Anna Astor

Blicke


Vorsichtig bewegt er sich vorwärts.
 
Langsam.
 
Unsicher.
 
Scheu.
 
Es sieht aus als wüsste er nicht wo er hin sollte.
 
Er stolpert hilflos durch die Gegend.
 
Alle sehen ihn an.
 
Ihr kalten Blicke ruhen auf ihm.
 
Durchbohren ihn.
 
Er spürt es.
 
Und es tut ihm weh.
 
Doch das bemerken sie nicht...
 

 
Ihr Blicke,
 
spitz und kalt,
 
wie eisige Blitze,
 
spießen ihn auf.
 
Beobachten jeden seiner Unsicheren Schritte,
 
warten nur darauf das er etwas unerwartetes tut,
 
einen Fehler macht,
 
um es dann ausnutzen zu können.
 
Ihre gierigen Blicke sind die der Geier.
 
Hungriger Geier beim Anblick von Aas.
 
Niemand bemerkt es.
 
Keiner scheint zu bemerken das er jeden Blick spürt,
 
und das jeder Blick ihn verwundet.
 
Tief in der Seele hinterlässt er Wunden,
 
Wunden die nicht mehr zu heilen sind...
 

 
Er sieht zurück.
 
Die Augen gütig und braun.
 
Warm und freundlich.
 
Es sieht aus,
 
als sehe er den Menschen in die Seelen.
 
In die Herzen.
 
Die beiden Blicke treffen sich.
 
Kämpfen einen unbarmherzigen Kampf.
 
Warm gegen kalt.
 
Freundlich gegen Hasserfüllt.
 
Es wird nie einen Sieger geben,
 
das spürt er...
 

 
Die Menschen auf der anderen Straßenseite,
 
sie bleiben stehen.
 
„Ich glaube er sieht in mein Herz“
 
hört man eine Frauenstimme.
 
Die Menschen stehen regungslos da.
 
Eiskalt, stocksteif und festgefroren...
 
Starren auf den Stock in seiner Hand.
 
Starren den jungen Mann an.
 
Ihre Blicke werden noch schärfer.
 
Noch kälter.
 
Noch gefühlsloser.
 
Regen setzt ein,
 
der Himmel weint.
 
Der junge Mann weint.
 
Er kann es nicht begreifen.
 
Kann die Menschen nicht verstehen.
 
Noch immer spürt er ihre Blicke.
 
~
 

 

 

 
Reifen quietschen.
 
Ein schriller Schrei.
 
Ruckartig dreht sich der junge Mann um.
 
Er spürt eine Veränderung,
 
sieht sie aber nicht...
 
Regen tropft auf seinen Körper.
 
Rinnt über das Gesicht,
 
die Arme,
 
die kalten Hände.
 
Die kalten Hände,
 
an denen er plötzlich Wärme spürt.
 
Eine kleine Hand greift nach seiner,
 
hält sie fest.
 

 
„Hab keine Angst,
 
ich tue dir nichts“
 
vernimmt er die Stimme eines Mädchens.
 
Nur ganz leise, als wäre sie weit entfernt.
 
Doch spürt er ihre Hand.
 
Spürt wie sie aussieht,
 
wie sie ist,
 
und wer sie ist.
 
Spürt ihren Unterschied.
 
Spürt ihre Blicke.
 
Warm und liebevoll.
 
Nicht so kalt wie die der anderen.
 

 
Auch sie spürt es.
 
Spürt das er den Unterschied fühlt.
 
Den Unterschied zwischen ihr und den Leuten.
 
Er fühlt sich nicht mehr alleine,
 
vergisst den Regen,
 
vergisst die schmerzenden Blicke.
 
Lächelt glücklich.
 

 
„Weg da kleines Mädchen!
 
Das ist ein Monster“
 
Die fremde Stimme bohrt sich wie ein Pflock in sein Herz.
 
Sein Herz,
 
eben noch so glücklich,
 
scheint in Scherben zu zerfallen.
 
Wie kalt die Welt doch ist.
 
Kalt und gefühllos.
 
Er will sich von ihr losreißen,
 
doch sie hält seine Hand.
 

 
„Nein!
 
Die einzigen Monster seit ihr!“
 
Die Stimme des Mädchen bringt wieder Wärme in seinen Körper.
 
Er weiß das sie ihn nicht im Stich lassen würde.
 
„Ihr durchbohrt alles und jeden mit euren Blicken.
 
Und jeder der sich nicht wehren kann,
 
den macht ihr zu eurem Opfer...
 
So wie ihn.
 
Nein,
 
er ist kein Monster.
 
Er sieht die Welt wie sie wirklich ist,
 
er sieht sie mit seinem Herzen“
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 31.03.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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