Es ist
Montag morgen, der 9. September 2002. Mein Chef hat mich schon auf dem Weg zu
meiner Dienststelle angerufen. „ Kram, kommen sie direkt zum französischen
Konsulat. Wir haben da einen prekären Fall. Ein Mord in Frankreich!“
Ein
Mordfall in Frankreich. „Hmmh aber Chef, da sind doch die Franzosen
zuständig!“
„Der
Tote war Deutscher. Kommen sie und ... hoffentlich sehen sie nicht zu schlampig
aus“.
Ich
verneine und sehe in den Spiegel. Na ja für den französischen Konsul wird es
schon reichen.
Ach ja ich vergaß
mich vorzustellen, mein Name ist Eduard Kram. Meine Kumpels nennen mich Edi.
Meine Kollegen bei der Mordkommission nennen mich Inspektor Kram. Das sind ja
auch nicht meine Kumpel sondern Arbeitskollegen. Ich bin 36 Jahre alt,
verheiratet habe zwei Töchter und einen Sohn.
Normalerweise
bearbeite ich die etwas schwierigeren Fälle bei der saarländischen Polizei.
Aber die sind selten geworden. So viele Morde passieren im Saarland eigentlich
nicht und wenn, dann sind das immer sehr dilettantische Verbrechen und der
Täter schnell überführt.
Das mich
mein Chef persönlich anruft und zum französischen Konsul zitiert, deutet auf
einen interessanten Fall hin. Aber auch auf viel nervenaufreibendes
Zuständigkeitskeitsgerangel. Die Franzosen, besser gesagt die Lothringer, sind
zwar so ganz nett, aber bis das mit „Europa einig Vaterland“ was wird, kann
noch dauern.
Hoffentlich
ist es kein Ritualmord, wie ich ihn vor kurzem in der Zeitung gesehen hab. Das
ist immer sehr blutig und bedeutet viele Überstunden bei den Psychologen und
Profilern. Das ist das letzte was ich jetzt gebrauchen kann.
Ich fahre
durch Saarbrücken, besser gesagt ich stehe mich durch Saarbrücken. Die
Landeshauptstadt hat neben etwas Flair leider auch ein Verkehrsproblem.
Zumindest immer dann wenn ich mich im Auto durch die Strassen, zu beiden Ufern
der Saar, bewege. Endlich erreiche ich das Konsulat. Ein Wachmann begutachtet
meinen Dienstausweis und winkt mich durch. Ich parke auf dem Parkplatz für
Gäste und steige aus. Mein Chef und zwei andere Personen stehen oben auf dem
Balkon und trinken etwas. Ich sehe zu ihnen auf und winke kurz.
„Kommen
sie Kram. Wir warten schon auf sie. Wo bleiben sie denn?“: meint mein Chef.
„Jaja
ich komm ja schon. Hab im Stau gesteckt“.
Mein Chef,
heißt Schmitt und hat mich auf dem Kieker. Er kann meine Verspätungen, meine
schlechten Angewohnheiten und meine Dienstauffassung nicht leiden. Er mag meine
schnelle Auffassungsgabe und meine Bereitschaft Überstunden zu schieben. Wir
müssen aber nur zusammen arbeiten und haben privat keinen Kontakt. Meine Frau
Rita wirft mir das immer vor. Tina, die Frau meines Chefs, ist eine gute
Freundin meiner Frau und es wäre doch so schön wenn....
Weiber!
Außerdem würden meine Beförderungschancen steigen und ich könnte irgendwann mal
Kaiser von China werden und dann noch mehr schuften und Überstunden ansammeln.
So blöd müsste ich mal sein.
Man öffnet
mir die Tür und lässt mich ein. Eine junge Dame begrüßt mich und erklärt mit
freundlicher Stimme:„ Sie müssen der Inspektor sein. Die Herren warten
schon. Ich bringe sie nach oben“.
„Vielen
Dank“.
Gemeinsam
erklimmen wir die Stufen und dann klopft sie für mich an die Tür. Eine Stimme
bittet uns herein und dieser Aufforderung folge ich. Das Büro des Konsuls ist
nett eingerichtet und stillecht dekoriert. Die Trikolore und das Bild des
Präsidenten an der Wand fehlen ebenso wenig wie ein Gemälde der Marianne oben
ohne, Fahne schwingend und den Mob anführend. Fehlt nur noch das Baguette und
eine Schachtel Gouloise Caporal auf dem Schreibtisch. Aber so klischeehaft ist
es denn auch nicht. Die Tür zum Balkon ist offen und der Wind zieht durch den
Raum, aber nur kurz. Mit meiner Ankunft wird es dienstlich und das bedeutet
Geräuschtarnung. Ein Mann schließt das Fenster und derweil begrüßt mich der
Konsul, nachdem mich mein Chef vorgestellt hat.
Dann stellt
der Konsul mir den vierten Mann in unserer Runde vor.
„Mr.
Kram. Darf ich ihnen vorstellen, dass hier ist Inspektor Leduc. Er ist
ebenfalls von der Mordkommission. Sie beide werden zusammen arbeiten und den
Mordfall aufklären“. Er beendet den Satz und der Franzose gibt mir die
Hand. Dann ergreift mein Chef das Wort und erzählt. Der Konsul weist uns
derweil per Handzeichen einen Sitzplatz zu und so belasten wir den
Gesäßmuskel.
„Also
wie schon gesagt, es handelt sich hier um einen Mordfall. Der Tote heißt
Christian Krämer und ist deutscher Staatsbürger. Alter 30 Jahre, ledig, von
Beruf Waffenhändler. Er wurde gestern Mittag
um etwa
14.00 Uhr ermordet. Das ganze ereignete sich auf einem sogenannten Paintballfeld
in Frankreich. Der Ort heißt Blechring, ein kleines Kaff in der Nähe von
Thionville“.
Die junge Dame von eben klopft erneut an und unterbricht die Erläuterungen meines Chefs. Sie möchte wissen was ich trinken will. Ich ordere mir einen Kaffee und dazu zwei Croissants. Wenn sie schon stört soll es sich ja auch lohnen. Meinem Wunsch wird entsprochen und kurz darauf steht ein Teller mit zwei Croissants und eine Tasse, dampfendem Milchkaffee, vor mir auf dem Tisch.
Mein Chef
erklärt derweil die näheren Details des Mordfalls.
„Also wo
waren wir stehen geblieben... ach ja. Also an diesem Wochenende fand auf
besagtem Paintballgelände ein sogenanntes Big Game statt. Veranstalter war das
Mordopfer Krämer und noch eine Reihe von anderen Personen. Sie und Inspektor
Leduc werden diesen Fall gemeinsam lösen. Das soll der Grundstein für eine
bessere Zusammenarbeit zwischen den deutschen und französischen Dienststellen
sein. Beide Innenminister wünschen einen reibungslosen Ablauf der Ermittlungen
und eine schnelle Aufklärung des Falls. Verstanden Kram?!“: meint mein Chef
und sieht mir ungehalten beim Essen zu. Ich tunke mein zweites Croissant in den
Kaffee, beiße ab und nicke andächtig. Dann sehe ich zu Leduc und zwinkere ihm
einmal mit dem linken Auge zu. Das ist also mein neuer Partner. Ah ha.
„Na wenn
sich die beiden Minister das wünschen, kann ich wohl nicht nein sagen. Wie weit
sind denn die Ermittlungen. Wie ist der arme Kerl ermordet worden und wer ist
verdächtig?“: frage ich.
Leduc
antwortet mir mit einem kleinen Akzent in der Stimme:„ Die Untersuchungen in
der Gerichtsmedizin laufen noch, aber es war, aller Wahrscheinlichkeit nach,
ein Angriff mit einem stumpfen Gegenstand. Der Kopf des Opfers weist jedenfalls
schwere Verletzungen auf. Der Täterkreis ist ziemlich groß. Diese Veranstaltung
wurde von über 300 Personen aus ganz Deutschland besucht, zusätzlich kommen
noch einmal 35 Personen aus der näheren Umgebung, die bei der Organisation
mitgeholfen haben. Also insgesamt 340 Personen. Das ist das Problem. Wir müssen
das Motiv suchen. Ein Raubmord kann es nicht gewesen sein, da das Opfer
keinerlei Wertsachen bei sich trugen und auch sonst keine Sachen fehlten.
Zumindest sagen das die Bekannten des Toten“.
„Das ist
etwas viel für zwei Ermittler. 340 Verdächtige aus ganz Deutschland, wo stecken
die denn jetzt alle?“: sage ich verwundert.
„Die
meisten sind wieder in ihren Heimatorten. Die französischen Kollegen haben die
Personalien aufgenommen und auch nach brauchbaren Zeugenaussagen Ausschau
gehalten. Leider Fehlanzeige. Keiner hat was gesehen und außerdem sehen diese
Gotchaspieler eh alle gleich aus. Armeekleidung und Gesichtsmaske, da erkennt
man gar nichts“: bemerkt mein Chef.
Der Konsul
erläutert dann:„ Also wir dachten uns das so. Sie Herr Inspektor werden mit
ihren Kollegen, die Ermittlungen in Deutschland durchführen und Inspektor
Leduc, mit seinen, in Frankreich. Sie verwerten gemeinsam alle Spuren und
Hinweise und werden den oder die Täter schnappen“.
Ich nicke und mein Chef sieht mich wohlwollend an. Er traut mir zu, diesen Fall zu lösen und ist sich sicher dadurch bei seinem Vorgesetzten Punkte zu sammeln. Leduc ist eigentlich sehr ruhig und man merkt ihm keine Gefühlsregung an. Er ist weder energisch noch verschlafen, einfach nur anwesend und bei der Sache. Dann sieht er mich an und meint:„ Am besten fahren wir zum Tatort und sehen uns da mal gemeinsam um“. Der Konsul und Schmitt nicken und ich stimme auch zu.
Aber vorher will ich mir die Akten etwas ansehen und mitnehmen. Ich kann sie während der Fahrt lesen. Leduc hat sie dabei bzw. mein Chef hat sie im Büro. Die Untersuchung in der Pathologie wird erst gegen Nachmittag fertig sein und viel neues erhoffe ich mir eh nicht davon. Wir verlassen also den Konsul und fahren ins Präsidium. Ich besorge mir von Schmitt die Akten und verteile die ersten Aufträge an meine Kollegen. Sie sollen die Verwandten und Freunde des Toten aufsuchen und befragen. Ich will einen Bericht bis 16.00 Uhr aus der Pathologie, sowie eine Akte über die Paintballszene. Da gibt es bestimmt jede Menge Berichte vom BKA und Verfassungsschutz. Mit dem Hinweis auf die „Wichtigkeit“ dieser Ermittlungen in den Ohren, sehen mich meine Mitarbeiter entschwinden. Ich setze mich dann zu Leduc in den Wagen und wir beginnen mit der gemeinsamen Arbeit. Er fährt mich nach Blechring und ich lese derweil die Aufzeichnungen der Franzosen. Alles auf Französisch, so ne Schafscheiße aber auch. Besonders gut kann ich das auch nicht und so verbleiben mir nur die, noch sehr dünnen, Unterlagen der deutschen Polizei. Viel neues steht da nicht drin. Ein toter Waffenhändler aus dem Saarland, Tatort ist ein kleines Kaff in Lothringen und der Täterkreis umfast 340 Personen aus der paramilitärischen Szene. Der Kotzbrocken im Misthaufen also. Mein Fahrer spricht keinen Ton und fährt bei leiser Musik gemächlich nach Frankreich. Nach etwa 45 Minuten treffen wir ein. Der Besitzer des Feldes heißt Lamar, Didier Lamar. Er hat ein Alibi für die Tatzeit. Er und seine Angestellten haben die ganze Zeit in der Anmeldung bedient und konnten nicht weg. Jedenfalls erzählt es mir Leduc so. Er fährt auf den Parkplatz und wir steigen aus. Ich höre ein schrilles Klingeln und sehe wie eine ältere, dicke Frau aus einem Haus kommt. Ich sehe mich erst mal um. In den Unterlagen war zu lesen, dass dies hier eine ehemalige Kaserne ist. Bei näherer Betrachtung erkennt man das auch noch. Wir stehen direkt vor dem Stabsgebäude und weiter hinten erkenne ich eine ziemlich verfallene Garage. Typisch Lothringen denke ich mir. Aber wenigstens die Strassen sind hier besser als bei uns.
„Das ist die Schwester des Besitzers, sie heißt Marie
Lamar“: sagt Leduc zu mir. Ich nicke und dann drehe ich mich wieder zu der
Frau. Leduc und ich gehe auf sie zu und er stellt mich ihr vor. Sie reden
Französisch und das auch noch ziemlich schnell. Dann wendet sich Leduc zu mir
und meint:„ Gehen wir zum Tatort“.
„Is Recht“: antworte ich und so gehen wir dann los.
„Was haben sie ihr gesagt?“
„Sie sprechen kein Französisch?“: fragt Leduc.
„Non, je regrette. Leider nur ein bisschen und auch nur wenn es unbedingt sein muss“.
„Wie alle Deutschen. Das ist schlecht, eine zweite
Fremdsprache zu beherrschen ist nie verkehrt“
„Werd’s mir merken“: antworte ich voller Ironie. Bin doch hier nicht in der Schule. Leduc führt mich etwa 100 Meter bis zu einem verfallenen Gebäude, welches er als Küche bezeichnet.
„Was soll das hier sein? Eine Küche. Ein riesengroßer Saustall ist das. Wie das hier schon aussieht. Überall Farbe. Das nächste Mal ziehe ich mir aber andere Sachen an!“: kommentiere ich das Ganze.
Dann betreten wir „die Küche“, es handelt sich wirklich um
eine ehemalige Küche. Leduc hebt das Polizeiband etwas hoch und wir schlüpfen
darunter durch. Dann zeigt er auf eine Treppe, die nach unten führt. Er nimmt
eine Taschenlampe aus seiner Jackentasche und leuchtet die Stufen aus. Ich sehe
mich um und kann nur den Kopf schütteln. Wie kann man hier nur Kriegspielen? An
den Wänden sieht man überall Farbkleckse und zwei verbrannte Rauchgranaten oder
Farbgranaten. Jedenfalls ist alles ziemlich verdreckt. Bedächtig und vorsichtig
gehe ich die Treppe hinunter und folge dem Schein der Lampe. Unten angekommen
leuchtet Leduc eine Ecke aus und erklärt dann:„ Dort hat er gelegen, da in
der Ecke. Im Dreck“.
„Aha, sehr interessant. Was meint die Spurensicherung
dazu, haben die was gefunden? In diesem Dreck“
„Nichts brauchbares. Die Idioten, die die Leiche
gefunden haben, haben alle Fußspuren zertrampelt. Sie haben den Toten
hochgetragen und wollten einen Krankenwagen rufen. Deshalb ist es unsinnig
jetzt noch nach Spuren zu suchen. Da finden sie mindestens 25 verschiedene
Abdrücke und Spuren“.
„Woher wollen sie dann wissen wo die Leiche gelegen hat? Wenn sie bewegt wurde, die kann ja sonst wo gelegen haben!“: werfe ich ein.
„Alle Zeugen haben das so eindeutig zu Protokoll
gegeben. Steht doch alles in den Unterlagen, ach ja ich vergaß, sie konnten sie
ja nicht lesen. Also wir sind uns sicher, dass der Tote dort gelegen hat und
erst danach von den anderen nach oben getragen wurde“.
„O.k. Hat man die Tatwaffe auch hier gefunden?”
„Die Tatwaffe haben wir überhaupt nicht gefunden. Es
gibt keine Hinweise wo sie sein könnte“.
„Wann gedenken sie denn danach zu suchen?“
„Herr Inspektor das Areal hier hat 11,3 ha. Etliche
Gebäude und wir suchen vielleicht nach einem Backstein, der jetzt irgendwo
liegt!“
„Ja mit ein paar Spuren, die man verwerten kann“: bemerke ich spitz.
„Also das glaube ich nicht. Alle Spieler
benutzen Handschuhe um sich vor Verletzungen zu schützen. Da finden sich gar
nichts. Aber warten wir doch erst mal die Untersuchung ab. Vielleicht finden
die Mediziner noch einen Hinweis. Kann ich mir zwar nicht vorstellen, aber
warum nicht!“
Ich drehe mich schon wieder um und gehe hoch. Hier unten ist es mir zu dreckig. Leduc folgt mir und dann stehen wir so da und schauen uns um.
„Was hat dieser .... Krämer denn da unten eigentlich
gesucht. Freiwillig geht doch kein Mensch da runter?“
„Er war der Cheforganisator und so eine Art Oberschiedsrichter. Vielleicht hat er da unten einen Spieler vermutet oder wollte mal Pipi machen“: antwortet mein Kollege.
Ich nicke und denke nach. Ich versuche mir vorzustellen wie das hier gewesen sein könnte. Vielleicht wollte der arme Kerl wirklich nur mal kurz eine Stange Wasser in die Ecke stellen und ist die Treppe runtergefallen. Ich blicke nach unten auf den Boden, aber hier erkennt man gar nichts außer Schlamm und Dreck. Leduc hat recht, hier braucht man nicht nach Spuren suchen. Man würde Hunderte finden und wäre genauso schlau wie vorher. Ob der Mörder diese „Rettungsaktion“ angeleiert hat. Er, der Täter, „findet“ den verletzten Sportskollegen und alarmiert die anderen Spieler. Die traben alle an und damit hat der Mörder eine Sorge weniger am Hals. Ich erkläre Leduc meine Gedanken und er stimmt mir zu. Leider ist nicht mehr zu klären wer den Toten gefunden hat. Das konnte keiner der Anwesenden beantworten – sehr merkwürdig.
Jedenfalls sind wir nach 10 Minuten hier fertig und machen dann noch einen Rundgang auf dem restlichen Spielfeld. Aber viel zu sehen gibt es nicht und so gehen wir zurück zum Eingang. Ich sehe mich etwas in der Anmeldung um. Ziemlich seltsam das ganze. Es gibt zwei Gebäude für die Anmeldung. Eines ist sehr schön gemacht mit Kacheln und Panellen. Das andere ist eine ziemliche Bruchbude, nackter Beton und Aufputzleitungen. Ich lasse mir dann mal eine von den Paintballwaffen zeigen. Die dicke Frau brabbelt irgendwas und Leduc übersetzt. Nichts wichtiges. Sie will das ich mit meinen Kollegen zum Spielen komme, wir bekämen Rabatt. Sehr geschäftstüchtig die alte Dame.
Sie lässt auch nicht locker und will mir am Schießstand demonstrieren wie toll das doch ist. Noch bevor ich Piep sagen kann stehen wir am Schießstand um die Ecke und ballern auf eine völlig verdreckte Wand. Das Ergebnis ist sehr enttäuschend. Die Balls fliegen nach allen Seiten, ein gerader Schuss ist überhaupt nicht möglich. Nach fünf Schuss platz auch noch eine Kugel im Lauf und danach geht gar nichts mehr. Die Frau entschuldigt sich und geht zurück ins Haus und holt eine andere Waffe.
Aber auch die ist kein bisschen besser. Nach drei verzogenen Schuss ist das Gas alle und die Waffe zischt wie verrückt. Ich sehe dieses fette Walross an und schüttle nur den Kopf. Zwei von zwei Waffen funktionieren gar nicht. Sie meint, das Gas wäre alle und will eine neue Flasche holen. Während sie erneut losrennt sehe ich mir die Waffe mal etwas genauer an und finde auch etwas sehr interessantes. Den leeren Gastank. Schön schwer und massiv, ein ideales Gerät zum zuschlagen. Ich schraube ihn ab und nach ein paar Umdrehungen zischt das restliche Gas raus. Aber nur kurz, ich drehe weiter und habe das gute Stück dann in der Hand. Ich wende mich zu Leduc. „Das wäre doch eine Möglichkeit oder. Als Mordgerät durchaus denkbar. Der Mörder leiht sich eine Ausrüstung und geht spielen. Er dreht die Flasche ab und wartet auf sein Opfer. Dieses ahnt nichts von seinem Schicksal und trottet unbedarft auf einen Spieler zu, der scheinbar Hilfe braucht. Und dann gibt es was mit dem Gastank auf dir Rübe. Die Leiche wird versteckt, der Tank wieder aufgeschraubt und weitergeballert. Kein Mensch schöpft Verdacht!“ Mein Franzose nickt und meint dann:„ Da ist was dran, wir werden am besten mal alle Tanks untersuchen lassen. Auf Blutspuren und Fingerabdrücke“. Ich nicke nur und dann erklärt der Inspektor seine Vorgehensweise der dicken Frau, die etwas außer Atem angelatscht kommt. Sie ist völlig entsetzt über Leducs Vorschlag und will erst mal mit ihrem Bruder reden. Der liegt im Bett, die Aufregung hat ihn geschwächt und der Arzt hat ihm Bettruhe verordnet. So einen Arzt bräuchte ich auch mal! Leduc geht mit und ich sehe mir derweil die Waffen an. Die meisten liegen noch verdreckt in fünf schwarzen Mülltonnen. Darin lagern sie also die Waffen, aufrecht aufgestellt und mit nem Stück Plastik im Lauf. War wohl die billigste Variante, dass so zu machen. Jedenfalls dürften sich noch jede Menge Spuren auf den Tanks befinden. Wie geht noch mal das Sprichwort... wer aufräumt ist blöd und hat danach nichts mehr zum suchen.
Aus dem Ruheraum des Besitzers höre ich dann etwas Gezeter, dann kommt Leduc raus und telephoniert mit seinen Kollegen. Die sollen die Spurensicherung vorbeischicken, um die Gastanks untersuchen zu lassen. Dann ist unsere Arbeit hier beendet. Leduc verabschiedet sich von der Dame und wir fahren wieder.
„Hat der Alte Wallungen gemacht wegen der Tanks?“: frage ich als erstes, als wir in den Wagen steigen.
„Ja klar. Er und seine Schwester meinten, dass wäre
geschäftsschädigend und so. Sie hätten für Morgen eine Gruppe angemeldet und
die müssten jetzt woanders spielen gehen. Weil sie ja keine Tanks haben!“
„Haben sie mal die Preise bei denen gesehen. Für etwas was nicht mal funktioniert ist das aber sehr teuer!“: kommentiere ich das ganze Geschäftsgebaren dieser Leute.
„Ob dabei überhaupt was rauskommt ist nicht sicher. Nur
1/3 der Spieler hat sich hier eine Waffe ausgeliehen, alle anderen hatten ihr
eigenes Material dabei. Wenn einer von denen es war, können wir die Untersuchung
der Gasflaschen als Zeitverschwendung abhaken!“
Wir schweigen beide eine Weile, dann ergreife ich wieder das Wort.
„Wir müssen die Lebensumstände des Toten genau
durchleuchten und rauskriegen wer seine Feinde sind!“: sage ich und Leduc
antwortet:„ Sie müssen das machen. Ich werde mich mal um die Hintergründe in
Frankreich kümmern. Wenn wir genug Teile zusammen haben, setzen wir das Puzzle
zusammen“.
Ich bejahe und bin augenblicklich in Gedanken. Wie kann ich da vorgehen, soll ich etwa „Undercover“ in die Szene einsteigen und ermitteln. Lieber nicht, dazu fehlt mir die nötige Glaubwürdigkeit und das Fachwissen. Außerdem bin ich viel zu alt. Mir sieht jeder an, dass ich ein Bulle bin und außerdem kommt man in solche Kreise bestimmt nicht so leicht rein. Gotchaspieler sind alles geschlossene Gesellschaften und lassen sich von einem Fremden bestimmt nicht aushorchen. Am besten ich lese jetzt erst mal die Aussagen der Angehörigen, dem Geschäftsumfeld und den Freunden. Die können mir bestimmt einiges erzählen.
Als wir wieder in Saarbrücken ankommen ist es Mittag und wir gehen erst mal was essen. In meiner Stammkneipe gibt es heute Leberknödel mit Püree und Sauerkraut. In Hinblick auf meinen Franzosen kein ideales Gericht, um das Vorurteil bezüglich der deutschen Lieblingsspeise aus der Welt zu schaffen.
Aber das macht Leduc gar nichts aus, er mag Sauerkraut scheinbar ganz gerne, jedenfalls ist sein Teller leer als wir gehen. Ach ja er hießt Jean mit Vornamen, ist verheiratet hat zwei Söhne und raucht nicht mehr seit drei Jahren. Also das hätten wir dann auch ermittelt, scherze ich mit ihm.
Ich bin eigentlich nicht so besonders an den Lebensumständen meiner Kollegen interessiert. Weder von den Deutschen noch den Franzosen. Ich habe kaum Zeit für meine Familie und war auch früher schon kein besonders kontaktfreudiger Mensch.
„Wir sollten uns alle drei Tage treffen bzw. immer wenn es was Wichtiges gibt. Einverstanden?“: fragt Leduc.
„Jo von mir aus. Wir bleiben auf jeden Fall in Kontakt!“
Nach dem obligatorischen Shakehands gehe ich ins Präsidium zu meinen Kollegen und Leduc zu
seinen Franzosen.
Als ich in meiner Dienststelle ankomme ist mein Schreibtisch schon voll gestellt mit Unterlagen. Meine Ankunft spricht sich schnell herum und alles versammelt sich in meinem Büro zum Rapport.
Den Anfang macht die Kollegin Sauer-Trumling, sie hat sich die Paintballerszene mal angesehen.
„Also im Internet gibt es
zwei bedeutende Foren zu diesen Themen. In beiden wird schon eifrig diskutiert
und spekuliert wer der Mörder ist. Einer von den Moderatoren hat sogar eine
Rubrik aufgemacht wo man raten kann wer der Mörder ist. Sehr makaber“.
„Und was schreiben die Leute so?: unterbreche ich sie.
„Ach eigentlich nur Unsinn.
Ein schwuler Liebhaber, der Klabautermann und nur solche Kindereien. Allerdings
ist der Beauftragte des PBV für Öffentlichkeitsarbeit überhaupt nicht froh
darüber. Er schreibt ständig, dass die Leute aufhören sollen so was zu
schreiben. Wegen des Bildes in der Öffentlichkeit“.
„PBV?“
„Paintballbundesverband, so
nennt sich deren Bundesverband. Krämer war übrigens der
Geschäftsführer“: erklärt Frau Sauer-Trumling.
„NA dann werden jetzt wohl
Neuwahlen nötig sein. Vielleicht hat der Mörder auf die Nachfolge im
Verband spekuliert. Wie groß
ist denn der Verband mittlerweile, welche Vorteile hätte es eventuell dort
der Chef zu sein?“: interessiere ich mich für nähere Details.
„DA muss ich passen Chef,
soweit bin ich noch nicht, aber ich habe mir schon die Unterlagen vom BKA und
dem Bundesinnenministerium geordert. Kann aber etwas dauern wegen der
Personalknappheit“.
„Das regle ich schon.
Schließlich hat mir der Minister persönlich diesen Fall übertragen, da sollen
seine Leute auch mal was für uns machen. Weiter,... Schröder was haben sie?“
Schröder referiert über die
Familien und Geschäftsverhältnisse des Herrn Krämer:„Also die
Familienangehörigen sagen
alle aus, dass Krämer fleißig, geschäfttüchtig und aktiv war. Eine
Freundin hatte er keine und
sein Geschäft lief gut. Sein Partner Karl-Gustaf Leonberg war ziemlich
niedergeschlagen und hat
viel geweint. Er kannte Kramer schon sehr lange und ist völlig verzweifelt
wegen der Sache. Er muss vielleicht das Geschäft schließen, weil er es alleine
nicht schaffen kann“.
„Haben sie ihn mal gefragt
ob eventuell ein Konkurrent der Mörder sein könnte?“
„Ja, aber dazu wollte er
sich nicht äußern. Er könne sich einfach nicht vorstellen wer der Mörder sein
soll“.
„Hat er sonst noch was
ausgesagt? Wo war er denn während der Tatzeit?“
„Er hat unten im
Verkaufstand gearbeitet und war die ganze Zeit sehr beschäftigt. Das waren auch
alle anderen. Es wäre immer sehr hektisch während dieser Big Games. Von der Tat
hat er erst erfahren, als einer von den anderen Marshalls zu ihm kam und es
erzählt hat“.
„Marshalls?“
„So nennen sich die
Schiedsrichter beim Paintball“.
„O.K. was haben sie
rausbekommen Schneider?“: spreche ich den nächsten Ermittler an.
„Ich war beim ersten
Vorsitzenden der „Bastardos“, so nennt sich deren Club. Das ist sozusagen die
Mannschaft, welche in Blechring beheimatet ist. Es sind knapp 25 Personen aus
dem östlichen Saarland und Rheinlandpfalz. Ihr Chef heißt Claude Gauche. Alter
31 Jahre und von Beruf Schlosser. Ledig und keine Kinder. Er hat ausgesagt,
dass Krämer der Cheforganisator war und den ganzen Tag überall rumgesprungen
wäre. Man hat ihn irgendwann vermisst, weil er sich nicht mehr über das Walky
Talky gemeldet hat. Ein anderer Marshall oder Spieler hat ihn dann kurz danach
gefunden. Aber wer das jetzt war weiß er nicht. Er selbst hat unten am Imbiss
gestanden und über drei Ecken
den Funkverkehr mitbekommen.
Plötzlich gegen halb 2 wäre das Spiel abgebrochen worden und dann kam auch
schon der Krankenwagen und die Polizei“.
„Hat er Aussagen gemacht,
wer der Täter sein könnte? Ein mögliches Motiv gemutmaßt?“
„Er vermutet einen Unfall.
Er könne sich nicht vorstellen das jemand Krämer umbringt. Wahrscheinlich ist
er unglücklich hingefallen und dann gestorben. Irgendwer hat ihn gefunden ihn
berührt und
versucht ihn aufzuwecken.
Als der dann gemerkt hat, dass Krämer tot ist, hat er die Panik bekommen
und ist abgehauen“.
„Na ja. Das halte ich zwar für unwahrscheinlich, aber bitte. Mal abwarten was die Gerichtsmediziner rauskriegen!“: beende ich diesen Teil der Unterredung. Dann verteile ich neue Arbeit.
„Frau Sauer-Trumling, sie
untersuchen weiter den Verband und die Szene allgemein. Vielleicht verplappert
sich der Mörder auf einer der Webseiten. Solche Idioten soll es ja geben.
Schröder, sie besorgen sich vom Finanzamt und der Gewerbeaufsicht alles was sie
kriegen können über:
-
Konkurrenten
-
Hintergründe von Krämers Firma, Schulden. Prozesse,
ehemalige Mitarbeiter
-
Ehemalige Arbeitstellen von Krämer, was hat er
vorher gemacht. Wie war der dort?
Schneider sie durchleuchten die Bastardos, heißen die wirklich so – unglaublich! Und alle anderen Clubs und Vereine in der Nähe. Wie arbeiten die zusammen und sind irgendwelche von denen vorbestraft! Alles klar? Dann mal los“.
Meine Leute schwirren ab und ich bekomme erst mal Gelegenheit meine Anrufe zu tätigen. Vor meinem Telefon liegt ein Zettel mit drei Nummer, die ich anrufen soll.
Meine Frau, die Pathologie und der Innenminister persönlich. Ich wähle zuerst die Nummer meiner Frau und regle die Planung für heute Abend. Nicht ganz einfach wenn man Polizist ist. Die gleitenden Arbeitszeiten erschweren das Eheleben und man ernährt sich nicht immer gesund. Meine Frau ist von meinem neuen Fall deshalb auch nicht sehr begeistert und prognostiziert mir jede Menge
Überstunden und viel Arbeit. Wie bei jedem anderen Fall eigentlich auch. Dann bediene ich noch den Minister. Er will natürlich schon wissen wie weit ich bin und ob wir schon eine heiße Spur haben. Ich
verweise auf den frühen Stand der Ermittlungen und die noch ausstehenden Untersuchungen des Umfelds. „Wir brauchen auf jeden Fall schleunigst die Daten vom BKA und Verfassungsschutz, damit können wir bestimmt schon viel besser ermitteln, wer da als Täter in Frage kommt!“
„Ich
habe schon entsprechende Anweisungen an die betreffenden Dienststellen geben.
Inspektor Kram ich brauche wohl nicht extra erwähnen, wie wichtig dieser Fall
für ihre Karriere ist. Wenn sie ihn sauber und zügig aufklären, können sie in
absehbarer Zeit mit einer Beförderung rechnen!“
„Danke
für die Unterstützung, ich halte sie dann auf dem laufenden, Herr Minister“
„Tun sie
das. Ich erwarte regelmäßig von ihnen einen Bericht!“
Damit endet
dieses Telefonat und das nächste folgt auf dem Fuß. Noch bevor ich die
Pathologie anrufen kann, bimmelt es schon. Ich hebe ab und eine Frauenstimme
meldet sich:„ Schönen guten Tag. Ich heiße Susanne Lautz und arbeite für die
Saarbrücker Nachrichten. Herr Inspektor Kram, können sie schon irgendetwas zu
dem Mordfall in Frankreich sagen?“
„Der Tote ist tot und heißt Krämer, so der Rest ist leider vertraulich, da die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind. Sie sind wohl noch nicht lange dabei Frau Lautz. Wenn sie Informationen von der Polizei möchten, wenden sie sich bitte an die Pressestelle. Die sind dafür zuständig. Also nichts für ungut und schönen Tag auch!“: fertige ich die Dame ab und lege einfach auf. Dann tätige ich den nächsten Anruf.
„Gerichtsmedizin. Dr. Göbel am Apparat“.
„Ja hier
spricht Inspektor Kram. Ich rufe an wegen des Falls Krämer. Wie weit sind sie
denn da mittlerweile?“
„Guten
auch Herr Inspektor, ja also es sieht so aus. Die Todesursache haben wir
ermittelt. Durch massive Gewalteinwirkung auf den Schädel des Opfers starb der
Mann. Ansonsten hat er keine sichtbaren Verletzungen. Allerdings haben wir noch
etwas interessantes festgestellt. Er hatte Sperma im After. Scheinbar hatte er
kurz vor dem Tod noch Analverkehr mit jemand anderem. Wir
untersuchen
das Sperma jetzt und werden so einen genetischen Fingerabdruck erhalten“.
„Das ist
wirklich sehr interessant. Sie sagten er hätte vorher Analverkehr gehabt. Wäre
es möglich das er erst nach dem Tat missbraucht wurde. Wäre ja möglich das der
Täter sich an dem Leichnam
vergangen
hat. So was soll es ja auch schon gegeben haben“.
„Das
kann man nicht mit Sicherheit feststellen. Spielt auch keine Rolle, der
genetische Fingerabdruck wird eh nur denjenigen ermitteln, der mit Krämer Sex
hatte. Das kann der Mörder sein, aber muss
nicht“.
„Vielen
Dank, jetzt zu den Wunden am Kopf. Wonach sieht das aus, ich meine die
Mordwaffe. War sie rund und etwa 7-9 cm im Durchmesser?“
„Ja das
kommt hin, wieso haben sie die Mordwaffe ermittelt?“
„Denke
schon, sagen sie mir wenn sie mit der Untersuchung fertig sind und dann
schicken sie mir
schleunigst
ihren Bericht hierher“.
„Mach
ich“.
Ich lege auf und grüble etwas. Wie immer wenn ich bei der Arbeit bin. Dann werfe ich meinen Rechner an und gehe online. Etwas im Internet recherchieren bringt mir vielleicht einen Hinweis. Ein paar heiße Photos zum Aufwärmen für meine Frau kann ich bei der Gelegenheit auch noch überfliegen.
Ich tippe also Paintball in das Textfeld der Suchmaschine und bin überrascht wie viele Treffer ich
habe. Fast 12000 Hits, die ersten Seiten sind von verschiedenen Händler TOM’s, OCP, eine
Newsseite Paintball 68 und KPL, Krämers Paintball Laden. Ich gehe auf die Seite und finde sie schwarz umrandet. Ein Text erläutert die traurigen Umstände und das der Laden 3 Tage lang geschlossen bleibt. Ich sehe mir die Seite noch etwas an und finde mehrere Eintragungen im Gästebuch. Von Claude Gauche und einigen anderen Bastardos. Dann noch die üblichen Infos.
AGBs, FAQ, Katalog usw. Scheinbar alles ganz normal und ohne irgendwelche Hintergedanken. Ich suche dann noch nach Spielfeldern im Saarland, aber Fehlanzeige, hier gibt es keine. Sehr interessant. Warum spielt Krämer so weit weg von zu Hause. Von seinem Geschäft in St.Ingbert bis nach Blechring sind es fast 85 km X 2. Ein amerikanisches Spielfeld in Kaiserslautern wäre doch viel näher. Dann suche ich die Webseite des Verbandes in dem Krämer Geschäftsführer ist. Ebenfalls Fehlanzeige, es gibt keine, zumindest hat er auf seiner Webseite keinen Link dorthin. Sehr merkwürdig! Warum gibt es auf der Webseite von KPL keinen einzigen Hinweis auf einen Verband. Man sollte doch meinen, dass so was gut fürs
Geschäft ist. Ich klicke zurück zur Suchmaschine und frage jetzt nach „Paintballverband“. Ich finde als erstes eine Seite mit Namen „Rescuepaintball.com“ auf der ich den Hinweis entdecke, dass Paintball
verboten werden soll. Allerdings ist die Seite seit über 2 Jahren nicht verändert worden. Ich finde ein Gutachten über Paintball, einige Hinweise auf bestehende Urteile und zwei pdf. Dateien zum
downloaden. Es ist der Mitgliedsantrag und ein Gutachten von einem Herrn Steinbeißer.
Das war’s dann auch schon. Ach nein halt, es gibt natürlich auch noch eine kleine Liste mit
Ansprechpartnern. Es sind vier Personen, darunter auch die Emailadresse von Krämer.
Ich gehe zurück zu den Sucheinträgen und klicke mich durch die anderen Hits. Ich finde sogar
mehrere Einträge mit dem Namen „ www.paintballverband.de“, aber diese Seite kann nicht angezeigt
werden. Also zurück zum Ausgangspunkt und weiter suchen. Nach etwa einer halben Stunde habe ich folgenden Eindruck:
Mitte Januar 2000 wurde in NRW ein Spielfeld geschlossen. Damals gab es noch zwei
Bundesverbände. Den PHB, den Paintballhändlerbund und den PSB, den Paintballspielerbund. Als sich im Laufe des Jahres immer mehr Hinweise zeigten, dass dieses paramilitärische Spiel verboten werden soll, da ändern die Spieler ihre Organisation. Der PHB wird zum PBV und der PSB
verschwindet in der Versenkung. Dann sammelt der PBV unter der Leitung des Herrn Krämer sehr viel Geld, damals fast 142000 DM. Damit wird ein Gutachten bezahlt und ein Anwalt. Danach versiegt die Informationsquelle. Es ist nicht zu ermitteln wo das Geld hingeflossen ist. Das Gutachten existiert
zwar, aber es hat laut Liste nur 4500 DM gekostet. Ich finde weder einen Vermerk auf ein
rechtskräftiges Urteil neueren Datums noch sonstige Nachweise was der Anwalt gemacht haben soll.
Scheinbar hatte er keinen Erfolg mit seiner Arbeit und die Verantwortlichen im Vorstand wollen das unter den Tisch kehren. Bzw. haben einfach aufgehört sich weiter damit zu befassen. Das ganze gibt keinen Sinn, es ist so dilettantisch gemacht, dass man sich ernsthaft fragen muss ob das nicht alles eine einzige große Verlade sein soll. Ne typische Fakeseite ohne echten Hintergrund.
Während ich so am surfen bin kommt meine Kollegin Sauer-Trumling in mein Büro. Sie hat eine
schöne Akte in den Händen und erklärt mir:„ Hier sind die Unterlagen vom Innenministerium, hab sie mal gesichtet und folgendes herausgefunden:
Es gab
im Jahr 2000 vier schwerwiegende Prozesse gegen dieses Kriegsspiel.
Bayrischer
Verwaltungsgericht vom 27 Juni 2000 AZ 21 B 98.2184
Oberverwaltungsgericht
NRW 26 Juni 2000 AZ 5B 588/00. beziehen sich beide auf Grundrechte des Menschen
Art. 1 und 2 des Grundgesetzes!
Beschluss
des Bundesrates vom 25 Februar 2000. ebenfalls sehr negativ gehalten.
§ 8 Abs. i.V. mit §1 Abs.2 des Saarländischen Polizeigesetzes in der Fassung vom 26 März 2001.
Krämer
hat übrigens vor etwa einem Jahr versucht im Saarland ein Spielfeld eröffnen zu
lassen.
Irgendwo in Eppelborn, aber das wurde nichts und der US. Fun Club musste wieder zu machen. Dort war übrigens der Partner von Krämer der 1. Vorsitzende“.
„Gute Arbeit Sabine, sie haben mir da richtig gut zugearbeitet. Jetzt gibt das ganze auch ein Bild. Ich war auch nicht faul und habe im Internet gesucht. Diese Urteile werden dort nirgends erwähnt und kein Händler bekennt sich mehr zu seiner Funktion in diesem Bundesverband!“: ergänze ich die Entdeckungen meiner Kollegin.
„Es geht
noch weiter, Chef. Es gab schon insgesamt vier Verbände in den letzten 10
Jahren. Der PBV ist der letzte und ist eigentlich ..“
„Der
umbenannte Händlerverband PHB. Bei all diesen Abkürzungen muss man ja den
Überblick verlieren. Ich habe wie gesagt mal etwas nachgeforscht und finde
keine Hinweise auf deren
Aktivitäten in letzter Zeit. Keine Liga, kein offizielles Regelwerk, keine Meisterschaft. Überhaupt nichts von Bedeutung, außer einer Sammelaktion aus dem Jahr 2001, die dann sang und klanglos ins Nirwana verschoben wurde. Da werden wir mal etwas nachbohren müssen“: sage ich bedächtig nickend zur ihr.
„So wie
es aussieht hatten Herr Krämer und Konsorten etwas viel Pech in letzter
Zeit“.
Jetzt kommt
auch noch Schröder zu uns und erzählt folgende Geschichte:„ Also Edi, äh ich
meine Herr Inspektor, die Sache ist komplizierter als erwartet.
Krämer
hatte ein Problem mit der Steuer und zwar ziemlich übel. Die waren drauf und
dran ihn vor den Kadi zu zitieren. Ich habe ein Konto überprüft, das auf seinen
Namen lief und auf das im Jahr 2000 und Anfang 2001 noch jede Menge Geld
eingezahlt worden ist. Vorher war es ein Club oder Vereinskonto. Krämer war
sehr lange Kassenwart eines Clubs, aber alle Unterlagen sind weg. Dieser
Waffenhändler organisiert seit Jahren diese Events. Diese Big Games. Da muss
richtig abkassiert worden sein. Über....“
„142000
DM, ja danke Schrödi äh Herr Schröder“: mache ich weiter, :„ Sonst noch
was?“
„Woher
wissen sie das denn schon wieder Chef?“
„Schon
mal was vom Internet gehört?“: antworte ich und dann gleich weiter:„
Lassen sie mich mal raten, der Fiskus will das Krämer diese Summe versteuert
und noch was drauflegt wegen
Steuerhinterziehung
und Geldwäsche. Was meint denn die Staatsanwaltschaft dazu, warum wurde da
nicht schon längst mal Anklage erhoben?“
„Die
Finanzbehörden und der ganze Apparat waren mehr oder weniger noch in den
Sommerferien und überhaupt gibt es eben sehr viel Arbeit für die. Man kann ja
auch nicht bei jedem Fall „Eilt“ beantragen. Als nächstes käme dann „Eilt
sehr!“. Aber innerhalb der nächsten 7 bis 14 Tage
spätestens,
wären die Jungs von der Steuerfahndung bei ihm aufgetaucht. Bis dahin wäre auch
der letzte Coup in Frankreich in seinen Büchern verbucht und die Falle dicht
gewesen. Die haben ganz schön gekuckt als sie bei der Frühstückslektüre den
Bericht vom „Mordfall Krämer“ gelesen haben. Na jedenfalls,.. wir können
jederzeit bei einem Herrn Jonas nachfragen, die schicken bis Morgen die Kopien
zu uns! Krämer war beim Bundesgrenzschutz vorher. Keine große Leuchte, aber
auch nichts negatives “: beendet Schröder seinen Bericht.
Sehr gut. Wir lächeln uns zu und schütteln die Köpfe. Das wird ja immer bunter. Zu guter letzt kommt auch noch Schneider und erzählt uns den Rest der Geschichte.
„Also
die Bastardos haben immer schon das Personal gestellt und die Verpflegung
gemacht. Die
Spieler
wirken soweit alle sauber. Keine Fehden innerhalb der Gruppe, auf den ersten
Blick ein normaler Verein. Keine Verstöße gegen deutsches Recht, in Deutschland
dürften sie so zwar nicht spielen, aber in Frankreich dürfen sie es. Es ist
merkwürdig, alle Spieler sind „normale Leute“. Ich habe da 20 Jahre Knast
erwartet. Fast schon unheimlich sauber. Die sind clean!“
„Na
schön, also die Seite scheint sauber. Aber irgendwer muss ihn ja umgebracht
haben? Waren
denn
noch andere Vereine involviert?“
„Nur
zwei auswärtige Teams. Keine direkte Verbindung zu Krämer. Er war übrigens mal
Kassenwart bei einem anderen Verein. Aber die waren nicht mehr beteiligt an den
Big Games seit 2000. Krämer hat übrigens als Geschäftsführer des Bundesverbands
jede Menge Geld in Blechring verdient.
Scheinbar
hat sich das richtig gelohnt. Denn jetzt kommt das einzig interessante. Ich hab
mal etwas
nachgebohrt.
Also bis vor kurzen gab es hier in der Gegend immer drei Big Games pro Jahr.
Die hat alle der Krämer veranstaltet. Und sonst keiner. Dieses Jahr waren es
sechs Big Games, aber nur zwei von Krämer. Die anderen vier hat der Franzose
alleine gemacht. Da muss es um viel Geld gehen. Jedenfalls hab ich bei den
Spielern mal rumgefragt was sie dort eventuell gestört hat. Die Kugeln müssen
ziemlich teuer und sehr schlecht sein. Die spielen nur deswegen in Frankreich,
weil es in Deutschland praktisch unmöglich ist ein Spielfeld zu eröffnen“.
„Das ist deren Problem! Wir konzentrieren uns vorerst auf diesen ominösen Verband, der da vor sich hindämmert. Das scheint mir die heißeste Spur zu sein“: beschließe ich diese kleine Runde. Es ist jetzt kurz vor fünf und ich will meinen Feierabend genießen, für heute haben wir ja genug ermittelt. Wenn uns die Franzosen morgen noch mit weiteren Infos versorgen sind wir der Lösung des Falls
schon wieder einen Schritt näher gekommen. Jetzt ist jedenfalls Dienstschluss und wir gehen nach Hause. Ich schlänge mich durch den Feierabendverkehr und bin um 17.37 zu Hause bei meiner
Familie. Jetzt habe ich auch Muße mir mal die Zeitung durchzulesen, speziell natürlich den Artikel
über den Mordfall Krämer. Der Artikel ist natürlich alles andere als wahrheitsgemäß. Krämer war
weder rechtsradikal noch vorbestraft. Gegen ihn wurde ermittelt, aber das interessiert die Pressefuzzis natürlich nicht. Ansonsten schreiben sie nur den üblichen Mist und natürlich meinen Hinweis auf die laufenden Ermittlungen. Ich hätte auch zur Presse gehen sollen, da kann man schreiben was man will und braucht sich nicht mit der Wahrheit alleine begnügen.
Meine Frau steht natürlich über solchen Dingen und hakt es als normalen Wahnsinn ab. Wir essen zu Abend und ich erzähle ihr dann die echten Fakten. Sie hört mir nur mit einem Ohr zu und kümmert sich derweil noch um unsere drei Kinder. Mein Sohn Benjamin will natürlich wissen, ob ich ihn das
nächste Mal mitnehme zum Gotcha spielen. Soweit kommt es noch. Ich sehe schon die Schlagzeilen vor mir: Sohn eines angesehenen Polizeibeamten wird mit der paramilitärischen Szene in Verbindung gebracht.... oder so ähnlich!“
Ich gehe nach dem Abendessen sofort ins Bett, der Tag war lang und ich bin hundemüde.
Am nächsten Morgen im Präsidium muss ich zu aller erst zu meinem Chef. Ich erkläre ihm die
bisherigen
Ergebnisse und meine Vermutungen:„ Der Mörder war kein normaler Spieler,
soviel kann ich jetzt schon sagen. Krämer war da in etwas sehr diffiziles
verwickelt. Wenn sie mich fragen wurde er beseitigt, weil er zuviel wusste. In
den nächsten Tagen wäre er verhaftet worden. Es ist
anzunehmen
das sein Mörder sich dessen bewusst war und ihn deshalb aus dem Weg geräumt
hat.
Wir
werden jetzt überprüfen wer durch Krämers Aussage am meisten zu verlieren
hatte“.
„Hervorragende
Arbeit Kram. Ich werde dem Innenminister erzählen was sie für großartige
Ermittlungsarbeit
leisten.... Schon was aus Frankreich gehört?“
„Nein.
Aber Leduc wird sich bei mir melden. Die sind etwas langsamer, aber ich bin mir
sicher das
Leduc
seine Arbeit gut machen wird“.
„Na
hoffentlich machen sie es besser. Immerhin geht es hier auch um den Ruf der
deutschen Polizei, dass dürfen sie auch nicht vergessen. Wir arbeiten zwar
zusammen, aber die Lorbeeren will ich hier sehen!“
„Ich
mache meine Arbeit so gut ich kann und wenn Leduc mir den entscheidenden Tipp
gibt, dann werde ich das auch hervorheben. Ehre wem Ehre gebührt. So und damit
würde ich jetzt gerne wieder zurück an meinen Arbeitsplatz!“
Schmitt schüttelt etwas den Kopf, aber lässt es dann auch gut sein. Er würde sich mehr sportlichen Ehrgeiz bei mir wünschen, doch da muss ich ihn enttäuschen. Mir fehlt da einfach das
Fußballtrainergen.
In meinem Büro erwarten mich schon die anderen. Alle sind eifrig am diskutieren und auf einer Tafel
schreibt Schneider die Namen der Verdächtigen bzw. Involvierten auf.
Als da wären.
Karl G. Leonberg – der Geschäftspartner von Krämer.
Claude Gauche – der Chef der Bastardos. Das Hausteam in Blechring.
Gustel Hanfmann – der stellvertretende Vorsitzende des PHV
Nils Bergmann – der Pressesprecher des PHV und Moderator im Internetforum.
Didier Lamar – der französische Spielfeldbetreiber
Nach vertrautem Schema verteile ich jetzt die Arbeit. Jeder von meinen drei Spezies bekommt 1 oder zwei Personen zugeteilt um deren Lebenslauf und Verhältnisse lückenlos zu durchleuchten. Bei so schillernden Figuren wird sich da bestimmt was finden. Den Franzosen lassen wir erst mal außen vor.
Dafür gibt es ja Leduc und seine Leute. Für den schreibe ich die wichtigsten Ermittlungsergebnisse
auf und sende sie ihm per Email zu. Bis ich das alles gemacht habe vergehen 3 Stunden, also Zeit
was anständiges zu frühstücken. Ich lade meine drei Kollegen ein und wir gehen zusammen in ein
Café an der Saar. Das Wetter ist optimal für so ein Freiluftdiner und es plaudert sich auch viel
angenehmer.
Ich bestelle mir einen „strammen Max“ mit Käse und einen Milchkaffee. In der Art ordern auch die
anderen drei etwas. In relativ lockerer Atmosphäre erzählen sie mir was sie noch so
rausbekommen haben. Eigentlich nicht viel.
Hanfmann ist der Chef von OCP. Dem größten Händler weit und breit. Zumindest nach eigenen
Angaben. Das Unternehmen ist zu 95% vom Handel mit Paintballartikeln abhängig. Die
Unternehmenslage ist seit 2000 sehr angespannt. Hanfmann hat bisher fast im Alleingang das Geld aufgetrieben um diese ominöse Sammelklage zu führen. Gebracht hat es ihm und den anderen
allerdings gar nichts. Genau wie Krämer hat auch er sehr viel Geld in den Sand gesetzt mit
Spielfeldern, die zugemacht wurden. Die Big Games waren für beide sehr wichtige Einnahmequellen.
Wenn diese Sparte wegbricht wäre das ein empfindlicher Einkommensverlust. Hanfmann kommt als Täter allerdings überhaupt nicht in Frage, er war auf einer Geschäftreise im Ausland und kam erst Sonntag Abend in Frankfurt an.
Bergmann ist erst 23 Jahre alt und BWL-Student. Er hatte nur über den Verband Kontakt zu Krämer
und auch keine hohe Meinung von ihm. Die Diskrepanzen im Verband waren wohl etwas zu groß
geworden. Scheinbar war Bergmann sehr motiviert an die Arbeit gegangen und musste im Laufe der Zeit feststellen, dass die anderen im Vorstand eigentlich nicht viel machen konnten oder wollten. Ein typisches Problem in allen Vereinen.
Über Claude Gauche gibt es gar nichts neues zu erzählen. Außer seinem Club hat er nichts. Seine
ganze Energie steckt er in diesen Sport und ansonsten gibt es über ihn nichts zu erzählen.
Wir debattieren weiter und dann gehen wir zurück ins Büro. Schneider und Schröder gehen auf die Pirsch und nehmen sich jetzt jeden einzelnen Spieler vor, der hier im Saarland lebt.
Meine Kollegin und ich durchstöbern derweil die Konten und Geschäftsberichte von KSL. Außerdem laden wir Leonberg vor. Er soll sich bei uns melden und die Steuergeschichte erläutern.
Dazwischen ruft mich Leduc an.
„Hier Kram“
„Guten
Tag Herr Inspektor. Hier spricht Leduc. Also nachdem ich ihre Unterlagen
studiert habe sind wir auch mal etwas näher an Mr. Lamar gerückt. Er wird
gerade verhört. Offensichtlich liegt bei diesen
Leuten
einiges im Argen. Ob das mit dem Mordfall zu tun hat weiß ich nicht, aber das
spielt auch keine Rolle. Dann machen wir eben ein extra Verfahren auf.
Insgesamt kann ich ihnen von hier aus nicht viel weiter helfen. Krämer war fast
nie hier. Nur zu den Big Games. Wir überprüfen noch die
Nachbarschaft
und dann melde ich mich wieder bei ihnen!“
„Ja gut.
Machen sie das. Bis dann!“
Ich lege
wieder auf und schaue zu Sabine:„ Also das wird immer bunter. Der Franzose
wird gerade
verhört.
Scheinbar war das auch so ein Steuerhinterzieher“.
„Na ja
in Frankreich ist das auch keine Seltenheit. Dummerweise wird das da drüben
noch härter bestraft als bei uns! Bin mal gespannt was Leonberg uns zu erzählen
hat. Am Telefon war er
jedenfalls
ziemlich nervös!“
Ich durchforste jetzt erst mal die Akten von Herrn Jonas, dem Steuerfahnder. Krämer war seit einem Jahr auf deren Liste und wurde gefilzt. Jede Kontobewegung seit Januar 2000 ist vermerkt und kommentiert. Auf den ersten Blick ist alles in Ordnung. Das Konto existierte schon seit Jahren und war vorher ein Vereinskonto, lief jedoch immer auf den Namen Krämer. Dann wurden plötzlich größere Geldbeträge eingezahlt. Alles für den angestrebten Prozess bzw. ein Gutachten. Da fällt mir ein, ich habe diese ominöse Schriftstück ja schon auf meiner Festplatte. Während ich weiter in den Akten der Steuerfahndung stöbere, drucke ich das besagte Dokument aus. Dann ziehe ich es mir zu Gemüte und muss etwas lachen. Nicht wegen des Inhaltes, sondern wie das ganze hinter den Kulissen
ausgeheckt wurde.
Laut meinen Unterlagen gibt es grob gesagt zwei Arten von Gotcha. Einmal das ursprüngliche Gotcha in Armeekleidung und draußen im Wald. Diese Variante ist eigentlich sehr verpönt und schuld am schlechten Ruf des Spiels als Kriegsspiel.
Die zweite Variante ist das sogenannte Paintball / SubAirball auf einer Wiese mit Plastikdeckungen
So spielen die Leute auf Turnieren und Ligatagen. Natürlich mit Sportkleidung und ohne jeglichen Ansatz zu militärischen Übungen. Und jetzt kommt die Ironie der ganzen Geschichte, Krämer
veranstaltet in Frankreich riesige Kriegsspiele um ein Gutachten zu finanzieren das beweisen soll, dass Paintball kein militantes Kriegsspiel ist und keine Aggressionen fördert.
Ein Witz
wenn es nicht so traurig wäre. Ich erzähle Sabine davon und auch sie schüttelt
ungläubig den Kopf. „Das ist beinahe so als ob jemand Crack verkauft um
damit ein Gutachten zu bezahlen das beweisen soll, dass Haschisch nicht
vergesslich macht!“: lästert sie.
Kurz darauf kommt Leonberg zu uns. Er ist ja bestellt worden um sich von uns etwas „ausquetschen“ zu lassen.
„Herr Leonberg, sie wissen weshalb wir sie gerufen haben!“: sage ich mit strengem Unterton wie ein Lehrer in der Schule.
„Ähh wegen des Mordfalls nehme ich an“: antwortet er etwas verwirrt.
„Nehmen sie bitte Platz!“: befehle ich ihm dezent.
Er setzt sich hin und wir rattern das übliche Prozedere ab. Name Geburtstag und Wohnort, danach die grobe Beschreibung der Beziehung zum Opfer.
„So Herr
Leonberg, jetzt erzählen sie mir doch mal etwas über die Arbeit ihres Partners
für den
Verband!“
„Äh sie
meinen den Paintballverband... also Christian war der Geschäftsführer, aber der
Verband war seit etwa 9 Monaten nicht mehr richtig aktiv. Die rechtliche Lage
hatte sich stabilisiert und ein weiteres Vorgehen nicht nötig!“
„Aber
vorher waren sie doch fleißig am Werk für diesen Verband, oder?“
„Wir,
also Christian hat sich da anfangs reingekniet und einen Anwalt besorgt und ...
zum Beispiel bei anderen Verbänden etwas PR-Arbeit geleistet!“
„ und Geld gesammelt für ein Gutachten. Wissen sie noch wie viel das damals war“: unterbreche ich ihn.
Leonberg zuckt zusammen und er beginnt zu schwitzen.
„Ich kann es ihnen gerne sagen, falls sie es nicht mehr wissen. Es waren fast 142000 DM. Etwa die Hälfte davon haben sie in Frankreich verdient, ohne dafür Steuern zu zahlen!“
Jetzt wird
er Leichenblass und meint dann kleinlaut:„ Sie können mir nichts nachweisen
oder
vorwerfen. Das war alles Christians Idee!“
„Was war Krämers Idee? Die Sache mit dem Gutachten oder die Steuerhinterziehung.... Sie brauchen gar nicht so unschuldig tun. Sie haben bestimmt von alledem gewusst und auch mitgemacht. Jetzt erzählen sie mal!“: fordere ich ihn auf.
„Ähmm
ich verweigere die Aussage, weil weil weil ich mich nicht selbst belasten muss.
So! Genau... ich mache von meinem Recht gebrauch zu schweigen und will mit
meinem Anwalt telefonieren!“
„Wie sie
wollen Herr Leonberg.... Ich stelle sie gerne durch und sagen sie ihrem Anwalt,
er soll ihnen Waschzeug und Klamotten mitbringen ... für ihren Aufenthalt in
der U-Haft.... Sie brauchen MIR gar nichts erzählen. Hier ... ( ich hebe den
Ordner von der Steuerfahndung hoch ) drin steht genug. Sie haben in Blechring
mit den Big Games sehr viel Geld verdient und keinen Pfennig versteuert, weder
in Frankreich noch hier. Sie und ihr Partner wären in den nächsten Tagen
verhaftet worden.... Wollen sie mir nicht doch lieber erzählen was da los war
oder erst später dem Untersuchungsrichter?“
„Ich verweigere die Aussage und möchte jetzt mit meinem Anwalt sprechen“: bekomme ich zur
Antwort.
Sabine bekommt von mir einen Wink und dann bringt sie Leonberg hinaus. Er ist nicht mal dumm gewesen. Alle Dokumente beziehen sich auf Krämer. Ihm kann nicht viel passieren. Er kann alles abstreiten und keiner kann ihm das Gegenteil nachweisen. Der Einzige der 100% dafür gerade stehen müsste wäre Krämer, aber der ist tot..... und kann nichts mehr erzählen. Ob sein Partner ihn ermordet hat um sich dieser tickenden Zeitbombe an seiner Seite zu entledigen? Immerhin kann man ihn nicht mehr dafür belangen, Krämer nimmt, so gesehen, die Alleinschuld mit ins Grab. Ein sicheres Endlager für die Probleme anderer Leute.
Ich gehe auf und ab in meinem Büro. Sabine kommt zurück und will wissen wie es weiter geht.
„Wir
behalten ihn erst mal hier. Ruf den Haftrichter an wir brauchen was
Schriftliches für den
Rechtsverdreher!“
Sie geht und lässt mich alleine mit meinen Gedanken. Das Motiv für den Mord zu finden ist der
Schlüssel zur Lösung. Leonberg hätte einen Grund sich zu freuen, aber andererseits hat er die ganze Zeit an seinem Stand die Leute bedient. Er kann Krämer nicht ermordet haben, aber er weiß vielleicht wer der Mörder ist. Vielleicht war es ja ein Komplott.
Den Rest des Tages lese ich mir die Unterlagen durch und suche nach Namen und Hinweisen. Aber so richtig passen tut da gar nichts. Leduc klingelt dann noch kurz vor Feierabend durch und verwirrt mich noch mehr. Der Spielfeldbesitzer ist in seinem Dorf der meistgehasste Mann. Es gab schon mehrere Prozesse gegen ihn und jeder im Ort würde das Spielfeld lieber heute als morgen
geschlossen sehen. Besonders wegen der Big Games jeden Sommer. Das waren dieses Jahr 6 Wochenenden mit Lärm und Tumult. Die Nachbarn haben schon alles versucht das Feld zu schließen, aber dieser Lamar ist aalglatt und man konnte ihm nie etwas nachweisen. Bis jetzt. Die Franzosen haben ihn nun am Wickel wegen Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung mit organisiertem Charakter. Leduc erzählt mir, dass dieser Lamar nur eine Putze und eine Sekretärin beschäftigt und die wohlgemerkt auch nur halbtags. Wer macht denn da die ganze Arbeit? Das Feld ist viel zu aufgeräumt und renoviert, irgendwer muss das ja alles mal gemacht haben. Die Fahnder wälzen jetzt erst mal die Bücher des Franzosen und bisher sieht es nicht gut für ihn aus. Das ist zwar ein schöner Nebeneffekt, doch mir hilft es nicht wirklich weiter. Um den Mordfall aufzuklären brauche ich etwas mehr als eine
Untersuchung durch das Finanzamt und der Gewerbeaufsicht. Allerdings werden die bestimmt auch einiges an Informationen zu Tage fördern.
Den Rest des Tages widmen wir uns den Formalitäten, die uns durch Leonberg aufgehalst werden.
Wir überprüfen alle Zeugen, die ihm ein Alibi geben und laden alle zur Vernehmung. Mein Chef stärkt mir den Rücken und unterschreibt alles was ich will. Der Minister ist ebenfalls sehr zuvorkommend und rollt uns viele bürokratischen Steine aus dem Weg. Wir lassen jeden vorladen, der auch nur im entferntesten mit Krämer in Verbindung gestanden hat. Leonberg wird von vier Personen entlastet, jedoch nur indirekt. Keiner hat ihn wirklich die ganze Zeit beobachten können. Eine kleine Pinkelpause kann auch ein Abstecher zu seinem Partner gewesen sein. Also gehen wir anderen Spuren nach. Wer profitiert am meisten von seinem Tod. Ein Konkurrent vielleicht oder ein allzu ehrgeiziger Verbandskollege. Den ersten den wir in dieser Richtung ermitteln ist der Pressefuzzi des PBV, dieser Bergmann aus Offenbach.
Er wird von Kollegen aus Hessen abgeholt und zu uns gebracht, anschließend direkt von uns verhört.
„So Herr
.. Bergmann. Dann erzählen sie mal was sie mit der ganzen Sache zu tun haben!“
„Ich habe mit all dem nichts zu tun. Das war von Anfang an alles die Idee von Krämer. Der hat das alles veranlasst“: rechtfertigt er sich sehr unbeholfen.
„Wir haben doch noch gar nicht erzählt welche Sache wir überhaupt meinen!“: sage ich und schüttle amüsiert den Kopf. Bergmann wird knallrot. Er ist noch ein ziemliches Milchgesicht. Schließlich ist er ja auch erst 23 und hat wohl noch nie mit der Polizei zu tun gehabt. Er fängt an zu stammeln und blickt nach allen Seiten, sein Blick sucht vergebens einen Halt.
„Ich
habe erst vor ein paar Wochen davon erfahren. Krämer hat die Hauptversammlung
immer weiter raus geschoben und die Kassenprüfung ebenso. Da bin ich
misstrauisch geworden. Aber mit dem Mord hat das nichts zu tun. Das war
bestimmt dieser Schäfer!“
„Wer ist
Schäfer, den Namen höre ich zum ersten Mal!“
„Der hat
vor drei Jahren mit Krämer zusammengearbeitet und ist dann vom Krämer und Lamar
abserviert worden. Krämer hat mir die Story vor etwa einem Jahr erzählt.
Schäfer hat ganz schön Stress gemacht deswegen!“
„In wie
fern hat er denn mit Krämer und Lamar zusammengearbeitet?“
„Das war
so, Krämer war vorher auf einem anderen Spielfeld und das lief nicht so
besonders. Schäfer und seine Kumpels sind dort irgendwann mal aufgetaucht und
haben schnell mitgemischt. Krämer war damals heilfroh deswegen. Sein Club war
schon ziemlich am ende und die neuen Leute kamen ihm gerade Recht. Er hat sie
in den Vorstand gebracht, weil Schäfer in Aussicht gestellt hat, den Club und
KPL, nach Blechring zu überführen. Das war damals noch eine ziemliche Ruine und
kommerziell
gesehen
eine Nullnummer. Kurz danach hat Schäfer seinen Job an den Nagel gehängt und
ist in Blechring voll eingestiegen. Er hat zusammen mit den anderen dort alles
aufgebaut. Leider war er etwas zu gut in seinem Job und nach etwa einem Jahr
hat ihn Krämer abgesägt. Dadurch war der Gewinnanteil an den Big Games
wesentlich höher. Zumindest hat Krämer es so geplant. Der Franzose war da aber
ganz anderer Ansicht und hat von da an den Löwenanteil einkassiert. Krämer und
die Bastardos hatten danach kaum mehr als vorher, zumindest was das Finanzielle
anging. Die Arbeit hat der Franzose natürlich auf sie abgewälzt.
Dieser
Lamar ist eh ein geldgeiles Stück, so was ist mir noch nicht untergekommen. Der
hat die
höchsten
Preise weit und breit und vercheckt nur Mist. Krämer hat sich deswegen immer
furchtbar aufgeregt. Jedenfalls hat Schäfer es den beiden nie verziehen, dass
sie ihn so über den Tisch
gezogen
haben. Er war es bestimmt!“
„Das war
jetzt eine sehr lange Gesichte und eine interessante obendrauf. Sagen sie mal
Herr
Bergmann
um wie viel Geld ging es denn damals?“
„Ich
glaube so um die Zehntausend Mark. Das war die Summe für das Material das
Schäfer bezahlt hat. Das wollte er von Lamar zurück haben. Immerhin benutzte
der es ja fleißig! Aber Schäfer hat keinen Pfennig bekommen und seine beiden
ehemaligen Partner haben danach den Reibach gemacht!“
„Meinen
sie wirklich das jemand wegen 10000 Mark nach drei Jahren einen anderen
Menschen umbringt. Das glaube ich nicht. Es gäbe ungefährlichere Methoden
solchen Leuten das Leben zur Hölle zu machen. Lassen sie es gut sein Herr
Bergmann. Wir unterhalten uns lieber noch etwas über ihren Verband. Da geht es
auch um 14 mal so viel Geld und das ist auch erst 1 Jahr her. Also wie war das
damals. Lassen sie mich mal erzählen. Krämer verhökert in Frankreich jede Menge
Zeugs und das Geld wird für den Rechtsstreit ausgegeben. Doch das geht alles
schief und am Ende geht es nur noch darum, den Scherbenhaufen unauffällig unter
den Teppich zu kehren, stimmt’s oder hab ich Recht.“
„Ähh ... ja so kann man es sagen. Aber das war alles nur Krämers Schuld. Statt offen und ehrlich mit mir zusammen zu arbeiten, hat er nur gemauschelt und alles versaut. Ich und mein Team haben alles getan damit die Sache klappt und Krämer, dieser Idiot!“: erregt sich Bergmann und schlägt mit der Faust auf die Armlehne des Stuhls. Dann hält er inne und blickt verlegen auf den Boden. Ich sehe meine Kollegen an und wir nicken alle. Da sitzt unser Kunde.
„Sagen sie mal Herr Bergmann hat eigentlich niemand in der Szene Verdacht geschöpft oder mal nachgefragt wo das Geld geblieben ist?“: setzt Schröder gleich nach um Bergmann schön am Kochen zu halten.
„Ja verdammt, ständig musste ich mir neue Ausreden einfallen lassen. Ich hab den Karren aus dem Dreck gezogen, wenn ICH nicht gewesen wäre... Krämer hat die Kohle eingesackt und mir die ganze Arbeit überlassen. Sein Partner Leonberg hat sich auch dauernd eingemischt und überhaupt. Ich bin froh das dieser Mist jetzt endlich rum ist. Was denken sie, kann man mir wegen der Verbandsfinanzen etwas anhängen? Ich meine, wegen meinem guten Ruf. Ich will unbedingt weiter an dieser Sache arbeiten und möchte nicht in Verbindung gebracht werden mit einem Finanzskandal“: redet Bergmann etwas erregt weiter. Auf mich macht er den Eindruck eines karrieregeilen Remplers, der sich in der Szene einen Namen machen will. Als Retter des Sports oder so.
Jetzt macht Sabine weiter, ich blicke zu ihr und höre mir Genuss zu.
„Sie
haben also Bedenken und Sorgen wegen ihres guten Rufes. Demnach hat Krämer sie
ziemlich in Verlegenheit gebracht. Immerhin mussten sie ja immer seine
Unzulänglichkeiten erklären. Das ist auf die Dauer bestimmt sehr frustrierend!“
„Und ob.
Wenn dieser Idiot seine Arbeit richtig gemacht hätte dann ....“
„Was dann Herr Bergmann. Wäre er dann noch am leben oder was wollen sie da gerade sagen“: fahre ich ihn an. Mich kotzt dieser Typ an. Der würde alles tun um sich zu profilieren und macht sich mehr Sorgen um seinen Ruf in der Szene, als um seinen Kollegen Krämer.
Bergmann wird noch roter und klammert sich an die Armlehnen.
„Ich war nicht in Blechring. Ich war das nicht!“: rechtfertigt er sich ungeschickt und unsicher. Das ist unser Mann, dessen bin ich mir sicher. Warum sollte er sonst so unsicher reagieren. Er hat ein Motiv und wäre in der Lage Krämer zu erschlagen. Meine drei Kollegen sehen abwechselnd auf mich und Bergmann.
„Herr Bergmann, ich glaube sie erzählen uns jetzt mal der Reihe nach wo sie am Sonntag waren und wer das bezeugen kann!“: sage ich zu ihm.
„..Ich
ich ... ich will sofort mit meinem Anwalt sprechen. Ich sage kein Wort mehr
ohne Rechtsbeistand!“
So endet auch dieses Verhör. Noch am selben Abend sitzt er im gleichen Zellentrakt in dem auch
Leonberg sitzt. Ich komme daher etwas zu spät zum Abendessen, was meiner Frau die Laune
verdirb. Damit muss man als Polizist leben können. Für mich war der Tag insgesamt sehr erfreulich, jedenfalls bin ich der Lösung schon sehr nahe. Alles was ich noch tun muss, ist beweisen, dass
Bergmann zur Tatzeit in Blechring war. Vielleicht finden die Franzosen ja etwas auf den Gasflaschen...
Ich liege schon im Bett und grüble immer noch, wie ich meinen Hauptverdächtigem weich kochen
kann. Es gäbe da ja einige Möglichkeiten um ihm ein Geständnis zu entlocken. Mal sehen,... wie das weiter geht.
Der nächste Morgen fängt gleich rosig an. Meine Frau will morgens Sex machen und danach
duschen. So beginnt ein schöner Tag für meine Begriffe. Im Büro erwartet mich schon mein Chef und
der Innenminister. Beide gratulieren mir und meinen Leuten zu der schnellen Lösung des Falls. Ich dämpfe die Euphorie zwar nur ungern doch entschieden. Angeblich haben Bergmann und Leonberg ein Alibi und ohne richtige Beweise kann man weder dem einen, noch dem anderen die Tat nachweisen.
Doch das stört die beiden nicht besonders. Alles deutet für sie darauf hin, dass Bergmann es war.
„Herr
Minister, lassen sie uns den Fall erst mal zu ende bringen, bevor wir in Jubel
ausbrechen. Wir werden bestimmt noch einiges untersuchen und ermitteln müssen,
bevor der Täter überführt ist“.
„Sie machen das schon Herr Inspektor“: meint der Minister. Ich verabschiede mich von den beiden und koordiniere das weitere Vorgehen dieser Untersuchung. Schneider und Schröder sichten weiterhin die Unterlagen und suchen nach Ungereimtheiten. Sabine und ich durchstöbern das Internet nach Informationen. Wir suchen nach allen Daten, die von Wert sein könnten. Wer ist wie aktiv, was macht die Szene, wer ist die Szene und wie wirkt sich Krämers Tod aus.
Eine mühevolle und zeitraubende Arbeit. Es gibt eigentlich nur eine Handvoll echte Paintballhändler. Diese teilen sich den Markt, KPL war in den letzten Jahren schnell gewachsen und durch die Big Games sehr bekannt geworden. Alles in allem ein erträgliches Geschäft. Die Ligen, die bestehen sind allerdings nicht vom Verband gesteuert. Es gibt insgesamt 5 Ligen. Einmal Ost, Süd, West und Nord und dann noch eine irreguläre Pumpgun-Liga. Jede Liga wird von einem Team betreut und es gibt einen Hauptsponsor aus der Paintballszene. Andere Sponsoren sind fast nicht auszumachen. Fast alle Ligaspieltage werden im Ausland oder in amerikanischen Kasernen ausgetragen. Auf deutschem
Grund und Boden eigentlich überhaupt nicht. Das liegt wohl an der Rechtssprechung.
Jetzt wird’s interessant, dieser Bergmann leitet nebenbei in Offenbach eine Paintballhalle, namens
„Farbwerke Offenbach – Team frozen Steelpanthers“
Die Halle hat etwa 1700 m2 und man höre und staune ist öffentlich. Scheinbar nimmt es der Pressesprecher nicht ganz so genau mit den Verwaltungsauflagen. Man kann bei ihm sogar Ausrüstungen ausliehen obwohl er keine Lizenz dafür besitzt. Mehr als merkwürdig. Sabine findet noch weitere solche Ungereimtheiten beim durchforsten diverser Internetseiten.
Sie erklärt mir auch weshalb die Deutschen so gerne im Ausland spielen. Es liegt einfach an den
besseren Bedingungen. Dort dürfen sie fast 50% schneller schießen und brauchen sich keine Gedanken machen wegen der strengen Gesetze in Deutschland. Daran ändert sich eigentlich gar nichts wenn Krämer weg ist. Die Probleme sind immer noch die gleichen. Im Prinzip kommen wir immer wieder auf Bergmann bzw. dessen Organisation. Krämer war einfach reif für den Abschuss, er hat Geld gesammelt und damit den Weg für die Entwicklung des Sportes geebnet. Jetzt beginnt er zu stören. Durch seine paramilitärischen Großveranstaltungen schadet er dem Ruf der gesamten Szene und verhindert eine glaubwürdige Präsentation durch die anderen Aktivisten. Alle Spuren gehen in diese Richtung.
Beim Mittagessen debattiere ich das ganze mit den anderen. Bergmann hat ein Alibi, seine Teamkollegen haben mit ihm in den „Farbwerken“ trainiert. Wir müssen ihn also wieder laufen lassen.
Das wird Schmitt und den Minister zwar nicht gefallen, aber wenn er es nicht war, dann war es eben nicht!
Das katapultiert uns fast wieder an den Anfang.
„Chef vielleicht sollten wir und mal das andere Spielfeld in Frankreich ansehen. Vielleicht hat die französische Konkurrenz etwas damit zu tun. Immerhin hat Krämer ja auch denen geschadet. Dieser Leduc kann doch da mal was machen“: schlägt Schröder vor.
„Der macht das schon und wird uns Bescheid geben wenn er fündig geworden ist. Im Moment nehmen sie erst mal diesen Lamar auseinander“.
„Ob wir uns nicht mal diesen Schäfer vornehmen sollten. Immerhin hätte er ein Motiv“.
„Es gab
keine einzige Aussage, dass er vor Ort gewesen ist. Ich bin sicher das seine
Anwesenheit von den Beteiligten registriert worden wäre. Aber überprüfen können
wir trotzdem. Mal sehen was der zu erzählen hat“.
Genauso machen wir dann auch weiter. Schneider ermittelt die Adressen von Schäfer und zwei anderen Vereinsmitgliedern, die vor drei Jahren mit Krämer zusammengearbeitet haben.
Einer heißt Jonas Sprengler und Michael Probst und eben noch Tobias Schäfer. Sie werden von uns vorgeladen und erzählen alle das gleiche.
„Also Herr Schäfer. Ihr ehemaliger Partner Krämer ist tot, was fällt ihnen dazu ein?“: leite ich die Vernehmung ein.
„Wie ist
das denn passiert, wer hat ihm denn den Hals rumgedreht. Lamar oder Leonberg?“
„Wieso
sollten die das machen?“
„War es
denn ein Unfall? Wohl kaum, sie sind von der Mordkommission. Da war es wohl
auch ein Mord. Gründe dafür fallen mir auch einige ein. Bestimmt ging es um
Ungereimtheiten mit viel Geld und/ oder verschwundenen Unterlagen. Das sind
Krämers Spezialitäten, so hat er bei uns auch gemauschelt!“
„Er war
in ihrem Verein Schatzmeister. Wie war da so ?“
„Eine
einzige Katastrophe. Der war unheimlich UN. Unzuverlässig, Unehrlich, Unsozial,
und unheimlich untreu. Wenn sie mich fragen hat ihn sein Partner umgelegt.
Leonberg hatte wohl einfach die Nase voll von Krämers krämerei. Wundern würde
es mich jedenfalls nicht!“
„Und was
ist mit ihnen? Haben sie nicht auch ein starkes Motiv. Immerhin haben wir mal
ermittelt was damals vorgefallen ist! Wie sieht’s aus Herr Schäfer, haben sie
nicht immer noch etwas gegen ihn gehabt?“
„Das ist
jetzt schon über zwei Jahre her, aber es stimmt schon. Als ich mitbekommen hab
was er danach noch für Aktionen abgezogen hat, ist mir echt ganz anders
geworden. Kaum hatte er sein Amt als Schatzmeister niedergelegt und die
Mitgliedschaft beendet war er Geschäftsführer des
Bundesverbands.
Ein Hohn in meinen Augen. Angeblich hatte er ja keine Zeit mehr für ein
Ehrenamt und die Spielerei. Aber bei denen muss er genauso Mist gebaut haben
wie bei uns. Der PBV hat seit Gründung noch keine Hauptversammlung
durchgeführt. Ich verfolge ja immer noch was da so abgeht und kann nur den Kopf
schütteln vor soviel Frechheit. Da sollten sie mal ermitteln, es dürfte schwer
sein nichts zu finden was strafbar ist!“
Ich lache und nicke ihm zu.
„Sie
wissen ziemlich viel, sind sie denn noch aktiv in der Hinsicht?“
„Ja
natürlich. Ich habe neue Partner gefunden und werde mit denen was neues
aufbauen. Hab da schon viele Ideen!“
„Also
nützt ihnen Krämers Tod. Oder wie darf ich das verstehen?“
„So
gesehen schon, aber es ist nicht mehr wichtig. Krämer hätte ihm nächsten Jahr
das Nachsehen gehabt. Es gibt mittlerweile vier Anbieter in diesem Bereich. Die
goldenen Zeiten sind vorbei.
Auch der
Franzose hat das schon gemerkt. Wenn sie mich fragen wird der Tod von Krämer
einiges in der Szene verändern. Bestimmt wird Bergmann versuchen das Ruder an
sich zu reißen und schnellstens die desolate Lage stabilisieren. Sonst bricht
der Deutsche Markt für immer ein“.
„Wenn
sich das bewahrheitet was wir bisher ermittelt haben ist es schon 5 nach
zwölf“.
„Oder
so. Haben sie noch mehr Fragen an mich? Wie ist er eigentlich gestorben und
wo?“
„Ich
dachte das wüssten sie schon aus dem Internet“.
„Bedaure
nein. Hab seit zwei Wochen nicht mehr in die Foren geschaut. Normalerweise
passiert da nicht so viel. Alles was ich weiß ist, dass KPL am Wochenende ein
Big Game veranstaltet hat“.
„Das ist
korrekt. Am Sonntag wurde er erschlagen. Während des Spiels. In der Küche, im
Keller. Kennen sie das Gelände in Blechring noch?“
„Ja
klar. Hab ja lange genug dort gerackert. Im Keller von der Küche. Eigentlich etwas
unpassend. Die liegt normalerweise immer im Brennpunkt des Geschehens. Der
Mörder muss sehr schnell gewesen sein. Ansonsten wäre es aufgefallen“.
„Hmmh, es waren über 330 Personen auf dem Spielfeld. Keiner hat was gesehen. Zumindest nichts wichtiges. Wie würden sie denn vorgehen, wenn sie dort jemanden schnell umbringen müssten“: frage ich Schäfer.
„Man
müsste ihn betäuben und dann schleunigst die Kellertreppe hinunterwerfen.
Normalerweise geht keiner in den Keller. Zu dunkel und zu feucht. Einmal dort
angekommen kann man sich etwas Zeit lassen. Um jemanden zu Betäuben gibt es
mehrere Möglichkeiten. Aber nur eine wäre wirklich praktikabel“.
„Hmmh... stimmt. Die anderen wären zu umständlich. Na ja, die Untersuchungen dauern ja noch an. Wir finden schon noch raus wie es genau abgelaufen ist. Eine Frage noch Herr Schäfer, wo waren sie am Sonntag Mittag von 13.00 bis 15.00 Uhr?“: möchte ich als letztes von ihm wissen.
„Das
kann ich ihnen gerne beantworten. Ich war bei einer Veranstaltung der Gemeinde
in der ich wohne. Das können der Bürgermeister und der Ortsvorsteher
bestätigen. Vorher war ich zu Hause und die Veranstaltung ging von 13.30 bis
19.00 Uhr“.
„Ist in
Ordnung Herr Schäfer. Wenn ich noch etwas von ihnen wissen will, werde ich mich
melden!“.
Er nickt und geht dann. Die Aussagen seiner Bekannten bestätigen seine Angaben.
Es ist jetzt kurz vor 17.00 Uhr und ich reibe mir müde die Augen. Leduc hat mir noch eine Email geschickt und den Stand der Dinge zusammengefasst. Lamar wird wohl wegen Steuerhinterziehung, Schwarzarbeit und Veruntreuung angeklagt werden. Er sitzt bereits in U-haft, ebenso seine Schwester und sein Buchhalter. Scheinbar stecken alle unter einer Decke. Die Ermittlungen bei den Konkurrenten in Frankreich waren erfolglos. Alle haben Alibis und sind auch nicht wirklich im Vorteil durch Krämers Tod. Die Ermittlungen gegen Lamar sind denen wesentlich lieber.
Die Untersuchungen der Gasflaschen ist erfolgreich gewesen. Man hat Blutspuren auf einer Flasche entdeckt und auch Fingerabdrücke. Allerdings mehr als einen. Deshalb ist sie als Beweiß
unbrauchbar. Jeder halbwegs versierte Rechtsanwalt lässt dieses Beweißstück in der Versenkung
verschwinden.
Zu allem Überfluss kommt jetzt auch noch mein Chef zu mir ins Büro. Kurz vor Dienstschluss natürlich. Er ist ungehalten über die schlechte Entwicklung des Falls und mokiert sich darüber. Als ob ich was dafür könnte.
So endet auch dieser Arbeitstag im Leben eines Polizeibeamten und ein weiterer in Freiheit für einen Mörder.
Einer etwas unruhigen Nacht folgt ein ebenso unruhiger Tag. Schröder hat sich krank gemeldet und Schneider wird von meinem Chef auf einen anderen Fall angesetzt. Kein besonders netter Zug von Schmitt. Also bleibt alles an mir und Sabine hängen.
Wir schreiben auf einem Flipchart alles auf, was wir bisher wissen.
Dann spielen wir das ganze aus deren Sichtweise durch. Wir sind der oder die Mörder und wollen Krämer umbringen. Um das ganze etwas besser zu realisieren fahren wir nach Blechring um vor Ort die Gegebenheiten in Augenschein zu nehmen.
Der ganze Vormittag geht dabei drauf. Im Anschluss setzen wir uns ins das Gasthaus, welches gegenüber, auf der anderen Straßenseite liegt. Dort diskutieren wir dann bei einem deftigen Mittagessen wie es gewesen sein könnte.
„Also für mich ist der Fall klar. Der Mörder kommt ganz normal als Spieler an und mischt sich unters Volk. Er wartet in der Küche auf die Gelegenheit Krämer zu betäuben und dann zu erschlagen. Das fällt so erst mal keinem auf. Er ist als Spieler völlig unauffällig und niemand bemerkt etwas. Nach der Tat gibt er den Markierer ab, weil defekt. Er erhält einen Neuen und spielt einfach weiter. Niemand würde Verdacht schöpfen. Dann verschwindet er einfach auf der anderen Seite des Spielfelds durch den völlig verrosteten Zaun und flüchtet in den Wald. Irgendwo steht sein Fluchtwagen mit dem er das Dorf verlässt.“: erklärt mir Sabine ihre Theorie. Ich stimme ihr zu. Aber das würde bedeuten, dass hier jetzt ein Markierer fehlt und woanders einer zuviel ist. Derjenige der den Markierer hat ist demnach der Mörder. Vielleicht ist der Markierer auch noch hier auf dem Spielfeld. Irgendwo in eine Ecke geworfen und beseitigt. Möglichkeiten eine Waffen zu verstecken gäbe es ja genug.
Ich rufe Leduc an und frage nach, ob es möglich wäre das mal überprüfen zu lassen. Auch würde es mich interessieren ob alle Waffen hier vollzählig sind. Wenn eine fehlt wäre das ja ein Beweis das Sabine mit ihrer Theorie Recht hat.
Nach etwa 1 Stunde bekomme ich Leducs Rückruf. Er bestätigt unsere Vermutung. Ein Markierer fehlt tatsächlich. Es ist zwar nicht die Mordwaffe, aber der Ersatz für diesen.
Ich erbitte mir dann von Leduc noch, dass er dafür sorgt, dass das Spielfeld gründlich untersucht wird. Dann fahren wir wieder zurück nach Deutschland. Jetzt wird auch hier die Suche nach einem bestimmten Paintballmarkierer angeleiert. Ein Musterexemplar haben wir uns von Leduc zukommen lassen. Ein Bote bringt uns einen von den Markierer, nebst detaillierter Beschreibung. Damit versorgen wir die Kollegen von der Fahndung. Die durchsuchen daraufhin das Ladenlokal von KPL sowie die Wohnungen von Bergmann, Schuster und Gauche. Das bringt aber nichts. Wir werden auch diesmal nicht fündig.
Ob das gute Stück vielleicht schon in irgendeiner Mülltonne liegt.
„Wenn der Mörder besonders dumm ist, dann verhökert er sie im Internet. Da gibt es Seiten auf denen man gebrauchte Markierer kaufen und verkaufen kann. Da sollten wir mal auf die Suche gehen“: meint Sabine. Doch auch hier Fehlanzeige. Aber wir lassen nicht locker und setzen einfach ein „Suche Inserat“ auf. Wir beschreiben den gesuchten Markierer und bieten einen hohen Preis dafür.
Wir lachen uns beide schon ziemlich ins Fäustchen bei dem Gedanken, dass uns der Mörder so auf den Leim gehen wird. Es würde jedenfalls gut ins Bild passen. Der Täter ist, wie eigentlich alle Paintballer, in Geldnöten und macht den gestohlenen Markierer zu Geld.
Drei Tage gehen ins Land. Von Leduc gibt es nur negative Meldungen. Alle Verdächtigen sind wieder auf freiem Fuß und ich bekomme Druck von oben. Dann endlich passiert etwas, jemand antwortet auf die Annonce und bietet uns ein solches Modell an. Es ist ein gewisser, Fritz. Laut seinem Profil auf der Webseite, einer aus der Wald und Wiesenszene. Alter 32 Jahre und, man höre und staune, ebenfalls Veranstalter von Paintballaktivitäten.
Zum Schein gehen wir darauf ein und schließen auf digitalem Weg ein entsprechendes Geschäft ab.
Nach zwei Tagen kommt das gute Stück bei mir zu Hause an und wird direkt zur Spurensicherung gebracht. Am nächsten Tag stellt sich heraus, dass dieser Markierer aus Blechring stammt .
Wir besuchen den Verkäufer eine Stunde später und befragen ihn dazu. Nachdem wir uns vorgestellt und den Grund unseres Besuches erläutert haben, fange ich an ihm auf den Zahn zu fühlen.
„So Herr
Gärtner. Jetzt erzählen sie uns doch mal woher dieser Markierer stammt.
Wie sind sie in seinen Besitz gekommen?“
„Ähm ja den hat mir ein Typ verkauft. Er heißt Maler, Jon Maler. Er kommt aus Bexbach. Er hat gemeint er bräuchte Geld und müsste die Waffe deshalb verkaufen. Ich wusste ja nicht das damit ein Mord verübt wurde!“: erklärt uns der Mann.
„Also
das hilft uns schon mal sehr viel weiter. Wissen sie genau wo dieser Jon Maler
wohnt. Haben sie seine Adresse in der Kartei?
„Nein,
er war zum ersten Mal bei mir. Aber ich kenne sein Gesicht aus der
Paintballzeitschrift. Er spielt bei den „Bodypaintern“, ein bekanntes
Turnierteam aus der Gegend. Die haben auch am Big Game als Sicherheitskräfte
gearbeitet, Krämer war eigentlich ihr Sponsor. Mich hat es ja gleich gewundert
warum der überhaupt so einen schlechten Markierer hat. Für einen Turnierspieler
war
dieser
Schrottkoffer völlig unbrauchbar. Fragen sie einfach bei Leonberg nach, dem
Partner von Krämer, der kann ihnen bestimmt sagen wo genau Jon Maler wohnt“.
„Vielen Dank Herr Gärtner. Das hilft uns sehr viel weiter“: bedanke ich mich bei dem Mann und beende diese Befragung. Direkt im Anschluss fahren wir zu Leonberg und besorgen uns von ihm die Adresse von Maler.
„Jon
Maler. Der spielt bei den „Bodypaintern“. Was hat der denn mit dem Mord zu
tun?“
„Das
lassen sie mal unsere Sorge sein Herr Leonberg. Wir brauchen nur seine Adresse
von ihnen!“
Ohne weitere Zwischenfragen gibt er uns die Adresse und wir fahren zu ihm. Er wohnt in der Pleitenbergstraße 2. Ein kleines Haus mit verdreckter Fassade. Auf der Klingel steht der Name ziemlich unleserlich geschrieben, Maler & Knoll. Ich klingele und nach ein paar Augenblicken geht die Tür auf. Eine junge Frau öffnet uns und stellt sich als „Frau Vera Knoll“ vor. Sie ist die Freundin von Maler.
„Frau Knoll wir kommen von der Kripo, Kram ist mein Name Inspektor Kram. Das hier ist meine Kollegin Sauer-Trumling. Es geht um Herrn Maler. Wir müssen uns mit ihm unterhalten“.
„Kommen sie herein. Er sitzt vor dem Fernseher“: meint sie und winkt uns durch.
Die Wohnung ist nicht besonders aufgeräumt, eigentlich ist es ziemlich verdreckt und unordentlich. Der gesuchte Maler liegt mitten in dieser Müllhalde auf dem Bett. Barfuss und eine Zigarette am qualmen. Neben ihm liegen eine Packung Chips, eine Schachtel Marlboro, eine Flasche Cola, ein voller Aschenbecher und die Fernbedienung.
„Ja, was
wollen sie?“: frägt er ziemlich unfreundlich.
„Ich bin Inspektor Kram, Mordkommission. Herr Maler wir würden gerne von ihnen wissen woher sie diesen Paintballmarkierer her haben“: sage ich laut und halte ihm das besagte Stück unter die Nase.
Er wird
direkt panisch und seine Mimik erstarrt zu Eis. „Woher wollen sie wissen,
dass der von mir ist?“
„Das hat
ein Herr Gärtner ausgesagt. Er sagte, sie hätten ihm diesen Markierer verkauft.
Stimmt das?“
„.....
Ja. Hey mit dem Mord an Krämer hatte ich nichts zu tun. Das war ich nicht hören
sie. Ich gebe ja zu das ich das Scheißding eingesackt habe. Ich war Marshall
beim Big Game und hab die Knarre im Gebüsch gefunden. Irgendein Depp hat das
Ding da reingeworfen und ich hab es dann an mich genommen. Kurz danach sind die
Bullen gekommen und da hab ich eben ...“
„Ein
kleines Souvenir mitgehen lassen. Verstehe. Herr Maler sie sagen, sie hätten
diesen Markierer auf dem Feld gefunden und ihn mitgenommen. Wahrscheinlich um
ihn zu verkaufen und das Geld einzustreichen. Ist das so richtig!“
„Hören
sie! Ich hab das ganze Wochenende für Krämer geschuftet und da hab ich mir mein
Gehalt etwas aufbessern wollen. Der Franzose verdient sich doch dumm und
dämlich mit diesen Big Games. Uns lässt er immer rackern für’n Appel und en
Ei“.
„Darüber haben sie sich aufgeregt und gedacht. Hey das Ding mach ich zu Geld, dann stimmt die Kasse“.
„Genau.
Die anderen haben neben der Reihe Kugeln verkauft und ich hab mir so auch
etwas von dem Kuchen angeschnitten. Schließlich haben wir bis heute keinen
Pfennig von unserem Geld gesehen. Leonberg zahlt uns nichts. Krämer ist tot und
der Franzose im Bau!“
„Na gut.
Ich will ihnen mal Glauben schenken und sie auch nicht deswegen belangen. Mit
solchen Lappalien geb ich mich gar nicht erst ab. Aber wo sie schon dabei sind.
Was lief da in Blechring ab. Wir haben schon einiges ermittelt und sind
ziemlich baff. Alles ziemlich dubios und unredlich wie mir scheint. Was sagen
sie denn zu dieser ganze Sache“.
„Wenn
sie mich fragen gibt es mindestens ein Dutzend Leute, die in Frage kommen als
Täter. Nach dieser Saison sogar noch mehr. Es könnte jeder gewesen sein mit dem
Krämer zu tun hatte.
Bergmann
steht bei mir ganz oben, wenn sie mich fragen. Oder Schäfer, der ehemalige
Partner von Lamar und Krämer. Vielleicht auch einer von Krämers Liebschaften.
Wer weiß?“
„Liebschaften.
Wer war Krämers Liebhaber. Er war ja schwul. Zumindest haben wir eindeutige
Hinweise, die das belegen“.
„Kann
ich mir vorstellen. Ich habe ihn ja mal Nachts beim Poppen mit Hanfmann
erwischt. Hinter der Scheune haben sie sich gegenseitig in den Allerwertesten
gefickt. Das die beiden Mal ein Verhältnis hatten ist ein offenes Geheimnis in
der Szene“.
„Ob der
Mörder aus diesem Milieu kommt. Können sie sich das vorstellen?“
„Möglich
ist alles. Kann auch ein unzufriedner Spieler gewesen sein. Vielleicht hat sich
Krämer einfach mit dem falschen angelegt!“
„Wie meinen
sie das?“: unterbricht Sabine den Redefluss des jungen Mannes.
„Also
ich hab da ja so meine eigenen Theorien!“
„Und die
wären“.
„Krämer
überprüft irgendeinen von den Spielern und schickt ihn raus, weil er meint er
wäre getroffen. Der Spieler ist damit nicht einverstanden und widersetzt sich,
Krämer will ihn komplett sperren und da rastet der Typ einfach aus“.
„Meinen sie wirklich das jemand wegen so was ausrastet?“
„Bei den
Big Games rennen die seltsamsten Leute rum. Da ist alles vertreten. Gotchaspieler
in BW-Sachen, Gelegenheitsspieler im Blaumann und Turnierspieler. Alles
vorhanden. Bei über 330 Personen ist bestimmt auch einer darunter, der etwas
aggressiver ist, als der Durchschnitt
Ist ja im Fußball vergleichbar. Der Typ, also der Mörder meine ich, hat
vielleicht schon die ganze Zeit kein tolles Wochenende hinter sich und ist
frustriert. Die Kugeln sind totaler Schrott, die Knarre geht nicht und außer
Spesen nichts gewesen. Da kann einem das Lachen schon vergehen, wenn man fast
200Euro hängen lässt und nichts geht wie es soll. Dann kommt auch noch Krämer
und wirft den Kerl, in dessen Augen unberechtigt, vom Platz. Ein Wort gibt das
Wort und dann gibt’s was auf die Rübe“.
Ich höre mir das alles an und nicke. Vielleicht ist das auch wirklich kein geplanter Mord, sondern einfach eine Schlägerei, die außer Kontrolle geraten ist. So was soll ja schon vorgekommen sein. Nach drei Dosen Bier und bei 25° im Schatten durchaus denkbar.
Wir verlassen Maler wieder und fahren zu Leonberg. Ich habe eine Idee.
„Schon
wieder sie beide“: stöhnt Leonberg, als wir das Ladenlokal betreten, „Was
wollen sie denn jetzt noch von mir?“
„Wir stellen hier die Fragen!“: stelle ich die Sache erst mal klar. Soweit kommt es noch, das mir dieser Typ jetzt schon so kommt.
„Können
sie sich an einen Kunden erinnern, der Grund hätte auf ihren Partner verärgert
zu sein. Vielleicht weil eine Reparatur nicht erfolgreich durchgeführt wurde,
oder weil ein Garantiefall nicht übernommen wurde?“: frage ich ihn.
„Worauf
wollen sie hinaus? Das jemand, der sich
betrogen fühlt, sich so an Krämer rächen wollte“.
„Genau.
Also fällt ihnen dazu etwas ein? Irgendjemand der sich übervorteilt vorkommt “
„Das ganze Team „Bodypainter“ , allen
voran dieser Jon Maler. Christian hat ihm einen sehr teuren Markierer verkauft
und der ging dann kaputt. Maler hat ihn hier zur Reparatur zurückgebracht, hat
aber vorher selbst schon daran rumgeschraubt. Deshalb hat er auch keine
Garantie mehr darauf bekommen. Das hat ihn natürlich sehr aufgeregt. Kurz
vorher haben die Bastardos wegen eine Paintballlieferung reklamiert.
Etwa 30
Kisten mit Kugeln. Also 75000 Schuss haben die bestellt. Sie wurden auch
geliefert und nach 15 Tagen haben sie sich beschwert, dass die Kugeln lauter
Dellen haben. Einen Tag zu spät. Nach 2 Wochen erlischt das Rückgaberecht.
Deshalb sind die Bastardos auf ihrem Schaden sitzengeblieben. Soweit ich weiß
haben sie einen Teil davon beim Big Game verkauft!“
„Hat es
deswegen keinen Ärger gegeben?“
„Ach
woher denn. Das hat Christian auch immer so gemacht. Damit der Franzose nicht
den ganzen Gewinn einkassiert, haben wir einfach noch andere Balls verkauft.
Das war ein offenes Geheimnis. Den Schrott den Lamar verkauft hat, kann man ja
keinem zumuten. Unseren treuen Kunden haben wir natürlich andere Balls
verkauft“.
„Die
Zusammenarbeit mit Lamar hat also nicht besonders gut funktioniert!“
„Nein
nicht besonders. Aber das jemand wegen so was zum Mörder wird glaube ich nicht.
Vielleicht im Affekt!“
Damit endet auch dieser Besuch. Ich lasse mir von Leonberg eine Liste mir den Namen der Kunden geben, die Grund haben könnten auf Krämer wütend zu sein. Es sind nur wenige Namen. Insgesamt 4 Personen. Sie alle waren während des Big Game anwesend. Aber keinem kann man etwas
nachweisen.
Damit endet die Untersuchung im Mordfall Krämer. Die Akten werden geschlossen, da man den Täter nicht ermitteln kann. Allerdings ist die Sache damit nicht zu ende. KPL ist nach zwei Prozessen Pleite und Leonberg meldet Konkurs an. Die Bastardos lösen sich auf. Bergmann erhängt sich, als man seine Halle endgültig zu macht und er die Steuern nachzahlen soll. Das Paintballfeld in Blechring muss ebenfalls schließen. Die Baubehörden bemängeln den Zustand der Gebäude und Lamar stirbt an einer Infektion während der Haft.
Schäfer ist der einzige der lachend aus der Geschichte kommt. Er gründet einen neuen Verband und managt diesen erfolgreich. Mit ihm habe ich heute noch Kontakt. Ich bin einfach mal seiner Einladung gefolgt und habe mal versucht zu spielen, also Paintball. Es macht echt viel Spaß und wird nie langweilig. Kann nur jedem empfehlen es mal zu versuchen.
Ende
Autor
Stephan Schneider
Jede
Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen ist unbeabsichtigt und rein
zufällig.
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Stephan Schneider).
Der Beitrag wurde von Stephan Schneider auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 24.02.2002.
- Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).
Stephan Schneider als Lieblingsautor markieren
Dicht am Leben
von Stefanie Dietz
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