Geri Benda

Kaiserschmarrn


"Kaiserschmarrn?" - ich legte protestierend
mein Besteck auf den Tisch zurück.

"Kaiserschmarrn!" - sagte Walburga mit
Nachdruck.

"Bin ich der Kaiser, oder was?"

"Geht das schon wieder los?" - meinte sie
schnippisch. "Du hast ja keine Ahnung. Die da, die in den Königshäusern.
Die haben Lebensart! Nicht solche, wie..."

"Wie wer?" - immer wieder diese Vorwürfe. Als
sei ich ihr Depp. "Kaiserschmarrn! Also wirklich ...", sagte ich.
"Apfelstrudel, ja, das wäre doch mal was, oder?"

"Jetzt? Zum Essen?"

"Aber Walburga. Klar zum Essen. Was denn
sonst?"

"Nenn mich nicht immer Walburga! Du weißt, wie ich
das hasse!"

"Was bist du immer so kompliziert? Frauen sind
immer so kompliziert. Also wirklich..."

"Mit Vanillesoße?" - fragte sie.

"Kaiserschmarrn? Noch dazu mit Vanillesoße?
Bäh!"

"Was hast du denn jetzt wieder gegen Vanillesoße?
Das ist doch ganz was Besonderes. Da müssen die da in... also die da, wo die
Vanille wachsen tut, die müssen da ganz schön arbeiten dafür, nur daß du deine
Vanillesoße kriegst!" - meinte sie.

Jetzt war sie eingeschnappt. Das wollte ich nicht.

"Ich mag ja Vanillesoße auch ganz gern", sagte
ich, um die Situation etwas zu entschärfen.

"Magst du gar nicht. Außerdem willst du
Apfelstrudel. Hast du selbst gesagt!"

"Ja. Aber doch nicht mit... äh, ja doch.
Apfelstrudel mit Vanillesoße. Das wäre was!"

"Das sieht dir wieder ähnlich! Läßt mich den ganzen
Vormittag in der Küche schuften, nur um ihm eine Freude zu machen und dann
...?"

"Burgi. Schatz!" - sagte ich, um zu retten,
was noch zu retten war. "Ich mag ja auch deinen Vanilleschmarrn, ach, was
rede ich da, den Kaiserschmarrn. Wenn es denn sein muß, dann auch mit
Soße!"

"Herrjeh, jetzt entscheide dich endlich mal!"

"Wie machst du den denn?" - fragte ich.

"Den Kaiserschmarrn?"

"Ja."

Sie schien plötzlich deutlich entspannter. "Man tut
Mehl, Milch, Eier, Zucker und etwas Salz in eine Schüssel..."

"Einfach so? Muß man das nicht abwiegen?" -
fragte ich.

"Eine gute Hausfrau macht das nach Gefühl!"

"Ja, wie jetzt, nach Gefühl?"

"Das verstehst du nicht, du bist ein Mann!"

"Und weiter? Umrühren?"

"Gut umrühren. Solange bis ein sämiger Teig
entsteht."

"Sämig?"

"Willst du jetzt wissen, wie man Kaiserschmarrn
macht, oder nicht?"

"Ich wollte ja nur ... , aber wenn ich doch nicht
weiß ... , ach, was soll’s. Bin eben nur ein Mann."

"Genau. Nur ein Mann!" - sagte sie mit
Nachdruck.

"Emanze!" - murmelte ich leise und mit
steigender Wut.

"Dann tut man das alles in eine Pfanne mit heißem
Fett."

"Fett?"

"Ja, aber nicht zuviel!" - sagte sie mit
erhobenem rechten Zeigefinger. "Da nehmen die meisten zuviel davon. Das
ist falsch!"

"Aha!"

"Ja, nicht zuviel. Allerhöchstens ... ach was sage
ich, die Hälfte tut es auch!"

"Die Hälfte ... ?"

"Hörst du mir eigentlich auch mal zu? Warum rede
ich hier eigentlich?"

"Du hast doch gar nicht ... na ja, was soll’s. Wie
weiter?"

"Was weiter?"

"Na, wie geht’s denn jetzt weiter, mit dem
Kaiserschmarrn?"

"Aha. Jetzt willst du es doch wissen? Na gut! Man
tut den Teig langsam im Fett backen. Solange, bis er unten braun wird."

"Unten braun?"

"Unten braun. Sag ich ja."

"Das sehe ich ja nicht", meinte ich,
"wann der unten braun ist."

"Brauchst du auch nicht. Das hat man im
Gefühl!"

"Du mit deinem Hausfrauengefühl ...", dachte
ich, aber laut sagte ich: "ach ja."

"Dann tut man den Teig mit einer Gabel
zerreißen."

"Zerreißen?"

"Ja, zerreißen! So in kleine Stücke. So wie ... na,
so wie die da, auf deinem Teller."

"Kann man die auch kleiner machen? Ich hab ja
keinen so großen Mund!"

"Ja, ja! Aber wenn es ums Kritisieren geht, dann
kannst du deinen Mund ganz schön weit aufreißen!"

"Zucker drüber?" - fragte ich, mittlerweile
schon schwer atmend.

"Kann man machen", meinte sie, "dann
schmeckt es besser. Gib mir auch was davon."

Ich holte meine Geheimmischung ganz hinten aus der Lade
und streute ihr eine satte Menge davon über ihren Kaiserschmarrn. Sie hatte es
redlich verdient, meine gute Burgi. "Mahlzeit!"

"Mahlzeit! Du nicht?" - fragte sie erstaunt.

"Nein", sagte ich, "... hab in letzter
Zeit etwas zugenommen."


 
Zwei Stunden später war sie tot. Ich habe seitdem nie
mehr Kaiserschmarrn gegessen. Das war ich meiner armen Burgi doch irgendwie
schuldig.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 24.07.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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