Sara Puorger

Das erleuchtete Fenster

Durch die matte Scheibe sehe ich hinaus auf die Strasse. Es schneit. Das reine weiss des frischen Schnees bedeckt den grauen, schmutzigen Asphalt. Die Sonne ist schon lange untergegangen und Dunkelheit hat sich über das Land gelegt. Nur weit weg in der Ferne erkenne ich ein erleuchtetes Fenster. Es erscheint mir wie ein Hoffnungsschimmer in einer kalten Welt.
Es hatte wohl nicht geschneit, damals vor zweitausend Jahren, als ein Stern einen unscheinbaren Stall erleuchtete, um den Hirten den Weg zu ihrem Erlöser zu weisen. Er kam auf die Welt als kleines, unschuldiges Baby. Nirgendwo gab es einen Platz für ihn, überall wies man ihn ab. Nur in jenem Stall, bei Rind und Eselein, fand sich eine Krippe, in die ihn seine Mutter bettete. Es dürfte nicht leicht gewesen sein für sie, ihr erstes Kind in einem Stall, weitab von all ihren Verwandten und Freunden zu bekommen. Und doch bin ich überzeugt, dass jener Abend im Stall die schönsten Stunden ihres Lebens waren. Dort in jenem Stall gehörte das Kindlein ihr allein.
Hätte Maria damals schon gewusst, was ihr neugeborener Sohn in seinem Leben alles erdulden musste, ich bin sicher, sie hätte bitterlich geweint. Aber so konnte sie sich freuen. Sie hatte einen König geboren, den Retter der Welt.
Das Licht des in der Ferne erleuchteten Fensters ist ausgegangen. Dunkelheit macht sich breit. Die Menschen, die in dem Haus wohnen sind schlafen gegangen und haben das Haus der Dunkelheit überlassen. Und mir kommt es so vor, als hätten sie den letzten Hoffnungsschimmer dort draussen in der kalten Welt erlischt.
So müssen sich Maria und Josef wohl gefühlt haben, as ihnen eine Tür nach der anderen verschlossen blieb. Und so musste sich jenes Kindlein in der Krippe gefühlt haben, zum Manne herangereift, um sein Werk zu beginnen, wofür er in diese Welt gekommen ist. Ein Mensch, der nie etwas Böses getan hatte, und sich doch für alle Menschen opferte. Er kam in diese Welt, in der von Anfang an kein Platz für ihn war, in der sie ihn zum Gespött machten, ihn schlugen und ans Kreuz nagelten. Er kam in diese Welt, um für uns Menschen zu sterben. Er, der nie eine Sünde begangen hatte, nahm dort auf Golghata all unsere Übertretungen auf sich. Und warum? Damit wir gerettet werden können. Als er dort am Kreuz starb, als er mit den Worten: “Es ist vollbracht!“ sein Leben aushauchte, machte er das grösste Liebesbekenntnis aller Zeiten. Jesus hat am Kreuz den grössten Sieg errungen, denn er ist nicht im Grab geblieben. Er hat die Ketten des Todes gesprengt und ist Auferstanden.
Müde werfe ich einen letzten Blick durch die matte Scheibe. Das Bild, dass sich mir bietet lässt mich stutzen. Dort draussen in der Dunkelheit, wo vor kurzem noch ein erleuchtetes Fenster sein Licht verströmt hat, sehe ich jetzt zwei Fenster eine Hoffnug in die dunkle Welt verströmen. Ein Lächeln umspielt meine Lippen. Es gibt noch Hoffnung in dieser Welt. Hoffnung, die Jesus uns schenkt.

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