Gert Podszun

Weihnachten

An irgendeiner Straßenecke ereignete sich diese kleine Geschichte, die lediglich aufgesammelt wird wie lose Blätter, die sich - als Erinnerungsstücke des gerade abge-laufenen Herbstes - in diesen geschmückten Strassen verirrt haben und versuchen, die Lebensdauer ihrer Jahreszeit zu verlängern. Die über den Köpfen der durch die Strassen eilenden Kaufbürger in bunten Farben montierten frohen Botschaften flat-tern im frischen Winterwind. Straßensänger mit roten Winterbacken geben sich mit ihren Darbietungen Mühe, an der Geldflut aus den Händen der willigen Käufer teilzuhaben. Ein Nikolaus mit einem Karren voller Säcke hin-ter sich zieht durch die Innenstadt. Sein Ziel wird der Weihnachtsmarkt sein, dort wo in den vergangenen Tagen Männer mit brau-nen Augen und dunklem Haar Marktbara-cken für die Händler errichtet haben. Das ungewohnte Rattern der Karren-räder auf dem Pflaster erregt die Aufmerk-samkeit vor allem der Kinder. Erwachsene scheinen diesen Vorgang als notwendiges Übel zu betrachten. Sie scheinen auf der Flucht zu sein oder auf der Suche nach ei-ner glückbringenden Chance. Dabei rem-peln sie einander an, schauen meistens kopfgeneigt an all den anderen Menschen vorbei. Ab und zu bleibt einer von ihnen ste-hen und betrachtet einen kleinen in der Hand gehaltenen Bildschirm mit geneigtem Kopf. Wie eine kleine Andacht. Vielleicht um nachzusehen, was noch zu tun sei oder ir-gendetwas zu finden, von dem man bisher noch nichts wusste. In der mittelalterlichen Kirche in der Innenstadt findet ein Gedenkgottesdienst statt. Der Prediger bittet um kräftige Fi-nanzhilfe für arme Kinder in einem fernen Land. Man spendet reichlich und wendet sich dann wieder dem aktiven Einkauf zu. Manchmal glaube ich daran, dass diese weihnachtlichen Tage ein wenig dazu beitragen in sich zu gehen, um festzustel-len, ob man sich in der vergangenen Zeit so verhalten hat, wie man gerne von seinen Mitmenschen gesehen werden möchte. Ich zum Beispiel möchte ganz gerne, dass meine Mitmenschen mich gerne mö-gen` Ich weiss, dass ich manchmal ein we-nig unhöflich bin, aber ich weiss auch, dass ich mir Mühe gebe, einen freundlichen Ein-druck bei meinen Mitmenschen zu hinter-lassen. So suche ich Beispiele von Mitmen-schen, die mir zeigen sollen, wie sie es in dieser Zeit mit Sitten und Gebräuchen hal-ten. . Gerade solche Einkaufstage zeigen ganz deutlich, wie es um das Bemühen des einzelnen Mitmenschen um seinen Nächs-ten steht. Seit etwas über einen halben Stunde stehe ich in einem Verkehrsstau. Wegen des Weihnachtsmarktes in der Altstadt sind Umleitungen eingerichtet worden. Der dichte Verkehr wird so kanalisiert. Es wird eng. Endlich bin ich an der Reihe, um links in eine Seitenstrasse einzubiegen, weil die Hauptfahrtrichtung gesperrt ist. Der Poli-zist gibt mir ein Zeichen.. Ich nicke ihm zu und fahre an. In diesem Moment schießt eine freund-liche christliche Nachbarin mit ihrem Wagen, augenscheinlich ein SUV, geschmückt mit einer Sonnenbrille, pfeilschnell in die gerade frei gewordene Lücke vor mir. Nur meine Vollbremsung hindert an einem Zusammen-stoss. In diesem Moment wartete ich eine Sekunde lang auf ein ganz kleines freundli-ches Zeichen der Nachbarin, die sich den Platz vor mir in der Schlange erobert hat. Sie dreht sich nicht einmal um. Der Polizist winkt mir zu: Weiterfahren! Ich ge-horche und fahre langsam in Richtung Stadtmitte weiter. Endlich habe ich mein gesuchtes Beispiel gefunden.

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