Dein letzter Anruf.
Du hast um deiner Freundin willen
auf mich verzichtet.
Wenigstens verhieltest du dich fair,
mir keine falschen Hoffnungen
mehr zu machen.
Ich stelle mir deine Freundin,
eine Künstlerin und Autorin,
die du seit vier Jahren kennst,
etwas älter vor.
Sicher stellt sie den
ruhigen Pol deines Lebens dar.
Vielleicht hast du sie gefragt,
ob du dich von mir
distanzieren sollst
und sie hat dich
zu ihren Gunsten beraten.
Mein Verstand war schon
Stunden zuvor durch deine
Reserviertheit vorgewarnt,
Abstand zu nehmen,
doch in meinem Gefühl
keimt noch die stille Hoffnung,
du könntest es dir
anders überlegen,
aber ich glaube,
es fällt dir sehr leicht,
mich nicht mehr zu besuchen.
Als du den Teelichthalter
aus weißem Ton für deine Eltern
kauftest, hat sie dich begleitet
Vielleicht habe ich sie auch
bei deinem ersten Besuch
als braunhaarige Frau kennengelernt.
Vielleicht hat sie meine sensiblen
Gedichte ebenfalls gelesen
und dir empfohlen,
nicht mit meinen und
ihren Gefühlen zu spielen.
Dein Anruf brachte mir Klarheit,
deine kurze Leidenschaft
schenkte mir poetische Schaffenskraft.
Noch empfinde ich diese Klarheit
in der Winteridylle etwas bitter,
noch sehnen sich Seele und Körper
nach deiner Wärme,
doch der Winter
wird diese Sehnsucht
auf Sparflamme setzen,
erkalten lassen
und unsere kurze
platonische Leidenschaft
zu einer Kristallblume verzaubern.
© Inge Hornisch