Heidrun Gemähling

Der Heiligenschein


Der Pfarrer schritt mit ernster Miene,
hinter ihm die alte „Alwine“,
möcht' ihn halt so gern anfassen,
bleibt dann aber doch gelassen.

Der Gottesmann, sagen die Leute,
seine Heiligkeit gern verstreute,
damit ein jeder sich bekenne
und die Sünde beim Namen nenne.

„Alwine“ wandelte in Sitte,
trug vor Gott Gebet und Bitte,
erbat von ihm ein Herze rein,
um dann gut und fromm zu sein.

Die Dorfesleute nahmen zum Schein
sauren, sonntäglichen Kirchenwein,
sangen besonders fromme Lieder,
die Schönen zeigten feinste Mieder.

Der Pfarrer konnt’ sich kaum erwehren,
zu groß die Lust und sein Begehren,
beschwor die Leute in seiner Pein:
„Mäßigt euch doch - mein heil'ger Schein!“.

Diesen doch man hatte begraben,
wollte ihn im Dorf nicht haben,
wollten gar nicht heilig werden,
liebten die Sünde hier auf Erden.

Der Gottesmann wurd’ immer stiller,
verließ kaum noch die Kirchenvilla,
wurde sehr krank in seinem Herzen,
in den Gliedern hausten Schmerzen.

„Alwine“ sah des Pfarrers Trauer,
legte sich heimlich auf die Lauer,
wollte leise sich nähern, schleichen,
um ihm ihre „Heiligkeit“ zu reichen.

Der Pfarrer schritt mit ernster Miene,
hinter ihm die alte „Alwine“,
so sehn die Leut’ die beiden gehen,
grüßen scheinheilig, bleiben stehen.

 

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