Baphomet Marduk

Buchvorstellung: Schwarzer Horizont

 

Die Kurzgeschichten Anthologie der etwas anderen Art Die Palette der Storyinhalte reicht vom Psychothriller über mysteriöse Momentaufnahmen bis hin zu Episoden, in welchen selbst die Liebe ein ausloten der Abgründe des Todes wird. Ist man einmal in die pechschwarze Gedankenwelt von Baphomet Marduk eingetaucht, gibt es nur schwer ein Entrinnen. Wer sich auf die sarkastische Abrechnung mit dem allzu Menschlichen einlässt, wird erfahren, dass sich eine beunruhigende Spannung einstellt, die zur ständigen Begleiterin beim Abstieg in die dunklen Szenarien der Autorin wird. Überraschungsmomente gibt es immer dann, wenn man es am wenigsten erwartet, wie es für B.M typisch ist. Ist da vielleicht ein Licht am Ende den Tunnels? Oder war es der Mond, der sich in der Klinge einer Mordwaffe spiegelt? Viel Spaß mit den Geschichten von Baphomet Marduk... und im enger werdenden Gürtel der Beklommenheit.
Webseite des Autors: http://www.baphomet-marduk.de



Leseprobe:

Nachtgesang (Auszug aus der Anthologie SCHWARZER HORIZONT)

Die Menschen sind der abwegigen Auffassung, dass der Teufel, so böse und durchtrieben er auch sein mochte, es machen würde wie Gott.
Der Bastelkönig erschuf den Menschen im Spieltrieb. Er nahm etwas Erde und Adam wurde gebacken. Wie alt war da unser Herr und Gebieter?
Anschließend ließ er Bäume und Büsche brennen und jagte sein auserwähltes Volk durch das Meer und die Wüste.
Wenn wir es genau betrachten, sind ein paar Jährchen vergangen bis er die Pubertät erreichte und es mal mit Sex versuchte. Er zeugte einen einzigen Sohn mit einer etwas allzu naiven Maria und versprach ihm.
„Junge, wenn’s schief läuft, kommst du ganz einfach wieder nach Hause.
Lass also ein paar Leutchen nach deiner Pfeife tanzen und amüsiere dich kräftig. Zeig, was du kannst und wenn einer was will, dann sag einfach dein Vater ist Gott. “
Er war also der Urvater der antiautoritären Erziehung. Jesus konnte machen, was er wollte und nichts war verkehrt. Er gründete eine Männer WG und teilte mit ihnen seinen Leib und das Brot. Er heilte und predigte und war im Großen und Ganzen eine Schande für die arbeitende Bevölkerung.
Natürlich wehrte er sich nicht, als man ihn ans Kreuz nagelte. Für ihn war es nur mal wieder eine neue Erfahrung, nach der er dann nach Hause konnte.
Jesus genoss zu viel Sicherheit. Vielleicht hätte er sonst seinen Job besser erledigt und als Allzweckreiniger die Menschen endlich vollständig von all ihren Übeln erlöst.
Ich sitze hier vor dem Fernseher und schau mir einen dieser Horrorfilme an, in denen eine unschuldige Mutter das Kind Satans zur Welt bringt. Eine solche Naivität fasziniert mich immer wieder.
Er ist grausam und machtbesessen, würde er mit solch unterentwickeltem Familienstand wirklich diesen gewaltigen Feldzug anstreben?
Klein Belzebub wäre in dieser von Computern beherrschten Welt verloren.
Niemand ist heutzutage von ein paar Schlitzaugen, einem Bocksfuß und einem Schwanz beeindruckt. Seit Marilyn Manson ist man böse Äußerlichkeiten gewohnt.
Ich denke, es wäre wahrscheinlicher, dass Präsident Bush einen dunklen Furz über den Äther schickt und man seiner Behauptung glauben schenkt, dies sei die biochemische Geheimwaffe des Irak, weil Bushs Köchin arabischer Herkunft ist.
Durch das Fenster sehe ich den Tag weichen und der lange Schatten des Hauses legt sich über den gepflegten Vorgarten.
Ich bin mittlerweile zweiundzwanzig und höre meine Geschwister im ersten Stockwerk über mir toben. Wir sind sechzehn meiner Art und eins liegt noch in der Wiege neben dem Bett meiner Mutter. Solange ich denken kann, war sie Kellnerin und solange ich denken kann hatte sie einen dicken Bauch. Ein leerer Uterus ist ihr wohl fremd.
Sie geht ihrer Bestimmung nach oder besser gesagt erfüllt sie wohl ihren Trieb. Ich hingegen bin ihr Mann und Kind zugleich. Ich bin der Anführer unserer Sippe. Es hatte eine Zeit gegeben, in der sie mich mit ihren Nippeln säugte und ich mich geborgen an ihren Bauch schmiegen durfte. Eine sehr kurze Zeit, bis ich das Bett verlassen musste und mein erster Bruder mich ablöste. Ich war seitdem der Große, eben der Anführer. Das Glied in der Kette, das zur Selbstständigkeit verdammt worden war.
Der Tag verabschiedet sich nun gänzlich und es wird allmählich Nacht. Ich bin ihr Anführer, der seine Untergebenen knechten muss, damit sie ihm den verdienten Respekt erweisen. Ich bin eben anders als die Führer der übrigen Sippen.
Meine Mutter bemerkte es, bevor ich es selbst wusste. Sie hatte mein Anderssein gerochen und mir gesagt, dass ich mich trotzdem vermehren muss.
Mir wurde es erst bewusst, als der Geruch meines Bruders mein Blut zum Kochen brachte und der meiner Schwester wie unbefleckte Erde an mir vorüberrauschte.
Auf dem Bildschirm beißt sich das Böse durch den Bauch der unschuldigen Frau. Sie kreischt, wie kein Mensch schreit, der gerade Zähne, scharf wie Rasierklingen, durch seinen Leib nagen spürt. Ihr Bauch öffnet sich wie ein zerrissener Jutesack und das Böse sieht aus wie eine Jim Hanson Puppe.
Die Menschen haben nicht die geringste Ahnung, was das Böse ist oder wie es aussehen wird, wenn sie ihm begegnen. Sie reden ständig davon, aber sie haben nicht einmal einen kleinen Schimmer, wie es sein wird. Ihr Geist glaubt gerne an den lieben Gott, aber das absolut Verderbliche hat für sie kein Gesicht. Das Schlimme daran ist, dass der Mensch sich in der Sicherheit wiegt, ihm überlegen zu sein.
Ich warte auf Ben. Zum erstenmal wird er sich auflehnen und seine Freiheit kosten. Ich hatte es ihm gestanden, ihm meine Liebe zu Füßen gelegt und er hatte sich abgewandt. Ich hatte ihn gewarnt und er lachte mich nur aus.
Nun, ich bereue nichts von dem, was folgte, denn im Nach hinein wird er mir näher sein als je zuvor. Das Poltern meiner Geschwister ist einer abwartenden Ruhe gewichen. Ich höre ihr Scharren und Weinen. Sie sind wie Kinder vor Weinachten. Sie sind unglücklich im Glück.
„Bald“, denke ich.
„Bald werden wir alle zusammen sein. “
Mein Blut kocht durch die Adern und der Ton des Fernsehers geht in seinem Rauschen unter. Die Schritte meiner Mutter wandern durch das Zimmer. Auf und ab und hin und her.
„Bald!“
Draußen hämmert jemand mit kraftloser Verzweiflung gegen die Tür, es wird Ben sein, der mir endlich Glauben schenkt.
Mein Körper durchlebt den Schmerz meiner Existenz und zeigt mir, wie lebendig ich bin. Er will endlich raus aus seiner Menschlichkeit. Ich spüre meinen Herzschlag, als ob er sich durch meine empfindsamen Schläfen bohrt.
„Bald!“
Ich stehe auf und meine Beine sind wie mit Blei ausgegossene Stelzen, die nicht mehr wirklich zu mir gehören.
„Lass mich endlich rein. Mach, dass es weg geht.“
Bens Stimme ist ein abgehaktes Flehen.
Das Unbegreifliche schwingt in seinem Unterton.
Meine Hand öffnet umständlich die Türe und der Mond leuchtet mir voll und unglaublich groß in meine weiten Pupillen. Sein Licht ist wie ein erregendes Streicheln auf der Haut und ich zucke unter seiner Berührung zusammen.
Ben steht da wie kurz vor dem Erblühen und doch glaubt er sich jämmerlich klein. Seine blauen Augen betteln um Gnade und ich denke an das kleine Mädchen, das in einer der Nächte meine Wege kreuzte. Es war erstarrt im Entsetzten und doch gleichzeitig so hingerissen, dass seine Hand sich mir entgegen streckte.
Ich spüre die Gier, die langsam meinen Verstand ummantelt und der Speichel fließt in meinem Mund zusammen. Bald...
„Du hast mich gebissen. Du hast mir das angetan. Du kannst es auch beenden.“
Ben gleicht diesem kleinen Mädchen immer mehr. Er begibt sich in die Höhle des Löwen und hat doch Angst, gefressen zu werden.
„Ben, ich kann nichts rückgängig machen, das weißt du.“
Ich ziehe ihn ins Haus und mein Kopf drückt sich an seine Brust. Er riecht so gut.
„Du wirst es akzeptieren, wenn es soweit ist und wir werden zusammen sein. Weißt du, was es heißt, mit mir auf gleicher Ebene zu sein?“
Ich drücke meine Nase fester in sein Fleisch und krieche mit ihr seinen Hals entlang.
Ich genieße die sanfte weiche Haut unter meinem Gesicht.
„Ich will nicht wissen wie das ist.“
Sein Atem kommt stockend und erregt.
„Doch das willst du!“
Er zittert und fällt auf die Knie.
„Hilf mir!“
Bens Gesicht ist in Tränen gebadet. Das erste Mal ist würdelos.
Über mir ertönt das erste Geheul und auch ich kann meine Beine nicht mehr gerade halten. Ich lege meine Arme um meinen Gefährten und schaue ihm zu.
Ich erkenne den Schmerz in seinem Gesicht, vermische mein Heulen mit seinen erstickten Lauten. Er krümmt sich auf meinem Schoß und ich lecke sein Gesicht.
„Bald!“
Die Sprache wird mir so fremd wie der Gedanke, ein Mensch zu sein. Ben riecht wie einer meinesgleichen und ich höre die Schritte meines Rudels, das die Treppe hinunterstürmt.
Ben hockt neben mir. Der Mensch ist vergangen und der Wolf wartet auf sein erstes Blut. Die Ohren gespitzt und stolz ist er der Begleiter, den ich mir immer wünschte. Bald ist jetzt und jetzt werden wir laufen.

Wir werden gemeinsam mit dem Mond laufen, mit den Gezeiten und dem Leben.
Die Türe ist weit offen und zum ersten Mal bin ich nicht mehr alleine.

 

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Baphomet Marduk - Schwarzer Horizont
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 2005-07-06. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).