Die Strafe

Tanja wollte es. Also standen wir am Ufer der Elbe bei Stade und sprachen über den Tod naher Freunde.

„Joe ist sanft entschlafen.“, sagte sie, die immer alles wusste, keine Ahnung woher. „Sigrid ist erstickt, qualvoll.“

Typisch Tanja, dachte ich, einen Container-Riesen fest im Blick. Sie will, dass ich frage.

„Woher weißt du das, Tanja? Woher weißt du die Details?“

Nun konnte sie sprechen.

„ Es ist ganz einfach,“ sagte sie. „Diesmal ist es nicht schwer.“

Sie ließ einen Kieselstein springen. Siebenmal hüpfte er, bevor er im trüben Elbwasser versank.

„Mach's nicht so spannend.“, drängte ich. „Sag schon.“

„Joe hat Gift genommen. Gutes Gift. Ich habe es ihm beschafft. Joe wollte sterben. Er war lebensmüde. Verloren.“

Tanja log nie.

„Was?“, rief ich entsetzt. „Was hast du getan?“

Fassungslos schaute ich eine Weile in ihre Richtung. Unsere Augen trafen sich nicht.

„Und Sigrid?“

„Ich habe sie erdrosselt. Langsam. Sie schien es hinzunehmen, ohne Gegenwehr.“

„Aber um Himmels Willen, warum?“, stammelte ich.

„Ach Klaus, Lieber. Sie war Joes Frau, aber sie war verliebt in dich, nur in dich. Seit zwanzig, seit dreißig Jahren. Es war unerträglich. Etwas musste geschehen. Ich habe Joe geholfen und Sigrid bestraft. Und du - “ ihre Stimme wurde sanft - „hast es gewusst.“

„Ich habe es geahnt.“, flüsterte ich. „Ich hielt es nicht für möglich. Was hast du getan!“

„Ich stelle mich, wenn du willst.“ Tanja lächelte entrückt.

Ich fühlte mich, als fräßen Würmer der Schande mein steinernes Herz. Wir gingen nach Stade zurück und sprachen kein Wort.

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