Huzan Abdulkarim

Luzifer geht zum Therapeuten

Leicht genervt wippte der Satan mit dem linken Huf und versuchte krampfhaft die kitschige Zeichnung, auf der Sigmund Freud mit diversen Ködern und Angelhaken nach kranken Seelen fischte, mit glasigem Blick in Flammen aufgehen zu lassen. Natürlich funktionierte es nicht, da er Gott versprochen hatte, seine besonderen Kräfte an diesem Tag nicht einzusetzen. Ihm war von Anfang an klar gewesen, dass der alte Gauner die Wette, die sie eingegangen waren, gewinnen würde, aber er wäre nicht der Widersacher, hätte er sie ausgeschlagen. Da saß er also auf einem unbequemen Stuhl im Wartezimmer eines Psychotherapeuten – was für eine Demütigung. Gedämpft klang Musik in seinen Ohren und seine schwarze gespaltene Zunge schnellte hervor und befeuchtete kurz seine gelben Augen. Das Schlimmste war ja, dass er in dieser Zeit niemandem ein Haar krümmen durfte. Gottverdammt, das letzte Mal als er so nervös war brachte er jahrelang keine anständigen Kriege, Völkermorde und Naturkatastrophen zusammen. So lange war das schon her, dass er es fast vergessen hatte – aber eben nur fast, denn der Teufel vergisst nichts und niemanden. Er spuckte Galle auf den Teppich und ging auf die Toilette. Selbstverständlich urinierte er Schwefel im Stehen, spülte nicht und verzichtete darauf den Deckel zu schließen...

 
Leicht genervt krümmte sich Mag. Dr. Angelo Engelmann in seinem bequemen Schaukelstuhl und versuchte sich an einer geistigen Hirndrainage. Es ist wahrlich nicht einfach gewesen, der Litanei seines eben aufgebrochenen Patienten zu folgen oder auch nur das mindeste zu verstehen. Der Arme war von der Wahnidee besessen, ihn würde ein tiefergelegter fleischfressender Golf GTI mit Aluminiumfelgen in der perfiden Verkleidung eines liebeskranken Rauhaardackels verfolgen und zu vergewaltigen suchen. Der Magister der Psychologie und Doktor der Philosophie trank einen großen Schluck Baldrian und saugte gierig an einer teuren Zigarette. Anderweitig war dieser Beruf kaum zu ertragen. Er sah auf seine Rolex und stellte betrübt fest, dass der nächste Termin in genau zwei Minuten fällig war. Er rief sich den Namen des neuen Patienten ins Gedächtnis ohne sein Notizbuch aufschlagen zu müssen. Dieser hatte ihn vor etwa drei Wochen angerufen. Mag. Dr. Engelmann erinnerte sich mit einem Schaudern an die Stimme, die nach Moder und Verwesung geklungen hatte. Mit einer plötzlichen Gänsehaut sah er sich mit dem nächsten Irren konfrontiert. Was für ein mieser Tag. Er dämpfte die Zigarette aus, lüftete das Zimmer und schritt mit gemessenem Schritt zu seinem Bücherregal. Hinter schwer verdaulicher Fachliteratur versteckte sich eine gut verträgliche Flasche Bourbon. Nach einem Schluck fühlte er sich besser und war nun bereit, sich dem letzten Wahnsinnigen an diesem verkorksten Tag zu widmen. Vor Vorfreude auf den kurz bevorstehenden Feierabend und einem noch besseren Malt Whiskey zu hause, vergaß er fast seinen Unmut. Er ging zur Tür um Herrn Teufel – so hieß das arme Schwein – rein zu bitten...
 
Luzifer trat soeben aus der Toilette und erblickte einen mittelgroßen Mann im mittleren Alter, eingehüllt in einem maßgeschneiderten Anzug, der ein so falsches Lächeln aufgesetzt hatte,  das sämtliche Autokeiler jedes erdenklichen Universums grün und blau vor Neid hätte werden lassen. Ein blasses Gesicht mit einer extravaganten Brille geschmückt, die die grauen Augen verschleierte, und einem forschen brünetten Scheitel blickte ihn an...   Mag. Dr. Engelmanns Herz kapitulierte beinahe, als seine Augen das Bild von dem Ungetüm an sein Gehirn lieferten. Er bekam ein recht markantes Gesicht zu sehen, an dem die seitlich aus der Stirn wuchernden Hörner ein wenig störten, dazu einen flechtenbewehrten Spitzbart und einen – bis auf einen Lendenschurz nackten - behaarten Körper. Ein pfeilförmiger Schwanz und ein verrosteter Dreizack rundeten die Erscheinung noch vorteilhaft ab. „Nette...äh...Verkleidung Herr Teufel. Kommen Sie doch bitte rein,“ bemerkte er schließlich und vollführte eine einladende Geste. Der Tag war nun endgültig ruiniert. Was für ein Psychopath. Eine wahrlich würdige Krönung für den schlimmsten Tag seines Lebens – naja, eigentlich gab es nur noch schlimmste Tage, auf Anhieb viel ihm kein produktiver mehr ein...
 
Satan trat an dem seltsamen Mann vorbei und setzte sich zischend Flüche ausstoßend auf den Patientensessel, als er merkte, dass dieser noch unangenehmer als derjenige im Wartezimmer war. Nun ja, der Umstand, dass sich seine Knie nach hinten bogen machte das Leben in der Menschenwelt ein wenig schwer. Am liebsten würde er jetzt einfach seinen Dreizack nehmen, ihn diesem Wurm in den Hintern schieben und wie wild in dessen Gedärmen wühlen...
 
-Das war´s also-, dachte sich Angelo Engelmann. Eine Allegorie seines Namens – perfekt. „Also, Herr Teufel, was führt Sie zu mir?“, keuchte er jovial. „Das geht dich einen feuchten Kehricht an, du im Urschlamm steckengebliebene multizellulare Lebensform humanoider Ausprägung.“ Diese Stimme. Als ob eine Made zwischen den Fingern einer zwei Wochen alten Leiche hervor kriechen würde... „Äh, ja natürlich. Was ist denn Ihr Problem.?“
„Ich habe kein Problem. Ich bin von Gott her geschickt worden, weil ich eine Wette verloren habe.“
 
-Na, das würde ja lustig werden.-
 
„Aha, so ist das also. Und um was für eine Wette handelt es sich da, wenn ich fragen darf?“
„Eine idiotische.“
„Könnten Sie das näher erläutern?“
„Eine Studentin zu finden, die nicht für 500 Kilo Goldstaub einen plastischen Pornofilm mit einem Amok laufenden Goldfisch drehen würde.“
-Was redet er da.....ist das sein Leiden oder mein Whiskey, der da...-
„Soso, und Sie haben natürlich dagegen gewettet, da Sie das absolute Böse sind?“
 „Natürlich nicht, ich bin ja nicht verrückt.“
„Äh ja, natürlich. Trotzdem haben Sie....ich meine hat Gott Ihnen befohlen zu mir zu kommen.“
„Niemand befiehlt dem Satan wo er sein Unwesen treiben soll. Ich hätte auch zu hause bleiben können.“   -Gütiger Gott, womit hast du mich bestraft?- Angelo wurde nervös...
 
„Natürlich, Herr Teufel...äh...entschuldigen Sie kurz.“ Er hastete zur Toilette auf der es nach Schwefel roch. Im Wassertank versteckte sich ein guter Tropfen schwedischen Wodkas, den er unbedingt nötig hatte. Es brannte lind in seiner Kehle und er überlegte sich ernsthaft sich im Klo zu ersäufen. Widerspenstig schleppte er sich zurück in das Praxiszimmer und sah, wie sich Herr Teufel gerade Knoten in den Schwanz band.  
„Entschuldigen Sie, wo waren wir stehen geblieben?“
„Vergiss es.“
„Äh gut. Hören Sie vielleicht dann und wann Stimmen, wenn niemand in Ihrer Nähe ist?“ „Natürlich.“
-Ah, der Fall dürfte klar sein...-
„Äh...und was sagen diese Stimmen? Drohen Sie Ihnen oder erteilen sie Ihnen Befehle?“, fragte der Therapeut gelangweilt.
„Nein, es klingt eher wie: `Gnade, bitte nicht, Erbarmen, Hilfe´ und so weiter.“
-Was....???- „Ja...äh, und fühlen Sie sich dadurch belästigt?“
„Höchstens wenn ich dann meinen Lendenschurz abnehmen muss, weil es zwickt, aber sonst gefällt es mir.“ „Sie finden also Gewalt sexuell stimulierend.“
„Nein, ich finde es ekelhaft. Ich ekle mich sehr gerne, musst du wissen.“
„Bitte siezen sie mich, Herr Teufel. Eine Beziehung zwischen Behandelndem und Behandler sollte von Respekt geprägt sein.“
„Gut.“  
„Äh, ja, danke. Erzählen Sie mir doch etwas über sich. Was ist denn Ihr Beruf?“
„Ich bin der Widersacher, schwarzer Prinz des Grauens und der Verdammnis, gewaltiger Schmied des Terrors, Heerführer der dunklen Armeen, Befehlshaber der Boshaftigkeit, kurz das absolute Böse, außerdem jeder schmutzige Gedanke, jeder verstohlene Neidblick, alle, unausgesprochenen Verfluchungen und...!“ „Natürlich, natürlich, Herr Teufel, aber was tun sie um Ihr Geld zu verdienen? Womit finanzieren Sie Ihren Lebensunterhalt?“
 
„Wovon sprichst D...sprechen Sie überhaupt, Sie komisches Menschlein? Sehe ich so aus, als würde ich arbeiten? Ich lasse für mich arbeiten.“
„Also sind Sie ein...äh...Mann in leitender Position.“
„Hmmm, ich würde sagen, ich bin der Gründer und Führer, oder wie sagt man heutzutage – Manager? – des Höllenpfuhls.“
 
Mag. Dr. Engelmann konnte sich kaum noch zurückhalten. Noch ein Wort von Hölle, Verdammnis, Dämonen und dem ganzen Schwachsinn würde sein Hirn in eine klebrige flüssige Masse verwandeln, die aus seinen Ohren tropfen würde. Er hielt es kaum noch auf seinem wesentlich bequemeren Sessel aus und fasste den kühnen Entschluss, eine völlig neuartige Therapiemethode zu versuchen, die bis dato nur ein kleiner Gedanke war.  
 
„Herr Teufel, ich schlage vor, dass wir uns...äh...wie soll ich sagen, einen kleinen Schluck genehmigen sollten. Das wird vielleicht helfen, das Eis zu brechen. Sie sind doch kein Abstinenzler?“ „Ab und zu, aber gerade nicht. Was haben Sie denn so auf Lager?“
„Bourbon?“
„Ah, sehr gut. 
Ohne Eis bitte.“
„Ah, es scheint, Sie wären ein Kenner. Haben Sie vielleicht Hobbies über die Sie mir vielleicht etwas über sich erzählen könnten?“
 
Satan wirkte auf einmal peinlich berührt. Wie um sich zu vergewissern, dass sie auch wirklich alleine waren blickte er aufgeregt im Raum herum. Der Whiskey in seiner Hand begann zu dampfen und bevor er völlg verdunstete trank er hastig die bernsteinfarbene Flüssigkeit in einem Zug aus. Angelo wunderte sich nicht. Viele Irre hatten ausgefallene Leidenschaften, die wohl eher lächerlich als pathologisch und dem Patienten genant waren. Wahrscheinlich würde er jetzt hören, wie sich der vermeintliche Höllenfürst in rosa Kaninchenpantoffeln und einem Glas Kakao die Zeit am Abend damit vertrieb, gelangweilten Hausfrauen nachzuspionieren. Er schenkte dem Teufel nach und wartete.
 
„Das bleibt doch unter uns, Mensch?“
„Selbstverständlich, das ist ja der Sinn einer Therapie, dass....“
„Ja, ja, aber...ich weiß nicht.“
„Erzählen Sie einfach und Sie werden merken, wie sehr Sie sich danach befreit und wohler fühlen. Vertrauen Sie mir.“
„Gut. Also vor etwa drei Jahren spazierte ich lustlos des abends auf der Suche nach den Seelen von gemeingefährlichen Verbrechern durch Wien – Sie wissen schon. Zuhälter, Meuchelmörder, Falschparker und so, jedenfalls war ich in jener verfluchten Nacht nicht sehr erfolgreich. Da sah ich bei einem Würstelstand so eine Töle, die gerade einen schlafenden Penner anpinkelte. Drum herum standen Männer und stopften sich den in Därmen gehüllten Abfall aus Schweinekadavern in sich hinein und da dachte ich mir: Hey, das sieht interessant aus. Ich meinte aber nicht das lichtscheue Gesindel oder den Drecksköter und auch nicht den Penner,  sondern....sondern.....O.K, ich gebe auf. DIE KÄSEKRAINER, VERDAMMT!“
 
„Sie brauchen nicht zu schreien, Herr Teufel...“, keuchte Angelo, kurz nachdem sein Herz so weit hochgesprungen war, um seinen Gaumen kitzeln zu können
"Tut mir leid, Doktor, aber sie sahen so gut aus. Ich hatte schon vorher von einigen Verdammten gehört, es würden unter anderem Karpfenexkremente und Borstentiergebeine in die Wurst eingestreut und da konnte ich einfach nicht widerstehen und....“
„Gut, gut, ich habe verstanden. Sie fürchten also eine Blamage – wenn Ihre...äh...Höllenkumpane Wind von dieser Sache bekommen, also dass sie statt die...Seelen der Ganoven oder das des blasenschwachen Hundes in die tiefsten Tiefen gezerrt hätten, eher Appetit auf einen....was war das nochmal?“
„Käsekrainer, unter Eingeweihten auch Eitrige genannt.“
„Äh, ja, also Appetit auf eine Eitrige hätten. Nun, ich muss sagen, dass sich dies doch reichlich  merkwürdig für den.......Prinzen der...Verdammnis anhört. Hat es vielleicht eine ähnliche Situation in letzter Zeit gegeben?“
„Es ist mir schrecklich peinlich, du elendes Menschengeschm....Entschuldigung, Herr Doktor natürlich, es ist mir schrecklich peinlich, aber sobald es dunkel ist streune ich durch die Straßen Wiens und klappere möglichst viele, nun, Etablissements ab, die diese Köstlichkeiten feil bieten. Ich weiß nicht mehr ein noch aus. Schrecklich, ich habe jetzt wieder höllische Entzugserscheinungen, Doktor gestatten sie mir zu gehen, ich kann nicht mehr. Bitte...!“
„Reißen Sie sich zusammen, Herr Teufel, ich bin sicher, dass Sie die nächste...ähh...wie spät ist es eigentlich?“
 
Er sah zu einer gräßlichen Kitschuhr auf, die er irgendwann zu einem Geburtstag erhalten hatte, nebst einer geschmacklosen Krawatte, fünf miesen Heimatfilmen auf DVD mit Liselotte Pulver und einem neongelben Hawaiihemd. Mag. Dr. Engelmann hasste Geburtstage, vor allem wenn es sich um seine dreiundvierzig handelte. -Allmächtiger, es ist erst die Hälfte der Therapiestunde vergangen. Noch dreissig Minuten mit diesem Irren in einem Raum.-
Sogar seine Achselhaare stellten sich vor Schrecken auf.
„Noch einen Schluck, Herr Teufel?“
Ohne die Antwort abzuwarten füllte Angelo das Glas seines Patienten und kippte den Rest der Flasche in seinen protestierenden Magen. Es fühlte sich an als würde Fegefeuer in sämtliche Nischen seines Körpers kriechen. Der Raum drehte sich um ihn, sterbende Sterne vollführten einen Reigen um sein Haupt und da schlief er auch schon ein.
 
Satan klatschte dem Therapeuten mit übertriebener Gewalt ins gerötete Gesicht. „Wach endlich auf, mickriges Stück Fleisch. Ich habe schließlich für diese Farce bezahlt.“ Die Augen des Psychotherapeuten öffneten sich widerwillig. Er sah in ein Gesicht, das wohl in sämtlichen Polizeicomputern der Welt einen Ehrenplatz in den Fahndungslisten einnahm.
 
„´Tschuli´ung, muss kurs ein´enickt sein.“, lallte er benommen. Ein Blick aus die scheußliche Uhr zeigte ihm, dass er vier Stunden im Reich der Träume geweilt haben musste. Es waren beileibe keine angenehmen Träume gewesen. Überall waren da Schmutz, Dreck, menschlicher Müll - nicht zuletzt er -, die unausprechliche Dinge mit ihren.....Angelo verbat sich, weitere Erinnerungen aufzurufen.
„Weitermachen, Mann, meine Zeit ist kostbar.“, bellte Luzifer.
„Ich habe mir inzwischen ein paar der wohlschmeckenden Würste bei einem herrlich grindigen Stand um die Ecke genehmigt, wir können fortfahren.“
 
Die grauenhafte Stimme ließ Angelo auf einen Schlag wieder nüchtern werden. Seufzend fügte er sich seinem Schicksal und hörte geduldig zu, wie der Leibhaftige von seinen Macken erzählte....
 
Die Zeiger der Uhr näherten sich der magischen Grenze. Mag. Dr. Engelmann war vor Erleichterung kaum noch zu halten.
„...bablabla...habe ich den Lümmel von einem Erzengel erbarmungslos gerupft bis er winselnd um Gnade bettelte und...blablabla...weinte diese Memme so lange, dass ich schon lachen musste...blablabla...gipfelte die Sache schließlich in einer Wochenend-Sexparty mit trächtigen Cherubim und so...blablabla...nahm sich der Lakai meines Stellvertreters ein Herz und riss die Pumpe aus der Brust des Spitzbuben um sich ein herzhaftes Steak zuzubereiten...blablabla...Mord, Totschlag, Brandstiftung, Internetpiraterie...blablabla.“
 
Ah. Endlich vorbei! Angelo setzte ein Lächeln auf, das auch von seinem Gegenüber hätte stammen können.   „So, Herr Teufel, ich habe inzwischen eruieren können, dass Ihnen absolut nichts fehlt. Sie verhalten sich nur so, wie es Ihrer Natur entspricht. Dabei kann ich beim besten Willen, also zum Glück für Sie, nichts Pathologisches finden.“
 
Der Unaussprechliche hob verwirrt die Augenbrauen in die Höhe.
„Soll das heißen, dass der ganze Unsinn UNNÖTIG WAR....!!!???
„Unnötig ist ein zu hartes Wort, Herr Teufel, aber es trifft den Kern der Sache. Sie brauchen meine Hilfe nicht.“
"(....)“
 „Wie bitte?“, fragte Angelo mit einem unverhohlenen Grinsen. Diesen Wahnsinnigen würde er nie wieder sehen. Das musste er feiern. Am besten mit einem fünfzigjährigen Cognac, den er sich in weiser Voraussicht für Extremsituationen aufgehoben hatte.
 
„Nichts. Ich dachte nur, dass jemand, der Gewalt, Häresie, Gemeinheit und Sadismus auf seine Fahnen geschrieben hat, sehr wohl Hilfe nötig hätte. Willst du mich etwa loswerden, du schleimiges Gewürm?“
„Aber mitnichten. Sie brauchen nicht ausfallend zu werden. Sie brauchen vielleicht nur Hilfe, wenn Sie am jüngsten Tag gegen die himmlischen Armeen ziehen, aber zur Zeit benötigen sie diese nicht. Das ist die Wahrheit.“, log Angelo listig.
 
Einige Sekunden lang fiel kein Wort. Da erhob sich Satan und sprach feierlich:
„Mensch. Spürst du es? Es ist etwas Unfassbares geschehen!“
„Wie, was...äh...ich verstehe nicht ganz.....?“
Der Therapeut war auf einmal verwirrt. Selbst der Krampf, den das Killergrinsen verursacht hatte, löste sich.
Es wurde merklich heißer im Raum. Angelo sah, wie sich die schwarzen Lippen und die gespaltene Zunge mit eiskalter Präzision bewegten.
„Du bist es also.“
„Was, wer soll ich sein? Bitte, Herr Teufel, ich....?“
 
Luzifer beachtete ihn gar nicht.
 
„Ich will es dir erklären, oh Träger des Lichtes: Seit Jahrtausenden versucht die Menschheit "die WAHRHEIT" zu finden. Und dies auf alle erdenklichen Arten und Weisen.
In der Religion, in der Philosophie, In der Psychologie, in der Mathematik, in der Physik, in der Metaphysik, in der Astrologie, in der Astronomie, in der Soziologie, in der Biologie.
Kurzum: Immer und überall waren die Größten und Besten der Völker damit beschäftigt „die Wahrheit“ zu finden, bis letzten Endes einer der wohl weisesten und fähigsten und auch hässlichsten Denker der Menschheitsgeschichte, Sokrates, im Jahre 399 vor der Geburt eines gewissen Lausers, bei der Verteidigungsrede, folgende Formel erklärte:
"Ich weiß, dass ich nichts weiß....und wer glaubt zu wissen, weiß nichts..."
Nun aber geschieht das UNGLAUBLICHE:
In einem recht unbedeutenden, kleinen Therapeutenzimmer erscheint DAS LICHT in der Gestalt von MAG. DR. ANGELO ENGELMANN und erklärt, fast nebenbei, DASS ER DIE WAHRHEIT SAGT.
Ich fühle mich erleuchtet.“   Hier räusperte sich der Teufel und Angelo verwünschte seine Vorfahren bis ins letzte Glied. Hoffentlich waren sie alle zu diesem Wahnsinnigen tief unten in die Erde geschickt worden. Satan setzte seinen Monolog fort.  
„Einige niedliche Menschlein, wie z.B.: Sokrates, Platon, Kant, Nietzsche, Weber, Einstein, Popper, Ahrendt.....und etliche ungenannte, haben IHR GANZES LEBEN LANG VERSUCHT das Geheimnis WAHRHEIT zu enträtseln... ....und sind käglich gescheitert.
Aber Herr Engelmann hat es mit 43 Jahren geschafft, und ist dabei so unglaublich bescheiden geblieben, dass er weder Bücher publiziert, noch sonst irgend etwas tut um sich ins Rampenlicht der Welt zu rücken, nein, es reicht ihm einfach aus, hier in seinem Therapiezimmer zu erleuchten.
Ich werde NIE in meinem verruchten Leben vergessen, dass ich die Ehre hatte mit Dir zu kommunizieren.
Du Träger der Wahrheit.
Ich bete Dich an.
Danke.“
 
Angelos Kinnlade klappte nach unten. Fast schon hypnotisiert sah er den spitz zulaufenden Schwanz als letzten Körperteil desjenigen Patienten aus seinem Arbeitszimmer verschwinden, der dafür verantwortlich ist, dass er jetzt einem relativ stressfreien Job als Haifischbändiger in einem von Bürgerkrieg zerrütteten Inselstaat auf der anderen Seite des Erdballs nachgeht. Glücklich lässt er nun den Schockstab auf die Schnauzen von vor Wut und Schmerz halbverrückten Fischen einschlagen, die ihn von allen Seiten bedrängen während rund um ihn herum Bomben ins Wasser plumpsen und verschwendet keinen Gedanken mehr an die Hölle in Sigmund Freuds Heimatstadt.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 30.01.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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„Krachen, Scheppern und dann gewaltiger Lärm, als ein schwerer Gegenstand an die Wand geworfen wurde. Oh verdammt, die Verrückte spielte drüben in der Küche schon wieder ihr absolutes Lieblingsspiel – Geister vertreiben. Gleich würde sie hierher ins Wohnzimmer stürzen, wo ich versuchte, in Ruhe meine Hausaufgaben zu machen. Und dann würde sie mir wieder lang und breit erklären, welches Gespenst gerade versucht hatte, durch die Wand zu gehen und sie anzugreifen. Ich hasste sie! Ich hasste dieses Weib aus ganzem Herzen!“ Die 13-jährige Eva lebt in einer nach außen hin heilen, kleinbürgerlichen Familie. Hinter der geschlossenen Tür herrscht Tag für Tag eine Hölle aus psychischer und physischer Gewalt durch die psychopathische Mutter und den egomanischen Vater. Verzweifelt versucht sie, sich daraus zu befreien. Vergebens - bis ihr ein altes Buch in die Hände fällt. Als letzten Ausweg beschwört sie daraus einen Teufel. Er bietet ihr seine Hilfe an. Aber sein Preis ist hoch...

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