Gunnar Ganz

Die Geschichte der Devron Teil 1

"Hiermit erklärt die Kolonie Neu - Hagen ihre Unabhängigkeit von der Erde und Ihrer Verbündeten!"

Mit diesem einfachen Satz begannen die Kolonial Kriege. 60 Millionen Opfer sollten am Ende auf der kalten und unpersönlichen Liste stehen. Wie es dazu kam, das sich alle Kolonien abspalteten, konnte nie genau heraus gefunden werden. Die einen sagen, es lag an den fast horrenden Steuern, die seitens der Erdregierung erhoben wurden. Die anderen meinen, das Kräfte in der Regierung selbst die Nachrichten, die an den Präsidenten weitergeleitet wurden, auf eine Art und Weise verfälschten, die ihn nur zu einer Reaktion veranlassen konnte: Dem Entsenden der 102. mobilen Eingreiftruppe.

Es dauerte zwei Monate, bis die kampfstarke Truppe an der ersten Kolonie eintraf. Dort fand sie eine kaum zur Selbstversorgung fähige Ansammlung von 30.000 Menschen. Die dort ansässige Regierung wusste nichts von einer Abspaltung von der Erde und beklagte sich erheblich über die ausbleibenden Lieferungen von Nahrungsmitteln und sonstigen Gütern. Durch eine mehr als falsche Einschätzung der Lage, nämlich als 10 - die einzigen 10 - Jäger der Kolonie starteten, um die anfliegenden Landungsschiffe der 102. zu eskortieren, kam es zu einem kurzen aber heftigen Feuergefecht zwischen den Verbänden. Am Ende des Tages lag die Kolonie in Trümmern, nur 80 Siedler überlebten. Die Erde erklärte, das diese Maßnahme gerechtfertigt war, da erheblicher Widerstand herrschte. Niemand glaubte dieser Aussage wirklich, dennoch folgte das 102. seinen Befehlen, die lauteten, die Peripherie der Kolonien wieder in die Allianz der Erde zu holen. Weitere 15 Kolonien hatten sich nach dem Zwischenfall unabhängig erklärt, die Lage war unhaltbar geworden.

Vier Jahre später:

"Sprungabwurf in 120 Sekunden," ertönte die leise Stimme des Computers in seinen Helmlautsprechern. "Roger," lautete seine knappe Antwort. Noch einmal überprüfte Hank Svenson seine Systeme. Er kippte den Hauptschalter des Fusionsreaktors auf ,Standby' und las die farbige Skala der Temperaturmessung ab. Leise flüsterte er die Meldungen der Systeme, er brauchte dies als Bestätigung für sich selbst. "Grünwert Reaktor," las er ab, aktivierte seinen Stromerzeuger erneut, ging über zum nächsten System. "Waffensystem Grünwert," und wieder ein Kippschalter, "Schilde Grünwert," jetzt folgten die Sekundärsysteme. "Lebenserhaltung Grünwert, Sauerstoffvorrat 100%", noch ein letztes mal atmete er tief ein, es würde für die nächsten Stunden die letzte frische Luft sein, die er bekam. Nicht, das an Bord der ,Devron' eine bessere Atomsphäre geherrscht hätte, als in seinem Kampfflieger. Aber er bildete sich ein, dass die Luft im Trägerschiff besser war, als seine gefilterte und immer wieder aufbereitete. Doch genau dasselbe geschah an Bord der ,Devron', nur in viel größerem Maßstab. ,Wahrscheinlich nur Einbildung,' dachte er bei sich, als er für die nächsten Überprüfungen die letzten der vielen Kippschalter umlegte und wieder in Warteposition ging. "Sprungabwurf 85 Sekunden," fuhr der Computer unbeirrt fort. Wie viele andere seiner Kameraden sagte er nichts mehr, er bereitete sich auf das Töten vor. Plötzlich musste er an Blumen denken, wann hatte er zum letzten Mal eine gesehen, die nicht durch einen Hologrammprojektor erzeugt wurde? ,Viel zu lange,' lautete seine Antwort an sich selbst. So sehr er sich auch anstrengte, er konnte sich kein Bild einer Rose vorstellen, es war weg. "Sprungabwurf 45 Sekunden."

"Piloten," schallte es über das Flugdeck der ,Devron', als Admiral Weiser das Bügelmikrophon an seiner rechten Gesichtshälfte herunter geklappt hatte und voller Stolz die 120 Männer und Frauen vor sich musterte. "Heute ist ein glorreicher Tag für uns, für euch, für alle! Der Feind ist sich sicher, dass er uns geschlagen hat. Doch heute, noch in den nächsten 12 Stunden, werden wir beweisen, das die Erde sich NIEMALS geschlagen gibt." Das laute "Hurra!!" aus 120 Mündern ließ das Metall des Flugdecks leicht erzittern. "Heute," fuhr der Admiral fort, mit einem leichten Lächeln auf seinem Gesicht," greifen wir den Feind genau da an, wo er es am wenigsten erwartet: Seine Flottenbasis und wichtigster Nachschubposten für sämtliche Operationen in unserem Sektor. Der Feind glaubt, dass wir ANGST hätten! Doch das ist sein letzter Irrtum, genau wie der, uns hinterrücks anzugreifen und zu glauben, gewinnen zu können! Ihre Aufgabe ist es, diese Basis komplett zu zerstören, koste es, was es wolle. Nichts ist wichtiger, als die Erfüllung ihrer Mission." Wieder ein schmetterndes: "Hurra!!!" als Antwort. Das Lächeln des Admirals wurde breiter. "Sie alle sind die besten Piloten, die ich je kommandieren durfte. Ich sehe es als Ehre an, ihnen diesen Auftrag zu erteilen." Sein Lächeln erstarb und machte einem sehr ernsten Gesichtsausdruck platz. "Wenn sie diese Mission erfüllt haben, werden wir in Verhandlungen treten können, um die Aufgabe der Kampfhandlungen auszuhandeln. Dieser Krieg dauert nun schon fünf Jahre und beide Seiten haben Millionen von Opfern zu beklagen. Gewiss, die Erde ist bereit, noch viel mehr zu erdulden, weil sie weiß, das sie am Ende siegen wird. Aber der Preis wäre zu hoch. Deshalb wird von ihnen," er deutete mit seiner linken Hand auf die Männer und Frauen unterhalb seines Podestes zwischen den Kampffliegern," verlangt, das SIE diesen Krieg beenden. Vergessen sie alles andere, nur dieser Einsatz zählt. Zum letzten Mal schicke ich sie dort hinaus, um für die Erde zu kämpfen. Ich bin stolz auf sie!" Der! Admiral salutierte, seine Stiefelhacken knallten aneinander. Nur den Bruchteil einer Sekunde später schall ihm das Echo von 120 paar Füßen entgegen, die in ihren Stiefeln aneinander gebracht wurden, 120 Hände fuhren wie als eine Hand an den Kopf und erwiderten die Ehrenbezeugung. "Piloten, zu euren Maschinen!" erklang der Befehl des Admirals, er kämpfte sichtlich mit den Tränen, als seine Hand herab fuhr und der Menge aus Leibern hinterher schaute, die so schnell sie konnten, zu ihren Kampffliegern rannten.

Zurück auf der Brücke der ,Devron' blickte Admiral Weiser auf das Flugdeck hinunter, sah den Piloten zu, wie sie ihre Maschinen zum Einsatz bereit machten, umgeben von jeweils 10 Mann des technischen Personals. ,Wie ein Ameisenhaufen,' dieser Gedanke drängte sich ihm regelrecht auf. "Sir," der Flugoffizier sprach ihn an und deutete auf den Hauptschirm, welcher auf seiner 10 auf 10 Meter großen Fläche die Schwärze des Alls zeigte. "Sir, wir sind bereit zum Sprung, Antrieb auf 100%, Störsender arbeitet einwandfrei." "Danke, Williams," erwiderte Admiral Weiser, klopfte dem Mann auf die Schulter. Es hätte sein Sohn sein können, er war höchstens 25 Jahre alt. "Aktivieren Sie den Antrieb, Sprung in 10 Sekunden auf Ziel, direkter Kurs," lautete sein Befehl. Williams schaute zu ihm auf, Hoffnung lag in seinen Augen. Alle Augen in der Zentrale drückten dieses Gefühl aus, es wurde wirklich Zeit, diesen Konflikt zu beenden. Zu den anderen Anwesenden in der Zentrale gewandt, sagte Williams mit lauter Stimme:" Sprung auf Ziel, direkter Kurs. Steuermann, Kurs 125 zu 250, volle Energie in 10 Sekunden!" "Jawohl Sir," erwiderte der kleine Mann vor der Steuerkonsole, weit hinten in der Zentrale, über 30 Meter entfernt. Die leise, doch gut hörbare Stimme des Computers meldete sich:" Sprung in 10 Sekunden, Sequenz eingeleitet. 9, 8, 7, 6," Die Ansicht des Hauptschirms veränderte sich, die Sterne begannen, sich zu bewegen, die ,Devron' flog mit Vollast in die Weite des Alls hinein. An ihrem Heck flammten 15 Düsen auf, der Hauptantrieb erwachte mit einem lauten Rumoren, das sich durch die Metallplatten des Decks fortsetzte und leichte Vibrationen verursachte. "...5, 4, 3, 2, 1, Sprung eingeleitet!" Vor dem Bug des fast vier Kilometer langen Schiffes öffnete sich ein Loch im Dunkel des Weltraums, es glänzte golden und flimmerte an den Rändern in tiefem Rot. Die ,Devron' flog genau hinein, verschwand im hellen Licht des Sprungpunktes.

"Was denkst du?" Diese einfache Frage verwirrte Hank mehr, als er zugeben wollte. "Was meinst du damit?" erwiderte er und schaute seinen Chefmechaniker, Zelati, einfach nur Zed genannt, an. Der riesige, schwarze Mann im blauen Overall der Mechaniker grinste zurück. "Ich will doch nur wissen, was du im Moment denkst? Wie fühlt man sich, vor einer solchen Mission?" Hank schaute ihn verwirrt an, blinzelte. "Wie soll ich mich fühlen? Es ist für mich wie jede andere Mission. Ich habe immer mein bestes gegeben, nie zurück gesteckt. Wir werden auch diese Aufgabe meistern." Zed schüttelte den Kopf. "Du bist unverbesserlich, weißt du das, Hank? Also ICH wäre aufgeregt, glaub mir. Stell dir mal vor, endlich Frieden. Wir könnten zur Erde zurück, unsere Familien wieder sehen. Beinahe zu schön, um wahr zu sein." Zeds Blick verlor sich in der Ferne. Hank schlug ihm auf die Schulter, musste sich dabei strecken. Mit seinen 1,55 Metern reichte er dem Mann aus dem Kongo nur knapp bis an die obere Hälfte des Bauchs. "Wenn du nicht dafür sorgst, das die Raketen ordentlich angeschlossen sind und die Kanone funktioniert, wird hier gar nichts passieren und niemand wird seine Familien sehen." Er deutete auf seinen Kampfflieger, der halb zerlegt in der Startbucht stand. "Wer könnte nur so etwas verschulden und dann ruhig schlafen?" fragte Zed lachend und machte sich wieder an die Arbeit, verschwand mit seinem Oberkörper im linken Flügel der Deltaförmigen Maschine. Hank grinste nun ebenfalls und schüttelte leicht seinen kahlen Kopf. Er schaute Zed noch eine Weile zu, dann ging er zu ihm und half dabei, seine Maschine Einsatzbereit zu machen.

Der Hauptschirm zeigte die bunten, verwirrenden Farbmuster des Überlichtfluges. Weiser stand wenige Meter davor, verlor sich in diesem Muster, das keines war. ,Was tue ich hier?' fragte er sich und suchte nach Antworten.

"Sprungabwurf 20 Sekunden," der Computer kannte keine Nervosität, erfüllte nur seine Aufgabe. Hank aktivierte die Bord- zu - Bord Verbindung seiner Staffel. "Oskar Eins an alle Oskars, Systemcheck abgeschlossen. Statusbericht aller Maschinen!" Die Antwort kam sofort, ohne Verzögerung. Oskar zwei bis sechs antworteten und meldeten ihre Bereitschaft. "Nach dem Abwurf um mich formieren, Formation Eins-Null, bleibt dicht zusammen und haltet die Formation, bis ich sie auflöse. Danach individueller Kampf. Geschick und Macht!" er rief das Motto seiner Staffel aus, fünf Stimmen antworteten wie eine:" Geschick und Macht!!" Hank musste nun doch Lächeln, wie könnte er verlieren, mit diesen Kameraden an seiner Seite?

Noch drei Stunden bis zum Einsatz, doch er konnte nicht schlafen. Hank stand vor seiner Maschine, bewunderte ihr Design, nicht zum ersten Mal. Die 19 Meter breite und 6 Meter hohe Perfektion eines Kampffliegers schien sich zu strecken, ihre Kanten zu verbergen und wie ein stolzer Raubvogel seine Flügel zu spreizen. Unter jedem der Flügelkanten hingen 16 Raketen, gebündelt in Paketen zu jeweils 4 Stück. Das Cockpit lag über der starr montieren Fusionskanone, 4 Meter über dem Boden des blank polierten Flugdecks. "Wunderschön," entfuhr es seinem Mund, als er näher heran ging und mit seinen Fingern über das Bug Fahrwerk glitt. Sein Heckleitwerk zierten 61 Abschussmarkierungen, Hank galt als einer der besten Piloten in der Flotte. Er sah sich als Handwerker, liebte seinen Beruf. Das sollte jedoch nicht heißen, das er nur auf den Krieg aus war. Eher im Gegenteil. Als junger Mann wollte er Lehrer werden, dann kam der Krieg. Und in der Ausbildung entdeckten sie sein natürliches Talent als Pilot. Ehe er sich versah, hatte er die Pilotenausbildung abgeschlossen als bester seiner Klasse. Mittlerweile erhielt er sogar Fanpost von der Erde und den verbliebenen treuen Kolonien. Sein Auftritt in einer Werbesendung des Militärs nach seinem 30. Abschuss trug erheblich dazu bei. Hanks Eltern platzten beinahe vor Stolz, als er vor einem Jahr den Jagdflieger Orden verliehen bekam. Auch heute noch war nicht mehr ihr Sohn, sondern "Das Ass" der Streitkräfte. Es störte ihn nicht. Er war müde, wollte nur noch ausruhen, schlafen und vergessen. Hank fühlte den Druck nicht mehr, der auf ihm lastete. Von jedem Einsatz kam er zurück, jedes Mal konnte Zed mindestens einen weiteren Strich auf dem Leitwerk seiner Maschine anbringen. Er stieg die Leiter hinauf zu seinem Cockpit, es lag dunkel und deaktiviert vor ihm. "Heute werden wir endlich Ruhe finden," flüsterte er liebevoll und streichelte über die Polsterung seines Sitzes.

"Sprungabwurf in 4, 3, 2, 1, Abwurf!" der Computer löste die Klammern der Halterung. Die ,Devron' verließ für fünf Sekunden den schützenden Überlichtflug, warf 120 Kampfflieger ab und beschleunigte sofort wieder.

Hank überkam ein leichtes Schwindelgefühl, als seine Maschine ausgeklinkt wurde, er aktivierte sein Triebwerk. "Oskars, formieren," rief er in sein Bügelmikrophon, fünf Maschinen schwangen sich behände neben ihn, glitten in ihre angeordnete Position. Er löste seine Triebwerke aus, beide Aggregate schickten ihren grell leuchtenden Plasmastrom ins All hinaus und beschleunigten seinen Kampfflieger auf über 300 Kilometer pro Sekunde. Wie an seine Seite geklebt folgte seine Staffel in enger Formation. Hank flüsterte:" Computer, Zielerfassung aktivieren, Selektieren!" Der Computer antwortete mit einem Glockenton, zeichnete auf der Innenseite seines Cockpits die Umrisse der Station ab, versah zwei andockende Kampfschiffe des Gegners mit goldenen Kreuzen. "In Feuerreichweite!" lautete die knappe Antwort. Sein Daumen senkte sich auf den Auslöser der Raketen, vier Stück rasten auf ihre Ziele zum, kaum, das er den Impuls gegeben hatte. Die Station war mehr als beeindruckend, über sechs Kilometer im Durchmesser und auf ihrer Mittelachse rotierend. An den 20 Andockpunkten hingen 18 Schiffe, die zwei, die gerade ihren Anflug beendeten, versuchten noch mit einem wilden Ausweichmanöver den Raketen zu entkommen, doch die Überraschung war mehr als perfekt. Sie hatten nicht den Hauch einer Chance. Die ersten beiden Raketen schlugen in der Nähe der Hauptbrücke eines der Frachter ein, verwandelte das erste Viertel des 200 Meter Schiffes in ein Inferno aus explodierender Masse. Die beiden anderen trafen den Truppentransporter des Feindes Mittschiffs, er verwandelte sich augenblicklich in eine grell leuchtende Sonne, tausende von Trümmerstücken in das weite All schickend. Hank visierte das nächste Ziel an, ein Schlachtschiff! Es lag in einer Reparatur Wiege der Station, wartete auf Lebensnotwendige Teile, seine gesamte linke Seite lag offen, die interne Struktur klaffte weit auf, bot einen unvergleichlichen Blick ins innere des 1800 Meter Schiffes. Die Aufbauten glänzten im roten Sonnenlicht des Zwerggestirns, in welchem die A! nlage sich befand. Ehe Hank jedoch seine nächsten Raketen auslösen konnte, rasten von seiner linken Seite ein halbes Dutzend Sprengköpfe desselben Typs heran, abgefeuert von den anderen Staffeln der Angriffsformation. Die darauf folgende Explosion blendete ihn kurz, das Schlachtschiff ging in seiner Werft unter, riss über 200 Meter der Station mit sich. "Jagdflieger auf 230," meldete der Computer. Hank warf seine Maschine in eine scharfe Wende, schaltete die Triebwerke kurz ab, nutzte seine Restgeschwindigkeit voll aus. "Oskars," rief er in sein Mirkophon," Formation auflösen, viel Glück!" Fünf Maschinen schossen davon, wie von der Leine gelassene Hunde. Er erfasste eine der feindlichen Maschinen, eine knapp 20 Meter lange, verwirrend aussehende Konstruktion. Sie verfügte über Flügel am Bug und Heck, jeweils fünf Meter lang. Der Rumpf war lang und wirkte irgendwie gestreckt zwischen den Flügeln. Das Cockpit lag genau in der Mitte der Maschine. Sein Zeigefinger drückte den Auslöser der Bugkanone ein, der dunkelgrüne Strahl bohrte sich in die Aufbauten der vorderen Flügel. Metall flog in alle Richtungen, der linke Flügel löste sich auf unter der Belastung. Die Maschine zischte an ihm vorbei in weniger als 20 Meter Abstand.

"Oskar Zwei, ich hab ihn!" dem Ausruf seines Flügelmannes folgte die Detonation der Feindmaschine, Trümmerteile durchbohrten die Tragfläche eines weiteren Jagdfliegers, wahrscheinlich der Flügelmann der eben zerstörten Maschine. Dieser geriet ins Trudeln, seine Triebwerke setzten aus. Dennoch feuerte er zwei Raketen ab, die sich einen Herzschlag später direkt unterhalb des Cockpits von Oskar Zwei durch die Panzerung bohrten und sofort explodierten. Die Maschine wurde in mehrere Teile zerfetzt, auf dem Display in Hanks Cockpit wechselte der Status seiner Staffel von fünf auf vier grüne Symbole. Schnell drehte er seine Maschine in einer 90 Grad Kurve weg vom Gegner und trat die Pedale für den Nachbrenner durch. Ein Ruck durchlief den Metallkörper, als er mit 1800 Kilometern pro Sekunde beschleunigt wurde, der soeben abgefeuerte Energiestrahl der Feindmaschine hinter ihm verfehlte sein Leitwerk um knapp zwei Meter. "Computer," presste Hank zwischen seinen Blutleeren Lippen hervor, der Andruck war mörderisch, aber noch blieben seine Füße auf den Pedalen, "Computer, Heckgeschütz, Selektive Zielerfassung," sein Sichtfeld verengte sich mehr und mehr, eher früher als später würde er Ohnmächtig werden. Vorher jedoch blieb noch eines zu tun. "Ziel ist visuell erfasst," meldete der Computer leise. Auf einem der Hilfsbildschirme war die feindliche Maschine genau zu erkennen, wie sie in der Mitte eines roten Fadenkreuzes hing, leicht seitlich versetzt. Wenn Hank nicht gleich handeln würde, hätte sie eine mehr als perfekte Schussposition ihm gegenüber eingenommen. Seine Gedanken rasten, gleichzeitig näherte sich Hanks Daumen dem roten Knopf auf dem Steuerknüppel. Er wollte dem Computer den Feuerbefehl mündlich erteilen, doch kein Wort kam über seine Lippen, sämtliche Luft war aus Hanks Lungen gepresst worden. Fast schon sah er es vor sich, wie der andere Pilot hinter ihm auf den Auslöser seiner Waffen drückte, doch da löste sich der Schuss aus dem Heckgeschütz. Der dunkelgrüne Strahl gebündelten Lichts traf genau das ! Cockpit der anderen Maschine auf eine Entfernung, die viel zu kurz war, als das die Polarisierung des Panzerglases helfen würde. Pilot und Kanzel verdampften augenblicklich. Hanks Beine schienen 1000 Kilo zu wiegen, als er die Füße von den Pedalen nahm. Sofort saugte er begierig die Luft ein, es war wie eine Wiedergeburt, selten schmeckte abgestandene und regenerierte Luft so gut wie jetzt.

Gleichzeitig auf der Devron:

"Sir, 34 Kontakte auf dem Raumspürer, nähern sich Zielsystem," meldete der Ortungsoffizier über die interne Sprechanlage an den Kommandostand. Alle Augen widmeten sich dem Panoramaschirm, wo soeben das Ortungsbild aufgeschaltet wurde. Ein Stöhnen entwich der Kehle eines Mannes in der Zentrale der Devron, als die Signaturen der feindlichen Schiffe ausgewertet waren. "12 Trägerschiffe, 4 Schlachtschiffe, 8 Tanker und 10 schwere Kreuzer, Sir," sprach der Ortungsoffizier das aus, was eben auf dem Schirm in Buchstaben erschien. Admiral Weiser schluckte einmal schwer, dann drehte er sich zum Steuermann um. "Ändern Sie unseren Kurs auf 475 zu 298, maximale Beschleunigung." Nun richteten sich alle Augen auf den Admiral. "Sir," sprach ihn der zweite Offizier an," wenn wir diesen Kurs einschlagen." "...kommen wir genau in der Flotte an, ich weiß," vervollständigte der Admiral den Satz des anderen. Mit einer weit ausholenden Handbewegung deutete er auf jeden in seiner Umgebung:" SIE alle wollen doch, das dieser elende Krieg aufhört, oder? Unsere Piloten da draussen wussten genau, auf was sie sich einlassen. Die Zerstörung dieser Station hat absoluten Vorrang. Ohne diese Station hat der Feind keinerlei Möglichkeit mehr, seine Großkampfschiffe zu warten und Instand zu halten. Eine bessere Gelegenheit um einen Friedensvertrag aus zu handeln gibt es nicht, wenn die Station nicht mehr existiert. Momentan können die UNS Bedingungen diktieren, das lasse ich nicht zu," knurrte er leiser vor sich hin und umklammerte die Sessellehne so fest, das seine Knöchel weiß hervor traten. "Ändere Kurs auf 475 zu 298, maximaler Schub, bestätigt," der Steuermann hatte sich wieder nach vorne gedreht und gab die Änderungen in den Computer ein. Ein Ruck durchlief den gewaltigen Schiffsleib, als die Devron um fast 160 Grad abschwenkte.

Hanks Pause war nur von sehr kurzer Dauer, bereits fünf Sekunden später klingelte der Raketenalarm in seinen Kopfhörern. Selbst ein Tauber hätte das nicht überhört. Zwei rote Punkte rasten heran, nur auf dem großen Zielmonitor vor ihm sichtbar gemacht. Die Mitte des grünen Schirms bestand aus einem gelben Punkt, welches sein Schiff darstellte. Hank trat erneut auf die Pedale des Nachbrenners, wieder wurde er in den Sitz gepresst wie die Luft aus seinen Lungen. Doch der Abstand zwischen ihm und den Raketen wurde nicht größer, eher im Gegenteil. Die zwei roten Punkte näherten sich immer schneller seinem Heck, der Abstand war auf gut 1800 Meter geschrumpft und nahm weiter rapide ab. "Was zum Henker, spielt ja sowieso keine Rolle," murmelte Hank in sein Mikro und gab vollen Gegenschub, zündete gleichzeitig die Backbord Steuerdüse. Sein Jäger ruckte nach links und kam nach vier Sekunden zum Stillstand. Leichte Strukturschäden wurden vom Computer gemeldet, das Gewaltmanöver hätte ihm um ein Haar eine Tragfläche gekostet. Hank achtete nicht darauf, seine Augen hefteten sich auf die zwei goldenen Lichterscheinungen, die sich nun frontal auf ihn zu bewegten. Er löste die Sicherung des Energiekreises der Bugkanone und drückte den Feuerknopf tief ein.

"Ankunft in 120 Sekunden, Sir. Knapp fünf Sekunden, bevor die feindlichen Schiffe eintreffen werden. Mehr als knapp." Williams schüttelte den Kopf und sprach dann leise zu Admiral Weiser:" Sir, die Devron ist kein Schlachtschiff, wir haben ungenügende Schutzschilde und von der Beschleunigung dieses Kastens müssen wir gar nicht erst reden, oder? Also was sollen wir gegen diese Flotte unternehmen?" Weiser schenkte Williams einen langen Blick aus seinen blauen Augen, musterte den jungen Mann vor sich genau. "Wir werden Sie überraschen, das macht uns zu einem Schlachtschiff, mein Junge. Wenn sie aus dem Ü-Flug kommen, sind ihre Schilde unten und die Sensoren für knapp drei Sekunden ausgeschaltet dank des Eintrittsschocks. Wir hingegen sind Gefechtsklar und haben die Geschütze ausgerichtet. Es gibt kein besseres Überraschungsmoment. Wir MÜSSEN den Kampffliegern mehr Zeit verschaffen, es geht nicht anders." "Ankunft 90 Sekunden," meldete der Ortungsoffizier über die Bordsprechanlage.

Die 210 Millimeter Fusionskanone der Gunhill Werke war nicht für Dauerfeuer gebaut worden, doch hatten Hank und Zed zusammen entdeckt, wie durch ein einfaches deaktivieren eines Regelkreises zumindest kurzfristig eben dies erreicht werden konnte. Nun hielt er den Feuerknopf gedrückt während unter seinen Füßen ein Strahl nach dem anderen den Lauf der Kanone verließ. Sein Hochleistungsreaktor in der Mitte der Maschine heulte auf, diese Art der Belastung ging bis ans Limit, Warnlichter blinkten hektisch. Die zwei Raketen waren schon auf 100 Meter heran, als sie einer der vielen blassgrünen Strahlen traf. Zwei golden leuchtende Sonnen gingen vor Hanks Maschine auf. "Noch nicht," flüsterte er langsam in sein Mikrophon und startete wieder seine Triebwerke, suchte den Auslöser der beiden Raketen. Bereits vier Sekunden später sah er ihn, eine Jagdmaschine des Gegners, sie hing dicht hinter einer anderen Maschine seines Geschwaders. Ehe er eine Warnung rufen konnte, löste sich eine Rakete vom Gegner und durchbohrte das Heck der anderen Maschine, sie explodierte sofort. Hank trat kurz die Nachbrenner Pedale durch, um einen Fahrtüberschuss zu erhalten, schaltete sie nach drei Sekunden wieder aus. Der Gegner vor ihm machte Ausweichbewegungen, als er Hanks Manöver bemerkte. "Zu spät," flüsterte er und löste in einer schnellen Folge zwei Raketen sowie die Bugkanone aus. Die andere Maschine schien zu tanzen, als sie versuchte, aus dem Schussfeld von Hank zu kommen, doch der gebündelte Energiestrahl machte diese Hoffnung zunichte. Er traf die linke Tragfläche genau an der Kante zum Rumpf und trennte diese ab. Auch die dahinter liegende wurde noch in Mitleidenschaft gezogen, sie wies mehrere Risse auf und wackelte erheblich bei jeder Bewegung der Maschine. Aber all dies war sekundär, denn nun kamen die zwei Raketen bei ihrem Bestimmungsort an, die erste knallte genau durch das Cockpit, die zweite bohrte sich in das Heck der Maschine. Die darauf folgende Explosion vernichtete den feindlichen Jagdflieger komplett, nichts b! lieb übrig, keine Trümmer, nichts. Selbst die abgetrennte Tragfläche wurde von dem glühenden Ball aus Energie mit eingenommen und aufgelöst.

"Geschwaderführer an Gruppenführer," erklang die sanfte Stimme von Michaela, der Einsatzleiterin in Hanks Helmkopfhörer," zweite und dritte Gruppe fliegen Ziel an, der Rest gibt Deckung gegen die übrigen Jagdflieger. Gutes Gelingen an alle. Ende." 12 Maschinen lösten sich aus dem Verbandflug und steuerten die angeschlagene, aber immer noch voll Funktionsfähige Station an. Die Explosion des Schlachtschiffes hatte ein riesiges Loch hinein gerissen, doch schienen dabei keine Lebenswichtigen Teile beschädigt worden sein. Nicht einmal die Lichter hatten geflackert. Laut den Sensoren war das Verteidigungsgitter immer noch aktiviert. Leicht würde es bestimmt nicht werden, aber der Auftrag musste erfüllt werden.

Knapp eine Million Kilometer entfernt tauchte die Devron in einer grellen Leuchterscheinung aus dem Überlichtflug auf und bremste mit Maximalen Werten. Die Triebwerke flammten wild lodernd auf, als sie ihre schnelle Fahrt aufhob und Position bezog. "Bug und Heck Gefechtsklar, Zentrale Gefechtstürme auf manuell geschaltet, Schutzschild wird aufgebaut und steht. Schiff klar zum Gefecht, Sir," meldete Williams an Admiral Weiser. Dieser schaute auf den Panoramaschirm, wo soeben mehrere Punkte rötlich aufblinkten. "Wir haben noch zwei bis drei Sekunden, dann tauchen sie auf," rief er lauthals an die Besatzung der Zentrale," wir müssen unseren Vorteil nutzen. Feuern Sie auf alles was auftaucht mit allem, was wir haben. Noch einmal kriegen wir so eine Chance nicht!"

Es war die Hölle. Noch nie hatte Hank ein solches Abwehrfeuer gesehen, der Raum schien zu brennen um die Station herum. Aus mindestens 100 schweren Batterien wurde Dauerfeuer gegeben, die weit im Vorfeld abgefeuerten Raketen kamen nicht durch und explodierten Hunderte von Kilometern vor ihrem eigentlichen Ziel. Dazwischen zischten die Raketen des Gegners heran, die meisten planlos abgefeuert, doch gerade diese waren extrem gefährlich, da sie zu wilden Ausweichmanövern führten, diese wiederum in einigen Fällen führten direkt in die Salve einer Abwehrbatterie. Schon nach 20 Sekunden waren neun Maschinen ausgefallen oder zerstört worden, als erster Michaelas Jagdflieger, als sie von einem guten Dutzend Gefechtsköpfen getroffen wurde. "Gruppen vier und fünf, Anflug," rief ihr Stellvertreter hektisch, während er durch das Gewirr von Strahlen und Raketen manövrierte. Ihm folgten die nächsten 12 Maschinen, direkt rein in die Hölle.

Geräuschlos entluden sich die sechs 800 Millimeter Geschütze der Devron im Weltraum, als das erste der vielen Schiffe vor ihrem Bug auftauchte. Die dunkelroten Bahnen aus den Hochenergiegeschützen schlugen durch die Panzerung eines schweren Kreuzers - ein knapp 300 Meter langes Schiff - und verwüsteten den gesamten Innenraum, der Kreuzer explodierte, kaum, das er aufgetaucht war. Seine Trümmer flogen umher und beschädigten zwei Tankschiffe, seltsam aussehende Konstruktionen, sie wirkten wie riesige Eier mit Triebwerken an einem Ende. Direkt hinter dem Kreuzer erschien ein Schlachtschiff, 1800 Meter Stahl und Waffentürme, eigentlich der sichere Tod für die Devron. Doch der Waffengigant war Momentan blind und taub und daher eine leichte Beute für zwei Dutzend schwerste Raketensprengköpfe, die sein Heck vom Rest des Schiffes trennten. Sofort fielen sämtliche Anlagen an Bord aus, als der Reaktor keine Energie mehr lieferte. "Weiter feuern!" rief Admiral Weiser hektisch an die Geschützbedienungen seines Trägerschiffes. Lange konnte die Devron diesen Salventakt nicht aufrecht halten, das machte ihr Energiesystem nicht mit. Sie war dafür einfach nicht konstruiert worden. Bereits jetzt flackerten die Lichter und auf den untersten Decks fiel die künstliche Schwerkraft aus. Träge drehten sich die beiden vorderen Geschütztürme auf ihr neues Ziel, ein weiteres Schlachtschiff. Doch in derselben Sekunde tauchten vier der Trägerschiffe auf, dicht gefolgt von einem schweren Kreuzer. Es war zu spät zum Umschwenken, das gewählte Ziel war selektiert. Und wieder lösten sich die Strahlen der Geschütze, wieder flackerte das Licht, fiel sogar kurzzeitig aus.

"Hank?" rief ihn eine bekannte Stimme, zuerst konnte er sie nicht zuordnen, doch dann wusste er es wieder. "Ja, Deger?" antwortete er auf den Ruf des Gruppenführers seiner Nachbarstaffel. "Als nächstes müssen wir rein, deine Staffel folgt meiner. Die dritte Gruppe konnte etliche Gefechtstürme auf der linken Seite vernichten, dort ist das Abwehrfeuer nicht mehr so stark, aber sie rotieren die Station, also passt auf euch auf, ja?" Hank grinste. "Und ihr auf euch, klar?" Es gab nicht mehr zu sagen, sie verstanden sich auch so. Tatsächlich war die Station nicht mehr so intakt wie vor dem letzten Anflug der dritten Gruppe. Auch wenn dieser Vorbeiflug über 40 Geschütze ausschaltete, so kostete es auch jede Maschine, die am Anflug beteiligt war. Kleinere Risse waren um den Andockring herum entstanden, welcher die Station genau in der Mitte umspannte. Normalerweise dockten hier die Großkampfschiffe an, jeder einzelne war gut und gerne 300 Meter hoch und ebenso breit. Die Belastung der dauernden Angriffe war aber so langsam zu viel für den Ring.

"Treffer auf Deck IV, Panzerung durchbrochen, explosive Dekompression des Decks," die Schadensmeldungen kamen immer schneller herein, die Devron vibrierte unter den Einschlägen von mindestens 20 Geschützen. Nachdem das zweite Schlachtschiff zerstört worden war, reichte die Zeit leider nicht mehr um dem Kreuzer einen entscheidenden Treffer bei zu bringen. Die abgefeuerten Raketen detonierten an seinem aufgebauten Schutzschild und richteten keinerlei Schaden an, auch wenn der Schild als Folge der Überlastung zusammen brach. Der Gegenschlag des Kreuzers zerstörte den schwachen Schild der Devron und warf das riesige Schiff aus seinem Kurs. "Antriebsleistung um 40% reduziert, acht Triebwerke ausgefallen," Williams schaute von seinem Monitor auf, wo alle Informationen des Schiffes zusammen liefen. Die roten Punkte auf dem Diagramm des Trägerschiffes nahmen immer mehr zu, lange würde es sich nicht mehr halten können. "Feuern Sie eine Salve auf das Trägerschiff des Gegners im Grünsektor, seitlich versetzt zu uns. Erst die Raketen, dann alle verbliebenen Geschütze, sofort!" Admiral Weiser klammerte sich an seinem Stuhl fest, als die künstliche Schwerkraft ausfiel und erst langsam wieder einsetzte. Papiere und Hunderte kleinerer Gegenstände flogen kurz nach oben und fielen dann wieder nach unten. Ein weiterer schwerer Schlag traf die Devron, das Bild auf dem Panoramaschirm ruckte nach links, als sie wie ein Spielball hin und her geworfen wurde.

"Ziele selektiert und erfasst," meldete Hanks Computer mit seiner sich nie verändernden Stimme. Sein Jagdflieger vibrierte heftig, eigentlich hätte er den Nachbrenner abschalten müssen, doch selbst als sein Blickfeld sich immer weiter verengte und er nicht mehr atmen konnte, blieben seine Füße auf den Pedalen. Die roten Fadenkreuze für seine verbleibenden Raketen blinkten hektisch, als sie ihre Ziele im Andockring endgültig erfasst hatten. Die grau schimmernde Wand der Station nahm bereits das gesamte Sichtfeld von Hank ein, die Details der Andockpunkte nahm er kaum wahr, die vielen Kräne, Querverstrebungen und Leitungen interessierten ihn nicht. Was er wollte, lag Hundert Meter unterhalb der Kante des oberen Andockkragens. Dort liefen die oberen und unteren Ringe zusammen und stellten die schwächste Stelle eines jeden Andockpunktes dar. Dies war Konstruktionsbedingt nicht zu ändern und schon so mancher Station zum Verhängnis geworden. Langsam senkte sich sein Daumen auf den Auslöser, 13 Raketen lösten sich von seinen Tragflächen und rasten ihrem Ziel zu. Das Abwehrfeuer der Station blieb nur wenige Meter hinter ihm, er war einfach zu schnell, als das die Automatik und erst recht die manuelle Erfassung ihn richtig anpeilen konnten. Doch das würde sich ändern, wenn er den Schub reduzieren würde. Knapp 10 Meter hinter seinem Heck stand ein Gewirr aus Strahlen, die konstant hinter ihm her waren. Je näher er der Station kam, umso dichter schien dieses Gitter zu werden. Die Geschützkuppeln auf dem Ring gaben nun Dauerfeuer, ihre Läufe senkten sich immer weiter, bis sie nicht mehr konnten, ohne die eigene Hülle zu beschädigen. In diesem Moment fiel das Gitter aus Energie zusammen und Hank war nur noch 200 Meter von der grauen Hülle entfernt, sein Nachbrenner lief auf 100% und der Andruck raubte ihm das Bewusstsein, die Wand der Station verschwand hinter einem angenehmen schwarz, das seine Sinne völlig einnahm.

Der vierte Strahl aus dem Überschweren Geschütz der Devron traf das Trägerschiff Mittschiffs und bohrte sich durch die dünne Panzerung wie ein Lötkolben durch Butter, trat auf der gegenüberliegenden Seite wieder aus und verdampfte die Hälfte eines Tankers, ehe er explodierte. Über eine halbe Million Tonnen Reaktionsmasse für Großkampfschiffe ging in den Fusionsprozess über und riss alles im Umkreis von 2000 Kilometern mit sich ins Verderben. Admiral Weiser ballte die Hand zur Faust und jubelte innerlich. Er hatte die zwei Tanker hinter dem Trägerschiff gesehen, nur kurz, aber es reichte ihm für eine Entscheidung. Diese bedeutete für 11 Schiffe den Untergang, darunter die restlichen Schlachtschiffe und Kreuzer, da sie eine Kampflinie gebildet hatten. Die Tanker waren gerade dabei gewesen, die Formation zu verlassen, damit gerade so etwas nicht passieren konnte. Die Devron bebte in ihrer gesamten Länge, als die Schockwellen heran waren. Auch wenn im All keine direkte Gefahr bestand solange man genügenden Abstand hatte, so waren doch die Fusionsreaktoren der Schiffe genauso bedrohlich, wie eine Nuklearwaffe auf einem Planeten. Die Lichtentwicklung war phantastisch. Unter anderen Umständen hätte Weiser es schön gefunden, aber so überkam ihn nur das Gefühl des Triumphes über einen Gegner, der eigentlich keiner war. Aber das war nicht seine Entscheidung, so sehr er es auch verdammte. Riesige Trümmerstücke flogen an der Devron vorbei, einige trafen die verkohlte und verbeulte Hülle, aber zum Glück wurde kein weiterer Schaden angerichtet. "Sir, die restlichen Trägerschiffe ziehen ab," rief Williams erstaunt und deutete auf den Panoramaschirm. Tatsächlich, dort war zu sehen, wie die baugleichen Schiffe - sie sahen alle aus wie die Devron - in einen steilen Winkel gingen und ihre Triebwerke zündeten. "Was sollen wir tun, Sir?" "Sie ziehen lassen, Williams. Sie ziehen lassen," antwortete Weiser müde, er setzte sich in seinen Stuhl und massierte seinen Nacken mit der linken Hand. "Lassen Sie die Schäden reparieren, ! dann setzen Sie Kurs auf Rendezvous Punkt mit den Kampffliegern." "Jawohl, Admiral," Williams grinste ihn leicht an und gab dann die entsprechenden Befehle an die einzelnen Sektionen, es lag noch ein gewaltiges Stück Arbeit vor ihnen, ehe die Devron wieder voll Einsatzfähig war.

Ein lautes Zirpen, das aus dem nichts der Dunkelheit kam, brachte seine Gedanken wieder in geordnete Bahnen und vertrieb den Schleier vor seinem inneren Auge. Hank blinzelte, erst einmal, dann ein zweites Mal, nachdem er sich vergewissert hatte, das er nicht träumte. Er lebte noch! Sein Blick fiel auf die Instrumente der Mittelkonsole zwischen seinen Beinen, dort brannten viele rote Lichter in einem hektischen Rhythmus. Das Zirpen erstarb, nachdem er seinen Kopf leicht bewegte, der Computer hatte ihn erfolgreich geweckt und stellte das störende Geräusch ein. Hank drehte sich langsam nach links und schaute durch das Cockpitfenster dort hin, wo einmal die Station ihre Bahn gezogen hatte. Ein riesiges Trümmerfeld erstreckte sich dort, in mehrere Ringe unterteilt. Innen glühte es so hell wie eine Sonne, Ströme von brennendem Plasma durchzogen die gewaltigen Metallteile, darunter unzählige Trümmerstücke der mit der Station zerstörten Schiffe. Und immer noch detonierten einzelne Teile, zerstörten die letzten noch intakten Bereiche der einstmals so unbesiegbar erscheinenden Station. "Reaktionsmasse für Nachbrenner aufgebraucht," meldete die leise Stimme des Computers und fuhr mit den Schadensmeldungen fort:" Backbord Steuerdüse ausgefallen, Backbord Tragfläche Strukturschaden." Sofort schaute Hank auf die Tragfläche, dort klaffte in der Mitte ein ca. 1 Meter großes Loch, die Ränder waren nach oben hin ausgefranst, anscheinend hatte ihn dort ein Trümmerstück getroffen. Er seufzte laut und drehte seinen Kopf von links nach rechts, es knackte laut in seinem Genick. Die Anspannung wich so langsam aus dem Körper. "Computer...." Hank schluckte, er hatte Durst, großen Durst sogar,"......Aufzeichnung ab Black Out des Piloten anzeigen, Flugrichtung und Visuell." Hank wollte erfahren, WIE er dieser Explosion entkommen war. Eigentlich hätte er nun inmitten der Trümmer einen Ehrenplatz eingenommen haben müssen, aber hier war er, mehrere hundert Kilometer entfernt und relativ unversehrt. Der Schirm in der Mitte flammte auf,! ein Bild erschien. Es zeigte Hank von schräg oben, wo die Cockpitkamera angebracht war, knapp über seiner rechten Schulter. Sein Kopf sackte weg, während die Station den gesamten Sichtbereich ausfüllte. Am Rand des Bildes konnte Hank sehen, wie seine Raketen auf der Hülle einschlugen, ein riesiger Feuerball entstand genau vor ihm. Die Wucht der Schockwelle schüttelte die Maschine schwer durch, mit weit aufgerissenen Augen verfolgte Hank, wie seine Hand ebenfalls zur Seite fiel, dabei den Steuerknüppel herum riss. Durch das Zusammenwirken der Explosion und seinem harten Manöver wurde die Maschine seitlich am Explosionsort vorbei geschleudert und raste mit vollem Schub knapp einen Meter über die Hülle hinweg. Nach nur drei Sekunden lag sie bereits hinter ihm, dann folgte eine Flutwelle aus Licht, als die Station detonierte. Im selben Augenblick begann der Alarm zu schrillen, um ihn auf zu wecken. Auf dem Display blinkte die Warnlampe für "Black Out" schnell an und aus. Es dauerte noch einen Moment, dann erloschen die Nachbrenner. Gut eine Minute später durchfuhr ein weiterer Ruck Hanks Jagdflieger, er rollte um die eigene Achse, mehrere kleine Metallstücke zogen am Cockpit vorbei. Sie waren unschwer als seine eigenen erkennbar, das Trümmerstück der Station - ein verkohlter Block aus Metall - folgte unmittelbar und verschwand aus dem Sichtbereich. Gerade als Hank abschalten wollte, bemerkte er etwas im Hintergrund. Drei grelle Leuchterscheinungen tauchten kurz auf, bildeten jeweils einen Kreis und fielen dann nach drei Sekunden in sich zusammen. Solche Gebilde formten sich nur, wenn ein großes Schiff aus dem Ü-Flug wieder in den normalen Raum eintauchte. "Computer, Aufzeichnung stoppen. Analyse der Eintrittsvektoren und der Masse von den drei eingetauchten Objekten." "Analyse komplett," erwiderte der Computer nur zwei Sekunden später," Objekte als Trägerschiffe identifiziert, IFF Transponder zeigt feindliche Schiffe an. Entfernung 130.000 Kilometer, nähern sich mit 200 Kilometern pro Sekunde. Ankunft in 11! Minuten bei gleicher Geschwindigkeit." "Soviel zum Feierabend," sagte Hank zu sich selbst und seufzte wieder.

*to be continued*

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.10.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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