Hans-Peter Zürcher

Das kleine Wunder oder die verzauberte Prinzessin

27. Januar 2005

Diese Geschichte hört sich an wie ein Märchen, könnte aber ebenso gut wahr sein, wie auch nur ein Traum.

Da lebte einmal ein junger, ganz unscheinbarer Mann in einem kleinen Haus in einem schmucken Dorf, unweit einer grosser Stadt. Er fiel weder seinen Nachbarn, noch anderen Menschen im Dorf auf, war immer nett und zuvorkommend und war so auch sehr beliebt. Eines Tages, es war im Frühjahr und alles grünte und blühte, und die Natur war wunderschön, ja schon fast überbordend anzuschauen. Auch die Vögel zwitscherten und jubilierten, dass es eine Freude war. Eben an solch einem Tag beschloss er, nach einer klaren Vollmondnacht, wieder einmal in die nahe Stadt zu reisen, um einen Freund zu besuchen und machte sich also zu Fuss auf den Weg. Über ein grosses Feld, einem kleinen, gurgelnden Bächlein entlang wanderte er einem Wald entgegen, hinter dem sich die Stadt befindet, in die er beabsichtigte, zu gehen.

Als er so in Gedanken versunken diesem Bächlein entlang ging, sagte plötzlich jemand mit lieblicher Stimme " he, du ", er erschrak, schaute um sich, konnte aber niemand entdecken. " He, du " sagte die Stimme, " hier unten im Bächlein ", sagte die Stimme weiter. Unser Freund, so dürfen wir ihn ruhig nennen, denn wir begleiten ihn durch diese ganze Geschichte. Also, unser Freund blieb stehen und schaute ins Bächlein, konnte aber nichts weiter sehen, als das Wasser, das munter vor sich hin gurgelt und in dem sich der reine, klare Himmel spiegelt. Also kniete er nieder und bückte sich über das Wasser. Sehen konnte er aber nur sein eigenes Gesicht als Spiegelbild im Wasser. - Nun -, dachte er, - ich habe vielleicht nur geträumt -. Doch plötzlich, er betrachtete immer noch sein Spiegelbild, veränderte sich dieses, und er schaute in ein hübsches, ja wunderschönes Gesicht von einer jungen Frau. Er schloss seine Augen, öffnete sie wieder, aber dieses Gesicht schaute ihm immer noch entgegen. " He du, bitte hilf mir, bitte, ich weiss, dass du der einzige und auch richtige Mensch bist, der mir helfen kann. Du hast ein gutes Herz und eine reine Seele. Vor vielen Jahren wurde ich verbannt und in einen Fuchs verwandelt. Nur an solchen Frühlingstagen, bei Vollmond, bin ich für einen kleinen Augenblick befreit, und mein wahres ich darf in diesem Bächlein als mein Spiegelbild für kurze Zeit baden ". Nun bewegte sich das schöne Gesicht ein wenig seitwärts, und da kam auch sein eigenes Spiegelbild wieder zum Vorschein. Langsam schwamm nun das schöne Gesicht weg, es wurde nun der ganze Körper dieses Wesens ersichtlich und der war eben so wunderschön wie das Gesicht. " Bitte ! ", sagte die Stimme " bitte, helfe mir ". " Wie kann ich dir denn helfen? ", wolle unser Freund wissen. " Das ist schön von dir, danke, du wirst es nicht bereuen, und dann schon wissen, was zu tun ist. Aber bitte, habe keine Angst, handle wie dir dein Herz befielt und erschrecke nicht, und vor allem, habe keine Angst, bitte ! ".

Ganz in Gedanken versunkenen kniete er immer noch an diesem Bächlein und war sich immer noch nicht sicher, ob er jetzt geträumt  oder sonst irgendwie fantasiert hatte. Er wusch sich das Gesicht mit dem kühlen Wasser, schüttelte seinen Kopf und lief weiter, denn er wollte ja eigentlich zu seinem Freund in die Stadt. Als er nun durch den Wald lief, war ihm, als sehe er weiter vorn einen Fuchs den Weg queren. - Ach -, dachte er, - vielleicht bin ich auch ein wenig verwirrt, dieser ausserordentlich schöne Tag, lässt vielleicht nicht nur die Natur, die Vögel überborden, sondern auch mich. Er genoss diesen Spaziergang durch den Wald, dann durch die Vorstadt bis hin zum Haus von  seinem Freund. Auch hier in den Gärten sah man den Frühling sich üppig ausbreiten. Sein Freund kam ihm entgegen, begrüsste ihn herzlich und so konnten sie denn ein Stück gemeinsam des Weges ziehen.

Nun verbrachten die beiden diesen Tag mit einem feinen Essen, einem Glas guten Wein und einem ausgiebigen Gespräch. Darob vergass unser Freund die Begebenheit vom Morgen. Als er sich dann gegen Abend von seinem Freund verabschiedet hatte, machte er sich auf den selbigen Pfaden wie am Morgen auf den Heimweg in sein Dorf. Es schien, dass dieser Tag sich so verabschieden wollte, wie er begann. Im Wald war ein Singen, Zwitschern und Jubilieren zu hören, dass es sich schon fast wie ein richtiges Konzert anhörte. Auch auf dem Feld waren einzelne Amseln mit ihren Abendlied zu hören, die damit um die Wette sangen, und das Bächlein murmelte auch munter vor sich hin.

Er hatte noch nicht den Rand seines Dorfes erreicht, da verdunkelte sich der Himmel fast schlagartig und es brach ein Sturm los, wie ihn hier im Land noch niemand erlebt hatte, selbst die ältesten Dorfbewohner konnten sich nicht an so etwas erinnern. Äste und andere Gegenstände wurden durch die Luft gewirbelt, Blitz und Donner, Hagel und Regenschauer brachen gleichzeitig über das Land. Wer sich jetzt noch ungeschützt im Freien aufhielt war nicht zu beneiden.

Schon beim ersten Windstoss stürzte unser Freund und blieb dann auch gleich am Boden liegen, und das war auch gut so. " Bitte ! bitte.......... ", glaubte er im brausenden und tobenden Lärm von diesem grossen Unwetter zu hören. " Bitte ! bitte....", schon wieder. Ein Blitz nach dem anderen erhellte die Gegend, und da sah er plötzlich im hellen Schein, dass ein schlanker, ja fast magerer Fuchs, der ein rotes Halsband um hatte, sich mit der sich daran befindlichen Leine an einer Wildrosenstaude verfangen hatte und nicht los kam. Rundherum schlugen Blitze ein und es krachten Donnerschläge, als dass die Welt untergehen wollte. " Bitte.... ! " war nun ganz deutlich zu hören. - Das war ja die Stimme von heute Morgen -, dachte unser Freund, stand auf, wurde aber gleich wieder von einem nahe einschlagen Blitz, zu Boden geworfen. Er liess sich aber nicht abschrecken und kämpfte sich so lange gegen die Unbilden der Natur, bis er beim Fuchs war. Ihn loszulösen von diesem dornigen Strauch brauchte etlichen Aufwand, und dann nur weg, denn der Busch stand mitten unter einer Gruppe von hohen Birken. Er war noch keine zwanzig Meter weg, zuckten wieder Blitze in nächster nähe, da legte er sich geistesgegenwärtig zu Boden, den Fuchs schützend unter sich und die Hände schützend über dem Kopf.

Da, ein heller, grosser Feuerball und gleichzeitig ein riesigen Knall. Die Birken und der Wildrosenbusch standen in Flammen und erhellten die ganze Umgebung. Und so plötzlich wie das Unwetter losbrach, so plötzlich war es auch wieder vorbei. Die Wolken verzogen sich, der helle, noch volle Mond kam zum vorschein und die Sterne begannen zu funkeln, als ob nichts geschehen wäre.

Wie lange unser Freund so dagelegen war, wusste er nicht mehr. Aber was war denn das ? unter ihm lag nicht der Fuchs, sondern das wunderschöne Mädchen, dessen Spiegelbild er heute Morgen im Bächlein erblickte. " Danke, danke mein lieber Freund, du hast mir das Leben gerettet und mich dadurch von dem mir auferlegten Fluch befreit. Ich danke dir ganz herzlich ", und sie küsste ihn ganz zärtlich auf die Lippen.

Er wusste nicht wie ihm geschah, und war sehr glücklich, konnte aber nicht mehr unterscheiden, war dies nun ein Märchen, oder Wirklichkeit, oder gar ein Traum.

Die beiden verliebten sich in einander und da sie keine Unterkunft hatte, wohnte sie im kleinen bescheidenen Haus von unserem Freund und so wurden sie ein Paar. Ein Jahr später, es war im Mai, da heirateten die beiden in der kleinen Kirche im Dorf. Es gab ein grosses Fest, denn er war ja sehr beliebt im Dorf und so steuerte auch jeder etwas bei zu diesem grossen Anlass. Das ganze Dorf war auch mit Fahnen festlich geschmückt und die Natur trug auch das ihrige dazu bei. Die Braut hatte ein schlichtes weisses Kleid an, um den Hals das rote Halsband als Schmuck und über die Schulter eine Stola aus Fuchspelz. Sie sah wunderschön aus mit ihren rot-braunen lockigen, langen Haaren, in die eine rote Wildrose gesteckt war. Eben so schlicht war der Bräutigam gekleidet. Alles war nun für diese Hochzeit vorbereitet und bereit, die Trauzeugen, die Eltern von unserem Freund und das ganze Dorf, nur die Eltern der Braut fehlten noch.

Gerade als eben die Kirchenglocken zu läuten begannen, fuhr eine grosse rote Kutsche vor. Da kam nun plötzlich eine riesige Aufregung in die Hochzeitsgesellschaft, denn da stieg ein Königspaar aus dem schmucken Wagen, umarmten und küssten erst herzlich die Braut und dann auch den Bräutigam. Und so wussten nun alle, dass dieses schöne Mädchen eine Prinzessin war. Die Hochzeit konnte jetzt durchgeführt werden und das Fest dauerte bis in die frühen Morgenstunden.

Das junge Paar lebte nun fortan glücklich und zufrieden in diesem bescheidenen kleinen Haus in diesem schmucken Dorf, halfen wo Not war und Hilfe notwendig und freuten sich des Lebens.

Und wenn wir in diesem Dorf, oder einem anderen, ein hübsches, glückliches und zufriedenes Paar antreffen, ja......, ja dann könnte es vielleicht auch das aus unserer Geschichte sein ! 

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