Nigeria liegt wach. Sie kann nicht schlafen, schon wieder nicht. Das geht jetzt schon die dritte Woche so. Die Sorgen wachsen ihr einfach über den Kopf. Sie hat nicht die geringste Ahnung, wie es nun weiter gehen soll. Ihre zwei Töchter, drei und acht Jahre alt und ihr Sohn, etwas über sechs, er hat gerade mit der Schule angefangen – dieser Schulanfang hat ihre wenigen Ersparnisse aufgefressen, atmen leise neben ihr. Sie leben in einer vierzig Quadratmeter kleinen Zweiundeinhalb-Zimmerwohnung mit offener Kochnische, eine Duschecke und ein winziges Klosett sind auch mit dabei.
Sie ist wieder einmal arbeitslos und sie findet einfach Nichts. Sie will ja nichts Besonderes, einen Teilzeit-Job zu einer für die Kinder halbwegs humanen Zeit, von Dauer sollte er sein, und überleben sollten sie vom Verdienst halt können. Mehr zu verlangen, daran wagt sie nicht einmal zu denken. Sie weint seit gut zwei Stunden, seit halt die Kinder schlafen. Jetzt geht es schon wieder ein wenig. Es ist nicht mehr gar so schlimm. Die Herzschmerzen haben etwas nachgelassen. Aber immer wieder fallen diese Heulkrämpfe, wie los gelassene wilde Tiere, über sie her.
Der Kühlschrank ist leer bis auf einen guten Liter Milch, ein wenig Butter. Ob noch für die Kleinen genug Honig ist im Glas, das weiß sie nicht. Im Vorratsschrank kläfft ihr ein großes schwarzes Loch entgegen, wenn sie ihn aufmacht. Ein paar Säckchen Kamillen-Tee liegen wohl auch noch drin. Das Brot wird wohl gerade noch reichen, so hofft sie. Wenn nicht, dann hungert sie morgen halt. Was tun? Sie weiß es nicht! Sie ist Österreicherin, okay, aber sie ist trotzdem so schwarz, wie Adam und Eva, die ersten Menschen, von denen wir heute ja schon wissen, dass sie mit ziemlicher Sicherheit keine heute so wichtigen Weißen gewesen sind.
Nigeria hat es nicht leicht. Ihr Ex-Mann, den sie in Nigeria, ihrem einst so wunderschönen Heimatland – heute nur noch ein einziges Massengrab der massenhaft hin geschändeten Frauen und Kinder, kennen gelernt hat, zahlt zwar regelmäßig seinen Unterhalt, aber was sind schon dreihundertachtzig Teuros, wenn man drei kleine Kinder zum Ernähren hat. Dazu dann noch einmal so viel an Kinderbeihilfe, okay, vielleicht ein paar Zerquetschte mehr. Und dabei scheinen diese Teuros von Monat zu Monat immer mehr an Wert zu verlieren, und das obwohl dieser Teuro in der Welt angeblich immer mehr an Wert gewinnt. Die Konzerne werden immer reicher dabei. Aber davon haben wir kleinen Österreicher ja Nichts.
Der Junge hat am ersten Schultag geweint, weil er die kleinste Tüte von allen Kindern hatte. Na ja, er ist ein tapferer Junge, er hat erst zu Hause geweint, in ihren Armen, und sie hat mitgeweint. Zuerst hat er es sich gar nicht sagen getraut, als sie ihn gefragt hat, warum er denn weinte. Wenn sie jetzt im Bett daran denkt, dann fängt das Herzweh wieder an. Also stellt sie diesen Gedanken ab. Sie kann nicht mehr.
Und jetzt haben sie ihr vom Arbeitsmarktservice (AMS – in Deutschland Arbeitsamt) die Notstandshilfe für ganze sechs Wochen gestrichen. Sie haben ihr Anfang Oktober nur einen kleinen Teil vom September ausgezahlt. Sie haben die Notstandshilfe ja ab dem Tag eingestellt, an dem sie hätte vorstellen gehen sollen, und das war schon in der ersten Septemberwoche. Und das Bisschen war schon nach gut zehn Tagen wieder weg.
Oh Gott, was soll sie bloß machen? Und wofür? Man hat ihr eine befristete Beschäftigung zugewiesen, oder verbindlich angeboten, wie die das so hochtrabend nennen. Eine Teilzeitstelle für zehn Tage bloß, vom ersten bis zum zehnten Oktober, fünf Stunden täglich und extrem beschissen bezahlt. Weniger, als sie für die selbe Zeit Notstandshilfe hat, was eh nicht viel ist, aber das ist angeblich gesetzmäßig, wenn man Notstandshilfe hat. Und weil sie diese Arbeit für zehn Tage nicht angenommen hat, hat man ihr gleich für ganze sechs Wochen das ganze Geld gestrichen. "Fairer" geht es wohl nicht mehr!
Tolle Gesetze. Na ja, besser als in Nigeria natürlich schon, aber dort gab es in ihrem Dorf wenigstens immer was zum Essen. Das Dorf hat zusammen gehalten, etwas zum Essen war eigentlich immer da. Doch wo soll man in einer Stadt in Österreich was zum Essen auftreiben? Stehlen? Soll sie sich am Strich verkaufen? So was hat sie bis jetzt noch nie gemacht. Na ja, Mistkübel stierl’n könnte sie gehen, die reichen Österreicher schmeißen ja eh jeden Tag so viele Lebensmittel weg, dass man davon wahrscheinlich ganz Nigeria in seinem heutigen Zustand ernähren könnte.
Sie könnte mehr Unterhalt von ihrem Ex verlangen?! Ne, das geht auch nicht. Sie hat es ja schon einmal versucht. Doch ihr Ex hat sich vor der Geburt der kleinen Tochter auf einer seiner Montagen eine Jüngere gefunden, eine Filipinin, und hat mit der jetzt auch schon zwei Kinder, das letzte ein paar Wochen alt. Der Richter hat gemeint, die müsste er ja auch noch ernähren können, also gäbe es nicht mehr. Das erste kam fast zur selben Zeit, wie ihre Tochter. Sie wäre damals fast gestorben, als sie es erfahren hat. Dabei war sie ja irgendwie sogar froh, dass er sie verlassen hat. Er war vom ersten Tag an, als er sie mit nach Österreich genommen hat, eine brutale Sau. Die Filipinin beneidet sie wirklich nicht. Dabei hat er in Nigeria immer so schön getan, der falsche Hund. Er hat sie, wenn er zwischen seinen Montageeinsätzen im Ausland zu Hause war, fast jeden Tag verprügelt, ohne jeden Grund. "Zivilisation einbläuen" nannte er Das. Und danach war er dann geil und ist jedes Mal wie ein stinkender Wasserbüffel über sie hergefallen. Ja, gestunken hat die Sau auch immer, nach Schnaps und nach Bier.
Aber sie wusste ja, dass es verdammt schwer werden würde, für sie und die Kinder in diesem für sie noch immer so fremden Land. Für eine Frau alleine mit drei Kindern ist es so schon ein ewiger Kampf in diesem so kinderfeindlichen Land, und dann ist sie ja auch noch schwarz. Wie soll das bloß gut gehen? Sie kann ja nicht einmal nach Hause fahren. Ihr Dorf, das gibt es nicht mehr und ihre paar Leute, die überlebt haben, sind heute in die ganze Welt hinaus verstreut oder sitzen seit Jahren an der Grenze zu Nigeria in einem Auffanglager herum. Die wissen auch nicht, wie es weiter gehen soll. Die Kinder weg geben? Die Kinder sind doch Alles, was sie hat. Nein, nicht einmal denken. Lieber bringt sie sich und die Kinder um.
Oh Gott, wie soll das nur weiter gehen? Da fetzt wieder ein Weinkrampf durch ihren ganzen Körper durch. Alles tut so weh!
Man muss sich das ja einmal vorstellen! Man hat ihr ein Vorstellschreiben geschickt: Passage-City-Center, dieses große Einkaufszentrum, dieser von bunten Lichtern nur so leuchtende und nach Reichtum schimmernde Traumtempel mitten in Linz, an der Landstraße. Gesucht: zwei schwarze oder zumindest sehr dunkelhäutige Frauen zwischen achtzehn und fünfunddreißig Jahren, einigermaßen der deutschen Sprache mächtig und kommunikationsfreudig.
Kommunikationsfreudig? Na klar, sie hätte vor dem Kaufhaus auf der Straße als "Meinl-Mohr" Lotterielose verkaufen sollen. Nie und nimmer! Sind denn diese Österreicher nun wieder einmal total verrückt geworden? Also wenn das keine rassistische Diskriminierung ist für eine Frau aus Schwarzafrika? Sie ist gleich gar nicht vorstellen gegangen. Sie hat sich gedacht, das könne nur ein Riesenirrtum sein und ihr Betreuer beim AMS würde das schon verstehen. Denkste! Der hat sie gleich ganz böse angebrüllt und hat dann auch gleich eine Niederschrift mit ihr aufgenommen und ihr auch gleich gesagt, dass sie sich keine Hoffnungen zu machen braucht. Auch für eine wie "sie" würden heute keine Extrawürste mehr gebraten, das Gutmenschenzeitalter sei nun endgültig vorbei. Sie müsse endlich begreifen, dass sie sich endlich in Österreich anzupassen hat. Und so weiter und so fort. Mensch, war der grauslich zu ihr. Sie hat sofort angefangen zu weinen. Das hat diesen A-Em-Essler dann noch wütender gemacht.
Sie hat heute keine Ahnung mehr, was der dann noch für Gemeinheiten zu ihr gesagt hat. Das glaubt ihr sowieso kein Mensch. Es waren ja keine Zeugen dabei. Sie hat gar Nichts mehr mitgekriegt. Sie ist dann einfach aufgesprungen, ist aus dem Zimmer hinaus gelaufen, ohne die Niederschrift zu unterschreiben, und hat die Türe mächtig zugeknallt. Er hat dann hinter ihr die Türe aufgerissen und ihr irgendwas nach geschrieen. Was, das weiß sie nicht mehr?
Zu Hause ist sie dann im Stiegenhaus gleich der Nachbarin begegnet, einer bösartigen Pluntzen aus Jugoslawien, einer Rassistin, wie es eine bösartigere nicht mehr geben kann. Was die immer zu ihr so von Hinten herum sagt, so durch die Blume? Schlecht kann einem davon werden. Aber sie muss trotzdem immer wieder freundlich zu ihr sein, weil sie doch auch irgendwie dann wieder ein Herz hat und ab und zu auf ihre Kinder auf dem Spielplatz ein Auge wirft, wenn sie schnell ums Eck zum Billa muss. Frau Jugo hat ja auch zwei Kinder im selben Alter und die spielen immer mit den ihren. Die Kinder mögen sich. Die sind nicht so blöd, wie ihre Alten.
Die Nachbarin hat sie gleich gefragt, warum sie denn so heult? Na ja, da hat sie ihr dann die ganze Geschichte erzählt. Frau Jugo hat dann gleich gemeint: "Na, da wird es aber jetzt eng für dich, Niggy. Das AMS ist heute stahlhart. Seit der neuen FPÖVP-Regierung gibt es Gott sei Dank für arbeitsscheue Elemente keine Gnade mehr. Wieso hast du denn diesen Super-Job nicht angenommen, haaa? So einen Job, den würde ich mir wünschen. So was, das mache ich doch nebenbei, echt. Ein paar Stunden lang ein paar Lose verkaufen, so ein Klax. Da tut man sich nicht weh, verdammt. Ich reiße mir bei meiner Hocken jeden Tog in Oarsch auf, vastehst? Spinnst du? Du bist net zufällig a bisserl deppat im Schädel, haaa?…. Ist der Job noch frei, weißt du das vielleicht? Haha, da habe ich ja die volle Gaudi mit den Passanten auf der Straße, haha, und kriege dafür auch noch ein schönes Geld. Na, echt, ich verstehe dich nicht. Echt, so geht es nicht. Dir geschieht schon Recht, wenn du jetzt keine Kohle mehr kriegst vom AMS."
Sie ist dann in ihre Wohnung und hat den Rest vom Tag verheult. Zum Glück hat sie am nächsten Tag dann unten im Stiegenhaus den Herrn Briefträger getroffen. Der hat gerade die Briefe in die Fächer einsortiert. Diesen Briefträger mochte sie. Der hat sie noch nie blöd angeschaut, weil sie eine Schwarze war. Der war immer zu allen Leuten gleich nett. Sie grüßten sich und er hat sie gefragt, wie es ihr geht. Und da ist dann die Geschichte aus ihr heraus geplatzt. Er war schwer entsetzt.
"Schrecklich. Mein Gott, wo wird diese Welt von Heute noch enden? Es wird immer schlimmer hier. Als "Meinl-Mohrin" Lose verkaufen? Ja, spinnen denn die beim AMS jetzt schon völlig? Mein Gott, wir erleben heute wieder einmal eine Vermohrung der Zeit. Diese Vermohrungen greifen immer weiter um sich, verdammt!" Da hat sie dann sogar lachen müssen, wie der dieses Wort "Vermohrung" ausgesprochen hat. Sie hat sofort verstanden, was er damit sagen wollte. "Verrohung" hat er gemeint. Und der Herr Briefträger hat dann auch gelacht, obwohl er echt wütend war. Das konnte sie ihm ansehen. "Vermohrung der Zeit", hahaha, ist gut was?" "Ja, echt gut. Was Ihnen immer so einfällt? Sie sind einer der ganz wenigen Menschen, die ich kenne, bei denen ich immer lachen muss." "Ja, es ist nur schlimm, dass es so wahr ist."
Er hat dann gemeint, sie solle doch beim Ausländerhilfsverein MAIZ anrufen, der wäre eh gleich in der Nähe, und sich erkundigen, ob sich da nicht doch etwas machen lässt. Das kann doch nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Sie ist dann gleich selber dort hin. Die Frau dort wurde gleich ganz fuchsteufelswild und hat gesagt, sie solle vorbei schauen, wenn der Bescheid vom AMS kommt. "Da machen wir dann was. Das können wir denen nicht durchgehen lassen, verdammt, sonst glauben die noch, sie könnten in Hinkunft mit unseren Leuten machen, was immer sie wollen. Wenn wir da Nichts tun, dann haben wir bald wieder einen Hitler hier, verdammt."
Das hat sie dann eine Woche später auch getan, als der Bescheid kam. Echt: sechs Wochen kein Geld. Die Frau vom Verein MAIZ hat dann für sie eine Berufung geschrieben. Begründung: "1. Rassistische Diskriminierung und 2. keine Relation zwischen Tat und Strafe. Man dürfe ihr höchstens für die zehn Tage die Notstandshilfe versagen, die sie nicht gearbeitet hat." Sie hat die Frau dann noch gefragt, wie lange so ein Berufungsverfahren dauern würde.
"Na, sie kennen ja die Behörden hier. Ein paar Monate dauert das natürlich schon." "Oh Gott, und was mache ich bis dahin. Ich habe überhaupt kein Geld mehr, der Schulanfang, verstehen Sie? Und ich habe ja bei Null angefangen, als mein Mann mich wegen einer Anderen verlassen hat. Meine ganzen Ersparnisse sind weg. Wie soll ich da die Miete, den Strom und all das andere bezahlen? Und die Kinder haben Hunger. Oh Gott!" Und da hat sie wieder zum Weinen angefangen.
"Ach, ich glaube, da weiß ich was. Es gibt da irgend so eine Möglichkeit, glaube ich, mit der man Aufschub bekommt, aber genau weiß ich das auch nicht. Aber warten sie! Ich rufe einen Freund an, ich glaube, der müsste das wissen. Der ist Rechtsanwalt." Sie hat dann telefoniert. "…. Ach, einen Antrag auf Gewährung der aufschiebenden Wirkung müssen wir stellen. …. Ach, ja ja, ….. danke, danke, danke. Du bist ein Hit!" Und so einen Antrag auf Gewährung der aufschiebenden Wirkung haben sie dann auch gestellt. Das würde schnell gehen. Laut Gesetz muss die Behörde innerhalb von vier Wochen über die aufschiebende Wirkung entscheiden. Dann würde sie zumindest bis zur endgültigen Entscheidung die Notstandshilfe nachgezahlt bekommen.
Und nun sind schon gut drei Wochen vergangen, seit sie den Bescheid bekommen hat. Und sie muss trotzdem noch immer jeden Tag weinen, und schlafen kann sie auch nicht mehr in der Nacht. Bei Berufungen weiß man ja nie, wie sie ausgehen. Das kann man nie wissen, das hat die Frau von MAIZ zu ihr auch noch gesagt. Ganz sicher, dass sie gewinnen würde, war sie sich auch nicht.
Am Morgen war sie wieder einmal wie gerädert. Sie hat den Kindern noch immer halb bewusstlos das Frühstück gemacht und die zwei älteren dann in die Schule gebracht. Als sie zurück gekommen ist, stand gerade der Herr Briefträger im Stiegenhaus. Er hat sie fröhlich begrüßt und sie grinsend angelacht. Und dann griff er in ihr Fach hinein und hielt ihr einen ganz gewöhnlichen weißen Brief vor die Nase.
"Dieser Brief ist vom AMS, und zwar von der Landesgeschäftsstelle, bei der Sie berufen haben. Es ist kein weißer Rückscheinbrief, also geht es nicht um irgendwelche Ermittlungen von denen. Echt, da kenne ich mich inzwischen schon aus. Ich habe ja jeden Tag für irgend einen Arbeitslosen eine Post dabei. Und es ist auch kein blauer. Das wäre schlecht. Mit blauen Rückscheinbriefen verschicken die nämlich jene Bescheide, mit denen sie den Berufungen nicht stattgegeben haben. Wenn sie positiv entscheiden, dann nehmen sie einfach ein normales Briefkuvert. Wissen’s, das muss so sein, denn gegen eine negative Entscheidung muss man sich ja wehren können, laut Gesetz, zum Beispiel eine Beschwerde einreichen beim Verwaltungsgerichtshof oder so. Und dafür ist das Zustelldatum wichtig, wegen der Rechtsmittelfrist. Und dieser Brief da, der ist ganz normal. Ich wette, dass sie gewonnen haben. Also, machen’s ihn schon auf, ich bin so neugierig. Aber natürlich nur, wenn es Ihnen Nichts ausmacht."
Es hat ihr Nichts ausgemacht. Er reichte ihr seinen Kugelschreiber und sie hat den Brief damit gleich geöffnet. Dabei hat sie noch gemeint: "Ach, ich glaub’s nicht. Kann das sein? So schnell. Man hat mir gesagt, dass das ein paar Monate dauern kann." "Ach, wissen’s, so viel ich weiß, ist das AMS in Oberösterreich eines der schnellsten, und ich glaube auch, dass die die positiven Entscheidungen schneller entscheiden, weil bei den anderen ist es ja eh wurscht, weil man ja sowieso Nix bekommt, nur genau wissen tust es halt noch nicht, hihihi."
Und tatsächlich war da der Bescheid drin. Und da stand drauf: "Der Berufung wird stattgegeben." Und in der Begründung stand tatsächlich, dass die Arbeit als Meinl-Mohrin beim Passage-City-Center Linz diskriminierend war. Anbieten könne man so einen Job schon, aber man dürfe eine Ablehnung nicht sanktionieren.
Der Briefträger meinte dann noch: "Na, manchmal glaube ich doch noch, dass heute noch nicht Alles verloren ist. Ein paar Leute mit Anstand gibt es halt doch noch."
Sie ist dann mit dem Bescheid sofort aufs AMS gegangen und hat sich einen Vorschuss geholt. Und dann ist sie einkaufen gegangen und hat dabei in einer Trafik auch eine Stange Zigaretten gekauft, so als Danke-Schön für den Herrn Briefträger, weil er ihr den Tipp mit dem Verein MAIZ gegeben hat und weil er auch sonst immer so freundlich zu ihr war.
© Copyright by Lothar Krist (8./9.10.2004 von 23.20 – 3.10 Uhr im Smaragd)
Erklärung dazu und einige Leserbriefe.
Einige meiner LeserInnen wissen es ja wahrscheinlich noch, ich war vom 1. Oktober 2003 bis 30. September 2004 in Bildungskarenz. Ich habe mir mal ein Jahr Auszeit genommen. Als ich nun am 1. Oktober wieder an meinem Schreibtisch in der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich saß, lag schon ein schöner Stapel Akten da, der bearbeitet werden wollte. Ich bin juristischer Sachbearbeiter und habe unter anderem auch die Berufungen von Arbeitslosen gegen Entscheidungen der 1. Instanz aller Geschäftsstellen des AMS in OÖ. zu entscheiden oder besser, ich bereite den Fall vor, erledige die notwendigen Ermittlungen und trage ihn dann einem Ausschuss vor, einer Art Schiedsgericht, in dem drei Quasi-Richter sitzen, die dann entscheiden.
Ich hatte irgendwie so irre Hoffnungen, dass sich vielleicht etwas in diesem Jahr zum Positiven hin verändert haben könnte. Nun ja, ich greife also nach dem ersten Akt und siehe da, was sehe ich da gleich als erstes: "Meinl-Mohr"! Ich brauchte gar nicht weiter zu lesen und wusste schon, dass ich alles versuchen würde, diesen Bescheid aufzuheben. Natürlich habe ich dann doch weiter gelesen, klar, aber an meinem ersten Gefühl hatte sich dann Nichts mehr geändert. Und ich dachte bei mir: Mensch buji, es ist, als wärst du kein Jahr weg gewesen! Es fängt wieder so an, wie es aufgehört hat. Und die nächsten paar Akten waren dann kein bisschen besser.
Ich habe mich dann an einem schönen Nachmittag auf die Bank vor dem Passage-Kaufhaus gesetzt und den zwei schwarzen Frauen, die diesen Job nicht abgelehnt hatten, im "Meinl-Mohr-Kostüm" dabei zugesehen, wie sie ihre Lose verkauft haben. Ich saß nicht lange, da kam schon eine Meute fröhlich-lauter Jungs vorbei: "Ach, was haben wir denn da? Zwei Mohrlies, ach wie süß. Habt ihr endlich eure Berufung gefunden, hehehe." Und so ging’s auch weiter. Die meisten Leute waren ja freundlich. Doch jeder hundertste oder zweihundertste, keine Ahnung, die Landstraße war ja voller Leute, hat eine blöde Bemerkung gemacht. Und es waren auch zwei Nazi-Trupps dabei. Aber die wurden Gott sei Dank von anderen anständigen Leuten gleich wieder verscheucht.
Die Meinungen der Leserbriefschreiber unten kann ich teilweise nicht nachvollziehen. Über eine mögliche Diskriminierung lässt sich streiten. Und ich bin ein erster Realist: Wir leben nun einmal in einer Welt, in der Diskriminierung Gang und Gäbe sind. Das ist Realität und das sollte man nie vergessen. Alles andere ist verträumte Gutmenscherei.
Eines ist jedenfalls sicher: Meinetwegen kann man diesen Job ja als Arbeitgeber anbieten, meinetwegen können wir vom AMS auch diesen Vermittlungsauftrag übernehmen, aber wenn diese Beschäftigung dann eine schwarze oder dunkelhäutige Frau ablehnt, dann darf man deshalb keine Sanktion verhängen und diese Frau mit sechs Wochen Entzug des Arbeitslosengeldes bestrafen. Darin sehe ich die Krux bei der Geschichte und deshalb habe ich diesen Fall auch positiv dem Ausschuss vorgetragen. Es gab auch keine lange Diskussion. Alle drei Richter waren meiner Meinung.
Der Artikel aus dem Standard:
AMS-Job als "Meinl-Mohr"
Personen mit "schwarzem oder sehr dunklem Hauttyp" für eine Werbeaktion gesucht - Grüne erbost
Auf heftige Kritik stößt bei den Linzer Grünen ein Stellenangebot des Arbeitsmarktservice Oberösterreich. Laut Ausschreibung werden für ein befristetes Dienstverhältnis bei der Lebensmittelkette Meinl ausschließlich Personen mit schwarzem oder sehr dunklem Hauttyp für eine Werbeaktion im Kostüm eines "Meinl-Mohrs" gesucht.
"Geschmacklos und diskriminierend"
"Es ist absolut geschmacklos und diskriminierend, für solch eine Kasperlrolle mit weißer Pluderhose und roten Käppi gezielt Menschen mit schwarzer Hautfarbe zu suchen. Ein bisschen Schminke hätte es doch auch getan", ärgert sich die Menschenrechtssprecherin der Linzer Grünen, Gülcan Gigl.
Beim AMS verteidigt man die Ausschreibung: "Die Einbeziehung des Hauttyps in das Anforderungsprofil war der vom Unternehmen geplanten Tätigkeit angemessen, eine Diskriminierungsabsicht war von keiner Seite beabsichtigt", so AMS-Chef Roman Obrovski. (mro/DER STANDARD; Printausgabe, 19.10.2004)
Dazu die Leserbriefe:
so typisch oesterreichisch
diskriminierend?
also bitte so ein schwachsinn. jeder modeljob ist demnach diskriminierend. bin derzeit in NYC und da sind leute mit allen moeglichen hautfarben heimisch und niemand wuerde sich ueber sowas aufregen, das zeugt nur davon dass man im oesiland keine ahnung von mehr als einer hautfarbe hat.
ein mohr ist nun mal dunkelhaeutig, oder?
so etwas zeugt nur von bloedheit und intoleranz
????
Ein bisschen Schminke hätte es auch getan? Das nenne ich eine Diskriminierende Aussage. Schaut sich der Herr Gigl seine Mitmenschen so schlecht an, dass er nicht weiter als bis zur Hautfarbe sieht?
Ob diskriminierend hängt von der Werbung ab, aber die Jobausschreibung ist nicht diskrimierender als wenn blonde Frauen &>1,8 m mit maximal 55 kg Körpergewicht gesucht werden.
wenn hier schon etwas zu hinterfragen ist,
dann ist es die philosophie vom meindl bzw. dessen werbeaktion. das ams tritt hier ja nur als dienstleister auf - auftrageber ist österreichs bekanntester mohr. die frage ist, ob diese firmensymbol heute noch poltisch korrekt ist....
im allgemeinen ...
.. ist die schwer rassistische werbelinie von meinl zu verurteilen ... auch zu verurteilen ist der rassismus der grünen, die nicht verstanden haben, das es sich bei dem "meinl-mohr" um ein rassistisches stereotyp handelt und ob da nun ein mensch dunkler hautfarbe drinnen steckt oder ein mensch mit heller hautfarbe, der nur schwarz angemalt ist - tschuldigung, das macht wirklich keinen unterschied!
bei der sache haben die grünen bewiesen, wie unfähig und ahnungslos sie sind und meinl, das sie von ihrer rassistischen werbelinie nicht abgehen ...
tja das sind halt die echten skandale
wem regt schon benzinpreiserhöhungen, verhärtete autofahrerbedingungen, korruption etc. auf. schlimm ist ein mohr nicht im hemd sondern im meinl-kostüm. berufsverbot für alle marylin monroe, elvis etc. kopien die bei veranstaltungen in deren kleidung rumlaufen müssen. und schickt ja keinen hustinetten, pom-oder harribo-bären irgendwo hin zuckerl zu verteilen, engagiert ja kein blondes puppi als menschenechte barby- immitation und als weihnachtsmann wo stehen zu müssen, vielleicht noch als nichtchrist, ist echt beleidigend und diskrminierend. und die ganzen mozart-kopien die jahraus-jahrein die konzerte mit weißer perücke verkaufen. und wer hat eigentlich den schi-stars befehligt mit nacktem popo über das werbe-zelluloid zu flitzen ?
Furchtbarer SKANDAL !!!!
Und wieder ist Österreich um einen FÜRCHTERLICHEN Skandal reicher. Es ist schrecklich was in diesem unbeschreiblichen Land alles passiert. Wenn das SO weitergeht bleibt nur mehr AUSWANDERN. Danke den GRÜNEN (nicht nur in Linz) für die wunderbare Arbeit, die beim Erkennen und Aufzeigen von wirklichen Problemen unseren grauslichen Staat betreffend, verrichtet wird.
unwichtig...
unwichtig mag's ja sein, aber was motiviert dich dann, zu posten? 's gibt noch so viele andere artikel hier!
ähm und ein blick in die meindl'sche Geschichte? ich mein, überbleibsel aus dem kolonialismus zu feiern ist was anderes als Hustinettenbären lustig zu finden, oder?
Obwohl ich persönlich so was ja nur ehrlich finde, weil: wo kommt's denn her, das Zeug das wir essen (und beim Meindl kaufen)? wer erntet denn unser Obst, unseren Kaffee, Kakao...
*grins*
meine rede....
Am wesentlichen vorbei...
"Ein bißchen Schminke hätte es doch auch getan".
Wenn dunkelhäutige Menschen sich durch solche Darstellungen beleidigt fühlen - was verständlich wäre - werden sie die Darstellung von ein bißchen Geschminkten als Meinl-Mohren wohl um nichts weniger beleidigend finden. Schließlich geht es dann um das folkloristische Klischee an sich, nicht darum, wie die Person aussieht, die es verbreitet.
Die falsche Verwendung des Begriffs "Diskriminierend" eröffnet natürlich viele Möglichkeiten, das Thema lächerlich zu machen. Die Diskriminierung besteht darin, daß "Weiße" nicht zugelassen sind, und das zu kritisieren ist eher grotesk.
Hier geht es um Abwertung von Dunkelhäutigen, davon ist allerdings nicht die Rede. Wirklich dumm gemacht von den Grünen.
Ich kann mich erinnern, dass
es in den 30er Jahren in den USA Filme gab, wo man Weiße auf "Neger" geschminkt hat - unjd es war lächerlich.
Und warum spielen immer Chinesen bzw. Japaner ...
... in asiatischen Kampfsportfilmen mit?
Wir könnten uns unser Auge doch mit einer Büroklammer zum Ohr heften :-)
Ich möchte nicht wissen wie die Reaktion gewesen wäre
wenn das Inserat etwa gelautet hätte:
"Suchen entweder Farbige oder Weisse die aber bereit sein müßten sich schwarz anmalen zu lassen "
> ich könnte mir doch vorstellen, daß alleine der Akt, einen Weißen, schwarz anzumalen, ebenfalls als Diskrimminierung zu werten wäre .......
uswusf