Horst Fleitmann
Stimme aus der Kartoffelkiste
Stimme aus der KartoffelkisteKürzlich, beim in den Keller gehn
um nach dem Weinbestand zu sehn,
Tönt leis' aus der Kartoffelkiste
ein feines Stimmchen. Es sagt: „Siehste
die kleine, schlanke, nette, dolle
dort oben links ? Das ist ne Knolle !!
Die süße Ding heißt Sigilinde !
Weil ich den Weg zu ihr nicht finde
möcht' ich Dich bitteschön bewegen
Sie einfach neben mich zu legen.
Nun wird man es vielleicht nicht glauben
doch auch Kartoffel haben Augen.
Ein bisschen welk und etwas weichlich
doch voll Hormone, scheinbar reichlich,
erklärte der der Kartoffelmann
mir flüsternd sein Begehr sodann:
„Sie ist ganz wunderbar in Schale.
und ihre Augen sind das Wahre".
(Des Reim's wegen nennt die Kartoffel
mich später im Gedicht schlicht Stoffel.)
Dann hörte ich das Stimmchen wieder:
"Liegt sie bei mir, sing ich ihr Lieder
von ihren wunderschönen Augen !
Dann wird sie mir bestimmt erlauben,
wenn später wir zum Kochtopf gehn,
als Pellkartoffeln sie zu sehn.
Wenn dann, ganz heiß, die Schale fällt,
wär' das das Schönste auf der Welt !
Kannst Du’s nicht richten, lieber Stoffel,
ich säh‘ sie gern als Pellkartoffel !“
Hier stellt sich überraschend dar:
Was Schönheit ist, ist längst nicht klar.
Ich konnte es zuerst nicht glauben:
Da schwärmt wer für Kartoffelaugen !
Es zeigt sich so, im Weltgewühle:
Auch die Kartoffel hat Gefühle.
© Horst Fleitmann 2024 Vorheriger TitelNächster Titel
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.02.2024.
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