Rüdiger Nazar

Frankreich sollte ein neuer Anfang sein...6...

Die Stimmung am anderen Morgen war gereizt.
Wir saßen am Küchentisch...jeder beäugelte den anderen. Es war bitter kalt...der Bollerofen war über Nacht ausgegangen. Holz war auch nicht mehr genug da.
Und...wer macht den Ofen an ? fragte Gerda. Ich wußte das es wieder an mir hängen bleiben würde. Pierro und seine Freundin unterhielten sich und taten so...als hätten sie die Frage nicht gehört. Also stand ich auf...ging auf den Hof um Holz zu hacken.
Kraftlos wie ich war...kam mir die Axt so unsagbar schwer vor...aber es ging so nach und nach. Der Ofen war schnell angemacht...Pierro schüttete etwas  Motoröl hinein....es brannte lichterloh und stank wie die Pest.
Heute wollte ich mit Gerda Uschi besuchen gehen...um zu sehen wie es ihnen ging...und ob sich in Hinsicht....Gille....etwas neues ergeben hatte.
Der Wagen würde die zwei Kilometer hin und zwei Kilometer zurück wohl noch schaffen.
Pierro wollte mit seiner Freundin zu Fuss los...nach Sargemunde. Dort hatte sie Bekannte... und wollte da um Geld fragen...damit wir etwas zu Essen hätten.
Der Wagen sprang nur mühsam an...der Motor tockerte so vor sich hin. Schafft der das ? ...fragte Gerda. Ich zuckte die Schultern...mir war alles mittlerweile so etwas von egal.
Sollte er stehenbleiben...würde ich ihn wirklich einfach am Strassenrand stehen lassen.
Langsam fuhr ich am Eingang von Jille vorbei...um zu sehen ob er sich blicken lassen würde. Nichts geschah !
Ich fuhr bei Uschi auf den Hof. Als wir das Haus betraten...kläffte der arme Hund wieder...und mir fiel wieder ein...daß ich sie daraufhin wohl ansprechen wollte.
Als wir die Wohnküche betraten...stand  meine Cousine am Herd und kochte. Es roch gut...und uns lief das Wasser im Munde zusammen.
Hi Uschi...wie geht`s. Bon sagte sie ohne sich umzudrehen. Was kochst du schönes...? Fisch...einen Karpfen. Ich sah in den Topf. Oh mein Gott...was ein riesen Exemplar. Ob sie uns zum Essen einladen würde ? Kaum gedacht fragte sie auch.
Ja warum nicht sagte Gerda...danke. In diesem Augenblick ging die Schlafzimmertüre auf und Gerald torkelte total betrunken in den Raum. Ohne eine Gruß stürzte er auf mich zu und packte mich am Kragen. Attention Rüdiger...Attention...und ein Wortschwall entströmte seinem nach Alkohol stinkendem Mund.
Ich entledigte mich seinem Griff und fragte Uschi was los sei...was würde er da faseln.
Uschi verzog das Gesicht süßsauer  zu einem schiefen Grinsen.
Jille war vor einigen Tagen zu ihnen gekommen...das tat er sonst nie...weil sie im Streit lagen. Er brachte vier Flaschen Rotwein mit und trank mit Gerald...machte ihn noch mehr besoffen als er ohnehin  schon war.
Dann muß er zu Gerald gesagt haben...der Rüdiger macht dich überall schlecht...sagt... du wärest ein arbeitsscheues faules Alkoholikerschwein. Gerald mußte getobt haben...was ich verstehe...und Jille goß´noch immer mehr Öl in`s Feuer...versprühte noch mehr Gift und Unwahrheiten.
Ich betrachtete Gerald...der halb vom Stuhl gesunken war und dachte...na ja...die Tatsache stimmt schon...aber so etwas habe ich niemals gesagt.
Und...glaubst du das Uschi...das ich das gesagt habe ? Sie zuckte die Schultern und sagte...
weiß nicht.
Gerald sprang wieder auf und stürzte auf mich zu...Attention Rüdiger...Attention. Es klang so als wäre die Nadel eines Plattenspielers stecken geblieben . Jetzt reicht es mir aber...drückte ihn auf den Stuhl zurück und sagte...schüss Uschi...machs gut.
Wir verließen das Haus. Das Thema Hund konnte ich wohl vergessen.
Schade sagte Gerda...der leckere Fisch.  Ja sagte ich...was soll`s...und mir kam ein Gedanken. Warum ging ich eigentlich nicht mit Pierro angeln. Genau...gleich Morgen wollte ich los gehen...See`n gab es hier in Hülle und Fülle.
Draußen angekommen überraschte uns der nächste Ärger. Jille stand dort mit zwei Polizeibeamte. Jille hatte mit einem Gabelstabler einen schweren Heuwagen direkt hinter unserem Auto gestellt...so daß ich die Ausfahrt nicht verlassen konnte.
Ich kannte die zwei Polizisten...sie waren sehr freundlich. Bonjour Monsieur Nazar.
Sie wohnen schon seit einigen Monaten hier im Dorf...hier in Frankreich. Dieser Herr hier...und sie zeigten auf Jille...behaubtet...sie fahren hier ohne Versicherungsschutz.
Nein erwiderte ich...er ist immer noch in Deutschland angemeldet...ich muß ihn hier nur noch ummelden. Jille grinste überheblich...ich warf ihn einen vernichtenden Blick zu.
Können sie uns die Versicherungspapiere zeigen ?
Natürlich...aber dafür müssen sie mit nach Azoudanger fahren.
Jille wurde von den Beamten aufgefordert den Heuwagen wegzusetzen.
Wann bekomme ich meine Miete schrie Jille mich an und kam schnell einige Schritte auf mich zu. Ich ballte die Hand zu einer Faust und trat ebenfalls vor. Aber da standen auch schon die Beamten zwischen uns. Nun aber gut sagte der eine...fahren wir.
Ich fuhr vor...der Polizeiwagen hinterher.
Ich dachte unterwegs an Jille und hatte auf einmal so furchtbare Rachegelüste...dieses Schwein. Am Hof angekommen betraten wir alle den Wohnraum.
Die Beamten setzten sich an den Küchentisch...während ich nach oben ging und in den noch eingepackten Kartons nach den Papieren suchte. Nach längerem Suchen fand ich sie und ging nach unten.
Gefunden fragte  der eine der Beamten...und schlürfte genüsslich an unseren letzten schwarzen Kaffee. Ja sagte ich und hielt ihn die Papiere hin. Bon...sagte er...alles in Ordnung...aber melden sie den Wagen so schnell wie möglich um.
Ich erklärte ihm unsere finanzielle Situation...er zuckte die Schulter. So schnell als möglich oder den Wagen nicht mehr bewegen.
Ok...sagte ich...alles klar...danke. Und... grinste  der Beamte...halten sie sich von  Jille fern ! Das würde mir jetzt wirklich schwer fallen dachte ich...sagte es aber nicht. Ok !
Gerda sah in den Kühlschrank als die Beamten gegangen waren...nur noch eine eingefrorene Leberwurst...aber eine dicke... lange. Im Schrank stand nur noch ein Paket Kartoffelpüree...im Schuppen fand ich noch in einer Ecke halb versteckt fünfzehn Kartoffeln. Was ein Festschmaus... dachte ich bitter...und konnte meinen Sarkasmus nicht unterdrücken.
Gerda war müde und legte sich oben hin. Was sollte ich machen ? Ich ging in den Stall und suchte mir irgend etwas woraus ich Angelhaken formen konnte. Ich fand eine kleine Rolle Kupferdraht...schnitt einige Stücke mit der Zange ab und formte daraus kleine gebogene Stücke. Ein Ende rieb ich mit einer Feile sehr spitz zu...kloppte sie platt...und feilte einen kleinen Widerhaken hinein... das müßte reichen. Angelschnur war natürlich auch nicht vorhanden...aber ich fand Nähgarn. Der Reißtest zeigte...das er sehr hart war...super dachte ich...ihr Fische...morgen komme ich...nehmt euch in acht.
Es wurde spät...immer später...aber  Pierro und Freundin kamen nicht.
Wir wollten in`s Bett. Gerda holte noch schnell die Leberwurst zum Auftauen aus dem Gefrierfach.
Kurz vor Mitternacht gab es Geräusche im Haus. Aha dachte ich...da kommen sie.
Ja sie waren da...Pierro total betrunken...und seine Freundin stützte ihn.
Und...habt ihr etwas bekommen fragte ich ? Ja sagte sie...aber es ist nichts mehr da...wir waren noch essen. Das sehe ich...sagte ich und zeigte auf Pierro. Sie war verlegen.
Pierro kotzte die ganze Nacht so laut...das an ein Schlafen nicht zu denken war.
Der andere Morgen war eine einzige Katastrophe...und änderte etwas grundlegend an unserer Wohngemeinschaft...an unsere Freundschaft.
Wir kamen nach unten in die Küche. Pierro...total verkatert... und Freundin saßen schon am Tisch.
Gerda`s Augen weiteten sich...was ist denn das ?
Auf dem Tisch lag nur noch die Pelle der Leberwurst.  Die Freundin zeigte auf Pierro...der immer noch Reste der Wurst an seinen Lippen hängen hatte. Er hatte die ganze Lebenwurst alleine verputzt...ohne Rücksicht auf uns.
Erst groß mit seiner Freundin essen und trinken gehen...dann unseren letzten Proviant alleine verschlingen...durchzuckte es mein Gehirn...dieser Egoist...es kochte in mir.
Auf dem Herd kochte Wasser in einem Topf...und daneben stand die aufgerissene Box mit dem Kartoffelpüree.
Dann ging alles Schlag auf Schlag. Gerda sprang sauer auf...nahm die Schachtel Kartoffelpüree und schmiss sie wütend in den Küchenschrank.
Pierro riss die Augen auf und begann zu schreien. Dabei schritt er drohend auf Gerda zu.
Er hatte die Hand schon zum Schlag ausgeholt...als ich dazwischen sprang...und ihn nach hinten schubste. Er tobte wie ein Irrsinniger...griff in seine Hosentasche und hatte plötzlich sein Taschenmesser in der Hand....das er gekonnt mit einem Ruck...einhändig öffnete.
Bei mir klingelten die Alarmglocken...meine Nerven waren angespannt ...und ich dachte an meine Erfahrungen aus der  Militärzeit.
Er kam mir.. wütend ...bedrohlich nahe. Tja...er oder ich dachte ich...ergriff sein Handgelenk...zog ihn nach vorne und ließ ihn in`s Leere laufen...wobei ich ihm den Arm auf den Rücken verdrehte und die Beine wegtrat. Er stürzte hart...gab aber nicht auf.
Mir blieb nichts anderes übrig als ihn am Boden zu fixieren...indem ich mein Knie auf seinen Hals drückte. Augenblicklich ließ sein Widerstand nach. Seine Freundin schrie aus Leibeskräften...Pierro...Arret... hör auf...Gerda schrie mich an...las gut sein...er gibt auf.
Vor meinen Augen spielte ein Film ab...mein Einsatz beim Militär...und ich war erschrocken...erschrocken über mich selbst.
Aber sofort wollte ich ihn nicht freigeben...er sollte einen Denkzettel erhalten.
Ok schluchzte Pierro gequält hervor...und ich ließ von ihm ab. Benommen stand er auf... sah mich an...und stürzte aus dem Raum. Pardon sagte seine Freundin...und folgte Pierro nach oben.
Ich stand am Küchenfenster und mein ganzer Körper zitterte...meine Nerven waren dem zerreißen nahe.
Du hättest ihn bald umgebracht....zischte Gerda hervor...bist du denn bekloppt.
Ich schaute sie wütend an. Wer war es denn mit dem Kartoffelpüree ? geifte ich zurück.
Seit diesem Zeitpunkt an...schloss ich Nachts unser Schlafzimmer ab...nicht aus Angst...
sondern aus Vorsicht. Pierro war genau wie sein Vater...der Apel fällt nicht weit vom Stamm.

Liebe Leser...ich schreibe diese Episoden aus Frankreich in Zeitrafferformat...sonst würde alles zu lange dauern...ich war nur acht Monate in Frankreich
                                                                                           

                                                                                            Rüdiger Nazar
                                                                                             17.April 2011
                                                                                          melvin6@gmx.de























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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.04.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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