefressen zu werden.

So stolperte sie stundenlang und die Insel erwies sich als viel größer als sie je gedacht hätte.

Irgendwann, es dämmerte, stieß sie auf ein Haus.

Ein blechernes Schild hing dort, es klapperte leise im Wind.

‚Fährendienst‘ stand darauf und glücklich, mit Tränen in den Augen, taumelte sie darauf zu.

Das schiefe Fenster war geschlosen, die Theke schimmerte im Halbdunkel hinter den schmutzigen Scheiben, ein Zettel klebte mit Klebeband befestigt daran und sie erkannte schwach Fingerabdrücke auf dem Klebefilm. Auf dem Zettel standen Zahlen, Abfahrtszeiten, und sie rüttelte an dem Fensterchen, aber niemand machte auf.

Alle Schiffe waren bereits abgefahren.

Ich hoffe auf vieeeeeeeeeele vieeeeeeeeele Kommentare mit konstruktiver Kritik!
Dankeschön!
anna
Anna Sieselbst, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 23.03.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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